Im Fokus: Folgen der Corona-Krise für Wirtschaft und Politik, Rückblick auf das Geschäftsjahr 2019, Kritik an Plänen für ein grünes Finanzwesen.
Bundestag soll BaFin strenger kontrollieren
Der Bundestag sollte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) besser überwachen. Dafür hat sich GVB-Präsident Jürgen Gros in einem Gastkommentar für die „Wirtschaftswoche“ ausgesprochen. „Das Äußern von ‚Erwartungen‘ wird zunehmend zum Aufsichtsinstrument der BaFin. Damit erweitert die Behörde ihr aufsichtliches Handlungsset ohne Rechtsgrundlage und zugleich abseits rechtlicher Reaktionsmöglichkeiten“, schreibt Gros. Es stehe der BaFin zu, ihre formellen Instrumente zu nutzen. Sie am Gesetzgeber vorbei zu erweitern jedoch nicht. Deswegen sei der Bundestag als Kontrollorgan von Exekutive und Behörden gefordert.
Soziale Marktwirtschaft führt in nachhaltige Zukunft
Die Politik sollte sich auch in Sachen Nachhaltigkeit am Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft orientieren. Das hat GVB-Präsident Jürgen Gros in einem Gastkommentar für den Onlineauftritt des „Handelsblatt“ deutlich gemacht. Ziel müsse es sein, erwünschtes Verhalten mit Anreizen zu versehen. „Ihre Stärke und Anpassungsfähigkeit wird die Soziale Marktwirtschaft auch ausspielen, wenn es darum geht, die Wirtschaft künftig an Nachhaltigkeitszielen auszurichten – wenn man sie lässt“, schreibt Gros. Bislang Bewährtes durch Dirigismus, Verbote und planwirtschaftliche Zwangseingriffe künstlich unattraktiv zu machen, nutze am Ende niemandem – am allerwenigsten dem Ziel der Nachhaltigkeit, so sein Fazit.
Kritik an Banken ist nicht gerechtfertigt
Der GVB wehrt sich gegen Kritik an der Vergabe von Krediten in der Corona-Krise. Das meldet die „Deutsche Presse-Agentur“ (dpa). „Bankmitarbeiter müssen sich an geltendes Recht halten, egal ob gerade eine Krise herrscht oder nicht“, wird GVB-Präsident Jürgen Gros zitiert. Bankvorständen drohten im Extremfall ein Entzug der Vorstandslizenz oder sogar Haftstrafen.
Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken gewährten die meisten Kredite innerhalb weniger Tage, wird Gros in der Agenturmeldung wiedergegeben. Die Ablehnungsquote schwanke zwischen fünf und sieben Prozent. „Zum Teil kommen auch Kunden mit einem Kreditantrag, deren Geschäftsmodell schon vor der Krise problematisch war. Da muss auch einmal ein Darlehensantrag abgelehnt werden“, erklärte der GVB-Präsident.
Mehrere Regulierungsmaßnahmen verschoben
Das Bundesfinanzministerium und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) haben beschlossen, diverse Regulierungsmaßnahmen aufzuschieben. Damit wollen sie Banken in der derzeit wirtschaftlich angespannten Situation entlasten und die Kreditvergabe stärken. Unter anderem sollen neue europäische Vorgaben zu Kreditgewährung und -überwachung deutlich später umgesetzt werden als bisher vorgesehen. Auch geplante Meldepflichten für Hauskredite, gegen die der GVB sich von Anfang an gewandt hatte, wollen die beiden Institutionen nochmal zurückstellen.
Damit reagiert das Ministerium auf einen Wunsch von Finanzexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, mit denen auch der GVB zuvor im Austausch war. In der Verlängerung der entsprechenden Fristen sieht der Verband einen wertvollen Schritt zur Entlastung der Institute. Allerdings wird sich der GVB weiter dafür einsetzen, in der Zwischenzeit bestehende und geplante Regulierungsmaßnahmen im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen („Fitness-Check“).
