Steuervermeidung: Grenzüberschreitende Steuergestaltungen müssen seit 1. Juli 2020 laut Gesetz gemeldet werden. Was heißt das für Kredit- und andere Genossenschaften?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Finanzverwaltung betrachtet Kryptowährungen als immaterielle Wirtschaftsgüter. Die Besteuerung der Erträge hängt davon ab, ob sie dem Privat- oder dem Betriebsvermögen zugeordnet werden.
- Im Privatvermögen sind Gewinne aus Kryptowährungen gegebenenfalls mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern.
- Bei Kryptowährungen im Betriebsvermögen gelten die Regelungen der Einnahme-Überschussrechnung beziehungsweise der Bilanzierung.
- Das Finanzgericht Nürnberg hat Zweifel angemeldet, dass es sich bei Kryptowährungen um ein Wirtschaftsgut handelt.
- Für Betroffene empfiehlt es sich, mit Verweis auf das Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg gegen Steuerbescheide Einspruch einzulegen, in denen Gewinne aus Kryptowährungen besteuert werden.
Der Handel mit Bitcoin, Ethereum, Ripple und anderen Kryptowährungen erfreut sich seit einigen Jahren wachsender Beliebtheit. Daneben lässt sich Cybergeld aber auch als Zahlungsmittel einsetzen. Zum Beispiel hat der Elektroautohersteller Tesla vorübergehend Bitcoins als Zahlungsmittel für seine Fahrzeuge auf dem US-amerikanischen Markt akzeptiert. Die zum Teil erheblichen Kurssteigerungen in kurzer Zeit können zu signifikanten Gewinnen führen, aber wie werden diese korrekt besteuert?
Neue Währung – Anwendung der bekannten Regeln?
Derzeit betrachtet die Finanzverwaltung Kryptowährungen als immaterielle Wirtschaftsgüter. In Abhängigkeit von der Zuordnung des Cybergelds zum Privat- oder Betriebsvermögen ergeben sich unterschiedliche ertragsteuerliche Folgen. Die Zuordnungsentscheidung muss der Steuerpflichtige gegenüber der Finanzverwaltung nachweisen beziehungsweise belegen können. Im Privatvermögen ist weiterhin zwischen dem Erzeugen (Mining) und dem Handel (Kauf und Verkauf) von Kryptowährungen zu differenzieren.
Kryptowährung im Privatvermögen
- Mining: Die Besteuerung von im Privatvermögen selbst geschaffenen Kryptogeld ist noch nicht abschließend geregelt. Es sprechen Gründe dafür, dass die erhaltenen Zahlungen aus dem Verkauf von selbst geschaffenem Cybergeld als Einnahmen aus sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) qualifiziert werden könnten. Derartige Einkünfte sind nicht einkommensteuerpflichtig, wenn sie weniger als 256 Euro im Kalenderjahr betragen haben. Übersteigen die Einkünfte diesen Betrag, sind sie mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern.
Allerdings könnte man auch die Ansicht vertreten, dass es sich bei den Einnahmen aus dem Mining und dem anschließenden Verkauf von virtuellem Geld um Einkünfte aus einer gewerblichen Betätigung handelt. Hierbei müssen aber zwei Voraussetzungen sein: Die Betätigung muss nachhaltig sein und es muss die Absicht sowie die Möglichkeit der Gewinnerzielung bestehen. Es ist daher notwendig, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der Kryptowährung die Investitionskosten in die Hardware und die Stromkosten übersteigen. Inwieweit dabei noch ein Gewinn generiert werden kann, ist auch aufgrund der stark schwankenden Kurse der Kryptowährungen sehr schwer zu beurteilen. - Handel: Beim Handel von privat gehaltenen Kryptowährungen ist für die Besteuerung der Zeitraum zwischen Kauf und Verkauf des Cybergelds relevant. Steuerliche Folgen ergeben sich nur, wenn die Wirtschaftsgüter innerhalb eines Jahres nach Anschaffung veräußert werden. In diesem Fall liegt ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG vor. Gewinne sind grundsätzlich mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu versteuern. Beträgt der Gesamtgewinn allerdings weniger als 600 Euro pro Kalenderjahr, bleibt dieser steuerfrei. Veräußerungsverluste, die innerhalb eines Jahres generiert werden, können mit gleichartigen Gewinnen verrechnet oder auf Folgejahre vorgetragen werden. Transaktionen außerhalb der Haltefrist von einem Jahr müssen nicht versteuert werden. Jedoch verlängert sich die Haltefrist auf zehn Jahre, wenn aus den Bitcoins weitere Einkünfte (zum Beispiel Zinsen) erzielt werden, § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG.
