Ausbildungsordnung: Die ABG hat ihr Lernkonzept angepasst, um die Azubis der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken bei der Ausbildung zu unterstützen.
Wenn am 1. September 2021 die neuen Auszubildenden der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg ihre Karriere starten, ist eigentlich alles wie immer. Zunächst begrüßt der Vorstand die Nachwuchskräfte, anschließend stellen die Personalverantwortlichen die Bank und den Ausbildungsverlauf vor. Zudem geht es in den Hochseilgarten, damit sich die Azubis bei einem gemeinsamen Event besser kennenlernen können. Der Unterschied zu früheren Zeiten zeigt sich erst in den folgenden Wochen und Monaten: Dann werden drei der insgesamt zehn Auszubildenden nicht die klassische Banklehre absolvieren, wie seit Jahrzehnten üblich. Stattdessen starten jeweils erstmals ein Fachinformatiker für Systemintegration sowie ein Fachinformatiker für Daten- und Prozessanalyse und zum zweiten Mal ein Auszubildender als Kaufmann für Dialogmarketing. „Wir sind davon überzeugt, dass uns die Nachwuchskräfte aus den eigenen Reihen dabei helfen, den digitalen Wandel zu gestalten“, sagt Personalleiterin Carolin Gewinner.
Die Bank aus Würzburg ist längst nicht die einzige Kreditgenossenschaft im Freistaat, die junge Menschen in neuen Berufen jenseits der klassischen Banklehre ausbildet. Vor allem im IT-Bereich gibt es einen steigenden Bedarf, da die Geldhäuser einerseits immer mehr digitale Leistungen anbieten und andererseits ihre eigenen Prozesse und Arbeitsabläufe zunehmend digital gestalten.
Ausbildungsberufe im IT-Bereich
Einer der neuen Ausbildungsberufe ist der „Fachinformatiker/-in für Daten- und Prozessanalyse“. Die Ausbildung gibt es erst seit 2020. Wesentliche Lerninhalte sind Arbeits- und Geschäftsprozesse zu analysieren, Datenquellen zu identifizieren und zu klassifizieren sowie digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Warum das interessant für Volksbanken und Raiffeisenbanken ist? „Datenanalyse ist seit einiger Zeit ein grundlegender Bestandteil unseres operativen Prozessmanagements. Wir beschäftigen in diesem Bereich mehrere Wirtschaftsinformatiker und finden es spannend, Nachwuchskräfte selbst auszubilden“, sagt Carolin Gewinner von der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg. Die potenziellen Tätigkeiten sind vielfältig: Prozessoptimierung, Prozessmodellierung, Qualitätssicherung, Datenmanagement und digitaler Dokumenten-Flow nennt die Personalleiterin als mögliche Arbeitsschwerpunkte.
Ähnliche Aufgabenfelder gibt es für den Beruf „Fachinformatiker/-in für Anwendungsentwicklung“. Auszubildende lernen dort Programmiersprachen kennen und entwickeln Softwarelösungen. Die meine Volksbank Raiffeisenbank mit Sitz in Rosenheim bietet entsprechende Ausbildungsplätze an. „Um moderne Lösungen wie Plattformen oder Chatbots bereitzustellen, braucht es Expertinnen und Experten, die die Technik dahinter verstehen und programmieren können. Deshalb ist es aus unserer Sicht sehr lohnend, entsprechende Nachwuchskräfte auszubilden“, sagt Christine Stoikow aus der Personalbetreuung.
Fast schon ein Klassiker im IT-Bereich ist der „Fachinformatiker/-in für Systemintegration“. Dort kümmern sich die Lehrlinge vor allem um die Hard- und Software von Unternehmen, beispielsweise richten sie Netzwerke ein, verbinden Computer, Telefon sowie Drucker und führen Updates durch. Zahlreiche bayerische Volksbanken und Raiffeisenbanken bieten seit Jahren eine solche Ausbildung an, beispielsweise die Raiffeisenbank Weißenburg – Gunzenhausen. „Aufgrund der rasch voranschreitenden Digitalisierung steigt der Bedarf an IT-Fachkräften in unserem Haus. Gleichzeitig herrscht auf dem Markt ein Mangel an gut ausgebildeten Informatikern. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, unseren IT-Nachwuchs selbst auszubilden“, sagt Personalleiter Walter Niederlöhner. Die Erfahrungen sind positiv: „Der Mehraufwand lohnt sich, da die Auszubildenden anschließend mit Erfahrung und Kenntnissen innerhalb des Betriebs punkten und direkt voller Tatendrang einsteigen“, betont Niederlöhner. Die VR-Bank Werdenfels sowie die Raiffeisenbank Main-Spessart bieten den Beruf ebenfalls an. „Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht und viele der Auszubildenden übernommen“, sagt Susanne Roth aus der Personalentwicklung der Raiffeisenbank Main-Spessart.
