Denkfabrik: Erfahrungen austauschen und Innovationen diskutieren – das ist das Ziel der GENObarcamps der Volksbanken und Raiffeisenbanken. „Profil“ war in Hof dabei.
Kommunikation zum Anfassen
Kai Häckel, Consultant Digital Business & Innovation bei der VR-Bank Neu-Ulm
„Mein Sessiontitel lautete ,Begreifbare Kommunikation – so fühlt sich MeinInvest an‘. Gemeinsam mit der Agentur touchmore aus Remscheid entwickeln wir aktuell eine Offline-Digital-Kampagne, um die Robo-Advisor-Lösung MeinInvest der genossenschaftlichen FinanzGruppe besser transportieren zu können. Den Teilnehmern habe ich den Weg von der Idee, der Entwicklung des idealtypischen Kunden (Persona) bis hin zur fertigen Sendung vorgestellt.
Wir haben für uns erkannt, dass digitale Produkte kein Selbstläufer und Suchmaschinenkampagnen kein Allheilmittel sind. Wir alle sind Menschen aus Fleisch und Blut und treffen am Ende des Tages viele Entscheidungen aus einem Bauchgefühl heraus. Mit einem anfassbaren und wortwörtlich begreifbaren Medium versuchen wir deshalb, die Vorteile von MeinInvest auf völlig neue Weise zu transportieren. Letztlich können wir uns natürlich irren und feststellen, dass wir diesen Umweg gar nicht benötigen.
Für uns ist die Aktion deshalb in erster Linie ein Experiment, unterlegt mit folgender Hypothese: Mit ansprechenden und spannenden Offline-Medien können wir unsere Mitglieder und Kunden wirkungsvoll für digitale Lösungen der Ortsbank begeistern. Insofern lautet mein Tipp für andere Banken: Habt Mut für Experimente und keine Angst vor Erkenntnissen, die nicht in euer heutiges Weltbild passen. Im Gespräch mit den Session-Teilnehmern sind sehr schnell viele weitere digitale Lösungen auf den Tisch gekommen, die mit dem vorgestellten Medium transportiert werden könnten. Das macht mich zuversichtlich, dass unsere Gedanken und Überlegungen nicht gänzlich an der Realität vorbei sind.“
Äußerst spannend habe ich das von der Hamburger Volksbank vorgestellte Projekt erlebt (siehe nachfolgender Beitrag). Die Kollegen im hohen Norden schärfen gerade ihr regionales Markenprofil. Wir haben das Thema regionale Marke im vergangenen Jahr unter dem Label ,Nachbarschaftsbank‘ ganz ähnlich angegangen. Daraus sind bei uns unheimlich viele wichtige kulturelle Projekte im Haus entstanden. Dass das Thema Marke, Werte und Prinzipien offenbar in den Köpfen von mehr und mehr Entscheidern eine zunehmend wichtige Rolle spielt, lässt mich zuversichtlich auf die Herausforderungen blicken, die uns Tag für Tag erwarten.“
Näher am Volk in Hamburg
Mladen-Maverik Terzic, Digital Department bei der Hamburger Volksbank
„Auf dem GENObarcamp haben meine Chefin Claudia Wenta, Leiterin des Digital Departments, und ich die neue Marke der Hamburger Volksbank vorgestellt. Wir haben eine neue Kampagne gestartet, damit wir als Volksbank noch präsenter in Hamburg werden. Bei dem Vortrag haben wir den Kolleginnen und Kollegen unsere Slogans aus der Kampagne vorgestellt und um Feedback gebeten. Einige Beispiele: ,Wir sponsern keine WM in Katar, sondern Tore in Altona‘, ,Wir sind lieber hanseatische Kaufleute als Hedgefondsmanager‘, ,Deutsche, türkische und spanische Bank in einem. Deshalb heißen wir auch Volksbank‘ oder ,Wir finanzieren keine Mauer in Mexiko, sondern vier Wände in Wandsbek‘. Zudem haben wir ein Video unseres ersten eigenen Barcamps in der Hamburger Volksbank gezeigt. Wir haben in über 60 Sessions aktuelle Themen diskutiert und der Belegschaft die neue Marke näher gebracht.
Unsere neue Marke stößt in Hamburg öffentlich und in den Medien auf große Resonanz. Zusätzlich sind wir nun auch in den sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Twitter vertreten. Auch dort spielen wir die neue Marke intensiv. Wir freuen uns über jeden Like. Die Session beim GENObarcamp wurde sehr positiv aufgenommen. Alle fanden es super, dass wir uns trauen, unsere Marke so nach außen zu tragen. Am Ende der Session kamen sogar einige auf uns zu und haben gefragt, mit welcher Agentur wir zusammenarbeiten.
