Lehrabschlussfeier: Carina Happach ist die notenbeste Absolventin des Ausbildungsjahrgangs 2018 der bayerischen Genossenschaften. Im Interview erzählt sie, wie sie das geschafft hat.
Als Luis Dorn Anfang Juli in Burgebrach im oberfränkischen Landkreis Bamberg ins Auto steigt, ist die Sonne gerade erst aufgegangen. Sein Ziel an diesem Tag: München. Knappe drei Stunden später kommt er am Künstlerhaus am Stachus an. Dort werden an diesem Tag die 60 besten Absolventen der Abschlussjahrgänge Sommer 2018 und Winter 2018/19 der bayerischen Genossenschaften ausgezeichnet.
Der Bankkaufmann hat eine besondere Aufgabe: Als Prüfungsbester darf er die Absolventenrede halten. „Natürlich bin ich etwas nervös, vor so einem Publikum zu sprechen. Gleichzeitig freue ich mich über die Gelegenheit, auf der Bühne die Lehrzeit noch einmal Revue passieren zu lassen“, sagt Dorn vor seinem Auftritt dem „Profil“-Reporter. Er ist von seinem Ausbildungsbetrieb, der Raiffeisenbank Burgebrach-Stegaurach, übernommen worden und arbeitet derzeit in der internen Revision. „Später möchte ich gerne Führungsverantwortung übernehmen“, sagt Dorn im Interview mit „Profil“ (siehe Video).
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Zum Auftakt der Lehrabschlussfeier spricht GVB-Präsident Jürgen Gros vor den Nachwuchskräften. Er bereitet sie darauf vor, dass sie auf Familienfeiern oder Treffen im Freundeskreis nun häufig zwei Fragen beantworten müssten: Was sie beruflich machen und wie ihnen die Arbeit im Betrieb gefällt. Fast niemand frage jedoch, aus welchen Gründen sie sich für die Karriere bei einer Genossenschaft entschieden hätten. „Dabei ist die Frage nach dem ‚Warum‘ vor allem in der heutigen Zeit besonders interessant“, sagt Gros. Er verweist darauf, dass aktuell solche Unternehmen beliebt seien, die den Sinn und Zweck ihres Handels – neudeutsch als „Purpose“ bezeichnet“ – erklären würden. Gros: „Unternehmen, die das ‚Warum‘ ihrer Tätigkeit in den Mittelpunkt stellen, haben sowohl engagierte Mitarbeiter als auch treue Kunden.“
„Genossenschaften sind eine Gruppe mit einer starken Antwort auf das ,Warum‘.“
GVB-Präsident Jürgen Gros
Genossenschaften passen in dieser Hinsicht besonders gut zum Zeitgeist, so Gros: „Sie sind eine Gruppe mit einer starken Antwort auf das ‚Warum‘.“ Genossenschaften seien einerseits stark in ihrer Heimatregion verwurzelt, andererseits stellten sie die Bedürfnisse der Kunden und Mitglieder in den Mittelpunkt ihres Tuns. „Bei uns bekommen die Kunden die Leistungen, die ihnen wirklich weiterhelfen – das ist seit über 160 Jahren der prägende Moment unseres Geschäftsmodells“, so Gros.
Deshalb attestiert der GVB-Präsident den jungen Menschen, sich für die richtigen Arbeitgeber entschieden zu haben. Gleichzeitig ermuntert er sie, Verantwortung in ihrem Betrieb zu übernehmen. Außerdem gibt er dem Nachwuchs den Auftrag mit auf den Weg, tägliche Routinen und Arbeitsabläufe immer wieder zu hinterfragen. „Kinder beginnen Fragen häufig mit ‚Warum‘, weil es ihnen hilft, die Welt besser zu verstehen. Bleiben Sie also neugierig“, sagt Gros. Er hoffe, die Absolventen später einmal in den Gremien der Genossenschaftsorganisation wieder zu sehen. „Sie haben die Grundlage für eine erfolgreiche Karriere gelegt. Lernen Sie nun kontinuierlich weiter, um stets auf dem Höhepunkt der Zeit zu bleiben. Für Ihren weiteren Berufsweg wünsche ich Ihnen alles Gute“, so Gros.
Den Festvortrag der Lehrabschlussfeier hält Liz Howard. Die US-amerikanische Sängerin und Stimmtrainerin hat einen Großteil ihres Lebens in New Orleans verbracht und lebt seit über 20 Jahren in München. Aus der Stadt am Mississippi hat sie ihre Lebensfreunde und ihre Passion für die Jazz-Musik mit nach Bayern gebracht: Sie animiert das Publikum immer wieder zum Mitsingen und zeigt in mehreren Übungen, zu welchen Leistungen die Stimme eines Menschen fähig ist – und wie ihnen das im Berufsleben weiterhilft. Die Absolventen können das Gelernte zum Schluss in der Praxis ausprobieren, sowohl mit Piano-Begleitung als auch a cappella singen sie gemeinsam die Pop-Ballade „I Believe I Can Fly“.
Auch wenn der Traum vom Fliegen im Berufsleben nur eine untergeordnete Rolle spielt, so werden sich doch viele Absolventen bei dem Lied an ihre Lehrabschlussfeier erinnern. „Die Veranstaltung war ein toller Start in mein Berufsleben. Das frühe Aufstehen hat sich ohne Wenn und Aber gelohnt“, sagt Luis Dorn. Da vergehen auch die 230 Kilometer zurück nach Burgebrach wie im Flug.