In eine ähnliche Richtung geht der Beruf „Kaufmann/-frau für Digitalisierungsmanagement“. Die VR-Bank Werdenfels bildet seit einigen Jahren regelmäßig eine entsprechende Fachkraft aus. Der Beruf verbindet kaufmännisches Fachwissen mit IT-Know-how und passt damit perfekt zu den Bedürfnissen des Kreditinstituts. „Die Kaufleute für Digitalisierungsmanagement erhalten einen Einblick in alle Abteilungen. Auf diese Weise entwickeln sie ein ausgezeichnetes Verständnis für die Bedürfnisse der jeweiligen Kolleginnen und Kollegen“, sagt Ausbildungsleiterin Barbara Mayr.
Experten für das KDC
Neben den IT-Ausbildungen gibt es auch Ausbildungsberufe, die vor allem auf Tätigkeiten in den Bereichen Kommunikation und soziale Medien vorbereiten. Beispielsweise der „Kaufmann/-frau für Dialogmarketing“ beziehungsweise „Servicefachkraft für Dialogmarketing“. Dieses Berufsfeld ist für Volksbanken und Raiffeisenbanken interessant, da immer mehr Kundinnen und Kunden per Telefon oder Chat in Kontakt mit den Instituten treten. Zudem richten immer mehr Institute wie die VR-Bank Würzburg oder die Raiffeisenbank Main-Spessart ihre Geschäftsstellen mit Videoterminals aus. Fachkräfte für Dialogmarketing sind darauf spezialisiert, die Anfragen aus diesem Zugangsweg anzunehmen und kompetent weiterzuhelfen. Dazu arbeiten sie vor allem im KundenDialogCenter beziehungsweise KundenServiceCenter.
Wie Banken auf die sinkende Zahl an Bewerbungen für die klassische Banklehre reagieren
Walter Niederlöhner, Personalleiter der Raiffeisenbank Weißenburg – Gunzenhausen: „Uns ist bewusst, dass es schwieriger wird, junge Menschen für eine Banklehre zu begeistern – nicht zuletzt aufgrund der sich wandelnden Ansprache-Kanäle. Hier gilt es neue Wege zu gehen. Aus diesem Grund arbeiten wir aktuell bereichsübergreifend an einem neuen Projekt zur Azubigewinnung über unsere sozialen Medien. Außerdem setzen wir auf einen Azubi-Film und hoffen so, mehr Jugendliche für unsere Ausbildung zu gewinnen.“
Ein weiterer interessanter Ausbildungsberuf ist der „Kaufmann/-frau für Marketingkommunikation“. Die meine Volksbank Raiffeisenbank beschäftigt derzeit eine Auszubildende in diesem Bereich. Sie unterstützt die Abteilung Medialer Vertrieb dabei, für die Produkte und Dienstleistungen des Instituts zu werben. „Dazu lernt sie vor allem, wie sie passende Konzepte entwickelt, Kampagnen organisiert und Marktforschung betreibt“, sagt Christine Stoikow aus der Personalbetreuung.
Ausbildungsprüfung
Die Ausbildungsleiter der Banken können die Auszubildenden in Berufen wie Fachinformatiker oder Servicefachkraft für Dialogmarketing nicht selbst ausbilden. Dafür braucht es die Expertinnen und Experten aus den jeweiligen Abteilungen. Um ausbilden zu können, müssen diese die Ausbildereignungsprüfung („Ausbilderschein“) der Industrie- und Handelskammern bestehen. Dadurch weisen sie nach, dass sie neben der persönlichen und fachlichen Eignung zusätzlich über pädagogische, rechtliche, organisatorische, psychologische und methodische Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen.
