Stabilität: Die Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation bleibt weiter auf Wachstumskurs. „Profil“ hat darüber mit Vorstand Thomas Schätz gesprochen.
„Nur bei Sicherung des genossenschaftlichen Nachwuchses sind wir in der Lage, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und im Konkurrenzkampf zu bestehen. Ein Mittel, gute Mitarbeiter an die Genossenschaft zu binden, ist auch die zusätzliche Altersversorgung.“
Dieses Zitat stammt – so aktuell es klingt – aus einem Rundschreiben des Bayerischen Raiffeisenverbands aus dem Jahr 1969, das die Mitglieder im Verbandsgebiet über die Gründung der Bayerischen Raiffeisen-Pensionskasse VVaG informierte. Denn bereits in dem Jahr, in dem der US-Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat und alle Welt vor den Radio- und TV-Geräten mitfieberte, zeichnete sich ein Trend ab, der die meisten Länder auf der nördlichen Erdhalbkugel zunehmend beschäftigt: der demografische Wandel.
In den 1960er Jahren endete der Baby-Boom der Nachkriegszeit. Seit 1972 liegt die Sterberate in Deutschland dauerhaft über der Geburtenrate. Das heißt, die Bevölkerungszahl sinkt und es kommen immer weniger junge Erwerbstätige nach, die in das Rentensystem einzahlen. Gleichzeitig steigt durch den medizinischen Fortschritt die Lebenserwartung in Deutschland. Die Menschen werden immer älter und beziehen immer länger Rente. Weil also immer weniger Erwerbstätige immer mehr Rentnern gegenüberstehen, kommt das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung zunehmend an seine Grenzen. Damit die Menschen in Deutschland auch in Zukunft eine auskömmliche Altersversorgung haben, ist es wichtig, die gesetzliche Rentenversicherung aufzustocken, zum Beispiel durch eine kapitalgedeckte betriebliche Altersversorgung.
Insofern bewiesen die Gründungsmitglieder sehr viel Weitsicht, als sie am 5. Dezember 1969 die heutige Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation ins Leben riefen. Am 17. Juli 1970 – also vor ziemlich genau 50 Jahren – erhielt sie vom damaligen Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb als kleinerer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG). Neben dem Bayerischen Raiffeisenverband war der Verband genossenschaftlicher Geschäftsleiter in Bayern federführend bei der Gründung der zunächst ausschließlich in Bayern tätigen, organisationseigenen Vorsorgeeinrichtung. Diesen beiden Vereinigungen gelang es, 28 Kredit- und Molkereigenossenschaften an einen Tisch zu bringen und die Pensionskasse zu gründen.
Die Überlegungen, die zur Gründung der Pensionskasse geführt haben, sind auch ein halbes Jahrhundert später aktuell:
- Die betriebliche Altersversorgung ist ein wichtiges Instrument der Personalfindung und -bindung: In einer Ausgabe des „Bayerischen Raiffeisenblatts“ aus den Gründungsjahren der Pensionskasse findet sich folgender Hinweis an die Leser: „Die Konkurrenz hat häufig wesentlich mehr geboten und uns nicht selten die besten Kräfte weggenommen. Sie bietet vor allem auch mehr in der Altersversorgung.“ Diese Erkenntnis mündete in dem Artikel in die Feststellung, dass man mit der Gründung einer eigenen genossenschaftlichen Pensionskasse somit nicht nur die betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Verbandsgebiet einheitlich würde regeln können, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der Genossenschaften sichern kann. Das ist auch heute noch so.
- Die betriebliche Altersversorgung ist ein Zusatzbaustein für die Alterssicherung, auf den nicht mehr verzichtet werden kann: Die Altersvorsorge in Deutschland beruht auf drei Säulen: Der gesetzlichen Regelversicherung (Säule 1), der betrieblichen Altersversorgung (Säule 2) und der privaten Vorsorge (Säule 3). Der eingangs geschilderte demografische Wandel ist der Grund dafür, dass die Pensionslasten für immer mehr Rentenempfänger auf immer weniger Erwerbstätige verteilt werden müssen. Das führt dazu, dass die gesetzliche Regelversicherung für immer mehr Menschen nicht mehr ausreicht, um den gewohnten Lebensstandard im Alter zu halten. Diese Lücke in der Altersversorgung kann nur geschlossen werden, indem die Arbeitgeber sozialbewusst handeln und eine Betriebsrente gewähren und die Beschäftigten zusätzlich privat für das Alter vorsorgen.
