Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Die wichtigsten Aussagen von Alfred Kraus

  • Die Raiffeisen-Handels-GmbH Rottal konnte ihren Betrieb auch während der Corona-Beschränkungen größtenteils aufrechterhalten.
  • Langfristig versprechen die Geschäftsbereiche Agrar und Energie gutes Entwicklungspotenzial, in der Sparte Baustoffe könnte es hingegen bei einer schwereren Rezession zu Einbußen kommen.
  • In der Landwirtschaft entstehen immer größere Betriebe. Diese benötigen mehr Produktionsmittel und liefern deutlich mehr Güter ab. Die Raiffeisen-Warenbetriebe stehen deshalb vor der zentralen Herausforderung, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten.
  • Hochwertige Beratung und die Unterstützung mit Know-how werden immer wichtiger, wenn der Raiffeisen-Warenhandel attraktiver Partner der Landwirte bleiben will.
  • Chancen bieten zudem digitale Dienste oder Plattformen, auf denen die Kunden beispielsweise Produkte rund um die Uhr erwerben oder verkaufen können.

Herr Kraus, welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Raiffeisen-Handels-GmbH Rottal?

Alfred Kraus: Wir haben im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen keinen Grund zum Jammern. Die Raiffeisen-Handels-GmbH Rottal ist in vier Sparten aktiv, von denen drei systemrelevant sind: Agrar, Energie und Baustoffe. Dort läuft das Geschäft auch in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und Ladenschließungen nahezu unverändert weiter. Im Bereich Energie gibt es sogar eine deutlich erhöhte Nachfrage, viele Kunden nutzen den niedrigen Ölpreis, um den Tank ihrer Heizung randvoll zu füllen. In der Sparte Märkte haben wir den Betrieb in der Zeit der Ladenschließungen auf Zustellungen umgestellt. Dadurch sind wir auch in diesem Bereich gut davongekommen. Mittlerweile dürfen wir die Märkte zum Glück wieder öffnen.
 

Zur Person

Alfred Kraus ist Geschäftsführer der Raiffeisen-Handels-GmbH Rottal. Zudem ist er Mitglied im Fachausschuss Raiffeisen-Waren- und Dienstleistungs-Genossenschaften des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) und im Fachausschuss Genossenschaftlicher Agrarhandel beim Deutschen Raiffeisenverband (DRV).

Durch Corona rutscht Deutschland wohl in eine Rezession. Welche Folgen hat das für den Raiffeisen-Warenhandel?

Kraus: In unserer langen Historie konnten wir Rezessionen zumeist gut wegstecken. Das stimmt mich verhalten positiv. Nehmen wir den Agrarbereich: Saatgut, Tierfutter oder Düngemittel benötigen die Landwirte unabhängig von der allgemeinen Wirtschaftslage. Und Lebensmittel kaufen die Verbraucher ja weiterhin. Auch im Energiebereich erwarte ich keine großen Einbußen. Demgegenüber könnte das Geschäft mit Baustoffen nachlassen. Wenn beispielsweise in Familien einer der Partner seinen Job verliert, dann gibt es andere Sorgen, als das Haus energetisch zu sanieren. Solche Prognosen sind jedoch spekulativ, es hängt sehr davon ab, wie stark die Rezession tatsächlich ausfallen wird.
 

Bietet die Corona-Krise Chancen für den Raiffeisen-Warenhandel?

Kraus: Ich hoffe, dass das Ansehen der regionalen Landwirtschaft steigt. In der Krise merken die Verbraucher, wie wichtig die heimische Landwirtschaft ist. Diese Entwicklung kommt auch den Raiffeisen-Betrieben zugute. Es bleibt aber abzuwarten, ob die Verbraucher auch nach der Krise vermehrt regionale Produkte kaufen. Darauf hinzuwirken, ist die große Herausforderung.

Vor welchen weiteren Herausforderungen stehen die Raiffeisen-Handelsunternehmen?

Kraus: Wir müssen noch stärker als früher unsere Strukturen und Prozesse optimieren, die Kosten im Griff behalten und unsere Kunden professionell und partnerschaftlich betreuen. Schon länger verzeichnen wir eine schwächere Nachfrage im Agrargeschäft. Diese resultiert unter anderem aus der Anfang Mai in Kraft getretenen Düngeverordnung. Demnach dürfen die Landwirte wesentlich weniger düngen als bisher. Gleichzeitig sinkt die Zahl der verfügbaren Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln.


Wie sieht es jenseits der Sparte Agrar aus?

Kraus: Die Geschäftsbereiche Baustoffe, Energie sowie Raiffeisen-Märkte entwickeln sich seit Jahren positiv. Und die aktuellen Geschäftszahlen machen mir Mut, dass es durch Corona zu keinen größeren Einbußen kommt – vor allen in den Sparten Energie und Märkte.


Entwicklungen wie Handelskriege oder der fallende Ölpreis belasten das globale Wirtschaftswachstum. Wie können sich die Raiffeisen-Warenbetriebe vor den negativen Effekten schützen?