Fitness-Check für die Bankenregulierung
Es ist Zeit für einen Fitness-Check in der Bankenregulierung. Das hat GVB-Präsident Jürgen Gros in einem Gastbeitrag für die „Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen“ (ZfgK) deutlich gemacht. Eine Generalrevision der Vorschriften sei nötig: „Eine Regulierung von Kreditinstituten muss so praxistauglich sein, dass sie auch Ausnahmesituationen gewachsen ist – ohne ständigen Änderungsbedarf“, schreibt Gros. Nach der Krise könne es kein schlichtes Zurück geben: „Jetzt ist es an der Zeit, Lehren zu ziehen und zu überprüfen, was sich in der Regulierung bewährt hat und wo sie Banken ohne größeren Nutzen einengt.“ In einem ersten Schritt sollte dazu ein Runder Tisch zwischen Vertretern der Politik, Aufsicht und Banken durchgeführt werden, der durch einen „Fitness-Check“ der regulatorischen Vorgaben ergänzt wird.
Dazu hat der GVB ein Positionspapier vorgelegt. Ersten Zuspruch für den geforderten Fitness-Check erhielt der Verband unter anderem aus dem Bundestag: Führende Abgeordnete des Finanzausschusses nahmen das Papier positiv auf. Auch Vertreter bayerischer Wirtschaftsverbände signalisierten Zustimmung und denken über eine gemeinsame Positionierung nach. Auf europäischer Ebene kündigte die Kommission in einer Mitteilung bereits einen Runden Tisch an.
GVB wirbt für Konjunkturprogramm
In einem Telefonat mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat sich GVB-Präsident Jürgen Gros für passende Konjunkturprogramme ausgesprochen, die das Wiederanlaufen der Wirtschaft im Freistaat unterstützen. Kredite der Banken und Stundungsmöglichkeiten würden zwar kurzfristig helfen, etwaige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Längerfristig müsse die Wirtschaft jedoch mit konjunkturellen Anreizen stimuliert werden, mahnte Gros. Ansonsten drohe im Herbst dieses Jahres, wenn die bisherigen Stützungsmaßnahmen auslaufen, eine Insolvenzwelle. Das Problem wäre damit lediglich verschoben, erklärte Gros in dem Telefonat.
Darüber hinaus erläuterte der GVB-Präsident seine Bedenken im Hinblick auf die Ankündigung der Aufsichtsbehörden, zeitnah wieder in einen Alltagsbetrieb gehen zu wollen. Das Zurücknehmen von Erleichterungen und Anpassungen könnte das Wiederanlaufen der Wirtschaft deutlich ausbremsen. Vielmehr sei es nötig, Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen und die Regulierung einem umfassenden Fitness-Check zu unterwerfen.
Bayerns Wirtschaft fordert Belastungsmoratorium
Die Bayerischen Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und der GVB haben sich für branchenübergreifende wirtschaftliche Anreize im Interesse aller Unternehmen stark gemacht. In dem mit „Neustart für alle“ überschriebenen Papier sprechen sie sich für ein Belastungsmoratorium sowie ein steuerliches Erleichterungs- und Investitionspaket aus.
Der Verband und die Kammern fordern unter anderem eine verbesserte Verlustverrechnung und Entlastungen bei betrieblichen Investitionen. Die Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung dürfe durch schwer zu erfüllende Informationspflichten nicht für eine Kreditklemme sorgen. Zudem sollte die geplante Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) nicht dazu beitragen, dass Banken Unternehmen Kredite verweigert müssen, weil die Anforderungen dafür zu hoch gesetzt sind. Die „Passauer Neue Presse“ berichtete über das Papier.
Proportionale Berichtspflichten nötig
Der GVB hat sich gegen Vorschläge gewandt, die Nachhaltigkeits-Berichtspflichten von Großunternehmen auch auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) auszuweiten. Anlass ist die geplante Überarbeitung der EU-Richtlinie zu nicht-finanziellen Berichtspflichten (NFRD), zu der gerade eine Konsultation der EU-Kommission läuft. In seiner Stellungnahme setzt sich der GVB für mehr Proportionalität ein: Kleine und mittlere Unternehmen, deren Fokus nicht auf dem Kapitalmarkt liegt, sollten weiterhin davon ausgenommen sein, Nachhaltigkeitsberichte vorzulegen.
