Firmenrad: Dienstfahrräder halten Mitarbeiter fit und schützen die Umwelt. Der Fiskus belohnt das mit einem Steuervorteil. Was gibt es für Genossenschaften zu beachten?
Das Wichtigste in Kürze
- Unternehmen können die Gesundheit ihrer Mitarbeiter mit bis zu 600 Euro pro Jahr steuerfrei fördern (bisher 500 Euro).
- Steuerbefreit sind gesundheitsfördernde Maßnahmen in Betrieben sowie Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Prävention.
- Der Arbeitgeber muss die betriebliche Gesundheitsförderung dokumentieren.
- Leistungen im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse (zum Beispiel Grippeimpfungen) werden nicht auf die 600 Euro angerechnet.
- Leistungen wie Wellness-Massagen oder Mitgliedsbeiträge für Fitness-Studios sind dagegen voll lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig.
Gesundheit ist ein hohes Gut: Deshalb stellt der Fiskus Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung bis zu einem bestimmten Betrag steuerfrei. Jetzt können Arbeitnehmer den einen oder anderen Kurs mehr buchen, denn der Gesetzgeber hat den steuerfreien Höchstbetrag nach § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz (EStG) zum 1. Januar 2020 auf jährlich 600 Euro (bisher 500 Euro) je Arbeitnehmer angehoben. Was müssen Genossenschaften aus steuerlicher Sicht beachten, wenn sie ihren Mitarbeitern eine betriebliche Gesundheitsförderung anbieten wollen?
Gesetzliche Voraussetzungen
Entsprechend der ab dem 1. Januar 2019 gültigen Fassung des § 3 Nr. 34 EStG sind Aufwendungen von Arbeitgebern für Leistungen „zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit in Betrieben, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genügen“ einkommensteuerfrei. Zusätzlich ist seit dem 1. Januar 2019 eine Zertifizierung für die Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (verhaltensbezogene Prävention) entsprechend § 20 Abs. 2 und 5 des SGB V erforderlich.
Gemäß § 3 Nr. 34 EStG gewährt der Gesetzgeber bis zum Höchstbetrag von 600 Euro pro Arbeitnehmer und Jahr Steuerfreiheit für folgende Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung:
- Gesundheitsfördernde Maßnahmen in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung).
- Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Prävention, die nach den Vorschriften des SGB V zertifiziert sind.
Gesundheitsfördernde Maßnahmen in Betrieben
Begünstigt sind Arbeitgeberleistungen, die die Anforderungen des § 20b SGB V in Verbindung mit dem „GKV-Leitfaden Prävention“ des Spitzenverbands der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) in der aktuellen Fassung vom 1. Oktober 2018 erfüllen. Für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung ist keine Zertifizierung erforderlich. Die Abstimmung mit der Krankenkasse im Hinblick auf eine Begünstigung ist allerdings ratsam. Der Steuerfreibetrag kommt für Maßnahmen in Betracht, die den Präventionsprinzipien im Handlungsfeld „Gesundheitsförderlicher Arbeits- und Lebensstil“ des GKV-Leitfadens folgen. Dazu zählen Stressbewältigung und Ressourcenstärkung, bewegungsförderliches Arbeiten und körperlich aktive Beschäftigte, gesundheitsgerechte Ernährung im Arbeitsalltag, und die verhaltensbezogene Suchtprävention im Betrieb.
Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Prävention
Steuerbefreit bis zur genannten Höchstgrenze sind auch Maßnahmen zur verhaltensbezogenen Prävention sowohl außerhalb als auch innerhalb des Betriebes. Dabei nennt der GKV-Leitfaden folgende Handlungsfelder und Präventionsprinzipien:
- Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheitssportliche Aktivität,
- Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme,
- Vermeidung von Mangel- und Fehlernährung,
- Vermeidung und Reduktion von Übergewicht,
- Förderung von Stressbewältigungskompetenzen,
- Förderung von Entspannung,
- Förderung des Nichtrauchens,
- Reduzierung des Alkoholkonsums.
Bei der verhaltensbezogenen Prävention handelt es sich regelmäßig um sogenannte Präventionskurse. Auf der Internetseite des GKV-Spitzenverbandes und den Internetseiten der Krankenkassen sind die zertifizierten Kursangebote zu finden. Weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass es sich um zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers handelt.
Leistungen des Arbeitgebers gelten gemäß der Finanzverwaltung nur dann als „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht, wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet wird,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt wird,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird und
- bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Achtung: Die Leistungen sind steuerpflichtig, wenn sie unter Anrechnung auf den vereinbarten Arbeitslohn oder durch Umwandlung des vereinbarten Arbeitslohns erbracht werden. Der Höchstbetrag in Höhe von 600 Euro ist jahresbezogen und gilt pro Dienstverhältnis. Übersteigende Beträge rechnen zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Fitte Arbeitnehmer, fitter Betrieb
Eine betriebliche Gesundheitsförderung bietet nicht nur steuerliche Vorteile. Folgende Gründe sprechen aus Sicht eines Unternehmens für die Einführung:
- Eine gesunde Lebensweise steigert die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Davon profitiert auch der Arbeitgeber im beruflichen Alltag.
- Gesundheitskurse sind ein Zeichen der Wertschätzung: Die Mitarbeiter sind motiviert und identifizieren sich stärker mit ihrem Arbeitgeber. Das positive Image hilft auch bei der Suche nach neuen Mitarbeitern.
