GVB-Jahresbericht: Wie die Genossenschaften gemeinsam mit dem GVB ein herausforderndes Jahr gemeistert haben.
Um diese Themen geht es
- Zinswende: „Der Kurswechsel der EZB ist an den VR-Banken nicht spurlos vorbeigegangen.“
- Nachhaltigkeit: „Wir helfen den Genossenschaften, den Transformationsprozess zu strukturieren und voranzutreiben.“
- Energiekrise: „Die Energiekosten müssen dringend wieder auf ein akzeptables Niveau sinken, vor allem im Vergleich zu anderen Ländern.“
- Auslagerungen: „Dienstleistungen in einer zukunftsfähigen Organisationsstruktur bündeln und bedarfsgerecht weiterentwickeln.“
- Grundsteuerreform: „Es gab einen hohen Unterstützungsbedarf.“
- Zustimmungserklärung: „Rechtzeitig planen und überlegen, welche Kunden wie angesprochen werden sollen.“
Zinswende: „Der Kurswechsel der EZB ist an den VR-Banken nicht spurlos vorbeigegangen.“
Alexander Leißl, Leiter des Bereichs Prüfung Banken beim Genossenschaftsverband Bayern, ...
... und Robert Bruckmann, Referent für Banksteuerung beim Genossenschaftsverband Bayern, berichten darüber, wie der GVB seine Mitgliedsbanken bei der Zinswende unterstützt hat.
1. Herr Dr. Leißl, Herr Bruckmann, die Europäische Zentralbank (EZB) hat im vergangenen Jahr die Zinswende vollzogen. Welche Auswirkungen hatte das auf die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken?
Alexander Leißl: Rund zehn Jahre gab es eine historische Niedrigzinsphase mit Nullzins oder sogar negativem Zinsniveau. Innerhalb von wenigen Monaten hat sich die Situation komplett gedreht. Dieser Kurswechsel der EZB ist an den VR-Banken nicht spurlos vorbeigegangen. Problematisch waren neben dem enormen Tempo des Zinsanstiegs insbesondere die weiteren Stressfaktoren jenseits der Zinswende. Zu nennen sind beispielsweise die steigenden Eigenkapitalanforderungen sowie die Umstellung von einer normativen auf eine parallel gleichwertige barwertige Steuerung. Kurzfristig mussten die VR-Banken vor allem in Hinblick auf den Jahresabschluss 2022 reagieren. Denn angesichts der stark gesunkenen Wertpapier-Kurse mussten die Institute hohe zinsanstiegsbedingte Abschreibungen auf diese vornehmen. Langfristig bietet die Zinswende Chancen für die Banken, da sie ihr klassisches Geschäftsmodell, das jahrelang quasi außer Kraft gesetzt war, wieder ausüben können.
2. Mit welchen Leistungen hat der GVB seinen Mitgliedern geholfen?
Leißl: Der Verband hat die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken dabei unterstützt, die Zinswende zu managen, dabei Bewertungsspielräume auszunutzen, die eigene Strategie zu hinterfragen und sich gegebenenfalls neu zu positionieren. Erste Anlaufstelle war die Themenseite zum Zinsanstieg im GVB-Mitgliederportal, die wir fortlaufend aktualisiert haben. Sehr beliebt waren auch Live-Streams und Webinare, bei denen wir insbesondere über die Herausforderungen in der Banksteuerung, der Bilanzierung und im Aufsichtsrecht gesprochen haben. Es hat sich gelohnt, dabei auf ein Dialogformat zu setzen. So konnten wir Fragen direkt oder im Nachgang beantworten. Vom GVB selbst entwickelte Hilfsdateien auf Excel-Basis haben dabei geholfen, die Herausforderungen rund um den Zinsanstieg zu bewältigen beziehungsweise abzufedern. Das umfasst auch regulatorische Themen wie beispielsweise das Thema Verwaltungskostenbarwert im Hinblick auf die Anforderungen des Prüfungsstandards BFA 3 (Verlustfreie Bewertung des Zinsbuchs) des Instituts der Wirtschaftsprüfer.
3. Gab es auch Hilfe in Bezug auf den Jahresabschluss 2022?
Leißl: Im November haben wir den Mitgliedsbanken ein umfassendes Rundschreiben mit Handlungsoptionen für den Jahresabschluss 2022 und deren Wechselwirkung auf Bereiche wie Handelsrecht, Steuerrecht, Aufsichtsrecht oder Gesamtbanksteuerung aufgezeigt. An dem Dokument haben alle betroffenen Bereiche des Verbands zusammengearbeitet, um den Mitgliedern die Informationen gebündelt zur Verfügung zu stellen. Die Handlungsoptionen hatten teilweise erhebliche Auswirkungen auf die Banken. Deshalb haben wir allen Instituten eine Einzelberatung sowie runde Tische in Präsenz oder als Webmeeting angeboten.
4. Welche neuen Leistungen beziehungsweise welche Weiterentwicklungen bestehender Leistungen bietet der Verband zur Zinswende?