Die Berichte sind für KMU mit hohen Kosten verbunden, ohne dass Kapitalgeber die darin enthaltenen Informationen benötigen. Kritisch sieht der Verband auch Vorschläge, wonach der Umfang der Berichtspflichten für bereits betroffene Unternehmen ausgeweitet werden soll. Statt neue verpflichtende Standards zu schaffen, spricht sich der GVB für freiwillige Vorgaben aus. Mit Blick auf kleinere Genossenschaftsbanken fordert er eine einheitliche Regulierung.
Bisher gelten für diese Banken verschiedene Berichts- und Offenlegungspflichten, die sich aus unterschiedlichen Rechtstexten ergeben. Eine kohärente Regelung, die kleinere Institute von nachhaltigkeitsbezogenen Pflichten befreit, wäre zu bevorzugen.
Kritik an Plänen des Sustainable-Finance-Beirats
Die Finanzexperten aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion teilen die GVB-Kritik an den Plänen des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung. In einer aktuellen Stellungnahme bewerten die Abgeordneten die Vorschläge des Gremiums als „nationalen Alleingang in der Nachhaltigkeitspolitik“, der für zusätzliche Belastung bei den Finanzmarktteilnehmern sorge.
Zudem sehen die Finanzexperten der Unionsfraktion die Gefahr einer Doppelbelastung, weil der Beirat seine Vorschläge nicht mit den Sustainable-Finance-Vorhaben auf EU-Ebene koordiniert hat. Als sinnvoll erachten die Abgeordneten hingegen die Idee, den Staat und seine Anlagen mehr in den Fokus zu rücken und stärker auf Nachhaltigkeitsaspekte zu überprüfen.
Green Finance: Handwerk positioniert sich
Der Bayerische Handwerkstag hat sich kritisch zum europäischen Vorhaben für ein nachhaltiges Finanzwesen geäußert. In einem Grundsatzpapier zur Wirtschaft- und Mittelstandpolitik warnen die Vertreter des Handwerks im Freistaat davor, dass Vorschriften für ein grüneres Finanzsystem die Bürokratie in kleinen Handwerksbetrieben verschärfen und das Finanzsystem destabilisieren könnten. Damit folgt das Handwerk einer Anregung des GVB.
Planungssicherheit für Solargenossenschaften
Der GVB hat sich erfolgreich für ein Ende der Fördergrenze beim Solarstromausbau eingesetzt. Der sogenannte Solardeckel regelt derzeit, dass Photovoltaikanlagen nur eine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten, solange Deutschland nicht eine Gesamtleistung von 52 Gigawatt in diesem Sektor erreicht.
Um den Ausbau erneuerbarer Energien nicht zu bremsen, hatte die Bundesregierung schon im Herbst 2019 die Abschaffung des Deckels beschlossen. Dass die Begrenzung auf 52 Gigawatt bis heute nicht gefallen ist, monierte der GVB in einem Brief an die bayerischen Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz und Stefan Müller. Besonders problematisch: Der Deckel, und damit ein Auslaufen der EEG-Förderung, könnte noch diesen Sommer erreicht werden. Das sorgte in den vergangenen Monaten für Planungsunsicherheit bei Photovoltaikanlagen, die sich derzeit im Bau oder Planung befinden.
Inzwischen haben sich Union und SPD darauf geeinigt, den Deckel so bald wie möglich abzuschaffen. Sie wollen zeitnah einen Gesetzesvorschlag dazu vorlegen. Die Einigung der Koalition begrüßte der GVB in einer Pressemitteilung.
Virtuelle Verschmelzungsversammlungen möglich
Der GVB hat sich für die Rechtsgültigkeit von virtuellen Verschmelzungsversammlungen stark gemacht. Hintergrund sind die derzeitigen Hürden für geplante Bankenfusionen: Die dafür notwendigen General- und Vertreterversammlungen dürfen derzeit nicht als Präsenzveranstaltungen abgehalten werden. Das Covid-19-Gesetz ermöglicht es, die Versammlungen virtuell und gleichzeitig rechtskonform abzuhalten. Das gilt auch, wenn die Satzung das nicht ausdrücklich erlaubt.
