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Die wichtigsten Neuerungen des Solarpakets im Überblick

  • Projekte von Bürgerenergiegesellschaften werden nicht mehr mit anderen Projekten zusammengefasst und müssen bei Überschreiten einer gewissen Größe auch nicht mehr an einer Ausschreibung teilnehmen.
  • Die Einspeisevergütung für gewerbliche Photovoltaik-Dachanlagen wird erhöht.
  • Damit Haushalte in kleineren Mehrfamilienhäusern Solarstrom gemeinschaftlich nutzen können, hat der Gesetzgeber das Instrument der „gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ geschaffen.
  • Leitungen zum Anschluss von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen an Land muss nur die öffentliche Hand auf ihren Flächen dulden.
  • Für Wechselrichter von Photovoltaik-Anlagen muss kein eigener Stromliefervertrag mehr abgeschlossen werden.
  • Für neue Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden fünf Mindestanforderungen an den Naturschutz eingeführt, von denen Betreiber mindestens drei einhalten müssen.
  • Die Betreiber von Photovoltaik-Anlagen bis 200 beziehungsweise 400 Kilowatt installierter Leistung können ihre Überschussmengen künftig ohne Vergütung an die Netzbetreiber weitergeben.
  • Die Anmeldung und Nutzung Balkonmodulen wird deutlich vereinfacht.
  • Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen werden wesentliche Erleichterungen um ein Jahr verlängert.
  • Die technische Zertifizierung von Photovoltaik-Anlagen wird bis zu einer bestimmten Einspeiseleistung erleichtert.

Am 16. Mai 2024 ist das Solarpaket 1 in Kraft getreten – sein offizieller Name lautet Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung. Bundestag und Bundesrat hatten das Gesetz am 26. April 2024 nach monatelangen Verhandlungen endlich verabschiedet. „Profil“ stellt die wichtigsten Änderungen des finalen Gesetzes vor. Über Neuerungen, die bereits in den Gesetzentwürfen der Bundesregierung vom August und Oktober 2023 enthalten waren, informiert die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) in einem eigenen Artikel auf der DGRV-Webseite.

Projekte von Bürgerenergiegesellschaften werden nicht mehr zusammengefasst

Üblicherweise werden Erneuerbare-Energien-Projekte nach §24 EEG unabhängig von den Eigentumsverhältnissen zu einer Einheit gebündelt, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Zum Beispiel wenn sie nah zueinander gebaut werden oder innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens in Betrieb genommen worden sind. Ziel ist es, den Förderanspruch und die Anlagengröße zu ermitteln. Wurden Projekte von Bürgerenergiegesellschaften mit Vorhaben anderer Projektierer deswegen zusammengefasst und wurde dabei die Ausschreibungsgrenze von sechs Megawatt bei Photovoltaik und 18 Megawatt bei Wind an Land für Bürgerenergiegesellschaften überschritten, mussten diese mit ihren Projekten wohl oder übel an den normalen Ausschreibungen teilnehmen.

Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle nachgesteuert. Künftig dürfen Anlagen von Bürgerenergiegesellschaften nur noch mit Anlagen von anderen Bürgerenergiegesellschaften zusammengefasst werden. Windenergieanlagen von Bürgerenergiegesellschaften, die vor dem 1. Januar 2025 in Betrieb gehen, erhalten den Durchschnittspreis aus den Ausschreibungsrunden des Jahres 2023 und nicht aus 2022. Damit können Bürgerenergiegesellschaften auch an den höheren Ausschreibungsergebnissen teilhaben.

Webseminar zum Solarpaket 1: Kostenlose Aufzeichnung

In einem Webseminar hat die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) in Zusammenarbeit mit dem Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und den anderen genossenschaftlichen Regionalverbänden über das Solarpaket 1 informiert. Das Webseminar war Teil des fortlaufenden Online-Formats „Bericht aus Berlin“, mit dem die Bundesgeschäftsstelle über aktuelle energiepolitische Initiativen der Bundesregierung sowie deren Bedeutung für Genossenschaften informiert. Die Aufzeichnung des Webseminars zum Solarpaket 1 sowie die dazugehörige Präsentation der Veranstaltung können auf der Webseite des DGRV kostenlos angesehen werden. In einem weiteren Eintrag informiert die Bundesgeschäftsstelle ausführlich über die Neuerungen, die das Solarpaket 1 für Energiegenossenschaften bringt.

