360 Grad-Rundgänge: Eine Immobilie besichtigen, ohne sie zu betreten. Bei der VR-Bank Rottal-Inn geht das – mit einer virtuellen Besichtigungstour.
Mit „Wohnen in Niederbayern“ ist im Dezember 2023 eine regionale Online-Plattform rund um die Immobilie an den Start gegangen, seit März 2024 wird sie aktiv vermarktet. Immobilienplattformen von Genossenschaftsbanken gibt es bereits, mit „Wohnen in Niederbayern“ haben jedoch erstmals mehrere Kreditgenossenschaften ein solches Projekt gemeinsam auf die Beine gestellt: Die Raiffeisenbank Goldener Steig - Dreisessel, die Raiffeisenbank Arnstorf, die Raiffeisenbank Parkstetten, die Raiffeisenbank Deggendorf - Plattling - Sonnenwald, die Raiffeisenbank Straubing, die VR-Bank Rottal-Inn und die VR GenoBank DonauWald hatten sich 2023 zusammengetan, um sich Betrieb und Kosten der Plattform zu teilen. Bereitgestellt und entwickelt wird diese von der Berliner Impleco GmbH. Die Fintech-Tochter der Bausparkasse Schwäbisch Hall und mehrerer Banken will deutschlandweit viele weitere regionale genossenschaftliche Immobilien-Ökosysteme etablieren. Und so Plattformen wie ImmoScout24 & Co. den Kampf ansagen.
Erste Nutzungszahlen sind positiv
„Erste Nutzungszahlen des Portals sind positiv, auch dank umfassender Vermarktungsaktivitäten“, berichtet Albert Griebl, niederbayerischer Bezirkspräsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) und Vorstandssprecher der VR-Bank Rottal-Inn. Weitere VR-Banken, die sich an der Plattform beteiligen wollen, sind laut Griebl willkommen. Die VR-Bank Rottal-Inn hat beim Aufbau des gemeinsamen Portals eine Führungsrolle übernommen. Das Ziel der Institute: im Team Vorreiter zu sein. „Wir wollen uns im digitalen Raum noch stärker als Experten rund ums Bauen, Kaufen, Wohnen und Modernisieren präsentieren und so Kunden halten und neue hinzugewinnen“, erklärt Griebl die Idee hinter „Wohnen in Niederbayern“. Ob digitale Finanzierungsmöglichkeiten, Online-Immobiliensuche oder virtuelle Hausbesichtigung – die Digitalisierung der Immobilienbranche schreitet unaufhaltsam voran und verändert Kundenerwartungen. Neun von zehn Deutschen beginnen ihre Suche zum Thema Baufinanzierung schon heute im Netz.
Banken betreiben Immobilienplattform gemeinsam
„Wir müssen und wollen überall dort sein, wo die Kunden sind“, sagt Griebl. In der eigens für Genossenschaftsbanken entwickelten Plattform-Lösung „PIA“ („Persönliche Immobilien Assistenz“) der Impleco sahen die sieben niederbayerischen Genossenschaftsbanken genau diese Möglichkeit. Sie passten „PIA“ mit Unterstützung von Impleco an ihre Bedürfnisse an und brachten sie unter der eigenen Marke „Wohnen in Niederbayern“ gemeinsam an den Start. Mehr Informationen zu „PIA“ gibt es auf der Webseite von Impleco.
Impleco stellt schlüsselfertige Lösung bereit
Das Berliner Fintech Impleco wurde 2020 gegründet und hat den Auftrag, die Lebenswelt „Bauen und Wohnen“ der genossenschaftlichen FinanzGruppe maßgeblich auf- und auszubauen. „PIA“ ist seit 2020 neben der nationalen Plattform „Wohnglück.de“ das Ankerprodukt von Impleco. „PIA“ haben inzwischen mehr als 80 Genossenschaftsbanken bundesweit in ihre Webauftritte eingebunden. Sie integrieren dort ihre eigenen Immobilienangebote, können diese regional und überregional schalten sowie örtliche Immobilienmakler und andere Experten anbinden und ihren Kunden von der Immobilien-Schnellbewertung über die Handwerkersuche bis zur Modernisierungsberatung diverse digitale Services anbieten.
Was sich daraus ergeben kann, zeigen die Erfahrungswerte einer teilnehmenden Genossenschaftsbank mit einer Bilanzsumme von drei bis vier Milliarden Euro: Sie generierte innerhalb eines Jahres aus rund 500.000 Seitenaufrufen und mehr als 89.000 interessierten Nutzern rund 900 qualifizierte Leads, die mit einer Erfolgsquote von zehn bis zwölf Prozent zu Produktabschlüssen führten. Für Impleco ist „PIA“ aber weit mehr als eine digitale Marketingmaschine, mit der sich potenzielles Neugeschäft generieren lässt. Sie soll ein zentraler Dreh- und Angelpunkt sein, der Banken, Kundinnen und Kunden sowie Dienstleister im digitalen Raum zusammenbringt und der genossenschaftlichen FinanzGruppe langfristig Marktanteile im Immobiliengeschäft sichert.
Brücke zwischen Beratung vor Ort und digitaler Welt
„Mit PIA haben wir stets die Vision verbunden, eine Brücke zu bauen zwischen der traditionellen Beratungsstärke der Genossenschaftsbanken rund ums Bauen und Wohnen und den Möglichkeiten der digitalen Welt. Damit schaffen wir die Voraussetzungen für eine neue Kundennähe“, erklärt Franziska Kurz, Geschäftsführerin von Impleco. Wenn es nach ihr geht, darf das Modellprojekt aus Niederbayern gerne auch anderswo Schule machen. „Je mehr regionale Immobilien-Ökosysteme, desto besser. Wenn sich mehrere Banken zusammenschließen, um gemeinsam eine PIA-Plattform zu betreiben, können sie dem Wettbewerb etwas entgegensetzen.“ Regionale Gemeinschaftsprojekte erlauben es zudem auch kleinen Banken, ihren Kunden ein breites digitales Angebot zu bieten. Alleine könnten sie die Einrichtungs-, Betriebs- und Personalkosten einer PIA oft nicht stemmen. Synergieeffekte im Marketing kommen hinzu.
