Problemlöser: Moderner Vertrieb kombiniert Produkte mit Service und Beratung auf allen Kanälen. Fünf Erfolgsbeispiele aus der aktuellen Praxis.
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Internationalisierung, Intensivierung des Wettbewerbs, Wertsteigerung des Unternehmens, Konzentration auf Kernkompetenzen, Compliance, digitale Transformation und jetzt auch noch die globale Corona-Pandemie: Der Vertrieb sieht sich in den vergangenen drei Jahrzehnten immer wieder Entwicklungen und Trends ausgesetzt, die sich unmittelbar auf seine Arbeit auswirken. Die Kunden sind vielfach internationaler und größer geworden, die Wettbewerber machen mächtig Druck – und die eigene Unternehmensorganisation will wachsen, trimmt sich aber gleichzeitig auf maximale Effizienz. Zudem steigen die zu beachtenden Regularien und Gesetzesvorschriften stetig an und führen in vielen Branchen zu einer fast unerträglichen Ausweitung der administrativen Arbeit.
Entsprechend ist die Arbeitsbelastung für den Vertrieb enorm angestiegen. Statt Dank für diesen Aufwand zu erhalten, schwindet die Loyalität der Kunden, die immer öfter langjährige Geschäftsbeziehungen in Frage stellen und zum Teil wegen ein paar eingesparter Cents den Lieferanten oder Dienstleister wechseln. Dass dem Vertrieb in diesen Momenten Zweifel an seiner Arbeit aufkommt, ist verständlich. Insbesondere die digitale Transformation und ganz aktuell die Corona-Pandemie scheinen zu derart grundsätzlichen Veränderungen zu führen, dass es Zeit wird, innezuhalten und sich zu fragen: „Sind wir nach wie vor auf dem richtigen Weg? Sollen und können wir wirklich so weitermachen wie bisher?“ Die Antwort wird nicht jedem gefallen, denn sie kann nur heißen: „Nein. Wir müssen uns ändern – in einigen Bereichen sogar radikal.“ Nur wo und wie?
Kundenorientierung als Teil der Unternehmens-DNA
Es ist immer wieder überraschend, dass viele Unternehmen nach wie vor weder kunden- noch marktorientiert aufgestellt sind. Auch wenn der Großteil der Mitarbeiter – vom Lageristen bis hin zum Top-Management – mit diesem Konzept prinzipiell vertraut ist, so sei diese eine Frage doch gestattet: Wird die Kunden- und Marktorientierung im eigenen Unternehmen auch wirklich „gelebt“? Ist der gesamte Wertschöpfungsprozess kompromisslos auf die Zufriedenstellung und Bindung der Kunden ausgerichtet? Oder versucht am Ende doch nur jede Abteilung, sich selbst zu optimieren?
Nach wie vor beherzigen viele Unternehmen den Grundsatz von „Structure follows Strategy“ nicht: Wer sich kunden- und marktorientiert aufstellen und auch so agieren möchte, kommt um eine grundsätzliche Anpassung der Unternehmensstruktur und Unternehmenskultur nicht herum. Die Kunden- und Marktorientierung muss ein fester Bestandteil der Unternehmens-DNA sein beziehungsweise zu einem solchen werden. Statt also in Funktionen zu denken, die ausschließlich zu Denksilos führen, müssen sich die Unternehmen sehr viel mehr am Kundenprozess orientieren, um diesen adäquat bedienen zu können. Nur so kann es gelingen, den Kunden besser zufriedenzustellen und zu binden als der (internationale) Wettbewerb.
