Wertegemeinschaft: Immer mehr Volksbanken und Raiffeisenbanken forcieren ihre Bemühungen zur Mitgliedergewinnung. Einige Institute sind auf dem Weg zur reinen Mitgliederbank. Wie gehen sie dabei vor?
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Raiffeisenbank Floß: Mitgliedschaft liegt in unserer DNA
Die Raiffeisenbank Floß weist eine Bilanzsumme von 124 Millionen Euro aus, das Geschäftsgebiet liegt im Osten von Weiden in der Oberpfalz. Im vergangenen Jahr hat das Kreditinstitut 189 neue Mitglieder bis 50 Jahre gewonnen. Das entspricht einem Zuwachs von über fünf Prozent. Damit belegte das Institut den ersten Platz beim Wettbewerb „Gewinne den FRITZ“ des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (siehe Kasten). „Es ist eine große Ehre für uns, dass wir den bundesweiten Vergleich für uns entschieden haben. Wir fühlen uns dadurch auf unserem Weg bestätigt“, sagt Vorstandsvorsitzender Jürgen Schnappauf. Die Mitgliedschaft sei fest in der DNA der Raiffeisenbank Floß verankert. „Wir gehören unseren Mitgliedern und sind ihnen aufgrund des genossenschaftlichen Förderauftrags in ganz besonderer Weise verpflichtet“, sagt Schnappauf. Die Bank habe sich die Mitgliedschaft schon vor vielen Jahren auf die Fahnen geschrieben. Deshalb sei auch die Mitgliedsquote sehr hoch, aktuell liege sie bei über 60 Prozent, fügt Vertriebsvorstand Josef Völkl hinzu. Von 4.250 Kundinnen und Kunden seien 2.700 auch Anteilseigner der Bank.
„Gewinne den FRITZ“
In Anlehnung an den Genossenschaftspionier Friedrich Wilhelm Raiffeisen lobte der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) im vergangenen Jahr den Wettbewerb „Gewinne den FRITZ“ aus. Ziel war es unter anderem, die Kreditgenossenschaften anzuspornen, verstärkt um Teilhaberinnen und Teilhaber zu werben. Gesucht wurde die Bank mit den meisten neuen Mitgliedern im Verhältnis zu allen Kunden. Aktionszeitraum war das gesamte Jahr 2022. Unter die besten Zehn haben es vier bayerische Banken geschafft: die Raiffeisenbank Floß (Platz 1), die Raiffeisenbank Auerbach-Freihung (Platz 3), die Raiffeisenbank Holzkirchen-Otterfing (Platz 5) sowie die Raiffeisenbank Hengersberg-Schöllnach (Platz 7).
Neue Mitglieder zu gewinnen sei kein Sprint, den man mit einer kurzfristigen Vertriebskampagne für sich entscheide, sondern ein Marathon, bei dem die Bank das Thema verinnerlicht und mit Leben füllt. Davon sind Schnappauf und Völkl überzeugt. „Seit Jahren ist es unser Antrieb, dass neue Kunden gleichzeitig neue Mitglieder werden. Denn wer Mitglied ist, der hat in der Regel eine sehr enge Bindung sowie eine persönliche Beziehung zu unserem Haus“, sagt Völkl.
„Unsere Mitarbeiter kennen die Lebenswirklichkeit der Mitglieder und können sie daher ideal bei allen Finanzthemen unterstützen.“
Die Raiffeisenbank Floß bietet ihren Mitgliedern zahlreiche Mehrwerte. Ein Beispiel ist das Vorteilsprogramm MeinPlus. Das Kreditinstitut hat zahlreiche Partner vor Ort gewonnen, die den Mitgliedern Rabatte oder andere Vorteile gewähren. Ein weiteres Beispiel ist das Cashback-Programm der R+V Versicherung. Mitglieder der Bank, die daran teilnehmen, erhalten jährlich bis zu zehn Prozent ihrer Beiträge zurück, wenn es bei allen Teilnehmern nur wenige Schadensfälle gegeben hat. Einen hohen Stellenwert nimmt zudem die genossenschaftliche Beratung ein. Besonders viel Wert lege das Kreditinstitut auf die Themen Altersvorsorge und Förderkredite, sagt Schnappauf. „Viele Privat- und Firmenkunden wissen gar nicht, welche Zuschüsse es vom Staat gibt. Wir sehen es als eine zentrale Aufgabe an, sie dabei zu unterstützen, die passenden Fördertöpfe anzuzapfen.“
Eine entscheidende Bedeutung, um das Thema Mitgliedschaft nach außen zu tragen, kommt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bank zu. Sie sind es, die in Kontakt zu den Menschen stehen. „Unsere Mitarbeiter kommen ausnahmslos aus der Region. Sie kennen daher die Lebenswirklichkeit der Mitglieder und können sie ideal bei allen Finanzthemen unterstützen“, erklärt Völkl. Die Belegschaft habe sich über den ersten Platz beim FRITZ-Wettbewerb sehr gefreut.
