Kundenansprache: Der GVB schaltet für seine Mitglieder individualisierte Online-Werbung und unterstützt sie beim E-Mail-Marketing. Damit setzt er in der Branche Maßstäbe.
Die wichtigsten Informationen kurz zusammengefasst
- Die Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee beschäftigt mit Carolin Bauer und Dominik Ingrisch eigene Spezialisten für Zielgruppen-Marketing und robotergesteuerte Prozess-Automatisierung (RPA).
- Die Kreditgenossenschaft hat bereits 35 Prozesse automatisiert.
- In der Corona-Krise startete die Bank eine gezielte Marketing-Kampagne für Kunden ohne Onlinebanking-Zugang. Diese bekamen einen VR-Netkey zugeschickt, den sie nur noch aktivieren mussten.
- Die Kombination aus Zielgruppen-Marketing und Prozess-Automatisierung erwies sich als sehr effizient.
- Auf der Plattform baufinanzieren-rosenheim.de erprobt die Kreditgenossenschaft mit der virtuellen Assistentin Laura den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Kundendialog.
- Zielgruppen-Marketing und Prozess-Automatisierung sind für alle Volksbanken und Raiffeisenbanken wichtige Zukunftsthemen.
- Ob diese Themen im eigenen Haus entwickelt oder als Dienstleistung eingekauft werden, muss jede Bank für sich entscheiden.
Frau Bauer, Herr Ingrisch, Sie sind bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee für Zielgruppen-Marketing beziehungsweise Prozess-Automatisierung zuständig. Wie sind Sie dorthin gekommen und was machen Sie genau?
Carolin Bauer: Ich arbeite seit Mai 2018 im Innovationsteam der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee und habe dort meistens die „Datenbrille“ auf. Zuvor habe ich an der Technischen Hochschule Rosenheim Wirtschaftsmathematik und Aktuarwissenschaften studiert. Das ist ein Studium mit sehr viel Statistik. Im Innovationsteam bin ich intensiv mit zielgruppenorientierter Werbung beschäftigt. Ich werte mit verschiedenen statistischen Modellen unter anderem unsere Kundendaten aus, um daraus Zielgruppen für Vertriebskampagnen zu erstellen. Dafür arbeite ich viel mit der Datenbank-Programmiersprache SQL und dem Statistikprogramm R-Studio, weil alle unsere Daten in tabellarischer Form in unserem eigenen Data-Warehouse hinterlegt sind.
Dominik Ingrisch: Bevor ich im Dezember 2018 zur Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee gekommen bin, war ich für einen Halbleiterkonzern tätig. Ich bin kein Banker, sondern gelernter Fachinformatiker. Bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee leite ich die Prozess- und IT-Entwicklung. Wir schauen uns die Prozesse in der Bank an und optimieren sie. Das hat erst einmal wenig mit Automatisierung zu tun. Wenn wir allerdings einen Prozess identifizieren, der sich für eine robotergesteuerte Automatisierung (RPA) eignet, zum Beispiel weil er eine hohe Fallzahl aufweist, dann versuchen wir auch, das umzusetzen. Daneben kümmern wir uns um die strategische Weiterentwicklung der IT sowie generell um die Digitalisierung der Bank.
Können Sie Ihre Jobs anhand eines konkreten Beispiels beschreiben?
Bauer: Ein gutes Beispiel ist unsere Onlinebanking-Kampagne in der Corona-Krise, weil man an ihr exemplarisch sieht, wie sich zielgruppenorientierte Werbung und Prozess-Automatisierung ergänzen. Während des Lockdowns haben wir uns überlegt, wie wir unsere Kunden bei ihren Bankgeschäften unterstützen können. Da bietet sich natürlich Onlinebanking an. Also habe ich ein Raster entworfen, welche unserer Kunden noch keinen Onlinebanking-Zugang haben, aber eigentlich dafür aufgeschlossen sein könnten. Daraufhin habe ich unsere Kundenstammdaten statistisch ausgewertet und mithilfe einer sogenannten „Entscheidungsbaum-Analyse“ alle Kunden herausgefiltert, die in dieses Raster fallen. Am Ende waren es rund 6.700 Personen.
