Im Fokus: Kreditvergabe und Banken-Kritik in der Corona-Krise, Fitness-Check zur Generalrevision der Bankenregulierung, Energiegenossenschaften und der Förderdeckel für Solaranlagen.
Erleichterungen bei Mittelstandskrediten
Der GVB hat die vom EU-Parlament beschlossenen Erleichterungen für Mittelstandskredite gelobt. Die angepassten Vorgaben zur Eigenkapitalhinterlegung sollen es den Banken ermöglichen, mehr Darlehen an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben. Dies werde mehr bewirken als manch andere Konjunkturspritze, gibt der Wirtschaftsinformationsdienst „Czerwensky intern“ aus einer Pressemitteilung des GVB wieder. „Das geringere Risiko von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen für die Banken regulatorisch anzuerkennen, ist ein wichtiger Impuls“, zitiert das Onlineportal „B4B Wirtschaftsleben Schwaben“ GVB-Präsident Jürgen Gros.
Die Einzelheiten: Vorgezogen wird die geplante Ausweitung des sogenannten KMU-Faktors, mit dem Banken für Kredite an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) weniger Eigenkapital vorhalten müssen. Bisher galt die Regelung für Kredite bis 1,5 Millionen Euro, jetzt wird die Schwelle auf 2,5 Millionen Euro angehoben. Gleichzeitig sollen die Institute mehr Spielraum bei der Kreditvergabe erhalten: Die Eigenkapitalvorgaben für notleidende Kredite werden angepasst („NPL-Backstopp“). In der Corona-Krise staatlich garantierte Kredite, die ausfallgefährdet sind, sollen vorerst nicht zu einem Eigenkapitalabzug führen. Allerdings müssen die Banken diese weiterhin nach den gültigen handelsrechtlichen Vorgaben wertberichtigen.
Aus Sicht des GVB sind weitere Anpassungen nötig, um die Bankenregulierung langfristig verhältnismäßiger und krisentauglicher zu gestalten. Vorschläge hierzu hat der Verband bereits vorgelegt. Bevor die vom EU-Parlament beschlossenen Erleichterungen umgesetzt werden, muss noch der Rat der EU zustimmen, in dem die zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten vertreten sind.
Bankenregulierung: Lehren aus Corona ziehen
Die Corona-Pandemie gibt Anlass zu einer grundlegenden Überprüfung der aufsichtsrechtlichen Praxis. Das hat der GVB in einer Arbeitsgruppe des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) deutlich gemacht. Anlass war ein Austausch mit dem Bundestagsabgeordneten und Finanzexperten Alexander Radwan.
Der Verband verwies auf sein „Fitness-Check-Positionspapier“, das bereits bei führenden Experten im Finanzausschuss des Bundestags Zustimmung gefunden hatte. Ziel des „Fitness-Checks“: Die oftmals komplexe Bankenregulierung so anpassen, dass die Kreditinstitute ihrem Auftrag gerecht werden und die Realwirtschaft mit Finanzmitteln unterstützen können.
Neustart mit praxistauglicher Regulierung
Im Gespräch mit der Mittelstands-Union der CSU hat GVB-Präsident Jürgen Gros die Forderung des Verbands nach einem Fitness-Check für die Bankregulierung wiederholt. Angesichts der Corona-Krise müssten die regulatorischen Rahmenbedingungen endlich der Erkenntnis Rechnung tragen, dass funktionierende Banken essenziell für eine erfolgreiche Wirtschaft sind, so Gros.
Die Erfahrung der vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass viele Regularien der letzten Jahre den Handlungsspielraum der Institute zu stark einschränken und kurzfristig gelockert werden mussten. Es sei an der Zeit, Bilanz zu ziehen und zu bewerten, welche dieser Lockerungen fortgeführt werden könnten. Bei der Mittelstands-Union, in der mittelständische Unternehmer innerhalb der CSU organisiert sind, fanden die Anregungen Zuspruch.
