Zustimmung: Die Unionsabgeordneten im Bundestag haben ein Positionspapier zu den EU-Plänen für ein „Nachhaltiges Finanzwesen“ formuliert. GVB-Präsident Jürgen Gros begrüßt die Forderungen.
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Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums:
In Zusammenarbeit der Mitglieder des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) sollen Ansätze zur konzeptionellen Weiterentwicklung und Modernisierung des bankstatistischen und aufsichtlichen Meldewesens erarbeitet werden. Neben europäischen Lösungen sollen auch nationale Ansätze für ein modernes, flexibles und ganzheitliches Meldewesen geprüft werden. Unter Berücksichtigung laufender europäischer Projekte sollen mögliche nationale und/oder europäische Konzepte erarbeitet werden, um Bürokratiekosten im Finanzdienstleistungssektor langfristig zu reduzieren und eine flexibel nutzbare Datenbasis zur Risikoanalyse durch die Aufsicht zu schaffen.
Dazu meine ich: „Das Ministerium erwägt, das Bankenmeldewesen im nationalen Alleingang weiterzuentwickeln. Dabei geht es offenbar nicht nur um den Abbau unnötiger Bürokratie, den die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken begrüßen würden. Es geht auch darum, eine „flexibel nutzbare Datenbasis zur Risikoanalyse“ zu schaffen. Das ist bemerkenswert, denn gerade erst haben die EU-Gesetzgeber die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) damit beauftragt, nach Entlastungspotenzialen im Meldewesen für kleine und nicht komplexe Banken zu suchen. Der Vorstoß des BMF konterkariert diese Bemühungen.
Darüber hinaus sehe ich die Gefahr, dass auf nationaler Ebene und EU-Ebene Parallelstrukturen entwickelt werden. Schon lange hegen die hiesigen Aufsichtsbehörden den Wunsch, zusätzliche Daten zur privaten Immobilienfinanzierung auf Einzelkreditebene zu erheben. Gleichzeitig steht auf europäischer Ebene die Ausweitung des AnaCredit-Meldewesens auf Kredite an Privathaushalte im Raum. Doch wenn überlappende Meldepflichten kreiert werden, führt dies bei Banken zu unnötigem Zusatzaufwand.“
Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums:
Eine gute Gelegenheit, den weitergehenden Ansatz zur Schaffung einer „Small Banking Box“ fortzuentwickeln, bietet die zukünftige europäische Umsetzung des im Dezember 2017 vom Baseler Ausschuss beschlossenen Pakets zur „Vollendung von Basel III“. Die „Small Banking Box“ sieht eine Klassifizierung der Institute nach drei Gruppen und eine Abstufung der regulatorischen Anforderungen mit einem insgesamt vereinfachten Aufsichtsregime für kleine Institute mit risikoarmen Geschäftsmodell vor.
Dazu meine ich: „Ich stimme zu, dass die EU-Gesetzgeber weiter an einer wirklich verhältnismäßigen Regulierung arbeiten müssen. Das kürzlich von den Gesetzgebern ausverhandelte EU-Bankenpaket (CRR/CRD-Novelle) ist ein Schritt in die richtige Richtung. Erstmals wird explizit definiert, welche Banken als „klein und nicht komplex“ gelten sollen und daher vereinfachten aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterliegen. Beispielsweise sind für diese Geldhäuser reduzierte Melde- und Offenlegungspflichten vorgesehen. Diese Marschrichtung muss bei der Basel III-Finalisierung beibehalten werden.