- Die betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse entspricht dem genossenschaftlichen Gedanken: Die Gründungsmitglieder haben für die Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation die Rechtsform eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) gewählt, obwohl es schon in den 1960er Jahren andere Wege für die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung gegeben hat. Das hatte spezielle Gründe: Denn die Unternehmensphilosophie von Genossenschaften beruht auf ganz besonderen ethischen Grundsätzen, konkret der Entscheidung zur Gemeinsamkeit, dem Dreifachprinzip von Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung sowie dem Anspruch auf Transparenz. Die großen Herausforderungen lassen sich am besten gemeinsam bewältigen, so das genossenschaftliche Verständnis. Unternehmenszweck einer Genossenschaft ist die Förderung ihrer Mitglieder.
Klassische, als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit organisierte Pensionskassen sind ganz ähnlich aufgesetzt. Sie arbeiten sehr effizient, da ihr Administrationsaufwand meistens gering ist. Gewinninteressen außenstehender Dritter (Aktionäre) muss eine Pensionskasse nicht befriedigen. Auch das macht ihre Leistungen attraktiv, zumal ebenso der in der Versicherungsbranche sonst übliche Vertriebsapparat entfällt und keine Vermittlerprovisionen anfallen, die den Versicherungsschutz meist zusätzlich verteuern. Nach den unmittelbaren Versorgungszusagen ist die Betriebsrente über Pensionskassen heute der Durchführungsweg, der die meisten Deckungsmittel auf sich vereinigt. Rund 30 Prozent des gesamten Investitionsvolumens der betrieblichen Altersversorgung sind dort angesammelt.
Erste Aktivitäten zur Gründung einer eigenen Altersvorsorgeeinrichtung gab es bereits eine Dekade zuvor. Schon Ende der 1950er Jahre hatte sich der Bayerische Raiffeisenverband mit einer bayerischen Lösung zur Altersabsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seiner Mitgliedsgenossenschaften befasst. Auch ein erster Satzungsentwurf lag damals schon vor. Die tatsächliche Gründung scheiterte allerdings noch längere Zeit am zunächst mangelnden Interesse der Primärgenossenschaften.
Das Geschäftsjahr 2019 der Pensionskasse im Überblick:
- Mit über 1.000 neuen Beitragszahlern verzeichnete die Pensionskasse auch 2019 ein starkes Mitgliederwachstum.
- Die Beitragseinnahmen der Pensionskasse stiegen 2019 leicht auf rund 19 Millionen Euro.
- Die Bilanzsumme der Pensionskasse wuchs 2019 um 2,9 Prozent auf rund 525 Millionen Euro.
- Trotz des historisch niedrigen Zinsniveaus erzielte die Pensionskasse 2019 eine hohe Verzinsung: Die laufende Bruttodurchschnittsverzinsung der Kapitalanlagen lag bei 4,0 Prozent, die laufende Nettodurchschnittsverzinsung bei 3,4 Prozent.
- 2019 zahlte die Pensionskasse laufende Leistungen in Höhe von rund 14,5 Millionen Euro an rund 6.000 Rentenempfänger aus.
- Die aufsichtsrechtlich erforderliche Solvabilitätsspanne (Kapitalreserve als Puffer für unvorhergesehene Ereignisse oder rückläufige Anlageergebnisse) ist zu rund 240 Prozent bedeckt.
- Der ausführliche Geschäftsbericht 2019 der Pensionskasse steht als eBook zum Download bereit.