Robert Bruckmann: Das Thema brennt den Mitgliedsbanken weiter auf den Nägeln. Das spüren wir. Da es keine Lösung nach dem Motto „one fits all“ bei diesem komplexen Thema gibt, erstrecken sich unsere Unterstützungsleistungen auf unterschiedliche Schwerpunkte. Eine neu ins Leben gerufene Projektgruppe entwirft eine Mustervorlage zur Erstellung einer Produktstrategie. Unser Parametercheck widmet sich insbesondere den Herausforderungen einer angemessenen Kalkulation von Volumenumschichtungen. Und in Erfahrungsaustauschgruppen informieren wir brandaktuell über Trends der Banksteuerung. Dabei werden unter anderem aufsichtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte einer Mustergeschäftskalkulation behandelt. Alle Weiterentwicklungen und Empfehlungen finden in einem engen Austausch mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken statt.
5. Sie hatten bereits eine weitere Herausforderung angesprochen: Die Umstellung auf die barwertige Steuerung. Worum geht es und was bietet der Verband dazu an?
Bruckmann: Bereits 2018 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen Risikotragfähigkeitsleitfaden veröffentlicht. Demnach müssen Banken neben der GuV-orientierten Steuerung eine barwertige Risikotragfähigkeit umsetzen, die auf der Berechnung des Reinvermögens und der wesentlichen Risiken basiert. Das ist ein Paradigmenwechsel in der Gesamtbanksteuerung, da wertorientierte Ansätze bislang anderen Bankengruppen vorbehalten waren. Der GVB hat seine Mitgliedsinstitute bei der Umsetzung der Vorschriften vor allem mit Schulungen sowie einer intensiven Betreuung bei telefonischen und schriftlichen Anfragen unterstützt. Auf Wunsch konnten die Schulungen auch vor Ort unter Berücksichtigung der bankindividuellen Parameter durchgeführt werden. Ein beachtlicher Anteil der Volksbanken und Raiffeisenbanken hat das Angebot in Anspruch genommen. Auch weiterhin stehen wir für Rückfragen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Herr Dr. Leißl, Herr Bruckmann, vielen Dank für das Gespräch!
Nachhaltigkeit: „Wir helfen den Genossenschaften, den Transformationsprozess zu strukturieren und voranzutreiben.“
Sabrina Wolf, Referentin in der Abteilung Grundsatz Prüfung Banken und Leiterin des Projekts Nachhaltigkeit beim Genossenschaftsverband Bayern, ...
... und Bahar Ucar, Senior Consultant / Beraterin in der Abteilung Betreuung Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften beim Genossenschaftsverband Bayern, berichten darüber, wie der GVB seine Mitglieder beim Thema Nachhaltigkeit begleitet hat.
1. Frau Wolf, Frau Ucar, Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema für die bayerischen Genossenschaften. Wie ist der GVB aufgestellt, um seine Mitglieder dabei zu unterstützen?
Sabrina Wolf: Anfang 2021 hat der Verband ein interdisziplinäres Team ins Leben gerufen, um beim Thema Nachhaltigkeit umfassend zu unterstützen. Mit dabei sind Kolleginnen und Kollegen aus allen relevanten Bereichen wie Grundsatz Prüfung, Beratung Banken, Grundsatz Aufsichtsrecht oder Marketing. Schnittstellen gibt es zudem zur Akademie Bayerischer Genossenschaften (ABG). Seitdem haben wir zahlreiche Workshops, Seminare oder Webinare entwickelt und umgesetzt.
Bahar Ucar: Neben den Banken unterstützen wir auch die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Bisher sind zwar nur eine Handvoll unserer Mitglieder von der Pflicht betroffen, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Doch es ist bereits absehbar, dass der Gesetzgeber die Anforderungen verschärfen wird. Deshalb haben wir Expertise aufgebaut und empfehlen den Genossenschaften, sich bereits jetzt aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
2. Wie hat der Verband die Volksbanken und Raiffeisenbanken im vergangenen Jahr auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit konkret begleitet?
Wolf: Ein sehr beliebtes Angebot sind unsere verschiedenen Workshops. Stellvertretend lässt sich insbesondere der Positionierungsworkshop Nachhaltigkeit hervorheben. Durch die Veranstaltung können Banken ein einheitliches Verständnis für das Thema schaffen, ein bankindividuelles Zielbild definieren sowie Maßnahmen erarbeiten, um den Transformationsprozess zu strukturieren und voranzutreiben. Außerdem hat der GVB im vergangenen Jahr zahlreiche Webinare organisiert, um die VR-Banken zu neuen Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit zu informieren. Ein Beispiel ist die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage. Seit 2. August 2022 müssen Anlageberater ihre Kunden fragen, wie wichtig ihnen Nachhaltigkeit bei der Geldanlage ist. Wir haben in einem entsprechenden Webinar gezeigt, was zu beachten ist und wie sich die Abfrage in den Beratungsprozess integrieren lässt. Ein weiteres zentrales Instrument, welches wir auch 2022 laufend aktualisiert haben, ist die Leistungsübersicht Nachhaltigkeit. Diese zeigt, welche Angebote vor allem die genossenschaftliche FinanzGruppe rund um das Thema bietet. Das Dokument steht mittlerweile in der Version 8.0 zur Verfügung.
