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Herr Benedix, die Nachfrage nach Edelmetallen wie Gold und Silber ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Entsprechend bieten immer mehr Volksbanken und Raiffeisenbanken passende Produkte wie Goldmünzen oder Edelmetall-Sparpläne an. Woher kommt das hohe Interesse?

Thomas Benedix: Es gibt verschiedene Gründe, warum die vier für die Weltmärkte relevanten Edelmetalle – Gold, Silber, Platin und Palladium – stark nachgefragt sind. Betrachten wir exemplarisch Gold: Dort ist die verstärkte Nachfrage vor allem auf private und institutionelle Anleger zurückführen. Viele Menschen kaufen Gold, um sich gegen eine Geldentwertung abzusichern. Denn die reale Verzinsung – also die nominellen Zinsen minus Inflationsrate – ist seit Jahren negativ. Gold hingegen hat sich über Jahrhunderte den Ruf als wertstabile und liquide Absicherung gegen Inflation erworben. Insofern ist es nur folgerichtig, dass die Anleger in Gold investieren, da sie dort keine Verluste erwarten.
 

Der Goldpreis ist historisch betrachtet auf einem sehr hohen Niveau, 2020 hat er sogar ein Allzeithoch erreicht. Ist die hohe Nachfrage die einzige Ursache oder gibt es weitere Gründe?

Benedix: Die Goldproduktion ist relativ konstant ohne signifikante Ausreißer nach oben oder unten. Und die industrielle Nachfrage nach Gold in der Schmuck- und Elektronikbranche ist sogar rückläufig. Insofern sind die Privatanleger eindeutig als Haupttreiber für den hohen Goldpreis auszumachen. Analysen zeigen, dass der Goldpreis signifikant gestiegen ist, nachdem die Notenbanken im Zuge der Finanzkrise zahlreiche neue Maßnahmen wie den massiven Ankauf von Anleihen beschlossen haben. Seit diesem Zeitpunkt gibt es eine eindeutige Beziehung zwischen dem Goldpreis und den Realzinsen in den USA. Mit jedem Prozentpunkt, den die US-amerikanischen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit verloren haben, ist der Goldpreis um etwa 300 US-Dollar je Unze gestiegen.

„Die Krisenstimmung bei den Privatanlegern ist größtenteils verflogen.“

Welche Erwartungen haben Sie für den Goldpreis vor dem Hintergrund der fortschreitenden Impfkampagne und der positiven Wirtschaftsaussichten?

Benedix: Die Krisenstimmung ist bei den Privatanlegern größtenteils verflogen, sie fragen daher deutlich weniger Gold nach als zuletzt. Entscheidend für die Preisentwicklung sind aber weniger die Impfkampagne oder die Wirtschaftsaussichten, sondern vor allem die Geldpolitik der globalen Notenbanken. Die amerikanische Notenbank Fed hat bereits signalisiert, 2023 zweimal die Zinsen anzuheben. Insofern wird das Umfeld für Gold schwieriger. Unser Kursziel für die kommenden zwölf Monate liegt daher bei 1.850 US-Dollar je Unze Gold. Das bedeutet ein moderates Plus von knapp drei Prozent im Vergleich zu heute.

Sie hatten bereits erwähnt, dass Anleger traditionell auf Gold setzen, um sich gegen die Geldentwertung abzusichern. Nun gibt es mit Kryptowerten wie Bitcoin eine Alternative. Wie stark schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Benedix: Wir erwarten, dass Gold und Kryptowerte zunehmend in den Wettbewerb miteinander treten. Denn das Motiv ist bei beiden Anlageformen ähnlich: Die Menschen wollen in einen Wert investieren, der außerhalb des normalen Geldsystems liegt und bei dem Zentralbanken und Staaten kaum Eingriffsmöglichkeiten haben. Für den Goldpreis muss der Hype um die Kryptowerte nicht unbedingt negativ sein: Es dürfte vielmehr zu taktischen Verschiebungen zwischen beiden Asset-Klassen kommen. Die Anleger werden zwischen Gold und Kryptowerten hin- und herwechseln – je nachdem, welche der beiden Kurse zu diesem Zeitpunkt attraktiver erscheint.