Verstehen, was Kunden wollen
Dass viele Kunden – darunter auch die Firmenkunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken – nicht nur internationaler und größer, sondern auch noch sehr viel anspruchsvoller geworden sind, erhöht deutlich die Komplexität und den Aufwand für den Vertrieb. Selbst wenn der Vertrieb wollte, ist er jedoch in vielen Unternehmen gar nicht in der Lage zu leisten, was eigentlich notwendig wäre, um den Kunden nachhaltig zufriedenzustellen. Von den vergangenen drei bis vier Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs dürfen wir uns nicht beirren lassen, denn dieser hat meist die Schwächen der bestehenden Vertriebsstrukturen verdeckt. Lediglich in Krisenzeiten wie aktuell wird deutlich, ob der Vertrieb zukunftsfähig aufgestellt ist oder nicht.
Wenn man seine direkten Kunden fragen würde, was sie wirklich möchten, lautet die Antwort in den meisten Fällen „Einen besseren Preis“. Dies rührt jedoch von einem viel zu kurzfristig ausgerichteten und verkürzten Marktverständnis her: Kunden auf Business-to-Business-Märkten (B2B) glauben in der Regel, dass sie durch günstigere Preise bei ihren eigenen Kunden attraktiver werden. Angesichts eines sich intensivierenden Wettbewerbs führen niedrigere Preis jedoch nur zu einer Preisspirale nach unten, im schlimmsten Fall sogar zu einem Preiskrieg. Kurzfristig mögen die B2B-Kunden und deren Kunden von günstigeren Preisen profitieren, letztendlich verlieren jedoch alle, da im jeweils eigenen Unternehmen weniger Gewinn verbleibt.
Der einzige Ausweg aus dieser Preisspirale ist die Schaffung von zusätzlichem Kundennutzen beziehungsweise Mehrwerten im Sinne einer positiven Wertschöpfung (englisch „Value Creation“). Daher verwundert es nicht, wenn aktuell Schlagworte wie „vom Verkäufer zum Berater“ oder „Value Selling“ im Vertrieb die Runde machen. Leider erfordert die Implementierung solcher Konzepte umfangreiche Investitionen und Strukturanpassungen im eigenen Unternehmen, zu denen das Management – teils aus mangelnder Kenntnis, teils aus falscher Sparsamkeit – oftmals nicht bereit ist.
In die eigene „Market Intelligence“ investieren
Mehrwerte zu schaffen und Kunden zufriedenzustellen, erfordert ein umfangreiches Marktwissen, das in einem Market-Intelligence-System strukturiert zusammengeführt werden kann. Doch die dafür relevanten Daten werden trotz der zahlreichen technologischen Möglichkeiten von den Unternehmen weder in dem notwendigen Umfang gesammelt noch adäquat aufbereitet. Dies setzt neben einem modernen Vertriebsverständnis (zum Beispiel als Berater oder Problemlöser) vor allem eine ausgewiesene Datenkompetenz voraus, die im Grunde den meisten Unternehmen fehlt.
Stichwort „Market Intelligence“
Der Begriff „Market Intelligence“ steht für die systematische Sammlung, Auswertung und Bereitstellung aller relevanten Marktdaten innerhalb eines Unternehmens. Unterschieden wird dabei in allgemeine Marktinformationen, Kundeninformationen und Wettbewerbsinformationen.
Entgegen der allgemeinen Hoffnung können die Softwarehäuser mit ihren Softwarepaketen nämlich selten wirklich weiterhelfen, weil sie nur auf den Daten aufsetzen können, die ihnen die Unternehmen zur Verfügung stellen. Die Identifikation von Datenquellen, die (automatisierte) Sammlung von Daten, adäquate Datenstrukturen und die Anforderungen an die Datenaufbereitung müssen von den Unternehmen selbst kommen, denn sie sind überwiegend durch ihre individuellen Unternehmens- und Marktstrukturen geprägt.
Der richtige Einstieg in die digitale Transformation
Möchten Unternehmen im Wettbewerb zukünftig bestehen, kommen sie um die digitale Transformation ihres Vertriebs nicht herum. Das Thema ist nicht neu, aber es geht in vielen Unternehmen nur sehr schleppend voran. Dies hat zahlreiche Gründe, wie Untersuchungen der Hochschule Hof und der Technischen Hochschule Mittelhessen zur digitalen Transformation im Vertrieb im deutschen Mittelstand zeigen.