3. Welche Leistungen stehen 2023 im Fokus?
Wolf: Einerseits möchten wir die bewährten Angebote weiterführen. Andererseits gibt es zahlreiche neue Leistungen. Bereits im März 2023 haben wir erstmals ein Nachhaltigkeitsforum organisiert, im Mittelpunkt standen vor allem Praxisberichte von VR-Banken. Auch in den kommenden Monaten stellen wir den Instituten zahlreiche Angebote zur Verfügung. Einige Beispiele:
- Firmenkunden: Immer mehr kleine und mittlere Firmen möchten sich nachhaltiger aufstellen. Wir zeigen, wie Banken sie dabei unterstützen können.
- MaRisk: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) möchte im Laufe des zweiten Quartals 2023 die siebte Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) veröffentlichen. Wir werden im Anschluss die Banken informieren, was sich ändert und was das für ihre Strategie bedeutet.
- Wir bringen uns in das BVR-Projekt „Handlungsprogramm Nachhaltigkeit“ ein und begleiten die Volksbanken und Raiffeisenbanken bei der Umsetzung.
- Wir beteiligen uns an der Entwicklung des VR-ESG-RisikoScoring, dem Klassifizierungsverfahren für Nachhaltigkeitsrisiken im Kundenkreditgeschäft, durch die Atruvia-Tochter parcIT. Außerdem unterstützen wir bei der Umsetzung innerhalb der Banken.
- Bereits heute beschäftigen einige bayerische Genossenschaftsbanken über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist die Schwelle, ab der ein Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht werden muss. Perspektivisch wird diese Pflicht auch auf kleinere Banken ausgeweitet werden. Wir begleiten die betroffenen Banken und zeigen ihnen, worauf es bei dem Bericht ankommt. Auch Banken, die derzeit noch nicht unter die Berichtspflicht fallen, können sich an uns wenden. Zudem unterstützen wir den Aufsichtsrat der Institute auf Wunsch dabei, die Berichte zu prüfen.
4. Welche Angebote stellt der GVB speziell für die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften zur Verfügung?
Ucar: Wir haben mehrere Leistungen entwickelt, mit denen wir Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften auf dem Weg zum nachhaltigen Unternehmen begleiten. Beispielsweise organisieren wir monatlich ein 90-minütiges Webinar. So kann sich jedes Mitglied einen Überblick in die Grundlagen der Nachhaltigkeit verschaffen. Ein weiteres Angebot ist der Nachhaltigkeitskompass, ein Online-Tool. Genossenschaften können dort ihre Aktivitäten in allen relevanten Themenfeldern einordnen. Wir werten die Antworten aus und geben den Genossenschaften eine Einschätzung und Handlungsempfehlungen. Außerdem führen wir Workshops durch, bei dem wir gemeinsam mit den Führungskräften den Status quo analysieren, Maßnahmen ableiten und eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln. Weitere Leistungen: Wir bieten einen Nachhaltigkeitscheck an, unterstützen bei der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts oder führen Energieaudits durch. Gerade die Energieaudits sind eine tolle Möglichkeit, um langfristig den Energieverbrauch zu senken.
5. Was für Praxis-Tipps haben Sie für die Genossenschaften, um künftig noch nachhaltiger zu handeln?
Wolf: Am sinnvollsten ist es, zu Beginn eine Bestandsaufnahme zu machen. Banken sollten sich dabei vor allem zwei Fragen stellen: Wo stehen sie? Und welche Schritte wollen sie als nächstes umsetzen? Wir als Genossenschaftsverband Bayern unterstützen sie gerne dabei sowie auf dem weiteren Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Ein zusätzlicher Tipp: Es ist sehr sinnvoll, eine Person zu bestimmen, die den Hut aufhat. Das kann in kleineren Häusern auch einer der Vorstände sein. Anschließend kann dann ein Team aufgebaut werden, das das Thema Nachhaltigkeit in alle Bereiche der Bank trägt.
Ucar: Meine Empfehlung an die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften: Einfach anfangen. Es braucht zunächst kein umfassendes Konzept, wichtig ist, Bewusstsein zu schaffen und erste Maßnahmen einzuleiten. Zum Beispiel: Ein Energieaudit durchführen lassen, um Stromfresser zu identifizieren. Oder das Deutschlandticket einführen, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umweltschonend zur Arbeit fahren können. Dazu passend hat der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) Empfehlungen für 13 sogenannte Quick Wins zur Nachhaltigkeit herausgegeben, also Maßnahmen, die Genossenschaften ohne großen Aufwand umsetzen können. Das ist eine gute Möglichkeit, um den Stein ins Rollen zu bringen. Zudem empfehle ich dringend, sich mit dem Thema „Nachhaltigkeitsbericht“ auseinanderzusetzen. Wie bereits erwähnt, wird der Gesetzgeber die Anforderungen dazu verschärfen. Lieber sollten sich Genossenschaft bereits jetzt um darum kümmern als kurzfristig auf die letzte Sekunde.
