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Im Frühjahr 2023 gründeten 16 bayerische Krankenhausträger mit 30 angeschlossenen Kliniken eine Genossenschaft, um richtungsweisende Digitalisierungsprojekte voranzutreiben, die einzelne Häuser alleine nicht bewältigen könnten. „Die Klinik IT eG bündelt die Bedürfnisse der Kliniken. Durch die gemeinsame Beauftragung und die zentrale Steuerung von Dienstleistern kann die Digitalisierung effektiver umgesetzt werden als in kleineren Einzelvorhaben“, erklärt Michael Krappmann. Der IT-Leiter der Kliniken Dr. Erler in Nürnberg ist einer von zwei ehrenamtlichen Vorständen der Klinik IT eG. Der Mehrwert des genossenschaftlichen Zusammenschlusses bei Digitalisierungsvorhaben wird in der Branche gesehen. Die 16 Gründungsmitglieder haben kräftig Zuwachs bekommen, mittlerweile gehören der Klinik IT eG 41 Krankenhausträger mit an.

Bei der Gründung der Klinik IT eG standen die Bayerische Krankenhausgesellschaft und die Klinik-Kompetenz-Bayern eG als Geburtshelfer zur Seite. „Sie begleiten uns auch heute noch, indem sie sich zum Beispiel in unsere Gremien einbringen“, berichtet Krappmann. Erstmals hätten sich Krankenhäuser in kommunaler, privater und freigemeinnütziger Trägerschaft in einer Genossenschaft zusammengeschlossen, um durch die Bündelung von IT-Ressourcen die Qualität und Effizienz digitaler Dienstleistungen zu steigern. „Das gab es in dieser Form vorher nicht“, betont Krappmann.

Die Gründungsversammlung entschied sich für die Rechtsform der Genossenschaft, weil sie eine enge Zusammenarbeit und die gemeinschaftliche Förderung der Mitglieder ermöglicht. „Die kooperative Struktur fördert zudem die demokratische Teilhabe aller Mitglieder, da jedes Mitglied unabhängig von seiner Größe und Finanzkraft eine Stimme hat“, sagt Krappmann. Zudem sei der Eintritt in eine Genossenschaft für Krankenhäuser leichter zu realisieren als etwa in eine GmbH.

Portal erleichtert die Kommunikation

Erstes Projekt der Genossenschaft ist der Aufbau eines Patientenportals sowie einer Interoperabilitätsplattform zum Datenaustausch für bayerische Krankenhäuser. Das Projekt läuft unter dem Namen Mein-Krankenhaus.Bayern. Portal und Plattform stehen nicht nur Mitgliedern der Klinik IT eG offen, sondern auch anderen Krankenhausträgern. Aktuell sind 56 Träger mit 109 Kliniken bei dem Projekt an Bord. In einer zweiten Ausschreibungsrunde sollen neue Nutzer hinzukommen, darunter weitere Mitglieder der Klinik IT eG. Einige Krankenhausträger waren zwar schon bisher von dem Projekt überzeugt, mussten aber erst ihre eigenen IT-Strukturen anpassen, damit sie Portal und Plattform in Zukunft nutzen können. Die Genossenschaft koordiniert das Vorhaben zwischen den Entwicklern und den späteren Anwendern. „Das Portal und die Interoperabilitätsplattform erleichtern es Patienten, Ärzten und Pflegekräften, miteinander zu kommunizieren und digitale Informationen über verschiedene Gesundheitseinrichtungen hinweg nahtlos auszutauschen“, erklärt Krappmann. Das verbessere die medizinische Versorgung. So könnte das Patientenportal zum Beispiel die Terminvereinbarung vereinfachen, erläutert Krappmann.

Förderung durch das Krankenhauszukunftsgesetz

In gewisser Weise gehört auch der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu den Geburtshelfern der Klinik IT eG. Denn die Genossenschaft übernimmt für ihre Mitglieder auch Hausaufgaben, die ihnen der Gesetzgeber im Krankenhauszukunftsgesetz aufgegeben hat. Als die Krankenhäuser im Jahr 2020 durch die vielen Covid-Fälle an ihre Belastungsgrenze kamen, legte Spahns Haus ein Gesetz vor, um die Digitalisierung in den Kliniken zu fördern. „Das Ziel (…) ist unter anderem, die Modernisierung der Krankenhäuser mit Blick auf die stationäre Notfallversorgung voranzutreiben. Darüber hinaus liegt ein besonderer Fokus auf der Digitalisierung der Krankenhäuser (…). Damit wird ein höherer Grad der Vernetzung innerhalb des Gesundheitswesens angestrebt und die Patientenversorgung verbessert“, erklärt das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite. Die Modernisierungsmaßnahmen werden vom Bund mit 3 Milliarden Euro gefördert, die Länder steuern weitere 1,3 Milliarden Euro bei.