Ingrisch: Nachdem feststand, welche Kunden wir ansprechen wollen, haben wir uns überlegt, wie wir das am besten machen. Normalerweise brauchen wir einen Auftrag der Kunden, um für diese einen Zugang zum Onlinebanking – den VR-Netkey – zu erstellen. Wir haben den Prozess dann umgedreht und eine Roboteranwendung programmiert, die für diese 6.700 Kunden einen VR-Netkey auf Vorrat produziert hat. Dann haben wir die Kunden per Brief über unsere Aktion informiert und sie auf unsere Kampagnenwebseite hingewiesen. Dort stehen alle Informationen, wie der VR-Netkey aktiviert werden kann. Sobald die Kunden das gemacht hatten, hat ein weiterer Roboter den Zugang automatisch freigeschaltet und die Kunden konnten ihre Bankgeschäfte von zu Hause aus erledigen.
Das klingt nach viel Arbeit hinter den Kulissen…
Ingrisch: Klar, aber man muss das in Relation setzen. Ein Mitarbeiter benötigt ungefähr eine Viertelstunde, um einen VR-Netkey im System zu erstellen. Bei 6.700 Kunden wäre also eine Kollegin oder ein Kollege fast ein ganzes Jahr blockiert gewesen. Wir haben die gesamte Kampagne in weniger als drei Wochen auf die Beine gestellt, angefangen bei der Datenanalyse von Carolin Bauer über die Programmierung der Roboter bis zum Versand der Briefe. Zusätzlich haben wir noch eine Anwendung programmiert, die alle Onlinebanking-Zugänge, die nicht aktiviert worden sind, wieder aus dem System gelöscht hat.
Hat sich der Aufwand am Ende gelohnt?
Bauer: Auf alle Fälle. Die Anzahl der Kunden, die das Angebot angenommen haben, lag definitiv höher, als wenn wir nach dem Gießkannenprinzip wahllos alle Kunden ohne Onlinebanking angesprochen hätten. Außerdem können wir die Auswertungen und die automatischen Prozesse für weitere Kampagnen jederzeit wiederverwenden. Allein das spart uns in Zukunft viel Arbeit. Darüber hinaus haben wir den Kunden durch unsere Kampagne gezeigt, dass wir uns in der Krise um sie kümmern und ihnen alternative Wege für ihre Bankgeschäfte aufzeigen. Auch das war ein wichtiges Signal.
„Für Zielgruppen-Marketing und Prozess-Automatisierung ist die Datenqualität wesentlich.“
Carolin Bauer
Wie müssen die Daten beschaffen sein, damit sie sich für zielgruppenorientiertes Marketing nutzen lassen?
Bauer: Ganz wesentlich ist die Datenqualität. Wir arbeiten mit vielen verschiedenen Datensätzen, die aus historischen Gründen nicht immer einheitlich sind. Wir haben zum Beispiel aus Fusionen diverse Altbestände, oder es gibt verschiedene Versionen gleicher Datensätze. Da ist es oft schwierig, alles auf einen Nenner zu bringen. Zusätzlich sind in vielen Datensätzen noch Freitextfelder enthalten, die sich nicht für eine maschinelle Auswertung eignen. Auch das ist problematisch. Deshalb arbeiten wir bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee intensiv an unserer Datenqualität. Dafür und für regulatorische Fragen gibt es bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee ein eigenes Datenqualitätsmanagement. Da ist die Expertise von Dominik Ingrisch hilfreich, da er Roboter zur maschinellen Bereinigung der Datenbestände programmieren kann. Händisch wäre das nicht zu leisten.
Inwiefern ist Datenschutz ein Thema beim datengesteuerten Marketing?
Bauer: Das ist natürlich ein großes Thema. Wir gewähren unseren Kunden in allen Belangen die höchsten Sicherheitsstandards beim Datenschutz. Die gesetzlichen Auflagen werden alle eingehalten. Das wird in aufwendigen Prüfungsprozessen sichergestellt. Gleichwohl ist der Datenschutz kein Ausschlusskriterium für datengesteuertes Marketing. Man muss sich an die Regeln halten, aber trotzdem ist das ein lohnendes Instrument für die gezielte Kundenansprache.