GVB lehnt verpflichtende Kreditmoratorien ab
Der GVB lehnt die EU-Pläne für ein kostenloses Kreditmoratorium in der Corona-Krise ab. Das berichtet „FinanzBusiness“, ein Online-Nachrichtenportal für den Bankensektor. Es könne Fälle geben, in denen Tilgungsaussetzungen für Kunden hilfreich seien, wird GVB-Präsident Jürgen Gros aus einer Pressemitteilung des Verbands wiedergegeben. Kreditinstitute erbrächten als wirtschaftliche Akteure eine Dienstleistung, die Geld koste. „Es muss den Banken überlassen bleiben, Stundungen nach individueller Bewertung zu gewähren“, wird Gros zitiert. Es sei nicht Sache des Staats, dafür die Konditionen festzulegen.
In einem weiteren Artikel auf dem Nachrichtenportal äußerte der GVB-Präsident großes Unverständnis darüber, dass die „EU-Kommission die Kosten dafür großzügig und einseitig“ auf die Banken abwälzen wolle, die „sich als Teil der Lösung bewährt haben“.
Mittelstand bei Nachhaltigkeitsplänen einbeziehen
Zusammen mit den bayerischen Handwerkskammern, der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern sowie dem Sparkassenverband Bayern warnt der GVB davor, den Mittelstand mit Klima-Bürokratie zu überfordern. Das meldet die „Deutsche Presse-Agentur“ (dpa) anlässlich einer Pressemitteilung der Kammern und Verbände. „Das Erfassen, die Dokumentation, die Bewertung und die Kontrolle von Nachhaltigkeitskriterien in der bisher diskutierten Kleinteiligkeit würden KMUs überfordern“, zitiert die Agentur aus einem gemeinsamen Impulspapier zu Sustainable Finance.
Die EU-Kommission und die Bundesregierung sollten „zusätzliche Bürokratie vermeiden, eine verlässliche Mittelstandsfinanzierung sicherstellen und Nachhaltigkeitsziele mit Augenmaß verfolgen“, heißt es in dem Papier. Neue bürokratische Vorschriften unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit seien kontraproduktiv. Die Verbände und Kammern bekennen sich zu den Klima- und Umweltzielen, die die EU mit ihren Plänen für ein nachhaltiges Finanzsystem verfolgen will. Um den Übergang in eine nachhaltige Wirtschaft zu begleiten, sprechen sie sich für mehr marktwirtschaftliche Anreize aus.
Klimarisiken: EZB soll koordiniert vorgehen
Die Europäische Zentralbank (EZB) erwartet von Kreditinstituten einen systematischen Umgang mit Klimarisiken. Das machte die Behörde in einem Leitfaden deutlich, der zur Konsultation steht. Schon ab 2020 sollen die Institute die aus dem Klimawandel entstehenden Risiken bei Kreditvergabe und Risikosteuerung berücksichtigen, schreibt die EZB. Diese Erwartungshaltung hat der GVB in einer Stellungnahme an einen führenden Abgeordneten im EU-Parlament kritisiert.
Nach der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) formuliert mit der EZB schon die zweite Aufsichtsbehörde ihre Erwartungen an den Umgang mit Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken, obwohl das legislative Verfahren auf EU-Ebene noch nicht abgeschlossen ist. So soll die Bankenaufsicht nach aktueller Rechtslage eigentlich erst bis Mitte 2021 einen ersten Bericht dazu erarbeiten. Diesen soll auch nicht die EZB oder die BaFin, sondern die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA vorlegen.
Das unkoordinierte und voreilige Vorgehen der Aufsichtsinstitutionen schadet den betroffenen Banken, die sich regelmäßige auf wechselnde Vorgaben und Erwartungshaltungen einstellen müssen, meint der GVB. Der Verband fordert daher eine Zurückstellung des EZB-Leitfadens und ein abgestimmtes Vorgehen. Dafür erhielt er Zuspruch aus dem EU-Parlament.
