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Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken investieren viel Geld in die Digitalisierung und Standardisierung ihrer Leistungen. Beispielsweise bauen sie digitale Zugangspunkte auf, stellen moderne Apps zur Verfügung und optimieren ihre internen Prozesse. Ziel ist es einerseits, attraktiv für die Kundinnen und Kunden zu bleiben. Denn immer mehr Menschen schätzen es, wenn sie ihre Bankgeschäfte einfach, überall und rund um die Uhr erledigen können. Andererseits möchten die Banken ihre Kosten durch Effizienzsteigerungen senken – so eine häufig genutzte Formulierung. Aber wie genau können Kreditinstitute effizienter arbeiten, wenn sie auf digitale sowie standardisierte Prozesse setzen? Und lassen sich die Produktivitätsgewinne konkret beziffern? „Profil“ hat bei der Atruvia und der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg nachgefragt. Das Kreditinstitut beschäftigt sich intensiv mit digitalen Prozessen.

Atruvia: Banken arbeiten mit OKP deutlich effizienter

Seit 2022 rollt die Atruvia sukzessive die digitale Omnikanal-Plattform (OKP) bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken aus. Über die Plattform können die Kreditinstitute alle bundesweit verfügbaren Online-Dienste der genossenschaftlichen FinanzGruppe anbieten. Signifikante Effizienzsteigerungen für die Banken seien eine der zentralen Gründe für die Einführung der OKP gewesen, erklärt Bernhard Groneick, Lead für Prozessmanagement und Automation bei der Atruvia. Einige Beispiele:

  • Die Kundinnen und Kunden können deutlich mehr Leistungen als früher eigenständig erledigen (Self-Service). Wenn sie selbst ein Depot eröffnen oder eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen, dann werden die Bankmitarbeiter von diesen Aufgaben entlastet.
  • Die Vernetzung der Vertriebskanäle ermöglicht eine effektivere Datennutzung. Von den Kunden online angegebene Informationen können die Berater für das persönliche Gespräch vor Ort nutzen. Das spart zeitraubende Doppel-Erfassungen.
  • Durchgängig automatisierte Prozesse vom Vertrieb bis in die Marktfolge senken den manuellen Aufwand. Beispielsweise müssen Dokumente nicht mehr hin- und hergeschickt oder sogar ausgedruckt werden. Stattdessen können die Mitarbeiter die Unterlagen mit wenigen Klicks aufrufen.
  • Banken können Vertriebsimpulse gezielter nutzen, da die Kundendaten aus allen Vertriebskanälen gebündelt vorliegen.
  • Standardisierungen im gesamten Betriebsmodell führen zu geringeren IT-Kosten, da der Betreuungs- und Programmierungsaufwand für die Atruvia sinkt.

Lassen sich die Effizienzgewinne durch die OKP auch in konkreten Zahlen beziffern? Ja, sagt die Atruvia. Dazu hat sie eine durchschnittliche Bank analysiert und die herkömmlichen Prozesse mit den automatisierten Prozessen auf der OKP verglichen. Die Ergebnisse: Einen Beraterwechsel einzutragen dauert nur noch rund 40 Sekunden statt wie früher etwa zehn Minuten. Ein Onlinezugang lässt sich in anderthalb Minuten einrichten. Zuvor hat dieser Vorgang rund achteinhalb Minuten in Anspruch genommen. Und die Zeit für den Prozess zur Nachlasspflege kann im Vergleich zu früher um rund 80 Prozent gesenkt werden.