Start in den Live-Betrieb: Faktoren für den Erfolg
Impleco unterstützt jede Genossenschaftsbank, die PIA nutzt, mit einem Einführungspaket. Dazu gehören die technische Einbindung und Inbetriebnahme der Plattform sowie Basis-Vermarktungsmaterialien und Workshops. „Es reicht nicht aus, PIA in den Live-Betrieb zu nehmen und dann abzuwarten. Das fliegt nicht von alleine“, betont Lukas Maiwald, Chief Sales Officer bei Impleco. Das bestätigt David Unrein, Vertriebsdirektor Wohnbau/Gewerbekunden bei der VR-Bank Rottal-Inn: „Mit ,Wohnen in Niederbayern‘ stellen wir eine Verbindung zwischen der Erstinformation in der Online-Welt und dem Abschluss in der stationären Beratung her. Das funktioniert aber nur mit einer entsprechenden Vertriebsstrategie, Schulungen der Mitarbeiter und hausinternen wie externen Marketingmaßnahmen.“
Im niederbayerischen Gemeinschaftsprojekt sind daher alle Beteiligten seit Projektstart im Jahr 2023 in einem engen und stetigen Austausch. Zwei Präsenz-Workshops und zweiwöchentliche Meetings halfen zunächst dabei, eine umfassende Marketing- und Vertriebsstrategie zu entwickeln, in der auch Name und Logo der Plattform festgeschrieben wurden. Für die digitale Vermarktung wird zukünftig die VR-Networld verantwortlich zeichnen. Sie setzte sich im Pitch der Marketing-Agenturen durch, zu dem die sieben Häuser aufgerufen hatten. „In der Einführungsphase war und ist für uns aber die Kommunikation mit den eigenen Mitarbeitenden der wichtigste Baustein“, betont David Unrein von der VR-Bank Rottal-Inn. Bankübergreifende Webinare, die von Impleco zur Schulung angeboten wurden, waren daher bei der VR-Bank Rottal-Inn nur eine Maßnahme unter vielen. Unrein selbst machte sich als interner Botschafter für die Plattform auf den Weg und besuchte alle Regionalbereiche. „Außerdem geben wir regelmäßige Video-Updates mit allgemeinen Informationen rund um ,Wohnen in Niederbayern‘ und stellen Video-Tutorials zur Verfügung“, berichtet der Vertriebsdirektor Wohnbau/Gewerbekunden bei der VR-Bank Rottal-Inn.
Weitere Mitstreiter gesucht
Der Grundstein in Niederbayern ist gelegt. In den kommenden Monaten sollen die Aktivitäten auf der Plattform sukzessive hochgefahren werden. Neben dem Start umfassender Vermarktungskampagnen, etwa für die Immobilien-Schnellbewertung, sollen weitere Immobilienmakler und Dienstleister angebunden und Serviceangebote entwickelt werden. „Wir würden uns freuen, wenn sich noch weitere Banken aus der Region anschließen und mit uns den Ausbau von ,Wohnen in Niederbayern‘ vorantreiben“, sagt Albert Griebl.
Webinar zu PIA
Die Impleco und der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) bieten am Mittwoch, 3. Juli 2024, gemeinsam ein Webinar für interessierte GVB-Mitgliedsbanken an. Angesprochen sind auch VR-Banken, die PIA bereits nutzen. Neben allgemeinen Informationen werden in dem Webinar die Faktoren für den erfolgreichen Betrieb und die Vermarktung von PIA im Mittelpunkt stehen. Weitere Informationen finden GVB-Mitgliedsbanken im MuV-Manager. Dort findet sich auch ein Link zur Anmeldung.
Auch Banken in Schleswig-Holstein teilen sich Portal
Mittlerweile ist bereits die nächste Gemeinschaftsplattform rund um die Immobilie an den Start gegangen – vier Genossenschaftsbanken in Schleswig-Holstein betreiben gemeinsam „VR Wohnraum“. Darunter sind insbesondere auch kleine Banken, die sich die Kosten und den personellen Aufwand des Betriebs der Plattform teilen. „Wir führen bereits weitere Gespräche und hoffen, dass diese Initiativen Nachahmer finden und wir viele Banken dabei begleiten dürfen, digitale Ökosysteme in ihrer Region aufzubauen und sich als Experten rund ums Bauen und Wohnen bei Kunden unverzichtbar zu machen“, sagt Franziska Kurz von Impleco. Letztlich käme das auch dem zweiten Ankerprodukt von Impleco zugute: der nationalen Plattform „Wohnglück.de“. Sie verzeichnet bereits rund 800.000 Besucherinnen und Besucher pro Monat und soll bis 2028 zu den TOP 3 Immobilienportalen in Deutschland gehören.
Herzstück von Wohnglück.de ist die Immobiliensuche und die füllt sich maßgeblich auch aus den Immobilienangeboten und -gesuchen der regionalen PIAs, deren Inhalte so zugleich bundesweit ausgesteuert werden. „Alle regionalen Plattformen sind über Wohnglück.de miteinander verknüpft. Aus der regionalen Stärke speist sich somit unsere nationale Schlagkraft, auch im digitalen Raum“, betont Kurz.
Zum Gastautor: Stefan Speicher ist Manager im Bereich Kommunikation der Bausparkasse Schwäbisch Hall.