Attraktiv: Seit 2018 steigt die Zahl der Azubis bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken wieder an. Wie finden Sie geeignete Nachwuchskräfte?
Für 48 ehemalige Azubis bayerischer Genossenschaften war es ein besonderer Tag: Sie feierten Anfang Juli im Münchner Künstlerhaus ihre herausragenden Ausbildungsabschlüsse. Eingeladen hatte die Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG) zusammen mit dem Genossenschaftsverband Bayern (GVB). „Wenn ich Bankkauffrau werde, dann nur bei der Raiffeisenbank. Da haben schon meine Oma und mein Uropa gearbeitet“, erzählte die beste Absolventin Stephanie Lang von der Raiffeisenbank Pfaffenwinkel in ihrer Absolventenrede. Die Vorbereitung auf die Prüfungen sei zeitintensiv und anstrengend gewesen, trotzdem sei die Ausbildungszeit wie im Flug vergangen. Der Alltag in der Bank sei immer wieder herausfordernd, aber nie langweilig gewesen. Besonders habe sie sich auf die Seminarwochen gefreut, berichtete Lang.
Eingeladen waren die besten Absolventinnen und Absolventen des Ausbildungsjahrgangs 2019, die ihre IHK-Prüfungen im Sommer 2021 oder im Winter 2021/22 mit einer Gesamtnote bis 1,9 abgelegt hatten. Neben 42 Bankkaufleuten waren dies auch zwei Kaufleute im Groß- und Außenhandel, zwei Industriekauffrauen und zwei Elektroniker für Automatisierungstechnik. Insgesamt hatten 2019 allein bei den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken rund 550 junge Frauen und Männer ihre Banklehre begonnen.
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Berufe mit vielen Facetten
GVB-Präsident Gregor Scheller zollte den Absolventinnen und Absolventen Anerkennung für ihren Ehrgeiz und ihren Fleiß. Zu den Bankkaufleuten sagte er: „Sie haben sich für einen wunderbaren Beruf mit vielen Facetten entschieden, der eine hohe fachliche Expertise erfordert.“ Wer in einer Bank arbeite, werde zum Menschenversteher, weil es darum gehe, den Menschen zu jeder Lebenslage die passenden Finanzangebote zu machen. „Sie haben die Chance, vielen Menschen zu helfen, zum Beispiel dabei, wie man Geld richtig anlegt.“ Die Aufgabe, den Kundinnen und Kunden als Coach in allen Finanzangelegenheiten zur Seite zu stehen, werde auch in Zukunft bleiben, zeigte sich Scheller überzeugt. Den jungen Menschen im Münchner Künstlerhaus riet er, ihren eigenen Stil zu bewahren, sich nicht zu früh zu spezialisieren und die Ausbildung als hervorragende Grundlage für den weiteren beruflichen Weg zu nehmen. „Wenn Ihnen der Beruf Spaß macht, dann haben Sie auch Erfolg“, sagte der GVB-Präsident.
Komplette Ausbildung in der Corona-Zeit
Der nun geehrte Ausbildungsjahrgang sei der erste gewesen, der seine komplette Ausbildung mit Digital- und Wechselunterricht in Pandemiezeiten absolviert habe, bemerkte Josef Pölt, Vorsitzender des GVB-Fachausschusses Bildungswesen und Vorstand der Volksbank Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg. Die Auszubildenden hätten die damit verbundenen Schwierigkeiten aber hervorragend gemeistert. Dazu hätten sie ein Gefühl für die Digitalisierung bekommen. „Die Welt, die Sie gestalten, wird eine andere sein als die, die wir kennen“, sagte Pölt. Den ehemaligen Azubis riet er, sich nicht von Bauchlandungen verunsichern zu lassen. „Wählen Sie Ihren eigenen Weg, folgen Sie nicht ausgetretenen Pfaden“, sagte er.
Eine Eins vor dem Komma haben nicht viele
„Sie stehen für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts. Die bayerische Wirtschaft setzt auf Sie“, sagte Hubert Schöffmann, Abteilungsleiter „Berufliche Bildung“ der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Er zollte den Absolventinnen und Absolventen großes Lob für ihre Leistung in den IHK-Abschlussprüfungen. „Eine Eins vor dem Komma haben nicht viele.“ Die Ausbildung sei ein stabiles Fundament für die berufliche Karriere, sie bilde aber auch Herz und Charakter, sagte Schöffmann. Man müsse Menschen verstehen und mögen, um im Kundenkontakt erfolgreich zu sein. „Bleiben Sie neugierig, stellen Sie Fragen, seien Sie stolz auf sich. Bayern braucht Jugendliche wie Sie“, sagte Schöffmann.
Spitzenleistung kein Zufallsprodukt
Den Festvortrag „Grenzen sprengen – Motivation für Top-Leistungen“ hielt Thomas Lurz, Deutschlands erfolgreichster Schwimmer. Der zwölfmalige Weltmeister und Medaillengewinner bei Olympischen Spielen verriet den Absolventinnen und Absolventen seine persönlichen Erfolgsfaktoren. Seine Spezialdisziplin waren die langen Freistilstrecken, insbesondere das Schwimmen in offenen Gewässern über fünf, zehn und 25 Kilometer. Nachhaltiger Erfolg und Spitzenleistung seien keine Zufallsprodukte, weder im Leistungssport noch im Berufsleben. Sie seien das Ergebnis kontinuierlicher Arbeit, Selbstmotivation, Disziplin und Erfolgswillen sowie der gezielten Nutzung individueller Stärken und des persönlichen Netzwerks, gab sich Lurz überzeugt.
Erfolgreiche Menschen seien in der Lage, sich auf das Wesentliche zu fokussieren und mit eisernem Willen aus jeder Situation das Beste zu machen. Wer das Heft des Handelns in die Hand nehme, profitiere vom Glück des Tüchtigen, so Lurz. Er habe zum Beispiel auch an Heiligabend zwei Mal trainiert. Für das Trainingsziel sei das nicht relevant gewesen, aber ihm habe das Bewusstsein geholfen, alles für den Erfolg getan zu haben. „Disziplin beginnt da, wo es schwer wird, aber man macht es trotzdem“, sagte der Schwimmweltmeister. Um Erfolg zu haben, müsse man sich ambitionierte, aber realistische Ziele setzen und Zwischenschritte einplanen – sowohl in der kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Perspektive. Darauf könne man dann hinarbeiten. Unabdingbar sei zudem die Kenntnis eigener Stärken und die Fähigkeit, aus Niederlagen zu lernen. „Man entwickelt sich nur in schwierigen Situationen wirklich weiter“, sagte Lurz.
Überdurchschnittliche Ergebnisse
Im Vergleich zur Gesamtheit aller bayerischen IHK-Abschlüsse seien die Ergebnisse der Absolventinnen und Absolventen der bayerischen Genossenschaften überdurchschnittlich, bemerkte Michael Horndasch, Abteilungsleiter Berufsstart und Services bei der Akademie Bayerischer Genossenschaften. Im vergangenen Jahr habe die ABG im Ausbildungsbereich insgesamt 3.678 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in 203 Seminaren begrüßt. „Wir sind stolz darauf, dass wir so leistungsstarke Absolventinnen und Absolventen in unseren Reihen haben und freuen uns, wenn wir Sie auch bei Ihrem weiteren beruflichen Werdegang unterstützen dürfen“, sagte Horndasch. In Zeiten der Digitalisierung brauche es junge, kreative Leistungsträger mit dem Willen, sich stetig weiterzubilden. Das bringe auch die Genossenschaften nach vorne.