Atruvia entwickelt die Omnikanal-Plattform laufend weiter. Bisher lag der Fokus insbesondere auf Kundenlösungen wie dem OnlineBanking und der VR Banking App. Dieses Jahr steht mit dem sogenannten BankingWorkspace das Zugangstor der Bankmitarbeiter zur OKP im Zentrum der Arbeit. Zudem sollen sukzessiv auch bankinterne Prozesse auf der Plattform abgebildet werden. Langfristig werden die Mitarbeiter dadurch produktiver arbeiten können, doch zuvor ist noch viel Entwicklungsarbeit nötig, betont die Atruvia: „Die weitere Automation und Standardisierung wird nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern es gilt auch, die Diversität der genossenschaftlichen FinanzGruppe mit ihren unterschiedlichen Geschäftsmodellen sowie Institutsgrößen und -kulturen zu meistern. Insofern wird der Weg der technologischen Modernisierung inklusive der perspektivischen Ablösung der Bestandssysteme noch eine lange Zeit in Anspruch nehmen“, bekräftigt Groneick.

ifo Institut: Produktivitätsgewinne brauchen Zeit

Während der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen ihre Arbeitsprozesse digitalisiert und – im Idealfall – gleichzeitig optimiert. Man könnte also erwarten, dass sie nun spürbar produktiver arbeiten. Doch das ifo Institut mahnt zur Geduld und betont, dass Effizienzgewinne durch die Digitalisierung erfahrungsgemäß später zum Tragen kommen. „Neue Technik verbreitet sich nicht schlagartig, sondern nach und nach. Das bedeutet in der Wirklichkeit eine Verzögerung der theoretisch sofort möglichen Produktivitätsgewinne“, betont ifo-Forscher Robert Lehmann.

Lehmann hat untersucht, wie die Digitalisierung zu Beginn der 2000er Jahre die Produktivität gesteigert hat. Damals führten viele Unternehmen flächendeckend Computer, Diensthandys oder Breitband-Internet ein. Signifikante Effizienzgewinne konnten sie aber erst später verzeichnen. Lehmann nennt drei zentrale Gründe: Erstens sei es damals schwierig einzuschätzen gewesen, welche Technologien sich durchsetzen würden. Zweitens mussten die Unternehmen ihre Arbeitskräfte im Umgang mit der neuen Hard- und Software schulen. Und drittens war es laut Lehmann eine Herausforderung, die Betriebsabläufe anzupassen sowie die Infrastruktur aufzubauen. „Ähnlich wie bei der ersten Digitalisierungswelle dürften auch jetzt einige Jahre ins Land ziehen, bis sich die Produktivitätsgewinne bemerkbar machen“, so das Fazit des ifo-Experten.

Volksbank Raiffeisenbank Würzburg: Individuelle Beratung, standardisierte Prozesse

Für die genossenschaftlichen Kreditinstitute bringt die Einführung der OKP weitreichende Änderungen mit sich – auch beim Prozessmanagement. Das lässt sich beispielsweise bei der Volksbank Raiffeisenbank Würzburg beobachten. Bisher gestaltete die Bank ihr Prozessmanagement komplett nach individuellen Bedürfnissen. Mit Einführung der OKP stellt sie nun alle relevanten Prozesse im Passiv- und Verbundgeschäft auf den Atruvia-Standard um. Diese strategische Entscheidung hat das Institut im Januar 2023 getroffen. Sebastian Kraft, Prokurist und Leiter des Bereichs Organisationsentwicklung, ist für die Umsetzung verantwortlich. Er plant, bis zum Ende des Sommers im Standardprozessmodell der Atruvia zu sein.

Durch die Umstellung auf die Atruvia-Prozesse verspricht sich das Institut die bereits oben im Text geschilderten Effizienzvorteile. Dazu kommt: „Früher hat es sich gelohnt, eigene Prozesse aufzusetzen. Bei der voll integrierten OKP macht das weniger Sinn. Die Synchronisation zwischen agree21 und OKP führt zu einem immer höheren internen Aufwand und bindet enorme Kapazitäten“, erklärt Kraft. Weitere Gründe: Die Prozesse werden von der Atruvia regulatorisch konform bereitgestellt. Darum muss sich die Bank weitestgehend nicht mehr kümmern. Außerdem setzt das Institut damit den Standard der genossenschaftlichen FinanzGruppe um.