Der Raiffeisenbank Floß ist es wichtig, den Mitgliedern mehr zu bieten als eine maßgeschneiderte und verständliche Bankberatung. Obligatorisch sind die Ehrungen für 25, 40, 50, 60 und 70 Jahre Mitgliedschaft. Bei einem feierlichen Stehempfang erhalten die Geehrten eine Urkunde sowie ein kleines Präsent. Zum 125-jährigen Bestehen im Jahr 2018 organisierte die Raiffeisenbank Floß Busfahrten für Senioren und Kindergärten ins Freilandmuseum Oberpfalz in Neusath bei Nabburg. Dort hat die alte Raiffeisenhalle aus Floß eine neue Heimat gefunden, viele Senioren kennen diese noch aus ihrer Kindheit. „Wir setzen uns ein, damit die Genossenschaftsidee in unserer Heimatregion präsent bleibt“, sagt Schnappauf.
Passend dazu organisierte die Bank im Jubiläumsjahr Vorträge über das Leben und Wirken von Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Man müsse dessen Werte – Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung – noch um den Begriff der Nachhaltigkeit erweitern, findet Schnappauf. Dann habe man vier Kernwerte, für die die Raiffeisenbank Floß heute steht. „Wie damals müssen die Menschen selbst aktiv werden und beispielsweise privat vorsorgen, damit sie im Alter genug Geld haben. Wir sehen es als unseren Auftrag an, unsere Mitglieder bei diesen und allen weiteren finanziellen Fragen zu unterstützen“, betont Schnappauf.
Raiffeisenbank Auerbach-Freihung: Auf dem Weg zur Mitgliederbank
„Es ist uns eine große Ehre und ein bedeutender Erfolg, in einem bundesweiten Vergleich den dritten Platz zu erreichen“, kommentiert Prokurist Michael Liedl den dritten Platz der Raiffeisenbank Auerbach-Freihung beim FRITZ-Wettbewerb. Die Auszeichnung in der Kategorie Mitgliedschaft sei besonders schön, denn die Bank verfolge das langfristige Ziel, alle Kundinnen und Kunden zu Teilhabern zu machen. „Wir möchten eine Mitgliederbank werden. So schaffen wir ein regionales Netzwerk, binden die Menschen an unser Haus und stärken gleichzeitig unser Eigenkapital. Zudem ist die Mitgliedschaft ein echtes Differenzierungsmerkmal zu den Wettbewerbern. Insofern motiviert uns die Auszeichnung, unseren Weg konsequent weiterzugehen“, sagt Liedl.
Im vergangenen Jahr hat die Bank mit einer Bilanzsumme von 368 Millionen Euro rund 3,7 Prozent neue Mitglieder gewonnen. Insgesamt sind 8.000 Menschen Anteilseigner. „Wir freuen uns, dass die Mitgliedschaft in unserem Haus so attraktiv ist“, bekräftigt der Prokurist. Er führt mehrere Punkte an, die für eine Teilhabe sprechen, etwa die attraktive Dividende, zuletzt in Höhe von 1,5 Prozent, Vorteile bei easyCredit-Ratenkrediten oder Versicherungen sowie das Vorteilsprogramm MeinPlus. Auch perspektivisch sei die Mitgliedschaft interessant. Liedl verweist dazu auf die geplanten Ökosysteme der genossenschaftlichen FinanzGruppe: „Auf diese Weise können wir den Mitgliedern künftig noch mehr Vorteile bieten.“
„Unser Ziel [einer Mitgliederbank] erreichen wir nur, wenn alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen.“
Bei der Gewinnung von neuen Mitgliedern spielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank eine wichtige Rolle, betont Liedl. „Sie sind es, die den Menschen die Vorteile einer Mitgliedschaft näherbringen. Deshalb haben wir sie geschult und erklärt, warum uns der Wandel zu einer Mitgliederbank wichtig ist.“ Bedeutsam sei, nicht nur die Mitarbeiter im Vertrieb zu schulen. Auch die Kolleginnen und Kollegen in den internen Abteilungen müssten um die Bedeutung wissen. Liedl: „Unser Ziel erreichen wir nur, wenn alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen.“
Um die Zahl der Mitglieder zu steigern, verloste die Raiffeisenbank Auerbach-Freihung zuletzt – unabhängig vom FRITZ-Wettbewerb – unter allen neuen Anteilseignern ein E-Bike. „Das Gewinnspiel hatte eine tolle Resonanz und war sicherlich ein Grund für die hohe Zahl an Neumitgliedern“, erklärt Liedl. Auch in Zukunft möchte die Bank die Zahl der Mitglieder weiter ausbauen. „Der dritte Platz beim FRITZ-Wettbewerb ist ein schöner Erfolg. Darauf wollen wir uns aber nicht ausruhen, sondern weiterhin für eine Teilhabe werben“, bekräftigt Liedl. Das genossenschaftliche Konzept sei hochmodern und passe ideal zu den Anforderungen der heutigen Zeit, ist der Prokurist überzeugt. „Wir leben in unsicheren Zeiten. Die Menschen suchen wieder verstärkt Banken, die Sicherheit bieten, ihnen auf Augenhöhe begegnen und ihre Bedürfnisse berücksichtigen. Dazu kommt der Wunsch nach nachhaltigem Handeln. Alle diese Anforderungen können wir erfüllen. Wir stehen den Kunden und Mitgliedern als fairer, nachhaltiger und verantwortungsvoller Partner zur Seite – getreu dem aktuellen Motto der Volksbanken und Raiffeisenbanken, Morgen kann kommen“, betont Liedl.