Zustimmung: GVB-Präsident Jürgen Gros kommentiert den Koalitionsvertrag. Seine Meinung: Der Vertrag enthält sinnvolle Ansätze. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an.
1. Verlässliche Finanzierungsbedingungen für den bayerischen Mittelstand
Der Mittelstand ist die Triebfeder der bayerischen Wirtschaft. Er schafft Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze in Bayern. Um weiter wachsen zu können, sind die vielen kleinen und mittleren Betriebe auf eine verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung angewiesen. Gründer brauchen einen reibungslosen Zugang zu externen Finanzmitteln, um ihre Vorhaben zu realisieren. Gute Finanzierungsbedingungen sind ein wesentlicher Standortfaktor.
Was uns wichtig ist:
Die bayerische Wirtschaft profitiert von einer stabilen Bankenfinanzierung.
Der Bankkredit ist nach wie vor das wichtigste Finanzinstrument für die bayerische Wirtschaft. Die Kreditversorgung des Mittelstands wird insbesondere durch Regionalbanken wie die Genossenschaftsbanken sichergestellt. Jeder fünfte Euro, den bayerische Mittelständler heute als Darlehen aufnehmen, kommt von einer Volksbank oder Raiffeisenbank. Sie kennen den lokalen Markt und die wirtschaftliche Situation der Unternehmen in ihrem Geschäftsgebiet und können passende Kreditangebote unterbreiten.
Doch die Kreditversorgung des bayerischen Mittelstands wird durch die europäische Bankenregulierung beeinträchtigt. Die EU-Vorgaben orientieren sich meist an internationalen Großbanken und belasten kleinere Regionalbanken übermäßig. Allein die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken kostet die Umsetzung der Regulierungs- und Aufsichtsanforderungen jährlich 138 Millionen Euro. Das belastet ihre Kapazitäten zur Kreditvergabe und wirkt sich nachteilig auf den Mittelstand aus.
Der Freistaat muss sich weiterhin für eine verhältnismäßige Bankenregulierung einsetzen. Dabei sollten sich Regulierung und Aufsichtsanforderungen proportional zu den Risiken des jeweiligen Kreditinstituts verhalten. Es ist erforderlich, dass kleinere Banken mit nachweislich geringeren Risiken von unverhältnismäßigen Vorschriften entlastet werden.
Die Förderprogramme des Freistaats sind eine wichtige Ergänzung der bankbasierten Finanzierung des Mittelstands.
Die Verfügbarkeit von Finanzmitteln für Existenzgründungen, die Internationalisierung oder die Unternehmensnachfolge sind wichtige Standortfaktoren. Neben der bankbasierten Finanzierung leistet die bayerische Mittelstandsförderung einen wertvollen Beitrag hierzu. Die Förderkredite der LfA Förderbank und die Bürgschaften der Bürgschaftsbank Bayern oder der LfA helfen den Unternehmen, Investitionen zu tätigen.
Als Hausbank vieler Mittelständler tragen Regionalbanken maßgeblich dazu bei, dass die Fördermittel bei den kleinen und mittleren Betrieben ankommen. Dieses Zusammenspiel zwischen Förder- und Hausbank hat sich bewährt: Im Jahr 2017 haben allein die bayerischen Genossenschaftsbanken ein Fördervolumen von über 570 Millionen Euro vergeben – mehr als jede andere Bankengruppe. Damit das so bleibt, sollte die Mittelstandsförderung laufend weiterentwickelt werden. So müssen die Förderangebote für Existenzgründer kontinuierlich verbessert und die Finanzierung klima- und umweltfreundlicher Investitionen noch stärker unterstützt werden.
2. Flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen
Bayern ist ein Flächenstaat. Ein Großteil der Bevölkerung lebt auf dem Land; viele Mittelständler und Handwerksbetriebe haben dort ihren Sitz. Damit der ländliche Raum ein attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort bleibt, sind Bevölkerung und Unternehmen vor Ort nicht nur auf einen schnellen Internetanschluss oder eine zuverlässige Energieversorgung angewiesen, sondern sie benötigen auch Zugang zu Finanzdienstleistungen. Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land, wie sie in der bayerischen Verfassung verankert sind, setzen eine flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen voraus.
Was uns wichtig ist:
Die bayerischen Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen genießen eine flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen.
In Bayern sorgen die Regionalbanken mit ihrem weitverzweigten Filialnetz für ein flächendeckendes Angebot an Finanzprodukten – auch in ländlichen Gebieten. Sie bieten Dienstleistungen in den Bereichen Zahlungsverkehr, Geldanlage, Altersvorsorge, Finanzierung und Risikoabsicherung. Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken sind mit circa 2.400 Geschäftsstellen und über 3.600 Bankautomaten in Bayern vertreten.
Um ihre dezentrale Infrastruktur aufrechtzuerhalten, muss es den Kreditinstituten weiterhin erlaubt sein, ihre Dienstleistungen angemessen zu bepreisen. Staatliche Eingriffe in die Preissetzung – etwa ein Gebührendeckel für Abhebungen am Geldautomaten oder eine staatliche Preissetzung für Überziehungskredite – führen zu Wettbewerbsverzerrungen und gehen zulasten einer flächendeckenden Versorgung.
Verbraucher profitieren von einer hochwertigen Finanzberatung in ganz Bayern.
Die bayerischen Bürgerinnen und Bürger profitieren in Fragen der Altersvorsorge, Geldanlage oder Immobilienfinanzierung von einer qualitativ hochwertigen Beratung. Regionalbanken stehen ihren Kunden auch abseits von Ballungsgebieten als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Flut an neuen Verbraucherschutzvorschriften hat allerdings dazu geführt, dass die flächendeckende Beratung für kleinere, regionale Banken immer kostenintensiver geworden ist. Neue Dokumentations-, Informations- und Beratungspflichten verursachen bei den Genossenschaftsbanken einen erheblichen Mehraufwand.
Der Mehrwert der Vorschriften ist für Verbraucher meist nicht ersichtlich. Um eine flächendeckende Finanzberatung für die Zukunft zu erhalten, sollte sich der Freistaat auf Bundesebene starkmachen, dass bestehende und künftige Verbraucherschutzvorschriften regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden. Bürokratische und für Verbraucher nutzlose Regeln gehören abgeschafft.
3. Starker Schutz für die Einlagen bayerischer Sparer und Unternehmen
Die deutsche Einlagensicherung ist die Grundlage für ein stabiles Bankensystem und eine prosperierende Wirtschaft in Bayern. Sie bietet einen umfassenden Schutz für die Ersparnisse der Menschen in Bayern und sichert die betrieblichen Mittel der hiesigen Unternehmen für Gehalts- oder Lieferantenzahlung. Damit schafft sie das nötige Vertrauen, um Investitionen zu tätigen und für die Zukunft vorzusorgen.
Was uns wichtig ist:
Das Vertrauen der bayerischen Sparer und Unternehmen in den Schutz ihrer Einlagen darf nicht durch eine europäische Einlagensicherung untergraben werden.
Eine gemeinsame EU-Einlagensicherung läuft auf eine Vergemeinschaftung der Risiken aller europäischen Bankensektoren hinaus. Damit wäre ein EU-Sicherungssystem deutlich instabiler als ein auf nationaler Ebene organisierter Einlagenschutz, es würde Fehlanreize im Bankensystem erzeugen und wäre der Grundstein für eine europäische Transferunion. Das bedroht den hohen Einlegerschutz in Bayern. Gerade die bayerischen Sparer profitieren aber von einer umfassenden Absicherung ihrer Einlagen. Gemeinsam mit Hessen und Hamburg haben die bayerischen Bürgerinnen und Bürger die höchsten Ersparnisse pro Kopf. Das hohe Schutzniveau garantiert außerdem die Zahlungsfähigkeit der zahlreichen mittelständischen Unternehmen und Handwerksbetriebe in Bayern. Der Freistaat muss sich deshalb dafür einsetzen, dass die bayerischen Unternehmen und Sparer auch weiterhin den besten Einlagenschutz des deutschen Sicherungssystems genießen.
