Personal: Wandelt sich das Kundenverhalten, ändern sich die Anforderungen an die Bankmitarbeiter. Eine GVB-Anwendung hilft bei der Kapazitätsplanung
Herr Kundinger, die Ansprüche und Bedürfnisse der Kunden verändern sich derzeit. Sie erwarten von ihrer Bank Erreichbarkeit auf allen Kanälen. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben deswegen das Strategieprojekt KundenFokus Privatkunden ins Leben gerufen. Wie bewerten Sie dieses Projekt aus strategischer Sicht?
Helmut Kundinger: Wie der Name KundenFokus schon sagt, geht es bei dem Projekt darum, sämtliche Konzepte und Aktivitäten auf die Kunden auszurichten – um unserem Urauftrag der „Förderung unserer Mitglieder“ auch gerecht zu werden. Ziel ist es, die Kunden emotional und über den passenden Kontaktweg zu erreichen. Und ausgerichtet auf den Kundentyp, die Lebensphase und den Bedarf. Unseren Anspruch auf Qualitätsführerschaft gründen wir auf leistungsfähige Service- und Beratungsprozesse, motivierte und qualifizierte Mitarbeiter mit ausgeprägter Sozialkompetenz und das starke Produktportfolio der genossenschaftlichen FinanzGruppe.
Wie meistern Sie die Umsetzung des Projekts in Ihrer Bank?
Kundinger: Die Umsetzung von KundenFokus meistern wir über eine ausgeprägte Projektkultur. Führungskräfte und Mitarbeiter aus dem Vertrieb sind die verantwortlichen Treiber, Gestalter und Umsetzer. Unterstützt werden sie dabei von der Fachkompetenz in den Betriebsbereichen sowie situativ durch externe Impulsgeber und Sparringspartner. Durch die ausgeprägte Selbstorganisation und Eigenbearbeitung der Projektinhalte erreichen wir praxistaugliche Lösungen, eine hohe Akzeptanz der Eigenentwicklungen sowie die Nachhaltigkeit in der Umsetzung.
Die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte hat das Workshop-Angebot Standortbestimmung KundenFokus Privatkunden genutzt. Welchen Mehrwert haben Sie und Ihre Mitarbeiter dadurch gewonnen?
Kundinger: Über die Standortbestimmung haben wir eine strukturierte Selbstreflexion über die bisherigen Entwicklungen und Erfolge erreicht. Uns ist bewusst geworden, dass wir umfangreiche und sehr wertige Projektergebnisse ausgearbeitet haben. Das erzeugt viel Selbstbestätigung, Freude, ein Teamerlebnis und neue Motivation sowie Anschub für die weitere Entwicklungsarbeit. Die Vergleichswerte der teilnehmenden Banken geben Orientierung im Hinblick auf das, was die eigene Bank erreicht hat und das, was noch möglich ist. Darüber hinaus entstehen im gemeinsamen Austausch neue Ideen und Ansätze für die weitere Entwicklung. Die in der Standortbestimmung herausgearbeiteten Handlungsfelder bedeuten eine zusätzliche Schärfung der nächsten Meilensteine im Projekt KundenFokus.
Die Standortbestimmung
Die Standortbestimmung KundenFokus Privatkunden ist wie ein Navigationssystem für die Digitalisierung der Vertriebskanäle. Es zeigt Kreditgenossenschaften ihre Ausgangssituation auf und stellt die Möglichkeiten dar, die sie mit den heute bereits verfügbaren Lösungen hat, um ihre selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Sie berücksichtigt zudem das bankindividuelle Zielbild für die verschiedenen Kanäle sowie die strategischen Ziele des Instituts.
Das eintägige GVB-Workshop-Angebot beginnt mit einer quantitativen und qualitativen Analysephase, in der die Bankvertreter zusammen mit GVB-Experten die Ausgangssituation bestimmen. Eine Workshop-basierte Ableitung der möglichen Handlungsfelder ermöglicht es den Volksbanken und Raiffeisenbanken, ihr eigenes strategisches Zielbild zu definieren und zu erreichen. Ansprechpartner für die Standortbestimmung KundenFokus Privatkunden sind GVB-Mitarbeiter Bernd Müller (Telefon 089/2868-3601; E-Mail: BMueller(at)gv-bayern.de) oder die persönlichen Bankenbetreuer.