„Silber ist aktuell leicht unterbewertet.“

Wir haben viel über Gold gesprochen – welche Prognose haben Sie für Silber?

Benedix: Aktuell ist Silber leicht unterbewertet, auch im Verhältnis zum Goldpreis. Für die Zukunft trauen wir Silber sogar mehr Potenzial zu. Hintergrund ist, dass Silber in der Industrie verstärkt nachgefragt wird. So ist das Edelmetall äußerst leitfähig und dient daher der Solarbranche als wichtiger Rohstoff. Wenn nun immer mehr Länder ihre Energieversorgung umweltfreundlicher gestalten, erhält die Nachfrage nach Silber starken Rückenwind. Insofern erwarten wir, dass der Silberpreis tendenziell etwas stärker steigt als der Goldpreis. Unsere Preiserwartung für Silber liegt bei 30 US-Dollar je Unze, was ein Plus von rund zehn Prozent im Vergleich zu heute bedeutet.
 

Platin wird häufig übersehen, dabei spielt das Edelmetall vor allem in der Fahrzeugindustrie eine gewichtige Rolle. Wird Platin bald wertvoller als Gold?

Benedix: Platin ist das „grüne Metall“ schlechthin und profitiert vom Trend zu grüner Industrie und Wirtschaft. Beispielsweise kommt Platin in Brennstoffzellen zum Einsatz, die in Zukunft den Verbrennungsmotor ersetzen könnten. Während diese Entwicklung jedoch noch Zukunftsmusik ist, wird die Nachfrage auch ganz real getrieben, beispielsweise durch die Autoindustrie. Platin löst vermehrt Palladium oder Rhodium in Auto- und Lkw-Katalysatoren ab. Da einerseits das Angebot niedriger ist als die Nachfrage und andererseits auch die Schmucknachfrage vor allem in Asien wieder deutlich zunimmt, sind weitere Preissteigerungen sehr wahrscheinlich. Insofern ist Platin unser Favorit unter den Edelmetallen: Es dürfte mittelfristig wertvoller werden als Gold.

Mit dem „UniCommodities“ bietet Union Investment einen Fonds an, der zu rund einem Drittel in Edelmetalle investiert. Wie lässt sich das Risiko vor dem Hintergrund der teils starken Kursschwankungen von Edelmetallen managen?

Benedix: In der Tat sind Edelmetalle wie auch Rohstoffe allgemein eine sehr volatile Anlageklasse, bei denen immer mit Kursschwankungen zu rechnen ist. Um das Risiko zu verwalten, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beispielsweise können die Fondsmanager einen Hebel einbauen, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Oder sie können bestimmte Rohstoffe über- oder untergewichten, wenn sie Chancen oder Risiken sehen. Auch Kassepositionen können gehalten werden, um Abwärtsrisiken zu dämpfen. Die Research-Abteilung unterstützt die Fondsmanager dabei vollumfänglich. Wir verfolgen einen fundamentalen Research-Ansatz, bei dem wir möglichst alle Erkenntnisse über Unternehmen und Rohstoffe in unsere Analyse einfließen lassen. Außerdem achten wir verstärkt darauf, welche Auswirkungen globale Themen wie Nachhaltigkeit oder der Konkurrenzkampf zwischen den USA und China auf die Preisentwicklung haben könnten.

„Der Edelmetallmarkt bietet noch die eine oder andere Chance.“

Was empfehlen Sie abschließend Anlegern, die sich für den Edelmetallmarkt interessieren?

Benedix: Trotz gestiegener Preise bietet der Edelmetallmarkt noch die eine oder andere Chance. Wir empfehlen, das Investment möglichst breit zu streuen und Edelmetalle als Teil eines umfassenden Rohstoff-Portfolios beizumischen. Dabei muss den Anlegern bewusst sein, dass es in diesem Segment zu deutlichen Kursschwankungen kommen kann. Wer unbedingt in einzelne, physische Edelmetalle investieren möchte, sollte bevorzugt Goldbarren oder -münzen als liquide alternative Anlage und Absicherung in Betracht ziehen. Perspektivisch ist besonders Platin interessant.
 

Herr Benedix, vielen Dank für das Gespräch!

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