Zurzeit haben wir diverse Projekte in der Bank parallel laufen, die eine große Themenvielfalt haben. In erster Linie geht es darum, wie uns der Kunde wahrnimmt und über welchen Kanal uns der Kunde in Zukunft wahrnehmen möchte. Gleichzeitig versuchen wir, unsere Prozesse kontinuierlich zu verbessern und effizienter zu agieren. Die Personalstrategie sowie die Entwicklung von Mitarbeitern sind ebenfalls wichtige Punkte in unserer Unternehmensphilosophie, die wir versuchen kontinuierlich zu verbessern.“
Alles ist möglich: Video-Grußwort von GenoBarcamp-Gründer Boris Janek
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Bei Google regional punkten
Marcel Wiebusch, stellvertretender Bereichsleiter Marketing/Vertriebssteuerung/Neue Medien bei der Volksbank Stade-Cuxhaven
„Mein Sessionthema hieß ,Bei Google regional punkten‘. Wir befinden uns in einem Wahrnehmungswettbewerb und aus diesem Grund ist eine gute Platzierung der Bank in Suchmaschinen ein Erfolgsfaktor. Nicht zuletzt deshalb betreiben wir mit www.baufinanzierung-rechnen.de (Baufinanzierung) und www.stade-cuxhaven.immobilien (Immobilien) zwei separate Landingpages. Die Suchmaschine gehört heute zur Kundenreise dazu. Eine clevere Kombination aus vorhandenen Einzelbausteinen hat bei uns zu guten Suchergebnissen bei Google geführt. Am besten einfach selbst testen und die Begriffe „Baufinanzierung“ und „Stade“ bei Google eingeben.
Ich habe beim GENObarcamp unsere Erfahrungen weitergegeben, wie wir die Themen Kundenrelevanz (Persona-Ansatz) und Technik angehen. Dazu gehören regelmäßige Blogbeiträge, Beraterbewertungen, Suchmaschinenwerbung und eine für mobile Endgeräte optimierte Landingpage. Die Bewerbung aktueller Konditionen und die Verknüpfung mit anderen relevanten Themenseiten runden das Konzept ab. Meine Tipps an die Kollegen: Versetzt euch in die Lage des Kunden und probiert einfach mal etwas Neues aus. Tauscht euch mit erfolgreichen Banken aus. Uns treibt gerade das Thema um, wie es mit Social Media weitergeht. Auf welchen Kanälen erreiche ich zukünftig meine (Neu-)Kunden? Vielleicht gibt es ja beim nächsten GENObarcamp dazu eine Session.“
Paten für die Digitalisierungsoffensive
Susann Brudnjak, Unternehmensentwicklung Vertriebsbank bei der Volksbank Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg
„Ich habe mich in meiner Session mit der technischen Umsetzung der Digitalisierungsoffensive der genossenschaftlichen FinanzGruppe beschäftigt. Mir ging es dabei vor allem darum, mit den Teilnehmern des GENObarcamps zu diskutieren, an welchen Stellen sie Hürden bei der technischen Umsetzung sehen und wie die anderen Primärbanken zukünftig mit den regelmäßigen Rollouts umgehen wollen. Dabei haben wir uns vor allem auch darüber ausgetauscht, wie man am besten die Mitarbeiter bei der Digitalisierung begleitet und unterstützt. Als konkreten Tipp habe ich beispielsweise mitgenommen, dass manche Banken sogenannte Prozess-Paten im Vertrieb haben. Die sind direkt am Mitarbeiter dran und können so Technik und Vertrieb prozessual gut verbinden.
Gerade die Sessions zur Digitalisierung und Agilität fand ich bei diesem GENObarcamp besonders spannend, weil das auch die Themen sind, mit denen wir uns in der Bank beschäftigen. Ich habe mich über den Austausch mit neuen und alten Gesichtern sehr gefreut. Zukünftig würde ich mir aber mal wieder ein GENObarcamp ,back to the roots‘ wünschen. Gerne auch etwas eckiger und kantiger, denn in meinen Augen braucht Innovation auch Reibung.“
Ein neues Format für den Mitarbeiterdialog
Diana Rosenkranz, Leiterin Voba Direkt bei der Volksbank Schwarzwald Baar Hegau
„Ich habe unser GestalterBarcamp in der Volksbank Schwarzwald Baar Hegau vorgestellt, bei dem es um Kommunikation und Wandel geht. Das beschäftigt gerade alle Banken. Wir wollten ein neues Format für unseren jährlichen Mitarbeiterdialog schaffen. Der eigentliche Dialog zwischen Vorstand und Mitarbeitern sollte in der alten Form bewahrt, aber um zusätzliche Kommunikationselemente erweitert werden. Dabei ging vor allem um Transparenz, Neugier wecken, Verstehen und Mitmachen.
