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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit dem Fondsstandortgesetz wurden überraschend auch Erleichterungen bei der sogenannten „erweiterten Kürzung für Grundbesitz“ beschlossen.
  • Genossenschaften können in bestimmten Fällen bei vermieteten oder verpachteten Immobilien Gewerbesteuer sparen.
  • Die Lieferung von Strom ist zukünftig grundsätzlich unschädlich für die erweiterte Kürzung.
  • Zudem wurde bei der erweiterten Kürzung eine Bagatellgrenze für sonstige Einnahmen eingeführt.

Am 28. Mai 2021 hat der Bundesrat dem zuvor vom Bundestag beschlossenen Fondsstandortgesetz (FoStoG) zugestimmt und damit den Weg frei gemacht für umfangreiche Änderungen des Kapitalanlagegesetzbuchs und weiterer Gesetze. Damit setzt Deutschland eine EU-Richtlinie im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds („Organismen für gemeinsame Anlagen“) um. Weite Teile des FoStoG treten Anfang August 2021 in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, durch eine Entbürokratisierung der Regeln und eine Erweiterung der Angebotspalette den Fondsstandort Deutschland zu stärken. Darüber hinaus enthält das Gesetz jedoch auch steuerliche Änderungen, die nicht in Zusammenhang mit dem Fondsstandort Deutschland stehen. Für Genossenschaften interessant sind steuerliche Erleichterungen bei der Anwendung der sogenannten „erweiterten Kürzung für Grundbesitz“ nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Voraussetzungen für die „erweiterte Kürzung für Grundbesitz“

Grundsätzlich kann der Steuerpflichtige bei Ermittlung des Gewerbeertrags nur 1,2 Prozent des auf 140 Prozent hochgerechneten Einheitswerts des von ihm gehaltenen Grundbesitzes kürzen. Davon abweichend können Körperschaften und gewerbesteuerpflichtige Personengesellschaften, die sich ausschließlich auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes beschränken, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags faktisch den gesamten Gewinn aus der Vermietung und Verpachtung dieses Grundbesitzes kürzen (sogenannte „erweiterte Kürzung“) Die zusätzliche Nutzung von Kapitalvermögen (zum Beispiel Zinseinnahmen) ist unschädlich, aber nicht begünstigt.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Steuerbegünstigung ist zum einen, dass das Grundstück beziehungsweise die Grundstücke nicht (auch nicht geringfügig) dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dienen. Als weitere Voraussetzung kommt hinzu, dass außerhalb der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz (und gegebenenfalls der Nutzung von Kapitalvermögen) keinerlei Einnahmen – seien sie auch noch so gering – erzielt werden. Wird zum Beispiel eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines vermieteten Gebäudes vom Vermieter selbst betrieben oder werden beispielsweise Betriebsvorrichtungen mit vermietet, so wird die erweiterte Kürzung nach geltendem Recht versagt.

Lieferung von Strom künftig unschädlich

Die erste Änderung durch das FoStoG bei der erweiterten Kürzung soll die Energie- und Mobilitätswende flankieren. Danach sind Einnahmen aus Stromlieferungen in Verbindung mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes unschädlich, sofern dafür Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge beziehungsweise Elektrofahrräder betrieben werden. Voraussetzung ist, dass die Einnahmen aus dieser Stromlieferung im Wirtschaftsjahr nicht höher als 10 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Außerdem dürfen die Einnahmen nicht aus der Lieferung von Strom an Letztverbraucher stammen, es sei denn, diese sind Mieter des Anlagenbetreibers.

Das Betreiben einer Photovoltaikanlage auf dem Dach eines vermieteten Gebäudes und die Einspeisung des Stroms in das Netz sind daher unter den oben genannten Voraussetzungen zukünftig für die Anwendung der erweiterten Kürzung unschädlich. Zu beachten ist allerdings, dass die Stromlieferung für die erweiterte Kürzung des Gewinns aus der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz nur unschädlich ist. Der Gewinn aus der Stromlieferung selbst darf nicht gekürzt werden und ist gewerbesteuerpflichtig.