Die Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee hat zusammen mit dem Dienstleister InnFactory das Portal baufinanzieren-rosenheim.de aufgebaut. Dort hilft die virtuelle Assistentin Laura den Nutzern, ein Finanzierungskonzept für ihre Wunschimmobilie zu erstellen. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Plattform und dem Chatbot gemacht?
Bauer: Insgesamt sind die Erfahrungen mit Laura sehr positiv. Wir haben auch schon erste Abschlüsse über die Plattform erzielt. Nutzer, die wir befragt haben, sind sehr zufrieden und würden die Plattform jederzeit weiterempfehlen. Durch das Feedback der Kunden lernen wir, in welche Richtung wir Laura weiterentwickeln können. Denn Laura ist ein Projekt, das hoffentlich immer in der Beta-Phase bleiben wird. Ständig gibt es etwas zu optimieren. So kann der Chatbot zum Beispiel die Informationen analysieren und bewerten, die der Nutzer auf der Webseite eingegeben hat. Dadurch kann Laura auch Fragen zur persönlichen Finanzierungssituation beantworten. Diese Funktion wird bis Jahresende nochmals stark verbessert und erweitert. Laura weist den Nutzer in diesem Zusammenhang auch auf Fehler oder Ungereimtheiten bei seinen Finanzierungsparametern hin.
Welche Ziele verfolgen Sie mit der Plattform und Laura?
Bauer: Wir haben festgestellt, dass sich mittlerweile sehr viele Menschen online über Baufinanzierungen informieren, aber dann in der Filiale abschließen. Das ist der sogenannte ROPO-Effekt (siehe dazu auch den Beitrag „Online suchen, offline kaufen“ in „Profil“ 01/2020). Mit Laura wollen wir eine Brücke zwischen der Online- und Offline-Welt bauen und dem Kunden eine Möglichkeit geben, über die Plattform zu uns zu finden. Die Kunden können sich online komplett über die Finanzierung ihrer Wunschimmobilie bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee informieren. Die Daten ihres Traumhauses können sie entweder direkt eingeben oder von den Portalen immowelt.de oder immobilienscout24.de übernehmen. Diese werden automatisch in den Baufinanzierungsrechner importiert. Laura erstellt auf Basis dieser Daten ein individuelles Finanzierungskonzept, mit dem der Kunde anschließend zu einem Berater in einer unserer Filialen gehen kann.
„Wir haben in den vergangenen Jahren 35 Prozesse automatisiert.“
Dominik Ingrisch
Welche Prozesse haben Sie bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee mittlerweile automatisiert, Herr Ingrisch?
Ingrisch: Insgesamt haben wir in den vergangenen eineinhalb Jahren rund 35 Prozesse automatisiert. Dazu gehören die Auflösung von Sparkonten oder Adressänderungen. Auch wenn der Kunde einen Dispokredit einrichten, ändern oder löschen möchte, setzen wir einen Roboter ein. Ausweisdaten erfassen wir ebenfalls automatisch. Sobald sich ein Neu- oder Bestandskunde in einer Filiale mit seinem Ausweis legitimiert, scannt ein Mitarbeiter das Dokument ein. Anschließend werden die Angaben durch optische Zeichenerkennung (OCR) zentral ausgelesen. Ein Roboter überträgt die Daten ins Banksystem und archiviert den Scan. Dadurch entlasten wir unsere Mitarbeiter ganz erheblich. Außerdem haben wir noch einen Roboterprozess für den Zahlungsverkehrsrücklauf geschrieben und einen Multiproduktbesteller entwickelt. Konten werden mittlerweile ebenfalls automatisiert angelegt. Die Bandbreite ist also sehr groß.
Was sind die zentralen Herausforderungen bei der Automatisierung von Prozessen?