Häufig stehen in den Banken die Vertriebsbereiche im Mittelpunkt. Die Idee war, dass nicht nur Mitarbeiter aus diesen Bereichen, sondern alle die Möglichkeit haben sollen, über gelungene Projekte, Ideen und Weiterentwicklungen zu berichten. Jeder sollte die Gelegenheit bekommen, diesen Tag aktiv mitzugestalten. Für den Dialog-Teil konnten alle Mitarbeiter während des gesamten Barcamps über ein digitales Tool anonym Fragen an den Vorstand stellen. Das war spannend und ist super gelaufen. Niemand hat die Netiquette verletzt. Alle eingereichten Fragen wurden durch den Vorstand vor der ganzen Belegschaft beantwortet.
Nur wenige Bankmitarbeiter haben Barcamp-Erfahrung. Ich hoffe, dass ich den Teilnehmern meiner Session ein paar Tipps mitgeben konnte, wie man bei der Planung eines Barcamps vorgeht, was wir gelernt haben und wie man generell mit dem Format Barcamp umgeht. Im Gegenzug habe ich den Impuls mitgenommen, dieses Format eventuell auch mal öffentlich und mit Firmenkunden durchzuführen.
Generell stehen in unserer Bank eine Menge Themen auf der Agenda, die auch in den Sessions angesprochen wurden: Prozessautomatisierung, Marketing-Automation, künstliche Intelligenz, Agilität, Führung in der digitalen Welt, Omnikanalsteuerung, Influencer Marketing, Arbeitgeberattraktivität und Recruiting, Innovationsarbeit, Markenbildung, Jugendmarkt, Kommunikation und Wandel, Digitalisierungsoffensive – den Volksbanken und Raiffeisenbanken wird in nächster Zeit bestimmt nicht langweilig.“
Finanzierungsberatung mit Laura
Carolin Bauer und Charlotte Briechle, Medialer Vertrieb und Innovationsmanagement bei der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee
„Hi, ich bin Laura! Wir haben diesen Titel für unsere Session gewählt, um unsere digitale Baufinanzierungsassistentin Laura vorzustellen. Ihr findet sie unter www.baufinanzieren-rosenheim.de. Die Webseite ist seit Anfang März online. Laura unterstützt den Nutzer, die optimale Finanzierungsrate für seine Wunschimmobilie zu ermitteln. Dabei werden seine Objektdaten sowie seine laufenden Einnahmen und Ausgaben berücksichtigt (siehe auch den „Profil“-Artikel in dieser Ausgabe). Gleichzeitig weist Laura auf relevante Risiken wie finanzielle Engpässe während der Finanzierungsphase, aber auch auf das Zinsänderungsrisiko hin. Mithilfe des integrierten KfW-Rechners ermittelt Laura auch einen möglichen Anspruch auf Fördermittel. Die Assistentin begleitet den Nutzer technologiegestützt in mehreren Schritten bei der Generierung seines persönlichen Finanzierungskonzepts. Anschließend kann der Nutzer einen Termin mit einem beliebigen Berater der Volksbank Raiffeisenbank Rosenheim-Chiemsee vereinbaren, um sein Finanzierungskonzept im Detail zu besprechen.
Das Feedback der Barcamper war positiv, die ersten interessierten Banken haben sich bereits bei uns gemeldet, um Laura auch bei sich zu integrieren. An Verbesserungsvorschlägen haben wir mitgenommen, dass Eingaben zu Förderungsmöglichkeiten oder Absicherungen auf unserem Baufinanzierungsportal keine Pflichteingabe sein sollten, um ein Finanzierungskonzept zu generieren.
Doch Laura erobert die digitale Welt nicht allein. Ein weiteres großes Projekt ist ihr Bruder ,Paul die Krake‘. Er soll uns bei der Marketingautomatisierung unterstützen, verschiedene Anlässe priorisieren und Kampagnen über den optimalen Kanal ausspielen. Das ist allerdings noch Zukunftsmusik.“
Digitales Kundenmagazin – worauf kommt es an?
Bernd Umbach, Spezialist Digitaler Vertrieb bei der VR-Bank Erlangen-Höchstadt-Herzogenaurach
„Ich habe beim GENObarcamp das Thema ,Digitales Kundenmagazin – worauf kommt es an?‘ gewählt, weil wir unseren Private Banking-Kunden seit Dezember 2018 das Onlinemagazin ‚Friedrich‘ der DZ Bank zur Verfügung stellen. Wir hatten schon lange den Wunsch, unseren Private Banking-Kunden ein geeignetes digitales Kundenmagazin anzubieten.
