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Am 8. Juli 2022 hat der Bundesrat das sogenannte „Osterpaket“ mit zahlreichen gesetzlichen Neuerungen im Energiebereich verabschiedet. Unter anderem wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021 (EEG 2021) geändert und das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 (EEG 2023) beschlossen. Die Änderungen des EEG 2021 treten am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt möglicherweise schon im August 2022 in Kraft. Das EEG 2023 gilt ab 1. Januar 2023.

Ausführliche Informationen zum EEG 2023

Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV hat in einem Webseminar ausführlich zum neuen EEG 2023 und zu den Änderungen im EEG 2021 informiert. Das Video und die Folien zu dem Webseminar können auf der Webseite der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften weiterhin angesehen beziehungsweise heruntergeladen werden. Über weitere Neuerungen im Energierecht aus dem Osterpaket des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, etwa zu Windenergie, Biomasse und Netzanschlüssen, wird die Bundesgeschäftsstelle zeitnah auf ihrer Webseite informieren.

1. Bürgerenergie

Bestimmte Bürgerenergieakteure wie Energiegenossenschaften (diese werden jetzt auch explizit im EEG 2023 genannt) müssen zukünftig bei bestimmten Projekten nicht mehr an einer Ausschreibung teilnehmen. Dazu zählen Photovoltaikanlagen (Freifläche und Dachanlagen) zwischen 1 und 6 Megawatt (MW) installierter Leistung sowie Windprojekte zwischen 1 und 18 MW installierter Leistung. In § 3 Nr. 15 EEG 2023 werden diese begünstigten „Bürgerenergiegesellschaften“ (BEG) gesetzlich definiert. Folgende Kriterien legt der Gesetzgeber an:

  • Bürgerenergiegenossenschaften bestehen aus mindestens 50 natürlichen Personen als stimmberechtigte Mitglieder oder Anteilseigner.
  • Mindestens 75 Prozent der Stimmrechte liegen bei natürlichen Personen, die mit einer Wohnung in einem Postleitzahlengebiet gemeldet sind, das sich ganz oder teilweise im Umkreis von 50 Kilometern um die geplante Anlage befindet.
  • Die restlichen 25 Prozent der Stimmrechte liegen bei kleinen und mittleren Unternehmen (sogenannten KMU, Definition: weniger als 250 Mitarbeiter und weniger als 50 Millionen Euro Umsatzerlös oder 43 Millionen Euro Bilanzsumme) oder kommunalen Gebietskörperschaften sowie deren rechtsfähigen Zusammenschlüssen.
  • Keinem Mitglied oder Anteilseigner sind mehr als zehn Prozent der Stimmrechte erlaubt.
  • Den Stimmberechtigten ist eine tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gesellschaft und die Mitwirkung an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung einzuräumen.

Bei einem Zusammenschluss von mehreren juristischen Personen oder Personengesellschaften muss jedes Mitglied der Gesellschaft die genannten Voraussetzungen einer Bürgerenergiegesellschaft erfüllen. Bei einer Muttergesellschaft, die 100 Prozent der Stimmrechte an einer Tochtergesellschaft hält, muss die Muttergesellschaft ebenfalls die oben genannten Voraussetzungen erfüllen.

Zusätzlich dürfen gemäß EEG 2023 Bürgerenergiegesellschaften sowie ihre Mitglieder beziehungsweise Anteilseigner, die juristische Personen des Privatrechts sind, und mit diesen jeweils verbundene Unternehmen nicht mehr als ein Photovoltaikprojekt desselben Segments (Freifläche oder Dachanlagen) und ein Windprojekt in drei Jahren umsetzen. Maßgeblich ist die Mitteilung an die Bundesnetzagentur (BNetzA), dass die Anlagen von der BEG betrieben werden (§ 22b EEG 2023).

Erfüllen Bürgerenergiegesellschaften die genannten Anforderungen, müssen sie mit ihrem Photovoltaikprojekt (Freifläche und Dachanlagen) zwischen 1 und 6 MW installierter Leistung und/oder ihrem Windprojekt zwischen 1 und 18 MW installierter Leistung nicht an einer der Ausschreibungen teilnehmen. Stattdessen erhalten sie nach Antrag einen Fördersatz, dessen Höhe sich nach den Projekten richtet, die bei den Ausschreibungen einen Zuschlag erhalten haben.

Für Photovoltaikprojekte erhalten die Bürgerenergiegesellschaften den Durchschnitt aus den höchsten Gebotswerten der jeweiligen Ausschreibungen von PV-Freiflächenanlagen oder PV-Dachanlagen aus dem Vorjahr (§§ 22 Abs. 2, 3; 48 Abs. 1a EEG 2023), die noch einen Zuschlag erhalten haben. Für Windprojekte erhalten die Bürgerenergiegesellschaften den Durchschnitt aus den höchsten Gebotswerten der Ausschreibungen von Windprojekten aus dem Vorvorjahr (§§ 22 Abs. 2, 3; 46 Abs. 1 EEG 2023), die noch einen Zuschlag erhalten haben.