Frau Wolf, Frau Ucar, vielen Dank für das Gespräch!
Energiekrise: „Die Energiekosten müssen dringend wieder auf ein akzeptables Niveau sinken, vor allem im Vergleich zu anderen Ländern.“
Ludwig Huber, Leiter der Abteilung Betreuung Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften beim Genossenschaftsverband Bayern, ...
... und Daniel Caspari, Senior Berater in der Abteilung Betreuung Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften bei Genossenschaftsverband Bayern, erzählen, wie der GVB in Zeiten der Energiekrise unterstützt hat und auch weiterhin begleitet.
1. Herr Huber, Herr Caspari, im Herbst 2022 gab es große Sorge darüber, ob Deutschland im Winter sicher mit Energie versorgt werden würde. Welche bayerischen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften hätten Stromausfälle oder Engpässe bei der Gasversorgung vor besondere Probleme gestellt?
Ludwig Huber: Ein Gasmangel hätte vor allem die Unternehmen aus der Ernährungs- und Lebensmittelbranche getroffen und darunter insbesondere die Molkereigenossenschaften. Denn die Herstellung von Milch, Butter, Käse und Co. ist energieintensiv und kann zudem nicht aufgeschoben werden. Das bedeutet: Wenn die Milchwerke nicht mehr produzieren können, dann können sie spätestens ab dem übernächsten Tag nicht mehr die Milch von den Bauernhöfen abholen. Sie müssten die Landwirte also auffordern, ihre Milch wegzuschütten. Bei den Schlachtereien ist es nicht ganz so dramatisch, weil die Tiere länger auf den Höfen bleiben können. Aber auch dort wäre die Versorgung nicht mehr sichergestellt. Die Bäckereien hätten Engpässe ebenfalls nicht wegstecken können. Herausforderungen anderer Art hatten die Getränkehersteller und Brauereien zu bewältigen. Ihnen fehlte Kohlensäure. Das Gas ist eine Zutat bei der Produktion von Limonade oder Wasser, zudem wird es benötigt, um Bier abzufüllen. Ursache für die Kohlensäure-Knappheit waren die gestiegenen Gaspreise. Viele Düngemittelhersteller, bei denen Kohlesäure als Nebenprodukt anfällt, hatten ihre Produktion gedrosselt.
2. Wie hat sich der GVB eingesetzt, um beispielsweise die Politik auf die Schwierigkeiten hinzuweisen?
Huber: Zunächst ging es darum, die Situation richtig einschätzen zu können. Also standen wir in noch engerem Austausch als üblich mit unseren Mitgliedern. Unsere Kernfragen: Wo drückt der Schuh und was würde helfen? Anschließend haben wir uns eingesetzt, um die entscheidenden Stellen auf die Anliegen der Genossenschaften aufmerksam zu machen. Beispielsweise haben wir an zahlreichen vom Landwirtschaftsministerium und vom Wirtschaftsministerium initiierten Sitzungen teilgenommen. Dort haben wir mit den Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verbänden und Unternehmen darüber gesprochen, wie die beste Lösung für die Probleme aussehen könnte. Ein zentrales Ansinnen war, die Molkereien als kritische Infrastruktur einzustufen. Sehr wichtig war in diesem Zusammenhang auch die Öffentlichkeitsarbeit. Der Redaktion der „Tagesschau" haben wir über milch.bayern, dem Zusammenschluss der bayerischen Milch- und Molkereibranche, den Kontakt zu Bernhard Pointner vermittelt, dem Geschäftsführer der Molkerei Berchtesgadener Land. So konnte er auf prominenter Bühne für die Anliegen der Branche werben und die Öffentlichkeit über die Folgen eines Engpasses bei der Gasversorgung für die Molkereien sensibilisieren. Anschließend haben weitere TV-Sender sowie mehrere Zeitungen und Zeitschriften das Thema aufgegriffen.
3. Nach der Einschätzung von Fachleuten ist die Gefahr nicht gebannt, sondern es könnte auch in den kommenden beiden Wintern zu Problemen bei der Energieversorgung kommen. Was muss jetzt getan werden, damit die Unternehmen sicher durch die kalte Jahreszeit kommen?
Huber: Die Kernforderung der bayerischen Genossenschaften und des GVB ist eindeutig: Es darf nicht zu Ausfällen oder Einschränkungen bei der Energieversorgung kommen. Die Unternehmen brauchen Verlässlichkeit, um produzieren zu können. Die Politik hat wiederholt betont, dass die Energieversorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet ist. An dieser Aussage muss sie sich messen lassen.