Anlageberatung auf Basis von Kundenwünschen
Die EU-Kommission erwägt, Nachhaltigkeitsaspekte zu einem verpflichtenden Bestandteil der Anlageberatung zu machen. Der GVB sieht die Pläne kritisch, da sie dem Konzept einer guten Anlageberatung widersprechen: Statt von den Bedürfnissen des Kunden ausgehend passende Produkte zu ermitteln, will die Politik dem Anlageberater die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen vorschreiben. Dies könnte von vielen Kunden als Gängelung empfunden werden.
Zudem wäre eine unverhältnismäßige Belastung von kleineren Banken zu befürchten, die unter Umständen die geforderten nachhaltigen Anlageformen nicht anbieten. Daher hat sich GVB-Präsident Jürgen Gros in einem Brief an den CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber gewandt, der die Bedenken des Verbands teilt. Anlageberatung sollte zuerst die Ziele und das Anlegerprofil im Fokus haben. Freiwilligkeit und Verhältnismäßigkeit seien im Bereich Sustainable Finance wichtige Leitmotive, antwortete Ferber.
Kreditgeschäft: EBA bessert Vorgaben nach
Die EU-Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat neue Leitlinien für das Kreditgeschäft vorgelegt. Darin macht sie detaillierte Vorgaben, wie Institute bei der Vergabe und Überwachung von Krediten vorzugehen haben. Das bedeutet eine deutliche Verschärfung des Status quo: Die Aufsicht schreibt den Banken beispielsweise künftig vor, die ökologischen, sozialen und Governance-Risiken (ESG-Risiken) bei der Kreditvergabe zu berücksichtigen. Nach einer Intervention kreditwirtschaftlicher Verbände, unter anderem des GVB, ist die EBA allerdings von einer Reihe weiterer Verschärfungen abgerückt und hat die Leitlinie in Sachen Proportionalität nachgebessert.
Die Korrekturen im Detail: Bei Krediten an Kleinst- und Kleinunternehmen müssen die Institute weniger strenge Anforderungen erfüllen als bei größeren Betrieben. Eine sogenannte Sensitivitätsanalyse, bei der adverse Kreditereignisse wie ein Gewinneinbruch simuliert werden, ist für diese Unternehmen nicht mehr nötig. Dafür hatte sich der GVB eingesetzt. Zudem wird die Anwendung um ein Jahr nach hinten verschoben: Die Vorgaben gelten erst ab Juni 2021. Auch das hatte der Verband angeregt, um den Banken mehr Zeit für die Umsetzung zu verschaffen. Die Verschiebung ist wichtig, damit die Leitlinien nicht mitten in der Corona-Krise zu Einschränkungen bei der Kreditvergabe führen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) muss die EU-Leitlinie vor dem Inkrafttreten in die nationalen Anforderungen der MaRisk übertragen. Dabei wird der GVB darauf dringen, dass sie die Nachbesserungen übernimmt und die EBA-Vorgaben nicht wieder verschärft.
GVB beteiligt sich an EZB-Strategieüberprüfung
Die Europäische Zentralbank (EZB) soll das Ende ihrer geldpolitischen Lockerungen und den Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik in Aussicht stellen. Das fordert der GVB in einer Stellungnahme anlässlich der Strategieüberprüfung der Notenbank. Angesichts des enormen Umfangs der expansiven geldpolitischen Maßnahmen spricht sich der GVB dafür aus, die Ankaufprogramme nur so lang wie unbedingt nötig auszuführen und ihr Ende an klare Bedingungen zu knüpfen.
Generell sollte die Notenbank regelmäßig hinterfragen, ob die von ihr eingesetzten Instrumente noch verhältnismäßig sind. Bestrebungen, den Klimaschutz in ihr Mandat zu integrieren, findet der Verband bedenklich. Dies könnte dazu führen, dass die EZB mit der Preisstabilität ihr primäres Ziel aus den Augen verliert.