Die Kundenberatung erfolge weiterhin individuell, betont Kraft. Nur die dahinterliegenden Produktionsprozesse werden weiter standardisiert. Dies zahle auch auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt ein. „Wir leben in Zeiten des Fachkräftemangels. Unsere hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten und sollen sich in ihrer Arbeitszeit nicht damit aufhalten, beispielsweise manuell Daten zu übertragen. Viel besser ist es, wenn sie stattdessen wertschöpfende Tätigkeiten ausüben“, betont Kraft.

Um effizienter zu arbeiten, setzt die Bank auf Robotic Process Automation (RPA), also auf digitale automatisierte Prozesse. Kraft vergleicht RPA mit einem Brückenlegepanzer: Mit diesem können Pioniere Flüsse oder andere Hindernisse unabhängig von einer Brücke überwinden. „RPA funktioniert ähnlich: Sie sind ein Provisorium, bis es eine vollumfängliche Standard-Lösung gibt, also eine feste Brücke aus Beton, um im Bild zu bleiben“, sagt er. Beispielsweise hat die Volksbank Raiffeisenbank Würzburg sehr frühzeitig vor Jahren eine RPA-Lösung für den automatischen Beraterwechsel aufgebaut. Diese stellt alle Kundendaten zusammen, ordnet sie dem neuen Berater zu und informiert alle relevanten Stellen bis in die Verbundpartner – eine signifikante Zeitersparnis. Für die OKP hat die Atruvia jetzt entsprechende Prozesse programmiert, die diese Aufgabe erledigen. Die VR-Bank Würzburg prüft dementsprechend, ob die eigene Lösung über RPA somit in den Standard rückgeführt wird.

In einer idealen Prozesswelt braucht es keine RPA. Doch in der Realität werden die Roboter weiterhin wichtig bleiben, betont Kraft. Schließlich betreibt die Volksbank Raiffeisenbank Würzburg nicht nur das klassische Bankgeschäft, sondern bietet Dienstleistungen jenseits von Kredit und Geldanlage an. Beispielsweise die Crowdinvesting-Plattform „VR-Crowd“ oder das Dienstleistungs-Angebot „VR-PrivatAssistent“.  RPA ermöglicht hier system- und plattformunabhängige Prozessintegration. „Schließlich ist es unser Ziel, dass kein Mitarbeiter manuell Daten eingeben muss, sondern diese sauber automatisch verarbeitet werden – natürlich immer im Rahmen des rechtlich und regulatorisch Möglichen“, sagt Kraft. Ein weiterer Vorteil: Auf diese Weise erhält die Bank einen Überblick über die Aktivitäten ihrer Kunden. Notwendig dafür ist eine zentrale Datenbank, ein sogenanntes Data-Warehouse, das die Bank unterhält.

Ein weiterer Ansatz, damit die Mitarbeiter effizienter arbeiten können, ist das papierlose Büro. Die Bank arbeitet intern bereits weitgehend digital. Doch vor allem beim Posteingang gebe es noch Potenzial, sagt Kraft. Das Kreditinstitut hat daher die Software Alos Scan Analyzer eingeführt. An einer zentralen Stelle im Haus wird die Post gescannt. Die Software verteilt die Dokumente möglichst eigenständig. Dafür ist einiges an Training notwendig, doch mittlerweile könne das Programm große Teile der eingehenden Post erkennen und teilweise fallabschließend verarbeiten, betont Kraft. Der Vorteil liegt auf der Hand: „Wenn ein Kunde früher ein Dokument ausgefüllt und per Post an uns geschickt hat, haben wir es an den Berater weitergeleitet, der sich dann um alles gekümmert und beispielsweise Daten eingetragen hat. Im Zielbild geschieht dies weitestgehend automatisch, der Berater bekommt nur die entsprechende Info. Er hat dadurch an Arbeitszeit gewonnen, die er deutlich sinnvoller einsetzen kann.“

„Dank der Softwarelösungen ist die Zusammenarbeit intensiver, transparenter und produktiver.“

