Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

    Anzeige

Anzeige

Aktuell betreiben die Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern circa 3.000 Geldautomaten und gewährleisten damit eine zuverlässige Bargeldversorgung vor Ort. Um dies auch in Zukunft zu ermöglichen, haben die Genossenschaftsbanken in Bayern erheblich in Sicherungssysteme investiert und tun dies auch weiterhin. Dennoch bleibt die Zahl der Sprengungen hoch. Findet kein Umdenken in der Prävention statt, wird die Aufrechterhaltung der Bargeldversorgung auf eine harte Probe gestellt.

Geldautomatensprengungen haben trotz der Präventionsmaßnahmen von Banken weiterhin eine hohe Dynamik. Während es 2021 zu 17 Sprengungen in Bayern kam, waren es 2022 bereits 37. Der Rückgang im Jahr 2023 auf 21 weckte die Hoffnung, dass es zu einer Trendumkehr gekommen war. Dass die Gefahr leider nicht gebannt ist, zeigt die Statistik vom Jahresanfang bis Mitte März. In diesem Zeitraum kam es bereits zu 10 Geldautomatensprengungen in Bayern. Bisher setzen Politik und Behörden auf die Prävention durch Banken. Verlängerte Schließzeiten, Färbesysteme und Vernebelungssysteme kommen dabei häufig zum Einsatz. Die Strategie: Sprengungen sollen sich nicht mehr lohnen! Ein Ansatz, der auf den Lerneffekt der Täter baut und ihnen somit die Handlungsautorität überlässt. Ein Ansatz, der zunehmend gefährlich wird. Denn die eingesetzte Sprengkraft nimmt zu, Täter weichen auch auf eng bebaute Gebiete aus. Damit ist es nur eine Frage der Zeit, bis bei den Sprengungen auch Menschen zu Schaden kommen.

Aus den Erfahrungen in den Niederlanden lernen und Abbau verhindern

Wenn Politik und Behörden die Prävention weiterhin fast ausschließlich bei den Banken sehen, bleibt einzig sichere Weg der Prävention: Der Abbau von Automaten. So wie es in den Niederlanden auch der Fall war. Von dort kamen die Banden ursprünglich. Die Zahl der der Automaten ist dort von fast 6.000 im Jahr 2018 auf 836 im Jahr 2021 gesunken, ein Rückgang um 86 Prozent. Das veranlasste die Banden weiter nach Deutschland zu ziehen. Das Bargeld ist damit in den Niederlanden aber auch fast komplett aus dem Alltag verschwunden. Ein Szenario, dass man sich in Deutschland kaum vorstellen kann. Soll dieses Szenario verhindert werden, ist ein Zusammenspiel aus Bankprävention und intensiver Strafverfolgung der einzige Weg.

Schließungen nur in der Nacht möglich

Als ein probates Mittel gilt Filialen und SB-Bereiche zumindest währen der Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr zu verschließen. Das Überwinden dieser einfachen Maßnahme kostet die Täter zu viel Zeit. Gerade im letzten Winter waren Sprengungen auch bereits in den Abendstunden vorgekommen. Veranlassen die Schließzeiten die Täter dazu, früher am Abend zuzuschlagen, erhöht dies das Risiko, dass beispielsweise Passanten Opfer der Sprengung werden.  Eine Ausweitung der Schließzeiten ist deshalb keine Option. Auch darf nicht unerwähnt bleiben, dass Vorräume von Banken und SB-Bereiche in den kalten Wintermonaten auch als Zufluchtsorte genutzt werden. Diese Schutzfunktion fällt mit dieser Maßnahme weg.