Eine europäische Vergemeinschaftung widerspricht den bayerischen Interessen. Verantwortung und Haftung gehören zusammen. Für die Risiken in den nationalen Bankensystemen müssen die Kreditinstitute und ihre Sicherungseinrichtungen selbst haften. Dabei ist es die Aufgabe der Mitgliedsstaaten, ihre nationalen Sicherungstöpfe mit ausreichenden Mitteln auszustatten. Im Sinne der gemeinsam vereinbarten Regel dürfen die Verluste einer Bank nicht auf die europäische Gemeinschaft abgewälzt werden. Der vom Europäischen Rat vorgesehene Plan zum Abbau notleidender Forderungen sollte konsequent umgesetzt werden.
4. Beschleunigung der Digitalisierung für Wirtschaft und Verwaltung
Bayerns Zukunft ist digital. Die Digitalisierung der bayerischen Wirtschaft und Verwaltung sind die Basis für den zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg in unserem Land. Um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, sind Unternehmen und die Menschen in Bayern auf eine leistungsfähige digitale Infrastruktur angewiesen.
Was uns wichtig ist:
Eine flächendeckende digitale Infrastruktur ist Voraussetzung für die Digitalisierung.
Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger sind auf eine flächendeckende digitale Infrastruktur angewiesen. Das ist die Voraussetzung, um am digitalen Wandel der Gesellschaft teilzuhaben. In den vergangenen Jahren hat Bayern beim Ausbau der Breitbandversorgung deutliche Fortschritte gemacht. Trotzdem gibt es bei der Entwicklung der Glasfaserinfrastruktur oder eines leistungsfähigen Mobilfunknetzes teilweise Aufholbedarf. Der Freistaat muss seine Bemühungen daher intensivieren und die Infrastrukturförderung weiterentwickeln. Eine Öffnung des Breitband-Förderprogramms auch für private Antragssteller unter Beteiligung von Bürgern und Kommunen könnte dem Ausbau des Glasfasernetzes insbesondere in ländlichen Regionen weiteren Vorschub geben.
Kleine und mittlere Unternehmen brauchen Unterstützung bei der Digitalisierung.
Der Mittelstand investiert, um im digitalen Wettbewerb zu bestehen und zu wachsen. Die Unternehmen entwickeln ihr Personal, ihre Produkte und ihre Prozesse kontinuierlich weiter und verbessern ihre IT-Sicherheit. Die dafür notwendigen Investitionen werden unter anderem von den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken finanziert. Damit tragen sie zur Digitalisierung des bayerischen Mittelstands bei. Im Rahmen des Digitalbonus.Bayern vergeben die Hausbanken außerdem zinsverbilligte Darlehen der LfA Förderbank Bayern. Das ist ein Erfolgsmodell. Der Freistaat sollte dieses staatliche Förderinstrument langfristig weiterentwickeln und bei entsprechender Nachfrage in den kommenden Jahren nochmals aufstocken.
Die Digitalisierung der bayerischen Verwaltung birgt große Vorteile für Unternehmen und Menschen im Freistaat.
E-Government verspricht weniger Behördengänge, effizientere Verwaltungsprozesse und nutzerfreundlichere Abläufe. Davon profitieren nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern besonders auch Unternehmen, die häufiger mit Behörden in Kontakt stehen. Bayern hat das frühzeitig erkannt und mit dem E-Government-Gesetz und dem BayernPortal eine Vorreiter-Rolle bei der digitalen Verwaltung eingenommen. Jetzt gilt es, diese Ansätze mit Leben zu füllen. Dazu sollte der Freistaat die digitalen Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen sowie für Bürgerinnen und Bürger erweitern, harmonisieren und den Zugang vereinfachen.
