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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat die „Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ (MaComp) an die aktuelle Gesetzgebung angepasst und mit Rundschreiben vom 19. April 2018 veröffentlicht. Damit reagiert die Behörde unter anderem auf die überarbeitete Finanzmarktrichtlinie MiFID II, die im neuen Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) umgesetzt wurde.

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) prüft aktuell den Umsetzungsbedarf der MaComp innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe. Der Projektgruppe gehört auch der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) an. Während die neuen MaComp in einigen Bereichen für mehr Klarheit sorgen und Innovationen im Wertpapiergeschäft aufgreifen, werden die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken durch die überarbeiteten Anforderungen auch belastet. Was kommt auf die Institute zu?

Die Zukunft der provisionsbasierten Anlageberatung

Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene gehörten Provisionen in der Anlageberatung zu den umstrittensten Themen in der Diskussion um die Finanzmarktrichtlinie MiFID II. Während die Entwurfsfassung noch ein faktisches Verbot von Provisionen durch die Mitgliedsstaaten ermöglicht hätte, wurde der entsprechende Absatz in der finalen Version gestrichen, sodass in Deutschland auch weiterhin ein dualer Vertriebsweg über Honorare und Provisionen möglich ist.

Durch die delegierte Gesetzgebung der Europäischen Kommission wird die Annahme von Provisionen (das Gesetz spricht von „Zuwendungen“) verschärft. Wie bisher ist die Annahme von Provisionen nur gestattet, wenn sie mit einer Qualitätsverbesserung für den Kunden einhergeht, die Kundeninteressen gewahrt und sie dem Kunden offengelegt werden. Während die alte Fassung der MaComp noch großzügig eine Qualitätsverbesserung anerkannte, wenn dafür Sachmittel, Personalressourcen oder sonstige Infrastruktur aufgewendet wurden, die ohnehin aufsichtsrechtlich vorzuhalten sind (zum Beispiel für die Compliance-Funktion), ist dieser Absatz in der seit April veröffentlichten Fassung gestrichen worden. Argumentative Anknüpfungspunkte für eine Qualitätsverbesserung für die Volksbanken und Raiffeisenbanken bietet § 6 Abs. 2 der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV). In Ziffer 1 d) wird beispielsweise das „Ermöglichen eines verbesserten Zugangs zu Beratungsdienstleistungen, etwa durch die Bereitstellung eines weitverzweigten Filialberaternetzwerkes“ als Qualitätsverbesserung anerkannt.

Neues Maßnahmenverzeichnis

Neben das Zuwendungs- und Verwendungsverzeichnis der MaComp tritt gänzlich neu ein Maßnahmenverzeichnis (Modul BT 10.3). In diesem müssen Banken genau dokumentieren, was sie alles tun, um im bestmöglichen Interesse des Kunden zu  handeln. Da im Wertpapiergeschäft ohnehin bereits ausführliche Interessenkonfliktgrundsätze einzuhalten sind, dürfte der Umsetzungsbedarf hier überschaubar sein.

Jährlicher Beschwerdebericht an die BaFin

Bereits vor Einführung der MiFID II mussten Banken im Wertpapiergeschäft ein Beschwerdemanagement für Privatkunden einrichten. Zudem bestand die auch weiterhin nur in Deutschland gültige Pflicht, Beschwerden von Privatkunden in der Anlageberatung innerhalb von sechs Wochen an die BaFin zu melden.

Die Meldepflicht wird seit Einführung der MiFID II nun deutlich ausgeweitet: So ist die BaFin nunmehr über jede Beschwerde und deren Abwicklung zu Wertpapier(neben)dienstleistungen zu informieren. Die MaComp nehmen sich der neuen Berichtspflicht an und geben einen detaillierten Muster-Beschwerdebericht vor, der alle Beschwerden des abgelaufenen Jahres bündelt und jährlich zum 1. März einzureichen ist. Immerhin ist für die erstmalige Einreichung am 1. März 2019 eine leicht abgespeckte Version möglich. Hierfür hatte sich der GVB im Rahmen der Konsultation zur neuen MaComp eingesetzt.

