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Aus dem Wahlprogramm der Grünen:

„Wir wollen die Finanzberatung vom Kopf auf die Füße stellen. (…) Wir wollen weg von der Provisionsberatung und schrittweise zu einer unabhängigen Honorarberatung übergehen. Zusammen mit den Verbraucherzentralen und der Branche entwickeln wir Honorarmodelle (Ratenzahlungen, Flatrates), die zu Lebenssituation und Präferenzen der Menschen passen, und senken mit Standardprodukten in der Altersvorsorge die Kosten insbesondere für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen.“ (Seite 204 f.)

Aus dem Wahlprogramm der Linken:

„Wir werden den provisionsbasierten Verkauf von Finanz- und Versicherungsprodukten abschaffen. Honorarberatung und unabhängige Finanzberatung durch Verbraucherzentralen müssen gestärkt werden.“ (Seite 79)

Aus dem Wahlprogramm der SPD:

„Für das Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit und Sicherheit von Finanzmarktakteuren und Finanzprodukten ist es gerade für Kleinanleger*innen wichtig, dass sie eine unabhängige und an ihren Interessen orientierte Beratung erhalten können.“ (Seite 23)

Dazu meine ich: „Was die drei Parteien in ihren Wahlprogrammen fordern, bedeutet faktisch das Ende der abschlussbasierten Beratung. Die Überlegungen von Grünen, Linken und SPD erwecken den Anschein, dem Verbraucherschutz zu dienen. Die Realität sieht jedoch anders aus. Die Honorarberatung ist kein Ersatz für Beratung auf Provisionsbasis.

Fakt ist: Eine Honorarberatung können und wollen sich viele Bankkunden nicht leisten. Wer 50 Euro im Monat anlegen will, engagiert keinen Berater, dessen Honorar ein Vielfaches der geplanten monatlichen Anlagesumme beträgt. Die Stundensätze von Honorarberatern in Deutschland liegen oftmals bei über 250 Euro netto. Hinzu kommen Mehrwertsteuer und weitere Kosten für die Transaktion. Die Beratungskosten sind auch dann zu bezahlen, wenn kein Geld angelegt wird oder der Kunde eine Zweitmeinung einholen will. Experten aus der Branche geben zudem an, dass sich eine Honorarberatung für Kunden erfahrungsgemäß erst ab einer Anlagesumme von etwa 50.000 Euro lohnt. Damit kommt die Honorarberatung in erster Linie für Vermögende in Frage.

Ohne die Möglichkeit zur abschlussbasierten Beratung werden viele Kunden auf der Suche nach Geldanlagen von den beratenden Banken hin zu digitalen Anbietern getrieben, die keine Beratungsleistung erbringen. Die Kundinnen und Kunden werden sich selbst überlassen, ohne Lotsen, die ihnen zur Seite stehen. Das ist das Gegenteil von Verbraucherschutz! Abschlussbasierte Beratung hingegen ist transparenter und gelebter Verbraucherschutz. Sie schafft Zugang zu Finanzprodukten. Und sie legt Anlegern mit geringem Budget, die Beratung wünschen, keine unüberwindbaren Hürden in den Weg.

Dass ein pauschales Verbot der abschlussbasierten Beratung der falsche Weg ist, zeigt das Praxisbeispiel Großbritannien. Dort wird bereits seit 2013 ausschließlich auf Honorarbasis beraten. Bereits drei Jahre nach Einführung des Verbots provisionsbasierter Beratung berichteten das britische Finanzministerium sowie die Aufsichtsbehörde in einem Report zur Finanzberatung, dass sich vor allem Verbraucher mit mittleren und geringen Einkommen keine Beratung mehr leisten können. Und selbst wenn jemand mit geringerem Einkommen bereit wäre, ein Honorar für die Beratung zu zahlen, würde er sich schwer tun, einen Anbieter zu finden. Denn etwa ein Drittel der Honorarberater in Großbritannien setzen ein Mindestportfolio von 100.000 Pfund (circa 118.000 Euro) als Grundlage voraus.

Damit wird klar: Die Forderung von Grünen, Linken und SPD nach einem Verbot der provisionsbasierten Beratung verkennt völlig die Zusammenhänge. Was vermeintlich dem Verbraucherschutz dient, baut in der Realität Hürden auf, die dazu führen, dass manche Kundengruppen ganz auf Beratung oder sogar auf die Geldanlage verzichten müssen. Das schadet den Bankkunden. Statt einem pauschalen Verbot sollte das Nebeneinander von Provisions- und Honorarmodellen sowie der marktwirtschaftliche Wettbewerb zwischen ihnen weiter ermöglicht werden.
 

Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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