Kraus: Bei einigen Themen sind uns natürlich die Hände gebunden, beispielsweise bei den Handelskonflikten. Ansonsten versuchen wir, uns auf alle Eventualitäten bestmöglich vorzubereiten. Zum Beispiel beim Thema Afrikanische Schweinepest: Jeder Mitarbeiter weiß, was im Ernstfall zu tun ist. Ein Importstopp für deutsches Schweinefleisch durch andere Länder – vor allem China – wäre eine Katastrophe. Deshalb setzen wir uns über den Deutschen Raiffeisenverband und die Politik dafür ein, dass Importstopps im Fall der Fälle nur regional und nicht für das ganze Bundesgebiet ausgesprochen werden.

Jedes Jahr organisieren der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und die BayWa die „Agrarimpulse“. Die diesjährige Veranstaltung stand unter dem Motto „Landwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel – Partner oder Gegner?“ Welche Position nimmt der Raiffeisen-Handel in diesem Spannungsfeld ein?

Kraus: Einerseits ist die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels natürlich sehr groß. Andererseits sind die Händler in gewisser Weise dazu gezwungen, die Produkte zu niedrigen Preisen zu verkaufen. Schließlich gibt es einen hohen Wettbewerb und viele Verbraucher entscheiden sich im Zweifelsfall lieber für das günstigere Produkt. Unsere Aufgabe ist es, die Landwirte dabei zu unterstützen, aus diesem Spannungsfeld auszubrechen. Konkret bieten wir mit Partnern wie Mälzereien, Brauereien oder Mühlen die Möglichkeit zum Vertragsanbau an. Auf diese Weise kann es gelingen, aus dem allgemeinen Sortiment ins Premium-Segment zu wechseln.


Gibt es weitere Beispiele?

Kraus: Wir helfen unseren Kunden dabei, neue Produkte zu etablieren. Durch unser großes Engagement erlebt beispielsweise die Stärke-Kartoffel eine Renaissance im Geschäftsgebiet. Durch sie können unsere Landwirte einen deutlich höheren Deckungsbeitrag erwirtschaften als etwa mit Mais. Unsere Fachleute unterstützen bei der Einführung mit ihrem Know-how von der Auswahl beim Pflanzgut bis zur Vermarktung über die genossenschaftliche Südstärke eG.

Durch die in den vergangenen Jahren erlassenen Gesetze haben zahlreiche Landwirte ihre Höfe aufgeben müssen. Dadurch entstehen fast zwangsläufig Großbetriebe.“

Auch der Gesetzgeber möchte eingreifen. Beispielsweise hat die EU ihre „Farm-to-Fork-Strategie“ veröffentlicht. Diese beinhaltet unter anderem strengere Vorschriften bei Düngemitteln sowie beim Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Auch Mindestquoten für Flächen mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln sind geplant. Was halten Sie von dem Vorhaben?

Kraus: Die Erfahrung zeigt, dass solche Initiativen den Strukturwandel beschleunigen und letztlich die kleinbäuerlichen Strukturen zerstören. Beispielsweise haben die in den vergangenen Jahren erlassenen Gesetze stets dazu geführt, dass im unmittelbaren Nachgang deutlich mehr Landwirte als sonst ihre Höfe aufgegeben haben. Dadurch entstehen – politisch und gesellschaftlich nicht gewollt – fast zwangsläufig Großbetriebe. Sie sind die einzigen, die sich die notwendigen Investitionen leisten können. Ich hoffe also, dass der Gesetzgeber Rücksicht auf die bestehenden Strukturen nimmt.

Raiffeisen-Handelsunternehmen sind zwar der traditionelle Partner der Landwirtschaft, aber oftmals nicht mehr der einzige. Was muss der moderne Raiffeisen-Handel leisten, um sich von den Wettbewerbern abzuheben und die Kunden dauerhaft an sich zu binden?

Kraus: Um uns von den Wettbewerbern abzugrenzen, müssen wir immer einen Schritt voraus sein. Deshalb ist es unser Anspruch, Top-Beratung auf höchstem Niveau in allen Sparten zu liefern. Wir bauen deshalb unter dem Slogan „Kompetenz aus Tradition“ entsprechende Kapazitäten auf und helfen den Landwirten in allen relevanten Bereichen: Die Felder effektiv zu düngen, die Beschaffenheit des Bodens zu analysieren oder die digitalen Hilfsmittel richtig einzusetzen, um nur einige Beispiele zu nennen. Zudem achten wir darauf, Trends frühzeitig zu erkennen und zu analysieren. Beispielsweise haben wir vor zwei Jahren eine Kundenveranstaltung zum Thema „Stark N-/P-reduzierte Fütterung“ abgehalten. Im Kern geht es darum, die Schweinefütterung so umzustellen, dass die Tiere möglichst wenig Stickstoff (N) und Phosphor (P) ausscheiden, damit in der Folge auch weniger Stickstoff und Phosphor mit der Gülle in den Boden gelangen. Damit leisten die Landwirte einen Beitrag zum Gewässer- und Umweltschutz. Das war damals ein Nischenthema, ist mittlerweile aber in der Breite angekommen – nicht zuletzt wegen der Neufassung der Düngeverordnung.