Nebelsysteme haben bauliche Einschränkungen

Die niederschwellige Maßnahme der Schließung wird mit technologisch fortgeschrittenen und äußerst teuren Maßnahmen durch unsere VR-Banken ergänzt. In Kombination mit einer abschließbaren Bebauung werden in Kombination mit Färbesystemen häufig zusätzlich Nebelsysteme eingebaut. Diese haben gegenüber der Färbung den Vorteil, dass sie schon vor der Sprengung wirken und diese somit verhindern, sobald die Täter versuchen sich unerlaubten Zugang zu verschaffen. Nebelsysteme sind aber aus baulichen Gründen nicht überall einsatzfähig. Auch deshalb hat sich bisher das Färbesystem als Mittel der Wahl durchgesetzt.

Banken investieren Hunderte Millionen Euro in Sicherheit – Täter passen sich an

Bundesweit haben Banken Stand November 2023 300 Mio. € in 40.000 Präventionsmaßnahmen investiert. Das zeigt, dass die Banken aktiv im Kampf gegen Sprengungen vorgehen und viel für die Sicherung ihrer Automaten tun.  Die Umrüstung dauert aber und hängt auch von der Verfügbarkeit der Systeme ab.

Angesichts der gewaltigen Sachschäden durch die immer stärkeren Explosionen und die akute Gefahr für Menschenleben ist ein Warten auf das Wirksamwerden der Sicherungssysteme nicht ausreichend. Ergänzt werden müssen diese durch einen verstärkten Fahndungsdruck der Behörden. Denn bereits jetzt wird deutlich, dass sich die Täter anpassen und neue Ziele suchen. Sie wagen sich an riskantere Standorte und überfallen inzwischen sogar Geldtransporter. Sicherungssysteme tragen ohne Fahndungserfolge also nur zu einer Verlagerung des Tatgeschehens bei.

Färbesysteme sind etabliert und sinnvoll – Klebesysteme nicht

In der Diskussion um Geldautomatensprengungen reicht es deshalb nicht immer wieder auf die Sicherungsmaßnahmen der Banken zu zeigen und neue Systeme, etwa Kleber, zu fordern. Klebesysteme haben von der zuständigen Zertifizierungsstelle eine klare Absage bekommen, da sie als untauglich gelten. Zudem setzen Färbe- und Klebesysteme beim selben Mechanismus an, also das unbrauchbar machen der Beute. Wenn dies mit Färbesystemen nicht gelingt, kann auch ein Klebesystem den erhofften Abschreckungseffekt nicht bringen. Die Ansicht, dass Sprenger-Banden sich von Sicherungssystemen abhalten lassen, hat sich bisher nicht im erhofften Maße bestätigt. Der Verfolgungsdruck muss wachsen.

Angesichts der hohen Kosten stellt sich die Frage, wie lange die Volks- und Raiffeisenbanken Geldautomaten im ländlichen Raum noch im gewohnten Umfang betreiben können.

Sprengerbanden sind Gefahr für die öffentliche Sicherheit

Möchte die Politik verhindern, dass immer mehr Geldautomaten abgebaut werden, muss der Verfolgungsdruck im Bereich der Automatensprengerbanden deutlich erhöht werden. Die Sprengungen sind nicht nur Diebstahl und Sachbeschädigungsdelikte. Es handelt sich um Kapitalverbrechen, die von den Strafverfolgungsbehörden entsprechend verfolgt werden sollten.

Es ist hierzulande unvorstellbar, dass sich die eingesetzten Sprengstoffmengen in den Händen extremistischer Vereinigungen befänden, die damit Terroranschläge verüben könnten. Bei solchen Gruppierungen schlägt der Staat zurecht mit der ganzen Macht des Rechtstaats zu. Gleiche Aufmerksamkeit gilt den Sprengerbanden. Sie stellen eine elementare Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.

Statt also auf die Tätereinsicht zu bauen und die Prävention den Banken zu überlassen, muss der Staat die Sicherungsmaßnahmen durch einen hohen Verfolgungsdruck ergänzen. Nur wenn Banken, Politik und Behörden weiterhin gemeinsam mit Nachdruck das Problem angehen, kann ein großflächiger Abbau der Geldautomaten verhindert und die Bargeldversorgung gewährleistet werden.


Gregor Scheller ist Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB).

Artikel lesen
Positionen