Ingrisch: Banksysteme sind historisch gewachsen. Da fehlen oft Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen. Zudem haben wir als Omnikanalbank im Vergleich zu einer reinen Onlinebank verschiedene Zugangswege. Der Kunde kann sich persönlich beraten lassen, er kann die meisten Produkte aber auch online oder am Telefon abschließen. Das ist für den Kunden bequem, andererseits müssen wir die Informationen aus den verschiedenen Zugangswegen für die interne Bearbeitung in der Bank wieder zusammenführen und kanalisieren. Die Durchgängigkeit der Prozesse über alle Zugangswege hinweg ist deshalb ein großes Thema für uns. Hier versuchen wir, mit robotergesteuerter Prozessautomatisierung Schnittstellen zu reduzieren. Das ist natürlich deutlich aufwendiger, als die Produkte und Dienstleistungen nur online anzubieten.
„Im Kern geht es bei der Prozess-Automatisierung um zwei Dinge: Geschwindigkeit und Kosteneffizienz.“
Dominik Ingrisch
Wie profitiert die Bank insgesamt von automatisierten Prozessen?
Ingrisch: Im Kern geht es um zwei Dinge: Geschwindigkeit und Kosteneffizienz. Wenn wir durch automatisierte Prozesse effizienter werden, sparen wir Geld beziehungsweise wir haben die Möglichkeit, durch den Wegfall nicht wertschöpfender Tätigkeiten mehr Geld zu verdienen. Es geht nicht darum, Mitarbeiterkapazitäten abzubauen. Stattdessen sollen sich die Mitarbeiter Aufgaben widmen, die der Bank auch etwas bringen. Es ist besser, wenn der Berater in der Filiale einen Kunden berät, als dass er im System eine Adresse ändert. Außerdem steigt mit automatisierten Prozessen die Geschwindigkeit, mit der wir Bestellungen und Aufträge abwickeln können. Das kommt den Kunden und uns gleichermaßen zugute. Zu guter Letzt können wir mit automatisierten Prozessen unsere Kapazitäten besser steuern. Dem Roboter ist es egal, wenn er plötzlich doppelt so viele Adressen ändern muss als üblich. Dieser arbeitet die Fälle einfach ab, während die Mitarbeiter dafür andere Aufgaben liegen lassen müssten.
„Mit Prozess-Automatisierung und Zielgruppen-Marketing sollte sich jede Bank beschäftigen, weil das absolute Zukunftsthemen sind.“
Dominik Ingrisch
Größere Banken tun sich naturgemäß leichter, auch größere Projekte bei der Prozess-Automatisierung oder beim Zielgruppen-Marketing zu realisieren. Können das auch kleinere Banken stemmen?
Ingrisch: Mit den genannten Themen sollte sich jede Bank beschäftigen, weil das absolute Zukunftsaufgaben sind. Ich würde die Frage daher anders stellen: Kann oder will ich in diesem Bereich eigenes Know-how aufbauen oder kaufe ich die passenden Produkte und Dienstleistungen besser am Markt ein?
Und wie lautet Ihre Antwort?
Ingrisch: Es kommt wie immer darauf an. Eine eigene KI zu entwickeln, erachte ich selbst für unser Haus als zu teuer. Unsere Strategie ist es, perspektivisch KI-Lösungen zu nutzen, die am Markt erhältlich sind. Die Themen Smart Data, datengesteuertes Marketing und robotergesteuerte Prozessautomatisierung entwickeln wir dagegen bei uns im Haus, wie Sie am Beispiel von Carolin Bauer und mir sehen. Dafür ist die Bank auch groß genug. Aber auch in diesem Bereich gibt es bereits viele Lösungen am Markt, die für kleinere Institute interessant sind. Letztendlich muss jede Bank für sich selbst abwägen, ob es sich für sie lohnt, ein eigenes Team für RPA und Smart Data aufzubauen. Denn dafür braucht man ein paar Leute, die das auch wirklich können, und die kosten nun mal Geld.
„Es gibt mittlerweile fertig automatisierte Prozesse zu durchaus erschwinglichen Preisen am Markt.“
Dominik Ingrisch
Wie tief müssen Banken für solche Dienstleistungen in die Tasche greifen?