Höhere Fördersätze für Photovoltaik-Dachanlagen

Die Einspeisevergütung für gewerbliche Photovoltaik-Dachanlagen bis 750 Kilowatt wird um 1,5 Cent je Kilowattstunde angehoben. Photovoltaik-Dachprojekte über 750 Kilowatt müssen sich allerdings künftig wieder an Ausschreibungen beteiligen. Diese Regelung greift jedoch erst mit einer Übergangsfrist von zwölf Monaten. Im Gegenzug für die Verringerung der Ausschreibungsgrenze von zuvor einem Megawatt werden die jährlichen Ausschreibungsmengen erhöht.

„Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ zur Eigenversorgung mit Solarstrom

Damit Haushalte in kleineren Mehrfamilienhäusern günstigen Solarstrom von Dächern, Garagen oder Batteriespeichern direkt nutzen können, hat der Gesetzgeber das Instrument der „gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ geschaffen. Auf diese Weise wird für kleinere Mehrfamilienhäuser eine unkomplizierte Möglichkeit zur Eigenversorgung hinter dem Netzanschlusspunkt durch dieselbe Photovoltaik-Anlage geschaffen. Über die Aufteilung der Strommengen können der Anlagenbetreiber beziehungsweise Gebäudestromversorger und die Letztverbraucher frei entscheiden. Dafür können die Haushalte in dem Gebäude zukünftig neben dem normalen Stromliefervertrag einen weiteren Gebäudestromnutzungsvertrag für den Photovoltaik-Strom abschließen.

Die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung kann alternativ zu Mieterstrom gewählt werden. Im Gegensatz zu Mieterstrom erhält der Anlagenbetreiber beziehungsweise Gebäudestromversorger jedoch keine zusätzliche Vergütung, aber dafür muss er auch weniger energiewirtschaftliche Rechte und Pflichten als bei einer regulären Stromlieferung einhalten. Auch Stromspeicher sollen in das Konzept eingebunden werden dürfen. Mieterstrom wird in Zukunft auch auf Gewerbegebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert, wenn der dort erzeugte Strom vor Ort verbraucht wird, also ohne Netzdurchleitung.

Stromliefervertrag für Wechselrichter entfällt

Bei Photovoltaik-Anlagen mit Volleinspeisung ins Netz konnte der zuständige Grundversorger den Anlagenbetreiber bisher zwingen, für den Wechselrichter – der selbst etwas Strom verbraucht – einen Grundversorgerstromliefervertrag für einen Jahresstromverbrauch von wenigen Kilowattstunden abzuschließen. Dieses lange Ärgernis ist nun Geschichte. Geringfügiger Stromverbrauch von Wechselrichtern bei der Volleinspeisung von Photovoltaik-Anlagen bis 100 Kilowatt installierter Leistung können unter bestimmten Voraussetzungen zukünftig über den Stromliefervertrag des Hausanschlusses mitabgerechnet werden.

Kostenlose Einspeisung statt Direktvermarktung

Bisher sind Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowatt zur Direktvermarktung verpflichtet. Das hat sich nun geändert: Die Betreiber von Photovoltaik-Anlagen bis 200 beziehungsweise 400 Kilowatt installierter Leistung können ihre Überschussmengen künftig ohne Vergütung, aber auch ohne Direktvermarktungskosten an die Netzbetreiber weitergeben (sogenannte unentgeltliche Abnahme). Davon profitieren vor allem Anlagenbetreiber mit sehr hohem Eigenverbrauch. Die neue unbürokratische Regelung soll sie motivieren, mehr Photovoltaik auf großen Dächern zu installieren.

Photovoltaik-Freiflächenanlagen: Pflicht zur Duldung von Leitungen gilt nur für öffentliche Hand

Die Verlegung von Leitungen zum Anschluss von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen an Land muss nun doch nicht überall geduldet werden. Statt wie im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen, gilt sie nur noch für Flächen der öffentlichen Hand. Damit wird diese Regelung mehr oder weniger substanzlos.