Stichwort „Digitale Transformation“
Die digitale Transformation beinhaltet die digitale Modifikation von Prozessen, Produkten, Geschäftsmodellen und Verhaltensweisen, um die Gesamtheit der Unternehmensaktivitäten effektiver und effizienter zu gestalten. Diese Verbesserungen sollen insbesondere durch eine zunehmende Automatisierung, Vernetzung, Flexibilisierung und Individualisierung erreicht werden.
Die digitale Transformation ist ein Top-Management-Thema. Das hat die Mehrheit der Geschäftsführer und Vorstände im deutschen und bayerischen Mittelstand inzwischen erkannt. Nun ist Führungsstärke gefragt, die nicht nur eines erheblichen persönlichen und zeitlichen Einsatzes bedarf, sondern vor allem auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern Orientierung geben muss. Schließlich sind die anstehenden Veränderungen von so grundsätzlicher Natur, dass weder die erfahrenen Mitarbeiter noch die nach und nach in die Unternehmen eintretenden „Digital Natives“ auch nur im Ansatz eine Idee davon haben, was auf sie zukommen wird.
Interessanterweise sind viele Mitarbeiter davon überzeugt, dass ihre Führungskräfte wissen, was sie tun beziehungsweise zukünftig zu tun ist. Dass ein Großteil der Geschäftsführer und Abteilungsleiter die Lage vollkommen anders einschätzen, ist fatal: Sie sehen ihr mangelndes Digitalisierungs-Know-how und ihre fehlenden zeitlichen Ressourcen als größte Barriere dafür an, dass die digitale Transformation ihres Unternehmens nicht schneller voranschreitet. Zudem machen Geschäftsführer und Vorstände immer wieder deutlich, dass sie auch über keinen „Masterplan der digitalen Transformation“ für ihr eigenes Unternehmen verfügen, da es ihnen ausgesprochen schwerfällt, die Folgen der digitalen Transformation für ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter abzuschätzen. Das Fehlen eines Masterplans macht die digitale Transformation aus Sicht der Mitarbeiter sicher nicht greifbarer.
Neuausrichtung erfordert neue Methoden und Kennzahlen
Bei aller Notwendigkeit einer digitalen Transformation darf jedoch nicht vergessen werden, dass uns die digitalen Systeme auch zukünftig nur unterstützen können. Zur Art und Weise einer adäquaten Wertschöpfung können diese keine Aussagen treffen. Dabei helfen Methoden wie die „Customer Journey“, die dem Vertrieb ein Raster zur Analyse des Kaufprozesses seiner Kunden sowie der relevanten Kundenkontaktpunkte („Customer Touchpoints“) zur Verfügung stellen kann.
Eng verbunden ist damit die Entwicklung neuer Kennzahlen-Systeme, um sowohl den Vertriebsaußen- als auch den Vertriebsinnendienst sehr viel fokussierter steuern zu können. Auch wenn sich diese Vertriebsmethoden und Kennzahlensysteme nach wie vor in der Entwicklung befinden, so weisen die ersten Prototypen den Unternehmen bereits heute den richtigen Weg, um sich zukünftig kunden- und marktorientierter aufzustellen. Dabei ist Eigeninitiative erforderlich, denn fertige Standardkonzepte zur Bewältigung der digitalen Transformationen gibt es (bislang) nicht.
Stichworte „Customer Journey“ und „Customer Touchpoint“
Die „Customer Journey“ ist die prozessuale Darstellung der Kaufentscheidung eines Kunden über alle Entscheidungsstufen vom Zeitpunkt der Bedürfnisidentifikation bis zur Erfahrung mit dem gekauften Produkt sowie über alle „Customer Touchpoints“ hinweg. „Customer Touchpoints“ sind alle zwischen den Kunden und einem Produkt, einer Marke oder einem Unternehmen genutzte Kommunikations- und Interaktionskanäle.