Daniel Caspari: In diesem Zusammenhang braucht es dringend mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Die bayerischen Energiegenossenschaften können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Doch in der Praxis werden sie häufig durch ausufernde Bürokratie und zähe Genehmigungsverfahren ausgebremst. Das haben der GVB und die Energiegenossenschaften zuletzt beim Tag der bayerischen Energiegenossenschaften deutlich gemacht. Zwei Punkte möchte ich besonders hervorheben: Erstens müssen aufgrund des steigenden Strombedarfs und des Ausbaus der erneuerbaren Energien die Verteilnetze mit hoher Priorität ausgebaut werden. Dabei dürfen die Kosten und Risiken aber nicht einseitig auf den ländlichen Raum abgewälzt werden. Auf dem Land gibt es nämlich einen überproportionalen Investitionsbedarf, da durch den Zubau der größten Erzeugungskapazitäten die Netze dort deutlich stärker beansprucht werden. Dies führt dort zu höheren Netzentgelten. Zweitens darf bei der Vergabe zum Beispiel für Flächen der Bayerischen Staatsforsten oder für Dächer öffentlicher Gebäude nicht nur der Höchstpreis als Kriterium berücksichtigt werden. Echte Bürgerbeteiligung muss endlich explizit bei der Flächenvergabe als ausschlaggebendes Kriterium eingeführt werden.
4. Auch die Energiepreise sind im vergangenen Jahr stark gestiegen. Welche Folgen hat das für die Genossenschaften?
Huber: Das ist ein wichtiger Punkt. Die Genossenschaften kämpfen genauso wie alle anderen Unternehmen mit den stark gestiegenen Kosten für Strom und Gas. Das unternehmerische Risiko ist deutlich gestiegen, da sich viele der Betriebe in einem weltweiten oder zumindest europaweiten Wettbewerb behaupten müssen. Wenn nun die Preise auf einem hohen Niveau verharren, beeinträchtigt das die Wettbewerbsfähigkeit massiv. Die Energiekosten müssen dringend wieder auf ein akzeptables Niveau sinken, vor allem im Vergleich zu anderen Ländern.
Caspari: Wegen der hohen Energiepreise machen sich die Genossenschaften verstärkt Gedanken darüber, wie sie ihre eigene Energieversorgung umbauen können. Im Idealfall werden hierzu mögliche Energieeffizienzmaßnahmen geprüft und wirtschaftlich sinnvolle Vorhaben kontinuierlich umgesetzt. Der reduzierte Energieverbrauch kann dann teilweise durch Eigenerzeugung gedeckt werden, beispielsweise durch eigene PV-Anlagen oder Biogas-Blockheizkraftwerke. Wie der verbleibende Energiebedarf dann gedeckt werden kann, hängt stark von den örtlichen Gegebenheiten und Angeboten ab. Bei den Preisentwicklungen im letzten Jahr hat sich allerdings klar gezeigt, dass die bereits vorhandenen erneuerbaren Energien den Strompreis stark gesenkt haben. Der GVB unterstützt seine Mitglieder beispielsweise mit:
- einer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geförderten Energieberatung,
- mit der Durchführung von Energieaudits nach dem Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G),
- bei der Einführung beziehungsweise Umsetzung eines Energiemanagementsystems nach der Norm ISO 50001 inklusive Audits,
- bei der Planung eigener Energieerzeugungsanlagen mit der Prüfung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder Stromlieferverträgen (PPA).
Der Verband empfiehlt allen Genossenschaften, sich intensiv mit dem Thema Energieeffizienz auseinanderzusetzen. Das Thema wird weiter an Bedeutung gewinnen, da im Mobilitäts- und Gebäudebereich perspektivisch deutlich mehr Strom verbraucht werden – Stichworte E-Autos und Wärmepumpen.
5. Welchen Beitrag können die Energiegenossenschaften in diesem Spannungsfeld leisten?
Caspari: Die bayerischen Energiegenossenschaften leisten einen wesentlichen Beitrag zur dezentralen und nachhaltigen Energieversorgung des Freistaats. Beispielsweise, indem sie die Menschen mit Strom oder Wärme versorgen oder Energie aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse beziehungsweise Biogas erzeugen. Was sie einzigartig macht: Nur Energiegenossenschaften ermöglichen echte, unmittelbare und langfristige Bürgerbeteiligung. Dadurch bleibt die Wertschöpfung in der Region und fließt nicht an anonyme Investoren. Zudem haben die Menschen ein direktes Mitspracherecht. Die Genossenschaft ist dadurch die demokratischste Rechtsform. Uns freut besonders, dass derzeit zahlreiche Energiegenossenschaften gegründet werden, zum Beispiel im Bereich Nahwärme. So machen sich die Menschen unabhängig von der Lieferung von fossilen Brennstoffen aus anderen Ländern. Der GVB unterstützt sie bei der Gründung vollumfänglich.
Herr Huber, Herr Caspari, vielen Dank für das Interview!
Auslagerungen: „Dienstleistungen in einer zukunftsfähigen Organisationsstruktur bündeln und bedarfsgerecht weiterentwickeln.“
Thomas Goldbrunner, Geschäftsführer der GCS – Geno Corporate Services GmbH, erklärt, warum der Verband ein Tochterunternehmen gegründet hat und welche Leistungen es anbietet.
1. Herr Goldbrunner, Anfang des Jahres hat die GCS – Geno Corporate Services GmbH, eine hundertprozentige Tochter des GVB, ihren Betrieb aufgenommen. Welche Leistungen bietet das Unternehmen an?