„Die Tendenz geht in die Richtung, Leistungen zu bündeln. Wir brauchen Spezialisten, die sich auf Augenhöhe mit den Kunden austauschen.“

Macht es Sinn, Beratungsleistungen in einem Kompetenzcenter zu bündeln?

Kraus: Die Tendenz geht eindeutig in die Richtung, Leistungen zu bündeln. Wir brauchen Spezialisten, die sich auf Augenhöhe mit den Kunden austauschen. Beispielsweise haben wir jeweils spezielle Fachberater für Futtermittel, für die allgemeinen Betriebsmittel und für die digitalen Dienstleistungen. Aber natürlich können wir diese Leistung nicht an jedem Standort anbieten, das wäre wirtschaftlich nicht tragbar. Also besuchen wir die Landwirte auf ihrem Hof oder beraten sie am Telefon.
 

Immer mehr Unternehmen bieten ihren Kunden digitale Dienste wie Plattformen oder Apps an – auch in der Landwirtschaft. Was bedeutet diese Entwicklung für den Raiffeisen-Handel?

Kraus: Wir müssen dieser Entwicklung Rechnung tragen. Unsere Kunden erwarten immer mehr, dass sie uns über das Internet erreichen können. Wir sollten die Digitalisierung nicht als Belastung, sondern als Chance sehen – auch, um Neukunden zu gewinnen. Die Raiffeisen-Handels-GmbH Rottal hat deshalb gemeinsam mit weiteren Raiffeisen-Handelsunternehmen aus ganz Deutschland die Raiffeisen Networld GmbH gegründet. Diese entwickelt eine Plattform, die voraussichtlich 2021 an den Start geht. Geplant sind drei Anwendungsbereiche: Die Kunden sollen erstens ihre Daten wie offene Kontrakte oder Bestellungen einsehen und ändern, zweitens Betriebsmittel online rund um die Uhr einkaufen und drittens landwirtschaftliche Erzeugnisse jederzeit vermarkten können. Damit bauen wir einen modernen zusätzlichen Vertriebsweg auf.


Ein Dauerthema in der Landwirtschaft ist der Strukturwandel. Wie wirkt sich dieser in Ihrem Geschäftsgebiet aus?

Kraus: Der Strukturwandel begleitet mich seit mehreren Jahrzehnten. Die landwirtschaftlichen Betriebe werden immer größer. Dadurch brauchen sie einerseits mehr Produktionsmittel, andererseits liefern sie erheblich größere Mengen an Gütern ab. Die Raiffeisen-Handelsunternehmen müssen sich auf die veränderten Bedürfnisse einstellen, ganz klar. Der Trend geht dazu, die Anzahl der Lagerhäuser zu reduzieren und gleichzeitig das Beratungs- und Dienstleistungsangebot konsequent zu erweitern. Wir haben deshalb elf Millionen Euro in die Hand genommen und eine neue Agrar-Zentrale in Penning gebaut. Die 2019 eröffnete Anlage ersetzt drei ehemalige Standorte und bietet auf einer Fläche von 4,6 Hektar alle Einrichtungen, die unsere Kunden benötigen.

Die Raiffeisen-Handels-GmbH Rottal ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen, der Umsatz liegt mittlerweile bei rund 100 Millionen Euro. Damit ist der Betrieb einer der umsatzstärksten Raiffeisen-Handelsunternehmen in Bayern. Wie wichtig ist Größe, um im Wettbewerb zu bestehen?

Kraus: Wenn sich die Strukturen in der Landwirtschaft ändern, müssen zwangsläufig die Strukturen der Handelspartner andere sein. Nach meiner Auffassung brauchen wir eine gewisse Größe, um unsere Rolle als Vermarktungspartner der Landwirte erfüllen zu können. Nur aus einer Position der Stärke heraus haben wir die Verhandlungsmacht, um mit der Industrie auf Augenhöhe zu sprechen.


Sie planen eine Fusion mit der Raiffeisen Straubing GmbH. Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend?

Kraus: Durch den Zusammenschluss würde ein Unternehmen mit einem Warenumsatz von rund 130 Millionen Euro und deutlich über 200 Mitarbeitern entstehen. Die mögliche Fusion schafft viele Synergieeffekte. So unterhalten die Kollegen aus dem Gäuboden beispielsweise sehr gute Beziehungen zu den regionalen Mühlen. Zudem sind sie stark im Geschäftsfeld Vertragsanbau. Gemeinsam mit den von uns gehandelten Mengen und unserem ausgezeichneten Fuhrpark könnten wir den Straubinger Hafen optimal bedienen. Auch die Geschäftsbereiche Baustoffe, Energie und Raiffeisen-Märkte würden sich optimal ergänzen. Die Fusion trägt dazu bei, uns für die angesprochenen Herausforderungen optimal aufzustellen.


Herr Kraus, vielen Dank für das Gespräch!

Artikel lesen
Topthema