Fokus und Energie der Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation liegen seit 50 Jahren auf der betrieblichen Altersversorgung und der Verantwortung, die sich daraus ergibt. Ihr Unternehmenszweck ist die soziale Absicherung von Beschäftigen in Genossenschaften und genossenschaftsnahen Unternehmen. Sie verwaltet Pensionsvermögen und trägt daher eine hohe Verantwortung. Der Kurs seit 50 Jahren: Langfristig durchdachte Unternehmensentwicklung ist wichtiger als kurzfristige Gewinnoptimierung.
Die Pensionskasse bietet den Beschäftigten eine attraktive und sichere Ruhestandsvorsorge und den genossenschaftlich orientierten Arbeitgebern eine kompetente und individuelle Beratung und Betreuung. Schon vor der Einführung einer Betriebsrente in der Genossenschaft offeriert die Pensionskasse umfangreiche Services. Sie gestaltet Versorgungsordnungen, berechnet für viele Jahre im Voraus den auf die Arbeitgeber zukommenden Aufwand, informiert die Belegschaft in Vorträgen und Einzelgesprächen und verwaltet die Versorgungsordnungen. So nimmt sie ihren Mitgliedsinstituten viel Arbeit und Komplexität ab.
In den Organen der Kasse befinden sich ausschließlich Vertreter der genossenschaftlichen Organisation. Neben der sicheren Verwaltung des anvertrauten Versorgungskapitals leistet die Pensionskasse, wie ihre genossenschaftlichen Mitgliedsunternehmen auch, einen nachhaltigen Beitrag für unsere Gesellschaft. Sie investiert renditeorientiert und gleichzeitig umweltbewusst, sozial verantwortlich und nach ethischen Grundsätzen. Das bedeutet: Spekulatives Investieren in Rohstoffe, Lebensmittel und Trinkwasser sind kategorisch ausgeschlossen. Es werden keine Anleihen von Staaten gezeichnet, die sich nicht an die UN-Menschenrechtscharta halten, ebenso wenig wie Investitionen in Unternehmen, die sich nachweislich oder mutmaßlich nicht gesetzeskonform verhalten. Die Pensionskasse investiert zudem in soziale Infrastrukturprojekte und fördert Ausbau und Nutzung von erneuerbaren Energien. Hierbei ist jedoch selbstverständlich, dass – die Risikotragfähigkeit stets im Blick – im Interesse ihrer versicherten Mitglieder Renditegesichtspunkte eine große Rolle spielen.
Stark trotz Corona-Krise und Niedrigzinsphase
Zweifellos: Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen könnten im Jubiläumsjahr der Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation wahrlich günstiger sein. Seit Jahren wird das Vermögen der Mitglieder unter den Vorzeichen historisch niedriger Zinsen angelegt. Zudem können die ökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie global wie national bisher kaum abgeschätzt werden. Die Pensionskasse jedoch stärkt das Wissen, dass sie die Prinzipien eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit bisher immer gut durch herausfordernde Phasen gebracht haben. Durch Werte wie „Sicherheit vor Rendite“ ist die Pensionskasse nach wie vor gut positioniert.
Zum Wohle der Versicherten und der Rentenbezieher arbeiten in der Pensionskasse alle genossenschaftlichen Interessenvertreter eng zusammen. Im Vorstand und Aufsichtsrat der Pensionskasse sind der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) als gesetzlicher Prüfungsverband, die Arbeitgeber, der Verband genossenschaftlicher Geschäftsleiter sowie die Versicherten vertreten. Das oberste Organ der Pensionskasse, die ordentliche Vertreterversammlung, ist paritätisch besetzt: Sie besteht je zur Hälfte aus den beigetretenen Mitgliedsunternehmen und den versicherten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So werden die unterschiedlichsten Interessen optimal vertreten. Die weite Verbreitung und die Vielzahl der beigetretenen genossenschaftlichen Unternehmen zeigen zudem, dass die Kasse im genossenschaftlichen Universum großes Vertrauen genießt. Sie blickt mit Zuversicht auf die kommenden Geschäftsjahre.
50 Jahre Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation VVaG
Thomas Schätz ist geschäftsführender Vorstand der Pensionskasse der Genossenschaftsorganisation VVaG mit Sitz in München.