Thomas Goldbrunner: Die GCS bietet Dienstleistungen und IT-Services zu verschiedenen Themen an. Wir unterstützen beispielsweise in folgenden Bereichen: Informationssicherheit, Datenschutz, Innenrevision, Notfallmanagement, Arbeitssicherheit und Auslagerungsmanagement. Zudem helfen wir bei operativen Themen wie der IT-Administration und bieten Schulungen sowie Beratungsleistungen. Auch technische Lösungen stellen wir zur Verfügung, etwa für das sogenannte Hosting - dem Bereitstellen von Speicherplatz. Als hundertprozentige Tochter des GVB ist die GCS fest im Genossenschaftswesen verwurzelt. Aber auch außerhalb des genossenschaftlichen Lagers vertrauen viele Unternehmen auf unsere Dienstleistungen.
2. Was für Gründe waren ausschlaggebend, eine eigene Gesellschaft zu gründen?
Goldbrunner: Mit der GCS können wir die bereits erwähnten Dienstleistungen in einer zukunftsfähigen Organisationsstruktur bündeln und bedarfsgerecht weiterentwickeln. So unterstützen wir die Mandanten bestmöglich. Und die GTB – Genossenschafts-Treuhand Bayern GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die zuvor viele der Tätigkeiten übernommen hat, kann sich zukünftig wieder auf die originären Tätigkeitsfelder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wie Jahresabschlussprüfungen konzentrieren.
3. Wie profitieren Unternehmen und Genossenschaften, wenn sie Leistungen an die GCS auslagern?
Goldbrunner: In Zeiten der Digitalisierung und steigender regulatorischer Anforderungen wird es für einzelne Unternehmen immer schwieriger, Leistungen jenseits des Kerngeschäfts abzubilden. Die GCS unterstützt sie dabei vollumfänglich – mit Herzblut, individuell und lösungsorientiert. So erhalten die Mandanten die fachliche Expertise auf den Gebieten, die sie benötigen. Das wird auch bei anderen Aspekten wie der Prüfung angerechnet. Außerdem legen wir viel Wert auf eine ganzheitliche Unterstützung der Mandanten. Das beginnt bereits vor Vertragsabschluss, indem wir beispielsweise Muster und Nachweise proaktiv zur Verfügung stellen. So ist eine reibungslose Implementierung der Leistungen möglich.
4. Um Leistungen in Bereichen wie Datenschutz oder Innenrevision anbieten zu können, braucht es viel Fachwissen. Wie ist die GSC personell aufgestellt?
Goldbrunner: Fachliche Expertise auf höchstem Niveau zu bieten ist ein zentraler Anspruch der GCS. Wir greifen auf einen Pool von rund 250 Expertinnen und Experten zu. So ist sichergestellt, dass für jeden Bereich die richtige Person zur Verfügung steht. Außerdem investieren wir viel Geld in die Schulung der Mitarbeiter, damit sie immer auf dem neuesten Wissensstand sind.
5. Welche der GCS-Leistungen sind besonders beliebt und wie viele Mandate konnten sie bisher gewinnen?
Goldbrunner: Es gab einen regelrechten Boom an Anfragen. Besonders beliebt sind derzeit das Beauftragtenwesen in den Bereichen Datenschutz und Informationssicherheit sowie Leistungen zur Innenrevision. Bis Ende März konnten bereits knapp 600 Leistungen neu vereinbart werden. Auch im Bereich des Notfall- und Auslagerungsmanagements überschreiten wir bald die Marke von 100 Mandanten. Besonders freut uns, dass wir mit den meisten Unternehmen Dauermandate vereinbart haben.
Herr Goldbrunner, vielen Dank für das Gespräch!
Grundsteuerreform: „Es gab einen hohen Unterstützungsbedarf.“
Jörn Langhorst, Leiter des Bereichs Steuern und Recht beim Genossenschaftsverband Bayern, schildert am Beispiel des Themas Grundsteuerreform, wie der Bereich die Mitgliedsgenossenschaften begleitet hat.
1. Herr Langhorst, wie viele Kontakte zu den GVB-Mitgliedern hatte der Bereich Steuern und Recht im vergangenen Jahr und welches Thema hat die Genossenschaften besonders umgetrieben?
Jörn Langhorst: Im vergangenen Jahr hatten die Teams aus der Steuer- und Rechtsberatung insgesamt 30.000 Kontakte mit Mitgliedern. Die Bandbreite reichte von kurzen Rechtsfragen über die Steuerberechnung und -deklaration bis hin zu umfangreichen Beratungsleistungen wie zum Beispiel bei Betriebsprüfungen, Unternehmenserwerben, Umstrukturierungen oder Fusionen. Mit zunehmender Größe der Häuser stellen sich neue Fragen, zu denken ist an die Einführung und Umsetzung des Drittelbeteiligungsgesetzes. Auch vor Gericht haben wir Erfolge erzielen können, sei es in individuellen Bankrechtssachen, sei es vor dem Bundesfinanzhof (BFH) und – in Kooperation mit dem BVR – erstmalig auch vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Im Bankrecht beschäftigt uns die Rechtsprechung bei Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und zu langfristigen Sparverträge weiterhin, das Pfändungsschutzkonto ist ein Dauerbrenner und leider kommen immer mehr Phishingfälle hinzu. Zudem konnten wir Musterarbeitsanweisungen und IT-Tools wie zum Beispiel den ZinsCheck 2.0 veröffentlichen. Außerdem sind wir Kooperationen eingegangen, um unseren Mitgliedern Spezialistenleistungen anbieten zu können, zum Beispiel im Energierecht. Darüber hinaus haben wir unsere Expertise in zahlreiche GVB-Vorhaben eingebracht, etwa bei der Gründung der GCS – Geno Corporate Services GmbH, und zahlreiche Fragen der Kollegen aus Prüfung und Beratung beantwortet, etwa bei der Umsetzung der Zustimmungserklärung. Nicht zuletzt haben wir im Verbund in wesentlichen Gremien wie zum Beispiel dem Fachrat Bankrecht, dem Formularausschuss und weiteren Arbeitskreisen unsere Expertise einbringen können.