Notare und Registergerichte teilten diese Rechtsauffassung teilweise nicht und sorgten damit für Rechtsunsicherheit. Auf diesen Missstand wies GVB-Präsident Jürgen Gros in einer Videokonferenz mit dem bayerischen Bürokratieabbau-Beauftragten Walter Nussel und Vertretern des Wirtschafts-, Justiz und Gesundheitsministeriums sowie der Landesnotarkammer hin. Inzwischen hat das Deutsche Notarinstitut ein Gutachten vorgelegt, das die Gültigkeit einer virtuellen Versammlung und der dort getroffenen Fusionsbeschlüsse bestätigt.
Was Genossenschaften ausmacht
Insbesondere in Krisen kommt Genossenschaften eine besondere Bedeutung zu. Das hat GVB-Präsident Jürgen Gros im Interview mit „Der neue Tag“ deutlich gemacht. Gros erläutert darin, was Genossenschaften ausmacht: Sie seien Gemeinschaften aus Produzenten und Konsumenten oder aus Ideengebern und Machern. Füreinander einzustehen, gemeinsame Interessen zu verfolgen und Mehrwert für jeden einzelnen durch gemeinsames Wirtschaften zu schaffen – das präge Genossenschaften bis heute, wird der GVB-Präsident wiedergegeben. „Auf dieser Basis bilden die bayerischen Genossenschaften mit 2,9 Millionen Mitgliedern in 1.212 Unternehmen eine der größten mittelständischen Wirtschaftsorganisationen im Freistaat.“
Verhältnismäßigkeit stärker berücksichtigen
Gegenüber führenden Abgeordneten im Finanzausschuss des Bundestags hat sich der GVB für eine verhältnismäßigere Bankenregulierung ausgesprochen. Anlass ist der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums für ein Risikoreduzierungsgesetz (RiG). Ziel des RiG ist es eigentlich, die Proportionalität zu stärken und kleine Banken von unnötigen Pflichten zu befreien. Allerdings bewirkt der nun vorliegende Entwurf aus Sicht des GVB genau das Gegenteil. Diese Position ist auch in eine Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) eingeflossen.
Das Gesetz setzt nicht nur die europäischen Vorgaben des EU-Bankenpakets um. Es sieht auch zahlreiche weitere Vorgaben vor, die über EU-Recht hinausgehen („Goldplating“). Beispiele hierfür sind neue Anzeigepflichten bei der Bestellung von Geschäftsführern oder striktere Eigenkapitalpuffer. Das würde insbesondere kleinere Banken zusätzlich belasten und könnte die Kreditvergabe in der wirtschaftlich angespannten aktuellen Lage weiter schwächen.
Um das zu verhindern, fordert der GVB weitgehende Anpassungen. Seine Bedenken hatte der Verband führenden Abgeordneten des Bundestags-Finanzausschusses sowie dem bayerischen Wirtschaftsministerium vorgetragen.
MiFID II praxistauglich gestalten
Der GVB hat sich an einer Konsultation zur MiFID-II-Richtlinie beteiligt. Dabei hat der Verband gegenüber der EU-Kommission auf die derzeit vorhandenen Hürden im telefonischen Wertpapierhandel hingewiesen: Banken müssen die Gespräche aufzeichnen und den Kunden vor Vertragsabschluss eine Kosteninformation zukommen lassen.
Das kann den Telefonhandel stark verzögern und in volatilen Marktsituationen wie der Corona-Krise problematisch sein. Daher fordert der Verband, den Kunden eine Wahlmöglichkeit einzuräumen. Dies würde zu einem erheblich flexibleren und kundenfreundlicheren Telefonhandel führen. Nach Abschluss der Konsultation will die EU-Kommission noch in diesem Jahr einen neuen Vorschlag für die MiFID-Überarbeitung vorlegen.
Christoph Spöckner ist stellvertretender Pressesprecher des Genossenschaftsverbands Bayern. Felix Ehrenfried ist Referent Verbandspolitik beim Genossenschaftsverband Bayern.