- Unternehmen mit motivierten Mitarbeitern sind produktiver und liefern bessere Qualität. Das fördert die Wettbewerbsfähigkeit.
- Fitte Mitarbeiter melden sich seltener krank. Das senkt die Kosten, die dem Unternehmen durch Krankheits- und Produktionsausfälle entstehen.
Aufzeichnungspflichten
Der Arbeitgeber hat steuerfreie Bezüge im Lohnkonto aufzuzeichnen. Dazu gehören auch die Leistungen zur Gesundheitsförderung. Es empfiehlt sich zudem, Nachweise über die Art der Maßnahmen und insbesondere deren Zertifizierung aufzubewahren. Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen zur Gesundheitsförderung bis in Höhe von 600 Euro jährlich gehören nicht zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung. Die beitragsfreien Leistungen des Arbeitgebers werden bei der Ermittlung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgelts nicht berücksichtigt. Die Beitragsfreiheit als Konsequenz der Steuerfreiheit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV).
Leistungen im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse
Leistungen zur Gesundheitsförderung der Arbeitnehmer im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers werden nicht auf den Höchstbetrag von 600 Euro angerechnet. Sie sind kein Arbeitslohn und unterliegen nicht dem Lohnsteuerabzug. So können zum Beispiel Maßnahmen zur Vermeidung berufsspezifischer Erkrankungen im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Es wird empfohlen, die Notwendigkeit der Maßnahmen zur Verhinderung krankheitsbedingter Arbeitsausfälle durch den medizinischen Dienst einer Krankenkasse beziehungsweise Berufsgenossenschaft oder durch ein Sachverständigengutachten bestätigen zu lassen.
Im Hinblick auf das hohe persönliche Interesse der Arbeitnehmer an ihrer eigenen Gesundheit kann nur bei wenigen Arbeitgeberleistungen von einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitsgebers ausgegangen werden. Hierzu zählen zum Beispiel folgende Leistungen:
- Schutzimpfungen (zum Beispiel gegen Grippe),
- gesundheitsgerechte Arbeitsmittel,
- Maßnahmen zur Vorbeugung spezifisch berufsbedingter Beeinträchtigung der Gesundheit,
- Beratungen zur Gestaltung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen in Abstimmung mit Vertretern des Arbeitsschutzes,
- interne Kommunikationsarbeit, zum Beispiel interne Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung oder zur Arbeitsplatz- und Arbeitsablaufgestaltung.
Gesund am Arbeitsplatz
Für die Arbeitnehmer bietet eine betriebliche Gesundheitsförderung unter anderem folgende Vorteile:
- Die Mitarbeiter können gesundheitliche Risiken reduzieren und müssen gegebenenfalls seltener einen Arzt aufsuchen.
- Durch die betriebliche Gesundheitsförderung erhalten die Arbeitnehmer ihre Leistungsfähigkeit und verbessern dadurch ihre Lebensqualität.
- Wenn die Mitarbeiter mit sich und dem Betrieb zufrieden sind, passt in der Regel auch das Arbeitsklima. Das reduziert Stress sowie seelische Belastungen und stärkt die Gesundheit.
Steuerpflichtige Arbeitgeberleistungen
Neben den steuerfreien Arbeitgeberleistungen und den nicht steuerpflichtigen Arbeitgeberleistungen im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gibt es noch die steuerpflichtigen Arbeitgeberleistungen. Dabei handelt es sich um Arbeitslohn und es besteht grundsätzlich eine Steuer- und Sozialversicherungspflicht. Darunter fallen beispielsweise
- Wellness-Massagen, unabhängig davon, ob die Massage innerhalb oder außerhalb des Betriebs erfolgt,
- Gesundheits- und Vorsorgeuntersuchungen (Screenings) ohne Verknüpfung mit den Handlungsfeldern der betrieblichen Gesundheitsförderung der Krankenkassen,
- Übernahme von Mitgliedsbeiträgen in Sportvereinen, Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen,
- Maßnahmen ausschließlich zum Erlernen einer Sportart,
- Zuschüsse für Sport- und Übungsgeräte des Arbeitsnehmers,
- Zuschüsse für Einrichtungsgegenstände in der Wohnung des Arbeitnehmers,
- Zuschüsse zur Kantinenverpflegung.
Fazit
Mit der betrieblichen Gesundheitsförderung sollen die gesundheitlichen Belastungen der Beschäftigten am Arbeitsplatz abgemildert und die Arbeitskraft erhalten werden. Die betriebliche Gesundheitsförderung ist daher ein wesentlicher Baustein des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Sie schließt alle im Betrieb durchgeführten Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheit ein. Bei Interesse an betrieblicher Gesundheitsförderung können sich Genossenschaften an jede Krankenkasse wenden. Empfehlenswert ist die Kontaktaufnahme mit derjenigen Krankenkasse, bei der ein größerer Teil der Mitarbeiter versichert ist.
Angeliki Görtz ist Steuerberaterin beim Genossenschaftsverband Bayern.
Kontakt zur GVB-Steuerberatung
Für steuerliche Rückfragen steht der Bereich Steuerberatung des Genossenschaftsverbands Bayern seinen Mitgliedern jederzeit gerne zur Verfügung. Kontakt: steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800.