Kryptowährung im Betriebsvermögen
Werden Kryptowährungen im Betriebsvermögen gehalten, sind die Regelungen der Einnahme-Überschussrechnung beziehungsweise der Bilanzierung anzuwenden. Erträge aus der Erzeugung der Bitcoins unterliegen ebenso der Besteuerung wie die Realisierung von Kursgewinnen aus dem Handel. Im Gegensatz zum Privatvermögen sind hierbei keine Haltefristen zu beachten. Sollte im Zusammenhang mit virtuellen Währungen ein Verlust entstehen (zum Beispiel durch einen Hackerangriff, einen Diebstahl oder einen selbst verursachten Datenverlust), ist dieser steuermindernd zu berücksichtigen.
Erste Rechtsprechung
Die bisherige Besteuerungspraxis der Gewinne aus Transaktionen mit Kryptowährungen ist nicht unumstritten. Ein Beispiel dieser Unsicherheit, wie Anleger ihre Gewinne zu versteuern haben, geben zwei Gerichtsurteile vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg und vom Finanzgericht Nürnberg.
- Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Mit Beschluss vom 20. Juni 2019 (Az. 13 V 13100/19) bestätigt das Finanzgericht Berlin-Brandenburg grundsätzlich die bisherige steuerliche Behandlung. Das Gericht hatte sich im Kern mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Bitcoins Wirtschaftsgüter darstellen und ob ein erzielter Veräußerungsgewinn als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften zu versteuern ist.
In seiner Entscheidung hatte das Finanzgericht offensichtlich keine ernstlichen Zweifel daran, dass Bitcoins Wirtschaftsgüter repräsentieren und die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft demnach zulässig ist. Gegenstand des Verfahrens war somit nur die Frage des Kaufs und Verkaufs von Bitcoins im Rahmen eines privaten Handels.
Ungeklärt blieben die mit deutlich mehr Rechtsunsicherheit behafteten Fälle des Minings (mit der Kardinalfrage: privat oder gewerblich?), der aktiven und passiven sogenannten „Airdrops“ (also der kostenlosen Verteilung von Krypto-Token als Marketingmaßnahmen von Unternehmen), von sogenannten „Hard Forks“ („Gabelung“ beziehungsweise Aufteilung von Blockchains) und „Lending“-Sachverhalten (kryptobasierte Darlehen). Hinsichtlich dieser Themen muss weiter auf Verlautbarungen der Finanzverwaltung, gesetzlicher Regelungen oder richterliche Entscheidungen gewartet werden.
Offensichtlich hat sich das Finanzgericht nicht intensiver mit der technischen Seite der Kryptowährungen auseinandergesetzt. So wurde zum Beispiel der Terminus „angeschafft“ im Zusammenhang mit dem „Mining“ von Kryptowährungen verwendet. Nach herrschender Meinung handelt es sich dabei gerade nicht um einen Anschaffungsvorgang, mit der Folge, dass nach einer Ansicht des Schrifttums keine Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft in Betracht kommt. - Finanzgericht Nürnberg: An der Auffassung der Finanzverwaltung, dass es sich bei Kryptowährungen um ein Wirtschaftsgut handelt, hat das Finanzgericht Nürnberg mit Beschluss vom 8. April 2020 (Az. 3 V 1239/19) Zweifel angemeldet. Die Vollziehung des fraglichen Steuerbescheids des Klägers wurde durch das Gericht zunächst aus rechtlichen Gründen ausgesetzt. Die Entscheidung in der Hauptsache steht zwar noch aus, allerdings weisen die Richter darauf hin, dass der Bundesfinanzhof bislang noch nicht über die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen entschieden habe. Daher bestünden an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Kryptowährungen erhebliche Zweifel, die eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides rechtfertigen würden.
Fazit
Es ist anzunehmen, dass in absehbarer Zeit klarstellende Regelungen vom Bundesfinanzhof, dem Gesetzgeber und/oder der Finanzverwaltung veröffentlicht werden. Bis dahin empfiehlt es sich für Betroffene, gegen Steuerbescheide, in denen Gewinne aus Kryptowährungen besteuert werden, Einspruch einzulegen und auf das aktuelle Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg zu verweisen. Auch wenn es sich hierbei nicht um ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof handelt, könnte das jeweilige Finanzamt das Einspruchsverfahren bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung ruhen lassen.
Tobias Kasperczyk ist Steuerberater beim Genossenschaftsverband Bayern.
Kontakt zur GVB-Steuerberatung
Die GVB-Steuerberatung unterstützt die Mitglieder des Verbands in allen steuerlichen Fragen, so auch zur Besteuerung von Kryptowährungen. Kontakt: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800.