Wie hilfreich waren die sogenannten Reifegradmodelle (siehe Kasten weiter unten) bei der Definition des bankindividuellen Zielbilds?
Kundinger: Die Reifegradmodelle schaffen Bewusstsein dafür, dass es sinnvoll und nachhaltig ist, das Projekt in Teilschritten zu bearbeiten. Wichtig ist, alle Mitarbeiter für die nötigen Veränderungen zu gewinnen und mitzunehmen. Insbesondere bei der Filialstruktur haben wir uns bewusst für ein Reifegradmodell entschieden, das nicht der Maximalausprägung entspricht. Wir richten uns hier mit unseren Service- und Beratungsleistungen strikt an den Bedürfnissen der Kunden aus.
Wie bewerten Sie die Praxistauglichkeit der im Standortbestimmungs-Workshop erarbeiteten Ergebnisse und Handlungsfelder?
Kundinger: Die Standortbestimmung ist auf die Kernthemen ausgerichtet. Sie ist übersichtlich strukturiert sowie verständlich und klar formuliert. Den Workshop führen Praktiker für Praktiker durch. Die Ergebnisse und Handlungsfelder wurden zum Ende des Workshop-Tags von den Teilnehmern festgelegt und führen zu einer Nachschärfung des Projekts.
Das Reifegradmodell
Die Standortbestimmung ordnet die Bank anhand einer Kennzahlenanalyse in ein Reifegradmodell ein. Es wird für die drei Vertriebskanäle Filiale, KundenDialogCenter und Online erstellt. Das Modell unterscheidet zwischen verschiedenen Dimensionen (Selbstverständnis, Zugangswege, Aufbau- und Ablauforganisation, Personal, Kosten- und Erträge) sowie Entwicklungsstufen. Auf Basis des Reifegradmodells können mit einer Differenzanalyse des Zielbilds der Bank und des Status quo gezielt Handlungsfelder identifiziert werden. Ein Beispiel für ein Reifegradmodell eines KundendialogCenters ist weiter unten abgebildet.
Wie nutzen Sie die Ergebnisse der Standortbestimmung bei der zukünftigen Ausrichtung der Kundenkanäle?
Kundinger: Die Ergebnisse bestätigen die beabsichtigte Gleichstellung der Kundenkanäle, wie sie das Omnikanal-Modell vorsieht. Jetzt werden wir den Ausbau des KundenServiceCenters zum KundenDialogCenter planen und umsetzen.
Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die Mitarbeiter bei den notwendigen Veränderungen einzubinden und mitzunehmen?
Kundinger: Wir binden die Mitarbeiter sehr stark in die Projekte ein, zum Beispiel mit einem Mitarbeitertag. Offenheit und Transparenz sind bereits in der Entwicklungsphase wichtig. Die Sinnstiftung erfolgt über den Kundennutzen, die Schulung und die laufende Begleitung der Mitarbeiter über die Führungsmannschaft im Vertrieb.
Wie sehen die nächsten Schritte und Aktivitäten im Hinblick auf KundenFokus Privatkunden aus?
Kundinger: Zunächst werden wir unser KundenServiceCenter zu einem KundenDialogCenter ausbauen. Das wollen wir als eigenständiges Profit-Center mit Kundenzuordnung und direkter Kundenverantwortung führen. Als zweiten Schritt werden wir das Beratungsthema „Wohnen“ ausarbeiten und dadurch unser systemgestütztes, ganzheitliches Beratungskonzept vervollständigen. Danach werden wir unser Beratungsangebot für vermögende Privatkunden neu ausrichten. Und in einem vierten Schritt werden wir die aktuelle Kundensegmentierung um die Dimension „digitale Affinität“ erweitern und Potenzialbetrachtungen bei inaktiven Kundenverbindungen mit externen Daten anreichern.
Herr Kundinger, vielen Dank für das Interview und alles Gute für die weitere Projektarbeit!