Ingrisch: Es gibt mittlerweile viele Beratungsgesellschaften und Systemhäuser, die sich auf die Volksbanken und Raiffeisenbanken spezialisiert haben und bereits fertig entwickelte und erprobte Prozesse anbieten. Da sind durchaus erschwingliche Angebote dabei. Diese Leute wissen außerdem, wie die Systeme in den Genossenschaftsbanken laufen, sie sind also sofort im Thema. Wir empfehlen außerdem, sich auch mal bei anderen Banken umzuhören, wie deren Erfahrungen mit RPA und Smart Data sind. Das machen wir auch sehr aktiv. So bekommt man ein gutes Gespür für die Themen und mögliche Auswirkungen auf die eigene Bank.
Worauf sollten Banken achten, wenn Sie robotergesteuerte Prozesse oder datengesteuertes Marketing bei sich einführen wollen?
Ingrisch: Wer Prozesse automatisiert, muss immer auch mitdenken, wie er sein gesamtes System administriert und wie die Mitarbeiter damit arbeiten. Ein klassisches Beispiel: Bei manchen Genossenschaftsbanken werden die Kundendaten hauptsächlich von den Beratern in der Filiale gepflegt, bei anderen Instituten übernimmt das die Marktfolge. Wenn ich nun in der Marktfolgeprozesse automatisiere, dann muss ich gewährleisten, dass die Daten aus dem Markt stimmig sind. Ein Mensch kann unpräzise Informationen interpretieren, ein Roboter nicht. Viele Genossenschaftsbanken bieten ihren Kunden zudem eine breite Produktpalette mit vielen Kombinationsmöglichkeiten an. Diese Vielfalt in schlanken automatischen Prozessen abzubilden, ist ein enormer Aufwand. Von daher ist es möglicherweise sinnvoll, das eigene Produktportfolio zu durchforsten und zu standardisieren, bevor man die dazugehörigen Prozesse automatisiert. Das bringt auch mehr Effizienz in die Bank.
Welchen Prozess wollen Sie als Nächstes automatisieren?
Ingrisch: Wir wollen unseren Neukundenprozess vollautomatisieren. Auch hier gilt es, die verschiedenen Vertriebskanäle im Hintergrund wieder zusammenzuführen. Der Kunde kann zu einem Berater in der Filiale gehen, seinen Ausweis vorzeigen und ein Konto eröffnen. Er kann das aber auch online oder am Telefon machen, die Legitimation übernehmen dann Fremdanbieter. Dann wird der Kunde im Banksystem angelegt, er erhält von uns eine Giro- und vielleicht auch eine Kreditkarte und er wird für das Onlinebanking freigeschaltet. Dafür gibt es die Multiproduktbestellung. Dieser automatische Prozess läuft schon bei uns, nun wollen wir ihn für Neukunden adaptieren. Unser Ziel ist es, den gesamten Neukundenprozess in einer definierten Zeit abzuarbeiten, um damit das Servicelevel gegenüber den Kunden nochmals zu erhöhen.
Ein letztes Wort zu den Mitarbeitern. Nicht jeder wird es begrüßen, wenn seine langjährigen Aufgaben auf einmal von einem Roboter erledigt werden. Wie groß ist die Angst mancher Kollegen, auf einmal überflüssig zu werden?
Ingrisch: Diese Bedenken gibt es, da braucht man nicht darum herumzureden. Deshalb ist es enorm wichtig, vor allem bei der Automatisierung von Prozessen die Mitarbeiter frühzeitig einzubinden. Den Mitarbeitern muss klar werden, dass es nicht darum geht, sie zu ersetzen, sondern sie von eintönigen, wiederkehrenden und zeitraubenden Tätigkeiten zu entlasten. Das ist ein Dauerthema, das Einfühlungsvermögen der Führungskräfte und vor allem viel Zeit erfordert. Aber es macht ja auch Spaß, sich neuen, wertschöpfenden Aufgaben zu widmen oder die Bank weiterzuentwickeln. Am Ende sind die Mitarbeiter vielleicht sogar zufriedener als vorher, weil sie im Job mehr Erfüllung finden. Das wäre dann das Optimum für alle.
Frau Bauer und Herr Ingrisch, herzlichen Dank für das Gespräch!