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Isabel Schnabel zu den Auswirkungen auf die Sparer

„Die gemeinsame Einlagensicherung fördert (…) die finanzielle Integration im Euroraum. Denn die Einleger könnten freier wählen zwischen den Angeboten verschiedener Banken aus dem gesamten Euroraum, ohne auf den hohen Versicherungsschutz verzichten zu müssen. Dies stärkt den Wettbewerb und nutzt den Einlegern.“

Dazu meine ich: „Ob ein staatlich verordnetes Kollektivsystem, wie die von der EU-Kommission geplante europäische Einlagensicherung (EDIS), tatsächlich den Wettbewerb stärkt, bezweifle ich. Sparer haben doch längst die freie Wahl, welcher Bank sie ihre Ersparnisse anvertrauen. Wer sein Geld zu einem Kreditinstitut in Italien, Portugal oder Griechenland trägt, bekommt eine Risikoprämie in Form höherer Zinsen als im deutschen Markt – muss dafür aber auf den Schutz der hiesigen Institutssicherungssysteme verzichten. Fakt ist: Durch EDIS wird dieser Zusammenhang zwischen Risiko und Rendite aufgehoben. Eine hohe Absicherung als Differenzierungsmerkmal gegenüber Kunden und als wesentlicher Wettbewerbsfaktor würde durch EDIS ausgeschaltet. Diese vermeintliche Stärkung des Wettbewerbs ist faktisch eine Stilllegung des Wettbewerbs in der Frage, welche Banken neben einem attraktiven Zins den besten Sparerschutz bieten. Die damit einhergehende Beseitigung des Risikobewusstseins der Einleger wiederum verschafft Kreditinstituten Anreize, höhere Risiken einzugehen. Das wirkt gewiss nicht stabilisierend auf das europäische Bankensystem. Stabilität wird es nur geben, wenn die Risiken in den Bankbilanzen abgebaut und die geltenden EU-Standards für die Einlagensicherungssysteme der Mitgliedsstaaten konsequent umgesetzt werden. Das würde die grenzüberschreitende Mobilität der Ersparnisse fördern.“

Isabel Schnabel zu den Vorbedingungen für eine EU-Einlagensicherung

„Kritiker [verweisen] zu Recht auf Bedingungen, die erfüllt sein müssen, bevor eine europäische Einlagensicherung in Kraft treten kann. Vor allem muss verhindert werden, dass Banken Risiken über das gemeinsame Einlagensicherungssystem auf die europäische Ebene verschieben. Das betrifft insbesondere staatliche Ausfallrisiken. Deshalb ist eine angemessene Regulierung des Haltens von Staatsanleihen durch die Banken ein zwingender Bestandteil einer Einigung über EDIS. Außerdem dürfen keine Risiken versichert werden, die sich bereits realisiert haben. Daher ist der Abbau von notleidenden Krediten eine notwendige Voraussetzung. Aber auch für die Zukunft muss sichergestellt werden, dass für Problemkredite rechtzeitig und umfassend Risikovorsorge betrieben wird.“

Dazu meine ich: „Wie wahr – hierzu stimme ich zu. Im Hinblick auf die nahenden Verhandlungen über EDIS ist allerdings Realismus gefragt: Die Chance, dass sich diese Wünsche erfüllen, ist sehr gering. Erst vor einem Dreivierteljahr sind die internationalen Bankenaufseher mit ihrem Versuch, eine Reform des regulatorischen Rahmens für die Staatsfinanzierung zu vereinbaren, gescheitert. Die Bemühungen der EZB-Bankenaufsicht, harte Vorschriften für den Abbau der Problemkreditbestände durchzusetzen, wurden von Italien sabotiert. Mir fehlt der Glaube, dass nach abgeschlossenen Verhandlungen über eine europäische Einlagensicherung der politische Wille für solch schmerzhafte, aber notwendige Schritte erhalten bliebe. Daher gilt: Wir brauchen in Europa Reformen und Risikoabbau – und keine Diskussion über eine gemeinsame Einlagensicherung.“

Isabel Schnabel zur politischen Diskussion um EDIS

„Statt EDIS weiter zu verteufeln, sollten Politik und Verbände sich lieber für eine angemessen ausgestaltete europäische Einlagensicherung einsetzen. Denn davon könnten alle profitieren.“

Dazu meine ich: „Eine angemessen ausgestaltete europäische Einlagensicherung haben wir doch längst: Erst 2014 wurden mit einer EU-Richtlinie europaweite Standards für die Sicherungssysteme in den Mitgliedsländern festgelegt. Von einer darüber hinausgehenden Vergemeinschaftung der Einlagensicherung würden nun vor allem diejenigen Banken und Staaten profitieren, die damit überhöhte Risiken auf andere Euroländer abwälzen können. Deshalb ist eine Diskussion über die Ausgestaltung einer europäischen Einlagensicherung zum jetzigen Zeitpunkt nicht angebracht. In den Bilanzen der europäischen Banken liegen noch rund 780 Milliarden Euro an faulen Krediten. Ambitionierte Schritte zum Risikoabbau und zur Prävention gegen neue Schieflagen stehen immer noch aus. Es ist schädlich, wenn diese Argumente gegen eine Risikoteilung zugunsten einer immer engeren Zusammenarbeit in Europa hinten angestellt werden. Wohin es führen kann, politische Ziele losgelöst von ökonomischen Fakten und Sachzwängen zu verfolgen, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Die Konstruktionsfehler in der Architektur der Währungsunion, die man bei Einführung des Euro in Kauf nahm, haben letztlich in die Staatsschuldenkrise geführt. Daraus sollten wir lernen.“

Dr. Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.

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