2. Viele Anfragen gab es auch zum Thema Grundsteuer, oder?
Langhorst: Ja, ein Großteil der Genossenschaften sind Eigentümer von Grundstücken. Insofern hat sie das Thema stark umgetrieben und es gab einen hohen Unterstützungsbedarf. Wie haben wir nun konkret geholfen? Der erste Schritt war ein Artikel in der Ausgabe 1/2022 des Verbandsmagazins „Profil“. Der Beitrag hat bis heute über 250.000 Aufrufe erzielt. Das unterstreicht, dass das Thema die Genossenschaften umtreibt und unsere Qualität auch von Dritten geschätzt wird. Später haben wir einen weiteren Artikel in „Profil“ veröffentlicht sowie auf der GVB-Webseite auf das Thema aufmerksam gemacht. Die eigentliche Arbeit startete dann im Juli. Von da an bis ursprünglich Ende Dezember mussten alle Grund- und Immobilienbesitzer die Grundsteuererklärung beim zuständigen Finanzamt abgeben. Die Frist wurde auf Ende April 2023 verlängert. Wir haben bei allen Genossenschaften, die uns beauftragt haben, die Erklärung erstellt. Die zugehörigen Daten zu erfassen ist für die Unternehmen recht komplex. Um sie zu unterstützen, haben wir eine digitale Schnittstelle eingerichtet. So konnten sie uns die Daten unkompliziert zur Verfügung stellen.
3. Wie geht es jetzt weiter?
Langhorst: Für alle Mitglieder, die uns damit beauftragt haben, haben wir die Grundsteuererklärung fristgerecht eingereicht. Meistens haben wir von den Ämtern bereits den Bescheid über die Grundsteueräquivalenzbeträge sowie den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag erhalten. Diesen haben wir geprüft und – falls nötig – Rechtsmittel eingelegt. Jetzt heißt es abwarten. Denn die eigentlichen Grundsteuerbescheide, in denen festgelegt wird, wie viel Steuer ab 2025 zu zahlen ist, erhalten wir erst später, voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024. Dass wir uns nun monatelang in einem Vakuum befinden, halte ich übrigens für rechtlich bedenklich.
4. Welche Empfehlung haben Sie für die Mitglieder?
Langhorst: Viele Banken haben in den vergangenen Jahren in Immobilien investiert und unterhalten dementsprechend einen größeren Bestand. Wegen der Grundsteuererklärung mussten nun teilweise zahlreiche Daten wie die Grundstücksfläche und steuerliche Qualifikation der Nutzung erhoben werden. Ich empfehle dringend, diese Daten sauber elektronisch zu erfassen und zu pflegen. Denn die nächste Grundsteuererklärung wird kommen. Es ist also sinnvoll, die Daten zur Hand zu haben – auch im Hinblick auf die Steuer-IKS.
5. Damit sprechen Sie ein weiteres Thema an, das viele Genossenschaften beschäftigt: Dass innerbetriebliche Kontrollsystem für Steuern oder kurz Steuer-IKS. Worum geht es und welche Leistungen bietet der Verband an?
Langhorst: „Compliance“, also die Einhaltung der geltenden Regeln und Gesetze im Unternehmen beziehungsweise die erforderlichen Prozesse dafür, wird auch in Steuersachen immer wichtiger, insbesondere da Verstöße sehr schnell mit drakonischen Strafen geahndet werden. Steuer-IKS sind eine gute Möglichkeit, um Verfehlungen zu vermeiden. Zudem sind sie ein eindeutiges Signal an das Finanzamt, dass das Unternehmen seine Steuerpflicht ernst nimmt. Entsprechend gab es im Jahr 2022 Gesetzesänderungen. Um dem IKS Gewicht zu verleihen und die steuerliche Betriebsprüfung zukunftsfähiger zu machen, hat Finanzminister Albert Füracker ein Pilotprojekt gestartet, das Steuerkontrollsysteme in die steuerliche Betriebsprüfung miteinbezieht. Künftig könnten Unternehmen auf diese Weise effizienter und schneller geprüft werden. Insofern empfehle ich allen Genossenschaften, sich mit dem Thema Steuer-IKS zu beschäftigen. Wir als GVB haben ein entsprechendes System aufgebaut und bei mehreren Banken bereits etabliert. Unsere Expertinnen und Experten unterstützen umfassend beim Aufbau und bei der Optimierung.