Bagatellgrenze für sonstige Einnahmen

Darüber hinaus sind zukünftig auch sonstige Einnahmen für die erweiterte Kürzung unschädlich, soweit diese aus den unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes erzielt werden. Voraussetzung ist, dass diese Einnahmen 5 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes nicht überschreiten. Die Mitvermietung einer Kühltheke bei Vermietung eines Supermarkts an einen Supermarktbetreiber ist daher unter den oben genannten Voraussetzungen ab 2021 ebenfalls unschädlich. Auch hier ist zu beachten, dass die Einnahmen aus der Überlassung der Kühltheke (kein Grundbesitz, sondern Betriebsvorrichtung) nur für die Gewährung der erweiterten Kürzung unschädlich sind. Der Gewinn aus der Mitvermietung der Kühltheke selbst darf jedoch nicht gekürzt werden und ist gewerbesteuerpflichtig.

Relevanz für Genossenschaften mit Tochtergesellschaften

Für Genossenschaften selbst ist die erweiterte Kürzung nicht unmittelbar von Bedeutung, da sie nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz vermieten oder verpachten. Unter anderem aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase haben jedoch auch Genossenschaften in den vergangenen Jahren in alternative Anlagen und dabei insbesondere in Grundvermögen investiert. Wird der Grundbesitz nicht von der Genossenschaft selbst gehalten, sondern von einer Tochtergesellschaft (insbesondere einer GmbH oder einer KG), und von dieser an externe Personen vermietet, so kommt die „erweiterte Kürzung für Grundbesitz“ in der Gewerbesteuer durchaus in Betracht.

In der Praxis musste hierbei bislang äußerst penibel darauf geachtet werden, dass in dem vermieteten Grundbesitz keine Betriebsvorrichtungen enthalten waren oder auf dem Dach des Grundbesitzes eine Photovoltaikanlage betrieben wurde. Diese Wirtschaftsgüter mussten dann von einer anderen Gesellschaft oder der Genossenschaft selbst erworben beziehungsweise errichtet werden – soweit überhaupt möglich. Dieser „Umweg“ ist zukünftig nicht mehr notwendig.

Beispiel 1: Lieferung von Strom

Für ein größeres Wohnareal mit Anschaffungskosten von 10 Millionen Euro beläuft sich die Jahresmiete (Bewirtschaftungskosten vernachlässigt) auf 500.000 Euro, die „Absetzung für Abnutzung“ (AfA) beträgt gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) 2 Prozent, also 200.000 Euro. Der Einheitswert des Areals beträgt 1 Million Euro. Mit integriert in das Areal ist eine Ladestation für Elektroautos und E-Bikes. Die Einnahmen (= Gewinn, Betriebsausgaben vernachlässigt) aus dem Betrieb der Ladestation belaufen sich auf 20.000 Euro. Folgende Vermietungsverhältnisse kommen in Betracht:

  1. Das Wohnareal wird von der Genossenschaft selbst vermietet.
  2. Das Wohnareal wird von einer Tochter-GmbH gehalten und vermietet (Veranlagungszeitraum 2020).
  3. Das Wohnareal wird von einer Tochter-GmbH gehalten und vermietet (Veranlagungszeitraum 2021).

Die Vermietungsverhältnisse wirken sich wie folgt auf die erweiterte Kürzung für Grundbesitz aus:

Fall 1: Die erweiterte Kürzung kann nicht angewendet werden. Es ergeben sich folgende gewerbesteuerliche Auswirkungen:

Mieteinnahmen 500.000 Euro
AfA -200.000 Euro
Gewinn aus dem Betrieb der Ladestation 20.000 Euro
Kürzung 1,2 Prozent des auf 140 Prozent
(1,4 Millionen Euro) hochgerechneten Einheitswerts
-16.800 Euro
Gewerbesteuerpflichtig 303.200 Euro

Fall 2: Die erweiterte Kürzung ist nicht möglich, da neben der Vermietung von Grundbesitz auch andere, nicht begünstigte Einnahmen in Form der Lieferung von Strom erzielt werden. Analog zu Fall 1 ergibt sich ein gewerbesteuerlicher Ertrag von 303.200 Euro.

