Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

    Anzeige

Anzeige

Mit dem „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ vom 22. Dezember 2016 (Bundesgesetzblatt Nr. 65 vom 28. Dezember 2016, Seite 3152) wurde die sogenannte Kassen-Nachschau nach § 146b Abgabenordnung (AO) gesetzlich verankert. Sie ist seit 1. Januar 2018 zulässig. Um die aktuell bestehende Rechtsunsicherheit dieser gesetzlichen Neuregelung zu beseitigen, soll der Anwendungserlass zu § 146b AO ergänzt werden. Dazu liegt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 2. Februar 2018 im Entwurf vor (Geschäftszeichen IV A 4 - S 0316/13/10005).

Mit der Kassen-Nachschau steht den Steuerprüfern neben der klassischen Außenprüfung und den Veranlagungsverfahren nun ein weiteres Prüfverfahren zur Verfügung. Im Fokus sind sowohl die Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen als auch die ordnungsgemäße Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Finanzbuchführung. Dabei erstreckt sich der Anwendungsbereich der Kassen-Nachschau auf:

  • elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen,
  • App-Systeme,
  • Waagen mit Registrierkassenfunktion,
  • Taxameter,
  • Wegstreckenzähler,
  • Geldspielgeräte,
  • und offene Ladenkassen.

Ein Zählprotokoll wird vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht verlangt. Darunter fällt zum Beispiel die Erfassung, wie viele 1- und 2-Euro-Münzen zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Kasse waren. Die Erfassung des Kassenbestands hat aber in jedem Fall täglich zu erfolgen, sonst ist die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung nicht mehr gegeben.

Prüfer darf Privaträume betreten

Der Finanzbeamte darf zu den üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten ohne vorherige Ankündigung sowohl den Betrieb als auch die Privatwohnung des Steuerpflichtigen – auch gegen dessen erklärten Willen – betreten, um die Kasse zu prüfen und Belege zu sichten. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Durchsuchung. Die neue Regelung setzt das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung ausdrücklich außer Kraft. Darüber hinaus darf der Prüfer die Geschäftsräume auch außerhalb der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, wenn sich dort erkennbar Personen aufhalten, also etwa frühmorgens oder spätabends. Wer dabei genau vor Ort sein muss, ist nicht definiert.

Führt der Finanzbeamte eine Kassen-Nachschau durch, darf er den Steuerpflichtigen zu einem Kassensturz auffordern, sofern das nicht unangemessen ist. Wie diese Einschränkung auszulegen ist, werden wohl die Finanzgerichte entscheiden müssen. Bei der Beurteilung wird die Frage zentral sein, ob es die Finanzverwaltungen schon als unangemessen ansehen, wenn der Prüfer durch einen Kassensturz den Geschäftsbetrieb stört und dem Unternehmen dadurch möglicherweise einen wirtschaftlichen Schaden zufügt. Der Gesetzgeber macht jedoch weder Aussagen, aus welcher Perspektive eine mögliche Unangemessenheit zu beurteilen ist, noch welche Personen diese Entscheidung treffen können.

Unerkannte Testkäufe sind erlaubt

Bei einer Kassen-Nachschau muss sich der Betriebsprüfer ausweisen, sobald er sich Zutritt zu Räumlichkeiten verschafft, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Das heißt aber auch, dass der Amtsträger in einem öffentlich zugänglichen Laden unerkannt den Betrieb beobachten oder Testkäufe durchführen darf, um mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Kassenführung festzustellen. Außerdem muss sich der Prüfer zu erkennen geben, wenn er die Herausgabe von Aufzeichnungen, digitalen Auswertungen oder einen Zugang zu einer Schnittstelle zum Auslesen der elektronischen Daten verlangt. Diese Aufforderung kann er entweder an den Steuerpflichtigen selbst richten oder – wenn dieser nicht anwesend ist – auch an Personen, die seiner Einschätzung nach über Benutzer- und/oder Zugriffsrechte zum Kassensystem verfügen.

Diese Regelung erscheint vor dem Hintergrund des Datenschutzes und der Verschwiegenheits- und Treuepflicht für Angestellte gegenüber ihrem Arbeitgeber in höchstem Maße bedenklich und könnte auch als Aufforderung zu einer rechtswidrigen Tat gewertet werden. Die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht der Angestellten bleibt dabei auf das beschränkt, was rechtlich zulässig ist und was die Zugriffsrechte des Mitarbeiters auf das Kassensystem technisch erlauben. Dadurch wird dieser rechtliche Graubereich etwas eingeschränkt.

Unbedingt Rücksprache mit Geschäftsinhaber halten

Wird ein Angestellter zur Herausgabe von Daten oder einem Kassensturz aufgefordert, sollte dieser in jedem Fall Rücksprache mit dem Geschäftsinhaber halten und dies auch dokumentieren. Gleiches gilt für die vom Prüfer verlangten Aufzeichnungen, Bücher sowie für die Kassenführung relevante sonstige Organisationsunterlagen. Im Zweifel empfiehlt sich die Rücksprache mit dem Bereich Steuerberatung des GVB. Sollte der Mitarbeiter mehr Daten herausgeben als rechtlich zulässig ist, wäre ein Verwertungsverbot für die Finanzverwaltung wünschenswert.

Hat der Amtsträger Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen, kann er nach eigenem Ermessen aus dem Stand zu einer Außenprüfung übergehen. Dazu muss er nur vor Ort einen schriftlichen Übergangshinweis verfassen. Damit beginnt eine Außenprüfung ohne vorherige Zustellung einer formalen Prüfungsanordnung. Auch dies ist eine neue Dimension der Kontrollbefugnisse der Finanzverwaltung.

Ausweitung der Befugnisse der Kontrolleure

Bleibt es bei der Kassen-Nachschau, ergeht kein Prüfungsbericht. Sollte es zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen kommen, etwa einer Hinzuschätzung, ist dem Steuerpflichtigen jedoch rechtliches Gehör zu gewähren. Bei einer Hinzuschätzung geht der Prüfer davon aus, dass nicht alle Betriebseinnahmen richtig erfasst wurden, und erhöht entsprechend die Besteuerungsgrundlage. Sobald die Kassen-Nachschau beendet ist, kann der Steuerpflichtige gegen die daraus gewonnenen Erkenntnisse nur noch per Einspruch vorgehen.

Der GVB berät

Weitere Informationen zur Kassen-Nachschau erhalten Verbandsmitglieder bei der GVB-Steuerberatung unter steuer(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3800.

Sollte das Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums zum Thema „Kassen-Nachschau §146b AO – Einzelaufzeichnungspflicht §146 Abs. 1 AO“ so in Kraft treten, wie es aktuell im Entwurf vorliegt, werden die Befugnisse der Finanzkontrolleure in vielerlei Hinsicht ausgeweitet. Die betroffenen Unternehmen sollten insbesondere auf unangekündigte Kassenprüfungen vorbereitet sein und die Mitarbeiter entsprechend unterrichten. Dabei bietet der GVB seinen Mitgliedern Hilfestellung. Sobald der Erlass ergangen ist, plant die GVB-Steuerberatung ein Rundschreiben, um über die einzelnen Details – aber auch die offenen Fragen – zu informieren.

Artikel lesen
Rat