Sebastian Kraft, VR-Bank Würzburg

Ebenfalls Effizienzgewinne verspricht sich Kraft durch den „Digital Workplace“, den die Atruvia derzeit ausrollt. So können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise auf Microsoft Teams zusammenarbeiten. Die Volksbank Raiffeisenbank Würzburg ist darauf vorbereitet, sie nutzt derzeit bereits das Task-Management-System Meister Task sowie das Mindmapping-Programm Mind Meister. „Die Zusammenarbeit ist intensiver, transparenter und produktiver“, zählt Kraft die Vorteile der Softwarelösungen auf. Zwei Beispiele: Dokumente, an denen mehrere Mitarbeiter arbeiten, müssen nun nicht mehr per Mail kompliziert hin- und hergeschickt werden. Außerdem liegen die Dateien immer in der aktuellen Version vor. Der Digital Workplace passe zudem gut in die heutige Zeit, in der viele Mitarbeiter regelmäßig mobil arbeiten.

Kraft ist überzeugt, dass Volksbanken und Raiffeisenbanken durch die OKP und den Digital Workplace spürbar produktiver arbeiten können. Angesprochen auf die ifo-Studie (siehe Kasten oben), nach der Effizienzgewinne Zeit benötigen, antwortet er: „Es wird einen zeitlichen Versatz geben, aber der wird nicht so groß sein wie früher. Denn wir sehen am Beispiel ChatGPT, was die künstliche Intelligenz bereits leistet – wir erleben hier einen Technologiesprung. Für Genossenschaftsbanken ergeben sich viele Anwendungsfälle: Beispielsweise kann die KI in Zukunft dabei unterstützen, Kreditentscheidungen zu treffen. Oder Marketing-Texte zu schreiben. Es ist aus meiner Sicht absolut sinnvoll, sich bereits jetzt Gedanken dazu zu machen, wie wir die KI einsetzen können. Denn letztlich wird uns die Arbeit nicht ausgehen, sie wird nur anders ablaufen als heute – und wir werden immer Menschen brauchen, die mit Verstand und Gefühl die KI kontrollieren und die den genossenschaftlichen Mehrwert in die Kundenbeziehung bringen.“

Gewinnsparlose im neuen OnlineBanking und in der VR Banking App kaufen

Seit Februar 2019 können Volksbanken und Raiffeisenbanken ihren Kunden im eBanking anbieten, Gewinnsparlose fallabschließend zu erwerben und zu verwalten. Nun hat die Atruvia die bestehende Lösung im Auftrag der Gewinnsparvereine für die Omnikanalplattform (OKP) neu programmiert. Nach einer Pilotphase steht der Prozess seit Mitte April für den Breiteneinsatz zur Verfügung. Das heißt: VR-Banken können Gewinnsparlose ab sofort sowohl über das neue OnlineBanking als auch über die VR Banking App anbieten. „Mit diesem Schritt wurde das Leistungsangebot des Gewinnsparens auf dem strategisch wichtigen Vertriebskanal des OnlineBanking um einen wesentlichen Mehrwert erweitert“, heißt es beim Gewinnsparverein Bayern. Denn neben dem Loskauf und der -verwaltung können die Gewinnsparerinnen und -sparer nun auch in der VR Banking App jederzeit einsehen, ob sie etwas gewonnen haben. Gleichzeitig haben sie die Möglichkeit zu beobachten, wie ihr Sparguthaben stetig wächst.

Die Gewinnsparvereine sind überzeugt, dass sich die Implementierung des Online-Losverkaufs auf der OKP und in der VR Banking App positiv auf das Loswachstum und damit auch auf die Reinerträge für das soziale und gesellschaftliche Engagement in der Region auswirken wird. „Das Gewinnsparen ist ein besonderes Highlight, denn es eignet sich perfekt, den Mitgliedern und Kunden der VR-Banken ein unkompliziertes und emotionales Produkt im Online-Vertrieb anzubieten. Dies schafft besondere Kundenerlebnisse und stärkt gleichzeitig die Kundenbindung“, so das Fazit der Gewinnsparvereine.
 

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