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Die Corona-Krise führt auf der ganzen Welt zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen. Unternehmenswerte werden in Rekordzeit vernichtet. Beispiel Lufthansa: Die Airline mit dem Kranich-Logo flog im ersten Quartal 2020 ein Minus von 1,2 Milliarden Euro ein und verliert aktuell pro Stunde eine Million Euro an Liquidität. Oder Adidas: Der Umsatz des Sportartikelherstellers aus Herzogenaurach ist massiv eingebrochen, das Unternehmen musste sich einen Notfallkredit über drei Milliarden Euro besorgen.

Die Talfahrt der Wirtschaft wird sich in den Bilanzen von Kreditinstituten wie den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken widerspiegeln. Nach derzeitiger Lage ergibt sich ein erheblicher Abschreibungsbedarf auf die im Umlaufvermögen gehaltenen Wertpapiere. Mit Aufstellung der Bilanz zum 31. Dezember 2020 stellt sich für Banken die Frage, ob sie die Abschreibungen in der Handelsbilanz auch in der Steuerbilanz berücksichtigen können.

Minderung des Eigenkapitals droht

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Jahr 2011 entschieden, dass Abschreibungen unter den Nennwert von festverzinslichen Wertpapieren nur aufgrund von gesunkenen Kursen regelmäßig nicht in der Steuerbilanz zulässig sind. Seit 1999 sind Abschreibungen im Umlaufvermögen nur noch dann in der Steuerbilanz rechtmäßig, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. Nach Auffassung des BFH ist damit eine Abschreibung unter den Nennwert nur dann zulässig, wenn zum Bilanzstichtag ein Bonitäts- oder Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht. Die Finanzverwaltung hat sich mit BMF-Schreiben vom 2. September 2016 diese Auffassung zu eigen gemacht. Für die Praxis bedeutet das, dass Banken eine Abschreibung unter den Nennwert nur bei einem nachgewiesenen Bonitäts- oder Liquiditätsrisiko des Schuldners in der Steuerbilanz vornehmen können. Die Finanzverwaltung hat bislang nicht darüber informiert, wie dieser Nachweis konkret zu führen ist, damit sie ihn anerkennt. Aus der Erfahrung von vielen Betriebsprüfungen hat sich jedoch ergeben, dass sich die Finanzämter mit der Anerkennung generell schwertun. Schlimmstenfalls führt die Nichtanerkennung im Rahmen einer Betriebsprüfung zu einer verzinsten Nachzahlung.

Für den nächsten Bilanzstichtag hätte die derzeitig angewandte Rechtslage erhebliche Konsequenzen für Banken. Sie führt dazu, dass die Abschreibungen der Wertpapiere unter den Nominalwert zwar den Gewinn in der Handelsbilanz mindern, jedoch das steuerliche Ergebnis nicht davon berührt ist. Im schlimmsten Fall wird in der Steuerbilanz ein Gewinn versteuert, obwohl in der Handelsbilanz ein Verlust ausgewiesen wird. Durch die daraus resultierende Steuerlast wird das Eigenkapital von Banken zusätzlich gemindert.

Wertminderung temporär suspendieren

Der Freistaat Bayern und die Bundesrepublik Deutschland haben eine Vielzahl an Maßnahmen getroffen, um die Liquidität der durch die Corona-Krise betroffenen Unternehmen aufrechtzuerhalten. Die Besteuerung von Scheingewinnen konterkariert dieses Vorhaben. Es ist zu befürchten, dass die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken weniger Kapital zur Verfügung haben, um die Realwirtschaft mit Krediten zu versorgen. Deshalb hat sich der GVB an den bayerischen Finanzminister Albert Füracker gewandt und um eine unbürokratische Lösung gebeten. Der Verband setzt sich dafür ein, die Regelungen zur steuerrechtlichen Abschreibung von Wertpapieren für die Zeit der Corona-Krise zu ändern. Dazu schlägt der Verband vor, entweder das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals „dauernde Wertminderung“ temporär zu suspendieren oder das Vorliegen einer dauernden Wertminderung zu fingieren, wenn der Marktpreis nachweislich gefallen ist. Für den Fiskus besteht dabei kein Risiko, da in der Steuerbilanz das sogenannte Wertaufholungsgebot besteht. Sollten sich die Werte an einem folgenden Bilanzstichtag wieder erholen, müssen Banken ohnehin eine steuerwirksame Zuschreibung vornehmen.

Der GVB informiert seine Mitglieder über die Entscheidung der Finanzverwaltung, beispielsweise auf der Sonder-Seite zur Corona-Krise. Zudem organisiert der Bereich Steuerberatung im Herbst eine Seminarreihe. Dort berichten die GVB-Experten über aktuelle Themen zum Jahresabschluss und beantworten Fragen zur Bilanzierung von Wertpapieren.


Uwe Pietzonka ist Leiter des Bereichs Steuerberatung beim Genossenschaftsverband Bayern.

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