Herr Langhorst, vielen Dank für das Gespräch!
Zustimmungserklärung: „Rechtzeitig planen und überlegen, welche Kunden wie angesprochen werden sollen.“
Sebastian Scholz, Senior Referent Vertriebsentwicklung beim Genossenschaftsverband Bayern, zeigt, wie der GVB den Volksbanken und Raiffeisenbanken beim Thema Zustimmungserklärung weitergeholfen hat.
1. Herr Scholz, seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs müssen Banken bei Änderungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und Sonderbedingungen grundsätzlich die Zustimmung der Kunden einholen. Vor welche Herausforderungen stellt das die Kreditinstitute?
Sebastian Scholz: Früher durften Banken die Zustimmung zu AGB-Änderungen als erteilt voraussetzen, sofern der Kunde oder die Kundin nicht innerhalb einer gewissen Frist widersprochen hat. Nun müssen die Institute jeden betroffenen Kunden einzeln kontaktieren und um Zustimmung bitten. Insofern führt das Urteil zu einem sehr hohen Arbeitsaufwand für die Banken. Übrigens: Die Institute müssen die Zustimmung der Kunden nicht nur bei Änderungen der AGB einholen, sondern auch bei weiteren Themen. Beispielsweise bei Preisanpassungen bei Girokonten, bei der Ausgabe der neuen girocard Co-Badge-Produkte sowie bei der werblichen Nutzung von Kundendaten wegen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
2. Wie ist der GVB vorgegangen, um seine Mitgliedsbanken dabei zu unterstützen?
Scholz: Neben der Atruvia haben sich mehrere externe Dienstleister am Markt etabliert, die den Banken die Arbeit erleichtern. Der GVB hat den Markt sondiert und ist eine Kooperation mit der indiwe GmbH aus Karlsruhe eingegangen. Das Unternehmen hat sich mit der Anwendung Marketingfabrik auf automatisierte Kundenkommunikation und gezielte Marketingaktionen spezialisiert. Auf diese Weise konnten wir gemeinsam die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken dabei unterstützen, die Zustimmung der Kunden einzuholen – und zwar nicht nur bei AGB-Änderungen, sondern auch zu weiteren Themen wie den Preisanpassungen bei Girokonten.
3. Was sind die Vorteile der Lösung?
Scholz: Mit der Online-Anwendung Marketingfabrik können Banken unkompliziert Zustimmungsaktionen planen und durchführen. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass insgesamt fünf automatisierte Kommunikationswege zur Verfügung stehen: E-Mail, Brief, OnlineBanking, SMS sowie KundenServiceCenter- und Serviceinfo. Banken können also mehrere elektronische, kostengünstige und nachhaltige Zugangswege zu den Kunden auswählen. Und das völlig flexibel und je nach Bedarf, also crossmedial. Da das Controlling in das Tool integriert ist, können die Institute schon während der Zustimmungsaktion analysieren, wie erfolgreich sie sind und ob sie gegebenenfalls noch einen weiteren Kommunikationsweg bedienen sollten.
4. Wie ist die Rückmeldung der Banken?
Scholz: Das Angebot wurde gut angenommen, insgesamt haben sich mehr als 25 bayerische VR-Banken für die Lösung Marketingfabrik entschieden. In einem Beitrag im GVB-Verbandsmagazin „Profil“ hat stellvertretend die VR-Bank Passau über ihre Erfahrungen berichtet. Die Bank ist sehr zufrieden: Die Zustimmungsquote zur AGB-Änderung habe nach knapp zwei Monaten bei 80 Prozent gelegen, nach vier Monaten sogar bei 99,4 Prozent. Das Fazit fiel deshalb sehr positiv aus, auch der Einsatz des GVB wurde ausdrücklich gelobt. Das hat uns sehr gefreut.
5. Welche Empfehlung haben Sie für Banken, die Zustimmungen von ihren Kunden einholen möchten?
Scholz: Der wichtigste Tipp: Rechtzeitig planen und überlegen, welche Kunden wie angesprochen werden sollen. Ich empfehle, immer mit den elektronischen Kommunikationswegen zu starten. Diese sind kostengünstig, schnell, nachhaltig und ressourcenschonend. Mit einem Brief erreichen Kreditinstitute zwar einen Großteil der Kunden. Aber die Prozesse sind sehr aufwendig, weil die Daten manuell eingepflegt werden müssen. Digital geht das deutlich einfacher. Außerdem sind viele Kunden verärgert, wenn sie stapelweise Papierdokumente erhalten. Ein weiterer Ratschlag ist, die Aktionen laufend zu analysieren und zu optimieren. Bei Fragen zur Marketingfabrik oder allgemein zum Thema Zustimmungserklärung können sich Banken sehr gerne an uns wenden. Auch die entsprechenden Themenseiten im MuV-Manager helfen weiter.
Herr Scholz, vielen Dank für das Interview!