Neue Tätigkeiten ersetzen nicht die klassische Banklehre
Die Banken legen großen Wert darauf, dass etwa die Fachinformatiker oder Servicefachkräfte für Dialogmarketing gut in den Azubi-Jahrgang integriert sind. „Sie nehmen sowohl an den Einführungstagen als auch an weiteren gemeinsamen Veranstaltungen wie den Azubi-Projekten teil. Auf diese Weise gelingt es gut, Kontakte zu knüpfen“, sagt Barbara Mayr, Leiterin Ausbildung bei der VR-Bank Werdenfels. Ein Vorteil: Bei gemeinsamen Projekten bringen etwa die Kaufleute für Digitalisierungsmanagement eine neue Sichtweise ein. Zudem richten sie die Tablets ein, die alle Auszubildenden erhalten, und sind erste Ansprechpartner für Fragen. „Das schafft ebenfalls einen direkten Draht zwischen den Azubis“, betont Mayr.
Die neuen Berufe ersetzen jedoch nicht die klassische Banklehre, betonen die Ausbildungsverantwortlichen unisono. Vielmehr gibt es weiterhin einen hohen Bedarf an Bankkaufleuten. „Unser Kerngeschäft ist es, den Kundinnen und Kunden eine qualitativ hochwertige Beratung zu bieten. Und dafür benötigen wir top ausgebildete Nachwuchskräfte, die die Banklehre durchlaufen haben“, sagt etwa Susanne Roth von der Raiffeisenbank Main-Spessart. Die fertig ausgebildeten Fachinformatiker sowie Experten für Dialogmarketing oder Marketingkommunikation übernehmen hingegen vor allem Spezialaufgaben in der IT, im KDC oder im Vertrieb. „Dadurch können wir uns als attraktiver und moderner Arbeitgeber für verschiedene Tätigkeiten präsentieren und gute Nachwuchskräfte in allen für die Bank relevanten Bereichen rekrutieren“, betont Roth.
Angebote der ABG
Die ABG unterstützt die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken mit speziellen Angeboten für Auszubildende, die nicht die klassische Banklehre durchlaufen. Ein Überblick:
- Das Seminar „Basiswissen des Bankgeschäfts“ richtet sich an Angestellte ohne Bankausbildung, Wiedereinsteiger und weitere Ausbildungsberufe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten einen fundierten Überblick über die wesentlichen Geschäftsfelder einer Genossenschaftsbank und ein Gespür für das aktuelle Marktumfeld.
- Vor allem für Bankkaufleute, Informatikkaufleute beziehungsweise Kaufleute für Digitalisierungsmanagement sowie Kaufleute für E-Commerce ist das Seminar „Grundlagen Projektmanagement“ interessant. Vermittelt wird individualisiertes Projektmanagement Know-how mit dem Ziel, interne Projekte erfolgreich durchzuführen. Weitere Angebote in diesem Bereich sind das Seminar „Projektmanagement kompakt“, das sich an Fachinformatiker sowie Kaufleute für Dialogmarketing richtet sowie das Seminar „Projektpräsentation“, welches sich für Fachinformatiker, Informatikkaufleute beziehungsweise Kaufleute für Digitalisierungsmanagement sowie Kaufleute für E-Commerce eignet.
- Ein neues Angebot, das die ABG in Kooperation mit Atruvia durchführt, sind Seminare zum Thema „Praxiswissen für IT-Auszubildende“. Dort können IT-Auszubildende gezielt praktische Kompetenzen aufbauen. Im Fokus stehen die Handhabung und Steuerung der für die Bankabläufe wichtigen Tools. Es gibt zwei Varianten: „Praxiswissen für IT-Auszubildende / Basisseminar“ richtet sich an IT-Auszubildende in der ersten Ausbildungshälfte, „Praxiswissen für IT-Auszubildende / Aufbauseminar“ eignet sich für IT-Auszubildende in der zweiten Ausbildungshälfte.
Weiterführende Links
- Ausbildung bei der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg
- Informationen zur Ausbildung bei der meine Volksbank Raiffeisenbank
- Ausbildung bei der Raiffeisenbank Weißenburg - Gunzenhausen
- Infos zum Karrierestart bei der VR-Bank Werdenfels
- Ausbildung bei der Raiffeisenbank Main-Spessart
- Die Webseite der ABG