Noch bis Mitte August kann sich die Öffentlichkeit im Zuge einer Online-Konsultation an den Strategieüberlegungen der EZB beteiligen. Seine Stellungnahme stellt der GVB den Mitgliedern des Verbands als Anregung zur Verfügung.
Bankenpaket: Kritik an deutscher Umsetzung wächst
Die in der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) organisierten Bankenverbände fordern deutliche Nachbesserungen an der deutschen Umsetzung des EU-Bankenpakets. Das geht aus einer Stellungnahme der DK zum Referentenentwurf des Risikoreduzierungsgesetzes (RiG) hervor. Insbesondere das bei einzelnen Regelungen vorgenommene „Goldplating“ europäischer Vorgaben sei abzulehnen, so die DK. Von „Goldplating“ ist die Rede, wenn der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung über die Regelungen der europäischen Richtlinien hinausgeht.
Beim RiG ist das an mehreren Stellen der Fall: Der Entwurf des Finanzministeriums sieht beispielsweise höhere Anforderungen an die Qualität des Eigenkapitals vor, mit dem Banken ihre aufsichtlichen Anforderungen erfüllen. Hier macht die EU keine expliziten Vorgaben. Bei der DK-Stellungnahme war der GVB über den Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) beteiligt. Die Anmerkungen des GVB sind umfassend eingeflossen. Darüber hinaus hatte sich der Verband auch an Finanzpolitiker der Union gewandt, die das Verfahren aus dem Bundestag heraus begleiten.
Proportionalität: DIHK greift GVB-Position auf
Das Bundesfinanzministerium will die Proportionalität im Bankensektor stärken. Auch das ist Gegenstand des Entwurfs eines Risikoreduzierungsgesetzes (RiG). Dieser könnte in seiner jetzigen Ausgestaltung dem Ziel der Proportionalität zuwiderlaufen. Davor warnt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einer Stellungnahme.
Die Wirtschaftsvertreter befürchten, dass die vorgesehenen Verschärfungen kleinere Institute unverhältnismäßig belasten und dadurch die Mittelstandsfinanzierung einschränken. Mit seinen Kritikpunkten greift der DIHK wesentliche Anliegen des GVB auf. Der Verband hatte sich zuvor an die IHK-Organisation gewandt und auf die Folgen des RiG aufmerksam gemacht.
BaFin plant strengere Anforderungen
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) plant, die Anforderungen an Bankvorstände und Aufsichtsräte zu verschärfen. Auch die aufsichtliche Überprüfung neuer Geschäftsleiter („Fit-and-Proper-Prüfung“) soll strenger werden. Die Vorgaben an die internen Richtlinien und Prozesse von Kreditinstituten werden aller Voraussicht nach ebenfalls ausgeweitet: Banken könnten unabhängig von ihrer Größe dazu verpflichtet werden, Richtlinien zur Diversität oder für Einführungen und Schulungen zu erarbeiten. Zwei Merkblätter, in denen die BaFin ihr Vorhaben darlegt, stehen zur Konsultation. Daran wird sich der GVB beteiligen.
Mit den Merkblättern setzt die Behörde europäische Leitlinien der EU-Bankenaufsicht EBA und der EU-Finanzmarktaufsicht ESMA in die nationale Aufsichtspraxis um – allerdings nur zum Teil. Die umstrittenen EU-Vorgaben zu Interessenskonflikten bei Aufsichtsratsmandaten wird die BaFin nicht übernehmen. Das begrüßt der GVB. Denn laut EBA-Leitlinien sind Personen, die in einer finanziellen oder geschäftlichen Beziehung zum Kreditinstitut stehen, von Aufsichtsratsmandaten ausgeschlossen. Wäre diese Regelung auch in Deutschland umgesetzt worden, hätte das die Neubesetzung von Aufsichtsratsposten in der genossenschaftlichen Organisation deutlich erschwert.
Christoph Spöckner ist stellvertretender Pressesprecher des Genossenschaftsverbands Bayern. Felix Ehrenfried ist Referent Verbandspolitik beim Genossenschaftsverband Bayern.