Mindestanforderungen an den Naturschutz

Für neue Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden fünf Mindestanforderungen an den Naturschutz eingeführt, von denen Betreiber mindestens drei einhalten müssen. Hierzu zählen

  1. die Inanspruchnahme von höchstens 60 Prozent der Grundfläche für die Photovoltaik-Module,
  2. ein biodiversitätsförderndes Pflegekonzept für den Boden,
  3. Durchgängigkeit für Tiere,
  4. Schaffung von Biotopen auf mindestens zehn Prozent der Anlagenfläche und
  5. ein bodenschonender Betrieb der Anlage (dazu zählt zum Beispiel das Verbot von Düngemitteln).

Im parlamentarischen Verfahren wurden im Gegenzug alle Regelungen zu sogenannten Biodiversitäts-Anlagen und zum ursprünglich geplanten Bonus für extensive Agri-Photovoltaik-Anlagen gestrichen. Biodiversitäts-Anlagen verbinden ähnlich wie Agri-Photovoltaik die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen mit Photovoltaik- oder Windenergieanlagen.

Innovative Freiflächenanlagen werden bessergestellt

Die maximal mögliche Anlagengröße in Ausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen steigt von 20 auf 50 Megawatt. Um die Entwicklung und den Bau innovativer Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu fördern, hat die Bundesregierung das Zuschlagsverfahren für diese Anlagen angepasst. Zu diesen „besonderen Photovoltaik-Freiflächenanlagen“ gehören horizontale und vertikale Agri-Photovoltaik-Anlagen, Floating-Photovoltaik, Photovoltaik-Anlagen auf Moorgebieten und über Parkplätzen. Das Zuschlagsverfahren ist zukünftig mehrstufig. Zuerst bezuschlagt die Bundesnetzagentur Gebote für Parkplatz-Photovoltaik, anschließend die restlichen Gebote für besondere Photovoltaik-Freiflächenanlagen und zuletzt die restlichen Gebote für Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Dadurch haben die Gebote für Parkplatz-Photovoltaik und andere besondere Anlagen eine höhere Zuschlagswahrscheinlichkeit und können aufgrund ihrer höheren Kostenstruktur auch eher realisiert werden.

Das Ausschreibungsvolumen für diese besonderen Anlagen startet im Jahr 2024 mit 300 Megawatt und steigt jährlich bis zum Jahr 2029 auf 2.075 Megawatt. Für die besonderen Photovoltaik-Freiflächenanlagen erhöht sich der Höchstwert der Vergütung im Jahr 2024 auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh). Ab dem Jahr 2025 entspricht die Vergütung solcher Anlagen dem bei Ausschreibungen erzielten Durchschnittswert plus acht Prozent. Die Vergütung für besondere Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit einer installierten Leistung kleiner als ein Megawatt erhöht sich ebenfalls.

Unkomplizierte Nutzung von Balkonkraftwerken

Mini-Photovoltaik-Anlagen auf dem Balkon, offiziell als „Steckersolargerät“ bezeichnet und im allgemeinen Sprachgebrauch als Balkonkraftwerke bekannt, können ab sofort deutlich einfacher und damit auch schneller in Betrieb genommen werden. Die Bundesnetzagentur hat die Registrierung von Balkonkraftwerken bereits zum 1. April vereinfacht und auf wenige, leicht einzugebende Daten beschränkt. Die vorherige Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt. Die Bundesnetzagentur informiert diesen automatisch über das Balkonkraftwerk, das neu an sein Netz angeschlossen wurde. Digitale Stromzähler sind nicht mehr notwendig, zudem können leistungsfähigere Solarmodule installiert werden und auch der einfache Anschluss über die Steckdose ist möglich.

Mehr Nutzungsmöglichkeiten für Stromspeicher

Bei Stromspeichern wird das Ausschließlichkeitsprinzip aufgeweicht. Das heißt, es darf nicht mehr nur Strom aus erneuerbaren Energien gespeichert werden, sondern auch aus anderen Quellen. Das ist neben der Aufnahme in die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung die größte positive Neuerung bei Speichern. Damit werden erste Schritte zu einer netzdienlichen Nutzung von Speichern getan.