Die gesetzliche Definition von Bürgerenergiegesellschaften, die weiteren Voraussetzungen und die Ausnahmeregelungen bei Ausschreibungen treten zum 1. Januar 2023 in Kraft.

2. Photovoltaik

Änderungen am EEG 2021

Laut dem Osterpaket gibt es zukünftig zwei Vergütungskategorien mit erhöhten Fördersätzen: Eigenversorgungs- beziehungsweise Überschuss- sowie Volleinspeise-Dachanlagen. Die neuen Vergütungskategorien und die erhöhten Sätze sollen laut Gesetzgeber schon im Jahr 2022 ihre Wirkung entfalten. Gewährt wird die sogenannte Marktprämie bei PV-Anlagen zwischen 300 bis 750 kW allerdings nur für 80 Prozent des eingespeisten Stroms. 20 Prozent müssen selbst verbraucht werden (Eigenversorgung). Die genannten Regelungen treten am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Laut neuesten Informationen wird dies schon für August angestrebt.

Für eigenversorgende/überschusseinspeisende PV-Dachanlagen (§ 100 Abs. 14 EEG 2021) gelten für das Jahr 2022 folgende Vergütungssätze (in Cent pro Kilowattstunde abhängig von der installierten Leistung):

  • bis 10 kW = 8,6 ct/kWh
  • bis 40 kW = 7,5 ct/kWh
  • bis 750 kW = 6,2 ct/kWh.

Die Vergütungssätze für volleinspeisende PV-Dachanlagen richten sich nach dem Vergütungssatz für eigenversorgende beziehungsweise überschusseinspeisende PV-Dachanlagen, der sich um einen gesetzlichen festgelegten Wert erhöht. Die Fördersätze für das Jahr 2022 bis zum 31. Dezember 2022 sind (§ 100 Abs. 14 EEG 2021):

  • bis 10 kW = 13,40 ct/kWh
  • bis 40 kW = 11,30 ct/kWh
  • bis 100 kW = 11,30 ct/KWh
  • bis 300 kW = 9,40 ct/kWh.

Von den Vergütungssätzen muss noch die Managementprämie in Höhe von 0,4 ct/kWh abgezogen werden, wenn der Strom der PV-Anlagen nicht direkt vermarktet wird.

Zusätzlich wird in § 100 Abs. 14 EEG 2021 die Regelung abgeschwächt, wonach Betreiber, die innerhalb von zwölf Monaten mehrere Anlagen auf demselben Grundstück, Gebäude, Betriebsgelände oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe in Betrieb nehmen, diese zur Leistungsabrechnung zu einer Anlage zusammenfassen müssen. So besteht zukünftig die Möglichkeit, eine Solardachanlage mit Überschusseinspeisung und eine Anlage mit Volleinspeisung innerhalb von zwölf Monaten zu bauen, wenn die Anlagen auf, an oder in demselben Gebäude angebracht sind und der Strom jeweils über eine eigene Messeinrichtung abgerechnet wird. Außerdem muss dem Netzbetreiber vor Inbetriebnahme der zweiten Anlage und vor dem 1. Dezember des Vorjahres mitgeteilt werden, welche Anlage die Volleinspeisevergütung bekommen soll.

EEG 2023

Für eigenversorgende beziehungsweise überschusseinspeisende PV-Dachanlagen gelten ab dem 1. Januar 2023 folgende Vergütungssätze (§ 48 Abs. 2 EEG 2023):

  • bis 10 kW = 8,6 ct/kWh
  • bis 40 kW = 7,5 ct/kWh
  • bis 1.000 kW = 6,2 ct/kWh.

Die Regelung, dass die Marktprämie nur für 80 Prozent des erzeugten Stroms gewährt wird, wird zum 1. Januar 2023 vollständig abgeschafft. Ab dem 1. Januar 2023 müssen nur noch PV-Anlagen über 1 MW installierter Leistung an einer Ausschreibung der Stromvergütung teilnehmen.