Zum 200. Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen brachte die DZ Bank im vergangenen Jahr ihr Online-Magazin zur Ansprache gehobener, wertpapieraffiner Kunden heraus. Das Magazin enthält aktuelle Einschätzungen zu Kapitalmärkten und Konjunktur sowie Anregungen rund um das Thema Geldanlage. Für die Bereitstellung der Online-Publikation ,Friedrich‘ muss man lediglich eine Nutzungsvereinbarung mit der DZ Bank schließen. Dann bekommt man die bankindividuellen Zugangsdaten. Die Bank muss vor dem Versand der Zugangsdaten die WpHG-relevanten Punkte prüfen und dokumentieren.
In der Diskussion stellte sich heraus, dass sich ein gedrucktes Magazin nicht einfach digitalisieren lässt. Gerade ein digitales Magazin zeichnet sich durch gute Bilder, Animationen und Texte aus. Vor allem muss es responsiv, das heißt auf allen Endgeräten gut lesbar sein. Aktuell beschäftigen wir uns mit der Einführung des Newsletter-Tools Newsletter2go und unserer neuen Startseite www.vr-bank-ehh.de. Außerdem hat unsere Crowdfunding-Plattform „Viele schaffen mehr“ gerade die 100.000 Euro-Marke überschritten. Darauf sind wir stolz.“
Wir brauchen Räume zum Experimentieren
Rashid Owoyele beschäftigt sich mit Sozialer Innovation und Service Design. Er ist Teil der Initiative „Society of Owners“, die sich mit neuen Formen der kooperativen Zusammenarbeit beschäftigt.
„Es war eine tolle Erfahrung, das GENObarcamp und seine Teilnehmer kennen zu lernen. Wir müssen uns anstrengen, um der Genossenschaftsidee im Wettbewerb der ökonomischen Systeme mehr Geltung zu verschaffen. Denn die Innovationsbudgets der Konkurrenz sind massiv – ich habe in den vergangenen vier Jahren viele dieser Programme mit entwickelt und betreut.
In Deutschland gibt es eine wachsende Anzahl an Kreativen, die im sozialen und ökologischen Bereich Verantwortung für ihre Umwelt übernehmen und die Welt zu einem besseren Ort machen wollen. Dazu gehört die ,Society of Owners‘. Diese ,Gesellschaft der Teilhaber‘ ist eine experimentelle Initiative aus Berlin, der ich angehöre. Wir sind Kreative und wollen die Zukunft gemeinsam gestalten, ohne vorher jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen.
Dazu brauchen wir ökonomisches Know-how, Räume zum Experimentieren und geeignete genossenschaftliche Geschäftsmodelle. Auf dem GENObarcamp habe ich um Unterstützung für unsere Idee und unsere Initiative geworben. Dafür ist diese Veranstaltung ein fantastisches Format. Was fehlt, ist der richtige Biss, um Zustände grundlegend zu hinterfragen. Genossenschaften sind ein tolles Modell, um das Gemeinwohl durch gemeinschaftliches Handeln zu fördern. Doch dafür müssen sie auch etwas wagen und ihren Mitgliedern mehr bieten als die Konkurrenz.“
Save the date
Das GENObarcamp Mitte Mai in Frankfurt war bereits die 18. Auflage dieses offenen Workshop-Formats, das sich an die Volksbanken und Raiffeisenbanken und ihre Verbundpartner richtet. Die Inhalte werden ausschließlich von den Teilnehmern bestimmt. Diese stellen in 30-minütigen Sessions ihre Themen vor. Es finden immer mehrere Sessions parallel statt, sodass alle Besucher aus einer breiten Palette an Projektideen und Diskussionsforen auswählen können. Gastgeber war dieses Mal Union Investment. Vorstandsvorsitzender Hans Joachim Reinke plauderte zu Beginn der Veranstaltung mit den rund 100 Teilnehmern über die richtigen Rahmenbedingungen für Innovationen. Zum Abschluss gewährten zwei Google-Vertreter Einblicke, wie der Suchmaschinen-Konzern über Versuch und Irrtum zu Erfolg kommt.
Das 19. GENObarcamp findet am 16. und 17. Dezember 2019 bei der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) auf Schloss Montabaur statt. Alle Informationen werden rechtzeitig auf der GENObarcamp-Webseite eingestellt. Zu seiner 20. Auflage kehrt das GENObarcamp im Frühjahr 2020 zu seinen Wurzeln zurück: Wie schon die Premiere findet auch das Jubiläums-Barcamp wieder bei der Volksbank Bühl statt.