Leichtere Genehmigung von Windenergieanlagen

Zwei sehr positive Neuerungen gibt es bei Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land: Zum einen wird die EU-Notfallverordnung um ein Jahr verlängert. Sie war 2022 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine beschlossen worden, um den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze zu beschleunigen. Damit wird auch § 6 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) um ein Jahr verlängert. Außerdem wird § 6a WindBG rechtzeitig eingeführt. Dadurch werden bestehende Windenergiegebiete (also Flächen, auf denen Windenergieanlagen raumplanerischer Vorrang eingeräumt wird) als Beschleunigungsgebiete im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie anerkannt. Beides erleichtert das Genehmigungsverfahren.

Viele kleine, aber wichtige Neuerungen bei Biomasse

Für die Nutzung von Biomasse zur Stromerzeugung bringt das Solarpaket 1 keine bahnbrechenden Neuerungen wie eine Erhöhung der Ausschreibungsvolumina oder Höchstwerte für Anlagen, um den Bestand an Biomasseanlagen zu erhalten. Dafür gibt es viele kleine, aber positive Neuerungen. Die Mindestverweildauer von Gärsubstraten im gasdichten System wurde abgeschafft, das ausgeschriebene Biomassevolumen erhöht sich um nicht in Anspruch genommene Volumina aus den Biomethanausschreibungen. Die Südquote bei den Biomasseausschreibungen wird befristet ausgesetzt. Die Biomethanausschreibungen werden befristet deutschlandweit ausgeweitet, bestehende Gülleanlagen mit 75 Kilowatt installierter Leistung können diese auf 150 Kilowatt erhöhen.

Erleichterungen beim Anlagenzertifikat

Die technische Zertifizierung von Photovoltaik-Anlagen mit einer Einspeiseleistung bis 270 Kilowatt beziehungsweise einer installierten Leistung von 500 Kilowatt wird erleichtert. In Zukunft reicht dafür ein einfaches Einheitenzertifikat aus. Bisher lag die Grenze bei 135 Kilowatt. Dadurch sparen sich Anlagenbetreiber den langwierigen und aufwändigen Zertifizierungsprozess, um nachzuweisen, dass sie die Vorgaben des netzbetreibenden Unternehmens erfüllen.

Bundesgeschäftsstelle und GVB bringen sich in Gesetzgebung ein

Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) bringt sich gemeinsam mit dem Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und den anderen genossenschaftlichen Regionalverbänden intensiv in die Gesetzgebungsprozesse zum Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Beim Solarpaket 1 hat die Bundesgeschäftsstelle unter anderem in einer Stellungnahme auf notwendige Ergänzungen gedrängt. Außerdem beteiligte sie sich am zweiten Solargipfel, auf dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Vertretern der Solarbranche über die richtige Ausbaustrategie diskutierte. Der Einsatz der Bundesgeschäftsstelle und des GVB zeigte Erfolg: So kam der Gesetzgeber im Solarpaket 1 insbesondere der Forderung nach, die Vergütungssätze für Photovoltaik-Dachanlagen in der Überschusseinspeisung zu erhöhen.

Die Bundesgeschäftsstelle und der GVB werden sich auch weiterhin im Interesse der Energiegenossenschaften intensiv in die Gesetzgebungsprozesse zum Ausbau der erneuerbaren Energien einbringen. Der weitere Fokus der politischen Arbeit liegt unter anderem auf der schnellstmöglichen Einführung von Energy Sharing in Deutschland. Bei Energy Sharing sollen Mitglieder von Bürgerenergiegesellschaften den gemeinschaftlich erzeugten Ökostrom unter bestimmten Voraussetzungen über das regionale Verteilnetz vergünstigt beziehen können. Dazu hat die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften einen Vorschlag vorgelegt. Außerdem drängt die Bundesgeschäftsstelle darauf, bei Bürgerenergiegesellschaften die Beschränkung auf ein Vorhaben alle drei Jahre zu streichen.


René Groß ist Leiter Politik und Recht der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV).

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