Für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ist ein zentrales Beschwerdemanagement inklusive Beschwerdedatenbanken schon heute ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung im Wertpapiergeschäft. Ob die BaFin im Rahmen ihrer Missstandsaufsicht aus dem jährlichen Beschwerdebericht die richtigen Schlüsse zieht, darf dagegen angezweifelt werden. Es steht zu befürchten, dass aus dem Bericht ein „Datenfriedhof“ wird, denn die MaComp definieren eine „Beschwerde“ sehr weit: So ist „jede Äußerung der Unzufriedenheit“ eines (potenziellen) Kunden über eine Wertpapier(neben)dienstleistung zu erfassen. Das heißt, dass die Banken auch ungerechtfertigte Beschwerden in den BaFin-Bericht aufnehmen müssen.

Nationaler Sonderweg führt zu Doppelmeldungen

Letztlich führt der nationale Sonderweg, der bereits vor Einführung der MiFID II beschritten wurde, zu einer Doppelmeldung: So sind Beschwerden von Privatkunden in der Anlageberatung innerhalb von sechs Wochen zu melden und zugleich in den jährlichen Beschwerdebericht aufzunehmen. Dies hatte der GVB bereits im Konsultationsverfahren zur MaComp kritisiert (siehe Kasten). In zwei Jahren ist die Überprüfung maßgeblicher Neuregelungen der Richtlinie vorgesehen. Der GVB wird sich dann erneut für die Abschaffung überflüssiger Meldungen im Rahmen der nationalen Umsetzung einsetzen.

Einsatz für die Mitgliederinteressen

Der GVB hatte im Herbst 2017 über den Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) und die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) Stellung zu den neuen Teilen der MaComp genommen. So sollten Wertpapierdienstleistungsunternehmen gewährleisten, dass sie stets Kenntnis von Mitarbeitergeschäften erlangen. Der GVB forderte, diese über das Europarecht hinausschießende Vorgabe zu ändern. Die BaFin hat die Passage in der Endfassung der MaComp neu formuliert, sodass die Forderung des GVB inhaltlich erfüllt wurde. Daneben kritisierte der GVB den Umfang des neu eingeführten Beschwerdeberichts. Hier konnte der Verband immerhin erreichen, dass der Beschwerdebericht nun erstmalig im Jahr 2019 statt 2018 erstellt werden muss und der Abschnitt C des Berichts („Anzahl der Beschwerden pro Finanzinstrument“) gestrichen wurde.

Neue Trends in der digitalen Vermögensanlage

Die MaComp greifen erfreulicherweise an mehreren Stellen neue Trends im Wertpapiergeschäft auf. Die BaFin erkennt dort beispielsweise im Grundsatz und erstmals in amtlicher Form an, dass im Wertpapiervertrieb automatisierte Prozesse eingesetzt werden können (etwa im Modul BT 5.2.1). Damit reagiert sie auf neue Entwicklungen, die unter dem Begriff Roboterberatung oder „Robo Advice“ bekannt geworden sind. Auch einige bayerische Volksbanken und Raiffeisenbanken verwenden bereits diese Technologie, indem sie ihren Kunden den digitalen Anlage-Assistenten „MeinInvest“ von Union Investment anbieten. Nach dem Aufruf von „MeinInvest“ über die Internetseite der Bank geben die Nutzer ihre persönliche Risikobereitschaft, das Anlageziel sowie den geplanten Anlagebetrag ein. Möglich sind Einmalanlagen ebenso wie ein Sparplan mit monatlichen Raten ab 25 Euro. Daraufhin erhält der Nutzer einen automatisch generierten Portfolio-Vorschlag mit Fonds aus unterschiedlichen Anlageklassen von Union Investment, der zu seinen vorher festgelegten Zielen passt. Ist er einverstanden, kann er die Anlage auch gleich online abschließen.

Dr. Isabella Brosig ist Referentin in der Abteilung Bankaufsichtsrecht des Genossenschaftsverbands Bayern.

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