Für volleinspeisende PV-Dachanlagen gelten ab dem 1. Januar 2023 folgende Vergütungssätze (§ 48 Abs. 2a EEG 2023):

  • bis 10 kW = 13,40 ct/kWh
  • bis 40 kW = 11,30 ct/kWh
  • bis 100 kW = 11,30 ct/KWh
  • bis 400 kW = 9,40 ct/kWh
  • bis 1 MW = 8,10 ct/kWh

Der Vergütungssatz für PV-Freiflächenanlagen und PV-Anlagen auf Parkplätzen und einem 500 Meter breiten Seitenrandstreifen von Autobahnen beziehungsweise Schienenwegen bis 1 MW installierter Leistung beträgt ab 1. Januar 2023 7,0 ct/kWh (§ 48 Abs. 1 EEG 2023). Von den Vergütungssätzen muss noch die Managementprämie in Höhe von 0,4 ct/kWh abgezogen werden.

Mit dem EEG 2023 wird auch der sogenannte „atmende Deckel“ abgeschafft. Dieser sah bisher abhängig von der Geschwindigkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien eine unterschiedlich starke Degression der Fördersätze vor. Stattdessen gibt es ab dem 1. Februar 2024 eine halbjährliche Degression von 1 Prozent (§ 49 EEG 2023). Der Seitenrandstreifen von Autobahnen und Schienenwegen wird auch in den Ausschreibungen (§ 37 Abs. 1 Nr. 2c EEG 2023) von 200 auf 500 Meter erweitert. Die 100 kW-Grenze bei Mieterstromprojekten (§ 21 Abs. 3 EEG 2023) wird gestrichen.

Insbesondere die neuen Vergütungsregelungen müssen noch von der Europäischen Kommission beihilferechtlich genehmigt werden. Sie dürfen erst nach der Genehmigung und nur nach Maßgabe dieser Genehmigung angewandt werden. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) werden ihre Mitglieder über die Genehmigung und das Inkrafttreten der betroffenen Regelungen informieren, sobald diese vorliegen

3. Wasserkraft

Eine sehr erfreuliche Meldung gibt es für Betreiber kleiner Wasserkraftwerke bis zu 500 kW installierter Leistung. Anders als noch im ersten Gesetzesentwurf geplant, werden kleine Wasserkraftanlagen bis 500 kW weiterhin gesetzlich gefördert und die Förderung wird auch nicht eingestellt, wenn die Wasserkraftanlagen die wasserrechtlichen Anforderungen nicht einhalten (§ 40 EEG 2023). Ferner gilt das für die erneuerbaren Energien festgestellte „überragende öffentliche Interesse“ auch für die Wasserkraft (§ 2 EEG 2023). Der GVB begrüßt die Nachbesserungen im Osterpaket. Er hatte sich zusammen mit der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV dafür stark gemacht, die Förderung für kleine Wasserkraftwerke zu erhalten.

4. Resümee

Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften und der GVB sehen gemeinsam mit den anderen genossenschaftlichen Regionalverbänden einige positive, aber auch negative Neuregelungen im Osterpaket. Sehr erfreulich sind die Verbesserungen in den Regelungen für Bürgerenergie, Photovoltaik und Wasserkraft, zu denen es im parlamentarischen Verfahren noch kam. Dafür hatten sich die Verbände politisch eingesetzt. So wurde das Beteiligungsgebiet bei der Definition von Bürgerenergiegesellschaften auf 50 Kilometer um die Anlage erweitert und eine weitere Gesellschaftskonstellation ermöglicht. Die zeitliche Begrenzung für die Errichtung neuer Anlagen ohne Ausschreibung wurde auf drei Jahre verkürzt. Außerdem können nun auch PV-Dachanlagen zwischen 1 und 6 MW von Bürgerenergiegesellschaften ohne Ausschreibung gefördert werden. Ferner soll das Bundesförderprogramm auf PV-Freiflächenanlagen in Ausschreibungen erweitert werden. Die Vergütungssätze in der Überschusseinspeisung wurden erhöht und eine weniger strenge Anlagenzusammenfassung eingeführt. Nun muss die Praxis zeigen, inwieweit diese Regelungen auch wieder zu mehr Erneuerbare-Energien-Projekten bei Energiegenossenschaften führen. Höchst erfreulich ist auch, dass kleine Wasserkraftanlagen weiterhin über das EEG gefördert werden.

Der GVB wird sich zusammen mit der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften und den anderen genossenschaftlichen Regionalverbänden weiterhin für Verbesserungen im EEG einsetzen. So werden sich die Verbände in den nächsten Monaten weiter dafür politisch stark machen, dass die Definition von Bürgerenergiegesellschaften und ihre Voraussetzungen noch praxisgerechter für Energiegenossenschaften werden, die Höhe der Vergütung in den Ausschreibungen und der Überschusseinspeisung weiter erhöht wird, das Bundesförderprogramm auf PV-Freiflächenanlagen erweitert wird und das Energy-Sharing beziehungsweise die genossenschaftliche Mitgliederversorgung zügig eingeführt wird.
 

René Groß ist Leiter Politik und Recht der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV).

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