Insbesondere dürfen Regionalbanken keine Nachteile bei der Mittelstandsfinanzierung entstehen. Denn die Kredite der Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie anderen regionalen Geldhäusern sind für viele Unternehmen die wichtigste Finanzierungsquelle. Allerdings hat die EBA gerade erst der EU-Kommission empfohlen, den sogenannten KMU-Faktor abzuschaffen. Hierdurch würde die Kapaziät der Banken, KMU-Kredite zu vergeben, eingeschränkt. Auch die angedachte Härtung des sogenannten „Granularitätskriteriums“ würde dazu führen, dass kleine Banken ein und denselben Kredit mit mehr Kapital unterlegen müssten als größere Kreditinstitute. Beide Maßnahmen würden die Mittelstandsfinanzierung spürbar einschränken.“
Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums:
Im Gutachten wird die Einführung von Mindeststandards für das Verhältnis von Kreditvolumen zu Immobilienwert („Loan-to-value“) und für den Tilgungsverlauf positiv bewertet. Zugleich verweist das Gutachten darauf, dass die Effektivität makroprudenzieller Politik begrenzt sein dürfte, solange keine auf das Einkommen des Kreditnehmers bezogenen Instrumente verfügbar sind. Einkommensbezogene Instrumente sind besonders wirksam bei der Begrenzung systemischer Risiken, da durch den Einsatz dieser Instrumente die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten reduziert werden kann. Das BMF beabsichtigt, bis Ende 2019 einen Evaluierungsbericht zum Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz vorzulegen, der sich auch mit einkommensbezogenen Instrumenten beschäftigen wird.
Dazu meine ich: „Als die makroprudenziellen Instrumente in Deutschland vor zwei Jahren gesetzlich verankert wurden, hat der Deutsche Bundestag richtigerweise entschieden, der BaFin mit der „Loan-to-value-Ratio“ und der „Amortisationsanforderung“ zwei – und nicht wie von der Bundesregierung gefordert vier – Instrumente für Eingriffe am Immobilienmarkt an die Hand zu geben. Nun unternimmt das Bundesfinanzministerium einen erneuten Anlauf, um den makroprudenziellen Werkzeugkasten zu erweitern.
Diese Initiative ist aus mehreren Gründen bedenklich. Bisher kamen die beiden bereits gesetzlich verankerten Instrumente nicht zum Einsatz. Demzufolge mangelt es an Erfahrungswerten, die etwaige Lücken im makroprudenziellen Instrumentarium überhaupt erst hätten offenlegen können. Darüber hinaus steht der Finanzaufsicht schon heute ein umfangreicher Werkzeugkasten mit insgesamt vier Instrumenten zur Verfügung. Neben den beiden bereits genannten Eingriffsmöglichkeiten sind dies der antizyklische Kapitalpuffer sowie die Möglichkeit, gezielt die Risikogewichte für Hypothekarkredite anzuheben. Gleichzeitig zeigen aktuelle Auswertungen des Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), dass 13 der 19 Euroländer nicht mehr als zwei auf den Immobilienmarkt zielende Instrumente im Einsatz haben. Es ist nicht ersichtlich, warum die BaFin über ihre vorhandenen Instrumente hinaus zusätzliche Eingriffsmöglichkeiten benötigt. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger nennt die BMF-Initiative zu Recht „verfrüht und unnötig“.
Ohnehin stellt schon die gesetzlich verankerte Amortisationsanforderung – also die Festlegung eines Anteils des Gesamtkreditbetrags, der innerhalb eines festgelegten Zeitraums vom Kreditnehmer zu tilgen ist – indirekt auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers ab: Schon die Vorgabe, einen Kredit von 200.000 Euro binnen zehn Jahren tilgen zu müssen, beugt einer Vergabe von Krediten an bonitätsschwache Gläubiger mit dementsprechend erhöhtem Ausfallrisiko vor. Daneben würden sich mit der Einführung einkommensbezogener Instrumente die überaus komplexe Frage stellen, wie der Begriff „Einkommen“ abzugrenzen ist.
Gesetzgeber und Aufsicht sollten sich auf bereits vorhandene Instrumente konzentrieren und von einer Erweiterung des makroprudenziellen Werkzeugkastens absehen. Es braucht mehr Augenmaß in der Regulierung.“
Dr. Jürgen Gros ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Er twittert als @JGros_GVB und ist Mitglied des Netzwerks LinkedIn.