Führung und Mut des Top-Managements sind gefragt
In Zeiten großer Unsicherheiten kommt daher der Führung eine besonders wichtige Aufgabe zu. Auch wenn die Auswirkungen der digitalen Transformation heute noch nicht abschätzbar sind, so kommen Geschäftsführer und Vorstände nicht um ihre Pflicht herum, ihren Mitarbeitern ausreichende Orientierung und Sicherheit zu geben sowie die notwendigen (digitalen) Kompetenzen aufzubauen. Neben einer kompromisslosen Kunden- und Marktorientierung, die sich zukünftig auch in der Unternehmensstruktur widerspiegeln muss, sollte der Fokus des Managements vor allem auf dem Aufbau einer umfassenden Datenkompetenz sowie einer den Managementprozess unterstützenden „Market Intelligence“ liegen. Daten sind der zukünftige Erfolgsfaktor, jedoch nur in Verbindung mit einer kunden- und marktorientierten Ausrichtung des Wertschöpfungsprozesses. Dabei werden Methoden wie die Customer Journey-Analyse oder neue, teilweise noch zu entwickelnde Kennzahlensysteme weiterhelfen.
Krisenzeiten wie die Corona-Pandemie können dafür sorgen, dass sich Vorstände, Geschäftsführer und Manager den notwendigen Ruck geben und die oben skizzierten Themen mit Mut und ausreichenden Ressourcen angehen. Eine weitere Verzögerung wird lediglich dazu führen, dass die finanziell sehr gut ausgestatteten, risikoreicher agierenden und bislang auch agileren Tech-Konzerne die Lücken füllen werden. Seinen eigenen Platz im Wertschöpfungsprozess zu verlieren, geht heutzutage sehr viel schneller als gedacht – ihn zu halten, bedeutet eine enorme Kraftanstrengung, die sich bei einer geschickten Vorgehensweise sicherlich auszahlen wird.
Prof. Dr. Stefan Wengler lehrt an der Hochschule Hof Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Marketing und Vertrieb. Im Fokus seiner Forschung stehen die digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf Vertrieb und Wertschöpfungsketten in Unternehmen.
Personalleiter gefragt: Wie gehen Unternehmen mit der Corona-Krise um?
Die Forschungsgruppe ERUX („Empirical Research & User Experience“) der Hochschule Hof unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Wengler und Prof. Dr. Joachim Riedl führt eine branchenübergreifende Studie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutsche Wirtschaft durch. Um möglichst vielfältige und aussagekräftige Informationen zu erhalten, bittet die Forschungsgruppe ERUX auch die bayerischen Genossenschaften um Unterstützung.
Ziel der Studie ist es, mehr über den Umgang der Unternehmen mit der Corona-Krise über die unterschiedlichen Branchen hinweg zu erfahren sowie ein klareres Bild über die wesentlichen Zukunftsperspektiven im Bereich des Personalmanagements zu erhalten. Geplant ist, die Studienergebnisse allen teilnehmenden Unternehmen im Anschluss zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise erhalten die Studienteilnehmer einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen, neue Perspektiven zu diesen Themen und eventuell sogar Anregungen für neue Maßnahmen.
Die Studie bezieht ausschließlich die Personalleiter der teilnehmenden Unternehmen ein und wird in Form eines 30-minütigen Experteninterviews durchgeführt. Die Interviews finden wahlweise telefonisch oder per Skype/Zoom zusammen mit einem Projektmitarbeiter statt. Im Zentrum des Interviews stehen verschiedene personalrelevante und arbeitsorganisatorische Themen sowie das Homeoffice bzw. „Anywhere Office“. Genossenschaften, die Interesse an einer Teilnahme haben, können unter erux(at)hof-university.de oder telefonisch unter 09281 / 409-5683 Kontakt mit der Projektleiterin Anna Degenkolb aufnehmen.