Bezuschusst werden unter anderem folgende Digitalisierungsvorhaben:

  • Patientenportale,
  • Systeme zur elektronischen Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen,
  • automatisierte klinische Unterstützungssysteme zur Verbesserung von Behandlungsentscheidungen,
  • ein durchgehend digitales Medikationsmanagement zur Erhöhung der Sicherheit von Arzneimitteltherapien,
  • digitale Prozesse zur Leistungsanforderung und zur Rückmeldung des Behandlungsverlaufs, um die krankenhausinternen Kommunikation zu beschleunigen.

Darüber hinaus werden aber auch gemeinsame Maßnahmen mehrerer Krankenhäuser unterstützt, die ein ausgewogenes Angebot und eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sicherstellen sollen. Außerdem werden Netzwerke zwischen Kliniken sowie ambulanten Einrichtungen gefördert, die den Einsatz telemedizinischer Verfahren in der stationären Behandlung von Patientinnen und Patienten erlauben.

Die Förderung ist das Zuckerbrot für die Krankenhäuser, doch der Gesetzgeber droht auch mit der Peitsche. Versäumen die Kliniken bei der Umsetzung aller oben als Spiegelstrich aufgeführten Digitalprojekte bestimmte Fristen, werden für jeden voll- und teilstationären Fall bis zu zwei Prozent vom Rechnungsbetrag abgezogen. So müssen die Projekte nach aktuellem Stand bis Ende dieses Jahres beauftragt worden sein und bis Ende 2025 umgesetzt werden.

Der Termindruck bei der Projektumsetzung ist dabei nur eine von vielen Herausforderungen. „Gesundheitsdaten sind äußerst sensibel. Deshalb haben die Datensicherheit und die Beachtung der Privatsphäre bei Patientendaten für uns eine sehr hohe Priorität. Außerdem müssen wir die unterschiedlichen IT-Systeme der einzelnen Kliniken an die Plattform anbinden und rechtliche Rahmenbedingungen einhalten“, zählt Krappmann auf. Die Genossenschaft profitiere dabei von der sehr guten Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedern und Partnern. Laut dem Vorstand können sich die Mitglieder der Klinik IT eG über viele Kanäle aktiv einbringen. Neben der Aussprache in der Generalversammlung und dem direkten Kontakt zu Vorstand und Aufsichtsrat werden vor allem die Arbeitsgruppen und Gremien der Genossenschaft rege genutzt, um an den Projekten mitzuwirken. „Dadurch ist sichergestellt, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Mitglieder berücksichtigt werden“, sagt der Vorstand.

Projekte im Zeitplan

Ein Patientenportal und eine Interoperabilitätsplattform für über 100 Kliniken aufzubauen, ist ein großes Projekt. Das Gesamtbudget liegt im zweistelligen Millionenbereich. In der Genossenschaft kümmern sich zwei Vorstände gemeinsam mit einer Assistentin, dem Projektleiter und dem Projektmanagement um alle Aufgaben. „Die Klinik IT eG ist mit etwa zehn Personen sehr kompakt aufgestellt. Bezieht man die externen Partner ein, arbeiten rund 100 Personen an den Plattformen“, erläutert Krappmann.

Die Klinik IT eG liegt mit ihren Projekten im Zeitplan. „Aktuell sind wir intensiv mit dem Rollout des Patientenportals beschäftigt“, berichtet der Vorstand. Nach der Entwicklung einer Blaupause werden nun die ersten vier Pilotkliniken angebunden und die Funktionalitäten getestet. „Wir wollen im Mai mit den ersten Häusern live sein und die restlichen Kliniken bis zum Ende des Jahres anbinden“, sagt Krappmann. Weitere Projekte sollen bis zum Sommer dieses Jahres ausgeschrieben werden. Dazu gehört zum Beispiel eine zweite Ausschreibungsrunde für das Patientenportal. „Außerdem planen wir ein schnelles Eingreifteam, um die IT-Sicherheit unserer Kliniken zu erhöhen“, berichtet Krappmann. Das Team soll für die Kliniken Tag und Nacht erreichbar sein, um bei Zwischenfällen sofort reagieren zu können. „Cyberangriffe auf Kliniken nehmen zu, darauf müssen wir vorbereitet sein“, sagt Krappmann.

Genossenschaft offen für weitere Mitglieder

In Kürze erwartet Krappmann die Aufnahme des 42. Mitglieds in die Klinik IT eG, die entsprechenden Unterlagen sind bereits verschickt. Weiteren Zugängen steht die Genossenschaft aufgeschlossen gegenüber. Für Krappmann ist die Klinik IT eG eine große Chance für alle Mitglieder. Die IT-Abteilungen der Krankenhäuser seien zu 70 bis 80 Prozent mit dem Tagesgeschäft ausgelastet. Für eigene Projekte bleibe da nicht viel Zeit. Abgesehen davon spürten auch die Kliniken den Fachkräftemangel im IT-Sektor. „Durch die Bündelung der Ressourcen vermeiden die Mitglieder teure Insellösungen, die Kosten für große Projekte werden auf viele Schultern verteilt. Das macht in der Summe einen großen Unterschied und hilft dabei, die Qualität und Effizienz der IT-Dienstleistungen gemeinsam auf ein neues Niveau zu heben.“

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