Fall 3: Die erweiterte Kürzung ist nunmehr möglich. Die Einnahmen aus der Stromlieferung in Höhe von 20.000 Euro belaufen sich auf weniger als 10 Prozent der Mieteinnahmen in Höhe von 500.000 Euro. Die Auswirkungen auf den Gewerbeertrag ermitteln sich wie folgt:

Mieteinnahmen 500.000 Euro
AfA -200.000 Euro
Gewinn aus dem Betrieb der Ladestation 20.000 Euro
Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG -300.000 Euro
Gewerbesteuerpflichtig 20.000 Euro

Beispiel 2: Anwendung der Bagatellgrenze

Es wird ein bereits an eine Supermarktkette vermieteter Supermarkt für 10 Millionen Euro erworben. Die Jahresmiete (Bewirtschaftungskosten vernachlässigt) beträgt 600.000 Euro, die Abschreibung für Abnutzung (AfA) bemisst sich nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG auf 3 Prozent, somit 300.000 Euro. Der Einheitswert des Supermarkts wurde mit 1 Million Euro festgestellt. Mit enthalten ist eine Kühltheke (Betriebsvorrichtung, kein Grundbesitz). Der hierauf entfallende Mietzins beträgt 20.000 Euro. Bei Erwerb des Supermarkts wurde der entsprechende Mietvertrag zwischen dem Verkäufer und der Supermarktkette übernommen. Folgende Vermietungsverhältnisse kommen in Betracht:

4. Der Supermarkt wird durch die Genossenschaft selbst vermietet.
5. Der Supermarkt wird von einer Tochter-GmbH vermietet (Veranlagungszeitraum 2020).
6. Der Supermarkt wird von einer Tochter-GmbH vermietet (Veranlagungszeitraum 2021).

Die Vermietungsverhältnisse wirken sich wie folgt auf die erweiterte Kürzung für Grundbesitz aus:

Fall 4: Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG scheidet aus, da die Tätigkeit der Genossenschaft nicht ausschließlich in der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes besteht. Analog der Lösung im Fall 1 aus dem ersten Beispiel ergibt sich ein gewerbesteuerpflichtiger Ertrag von 303.200 Euro.

Fall 5: Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG scheidet aus. Neben Grundbesitz wird auch anderes Vermögen, nämlich eine Betriebsvorrichtung vermietet. Analog der Lösung im Fall 4 ergibt sich ein gewerbesteuerpflichtiger Ertrag von 303.200 Euro.

Fall 6: Die erweiterte Kürzung ist möglich. Der Ertrag aus der Mitvermietung der Kühltheke von 20.000 Euro beträgt weniger als 5 Prozent der Jahresmiete in Höhe von 600.000 Euro für den Supermarkt selbst. Analog der Lösung im Fall 3 ergibt sich ein gewerbesteuerpflichtiger Ertrag von 20.000 Euro.

Unterstützung durch den GVB

Die Möglichkeit der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff GewStG ist nur einer von vielen Aspekten, die in Zusammenhang mit der Investition in Immobilien relevant sein können. Neben weiteren steuerlichen Gesichtspunkten sind insbesondere auch zivilrechtliche, aufsichtsrechtliche oder betriebswirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) unterstützt seine Mitglieder bei allen Fragen rund um die Investition in Immobilien umfassend. Bewährt hat sich insbesondere ein „Runder Tisch“, an dem neben Vertretern der Genossenschaft Expertinnen und Experten von allen relevanten Fachbereichen des GVB vertreten sind.


Gerhard Hellstern ist Steuerberater beim Genossenschaftsverband Bayern.

Kontakt zur GVB-Steuerberatung

Die GVB-Steuerberatung unterstützt die Mitglieder des Verbands in allen steuerlichen Fragen, so auch bei Investitionen in Immobilien. Kontakt: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800. Alle Informationen, Rundschreibungen und Dienstleistungen der GVB-Steuerberatung finden sich im Mitgliederbereich der GVB-Webseite.

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