Eine digitale Wirtschaft braucht praxistaugliche Regeln für den Datenschutz.
Mit der neuen Datenschutzgrundverordnung hat die EU das Datenschutzrecht modernisiert. Deutschland hat mit der Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes nachgezogen. Die Umsetzung der Neuerungen hat aber auch zu zusätzlicher Bürokratie geführt. Das belastet insbesondere kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe, da die Anforderungen meist für Großbetriebe konzipiert wurden. Der Freistaat sollte deshalb dafür eintreten, dass die EU-Datenschutzregeln praxistauglich weiterentwickelt werden. Um eine Entlastung kleinerer Unternehmen zu erreichen, braucht es vor allem geeignete Schwellenwerte – etwa bei der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten. Zudem ist es erforderlich, die Informations-, Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten so zu gestalten, dass sie den Anforderungen des bayerischen Mittelstands entsprechen.
5. Leistungsfähiges Bildungs- und Ausbildungssystem für Bayern
Ein leistungsfähiges Bildungs- und Ausbildungssystem sichert die Zukunft Bayerns. Es unterstützt die bayerische Wirtschaft bei der Suche nach qualifiziertem Nachwuchs und bildet Jugendliche aus, damit sie zu mündigen Bürgern und auch Verbrauchern werden.
Was uns wichtig ist:
Bayerische Unternehmen benötigen qualifizierten Nachwuchs.
Bayerische Unternehmen brauchen einen qualifizierten Nachwuchs an Fachkräften. Das ist ausschlaggebend für die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Bayerns. Doch wegen der demografischen Entwicklung wird es immer schwieriger, alle verfügbaren Ausbildungsplätze zu besetzen. Der Fachkräftemangel hat in vielen Branchen und Regionen Bayerns Einzug gehalten. Mehr als die Hälfte der bayerischen Unternehmen sehen darin ein Geschäftsrisiko. Um diesen Trend umzukehren, muss die Attraktivität der dualen Ausbildung verbessert werden. Dazu sollten Lehre und Studium enger miteinander verzahnt werden. Außerdem müssen Gymnasien verstärkt die Chancen einer beruflichen Bildung vermitteln.
Die Aus- und Fortbildung sollten den Erwerb digitaler Kompetenzen fördern.
Die Qualifikation der Beschäftigten muss sich an den Anforderungen einer digitalen Wirtschaft orientieren. Die Unternehmen brauchen Fachkräfte mit Verständnis für digitale Trends und Anwendungen, um auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen, Prozesse zu optimieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die bayerischen Genossenschaften bündeln ihre Fortbildungsmaßnahmen und entwickeln gemeinsame Konzepte zur Stärkung der digitalen Kompetenzen ihrer Belegschaft. Der Wissensaufbau beginnt allerdings schon früher. Die digitale Bildung muss daher bereits in den Schulen verankert werden.
Die ökonomische Bildung ist Grundlage für mündige Bürger und Verbraucher.
Die Kompetenzen vieler Jugendlicher und junger Erwachsener in Finanzfragen sind ausbaufähig. Junge Erwachsene besitzen heute weniger Finanzwissen als noch wenige Jahre zuvor. Das muss sich ändern. Eine umfassende ökonomische Bildung unterstützt junge Menschen bei der Berufswahl, der Geldanlage oder der Altersvorsorge. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass junge Menschen zu mündigen Bürgern und Verbrauchern heranwachsen. Die ökonomische Bildung an allgemeinbildenden und weiterbildenden Schulen sollte daher unbedingt ausgebaut werden.
6. Erfolgreiche Energiewende vor Ort
Die Energiewende in Bayern schreitet voran. Im Jahr 2022 wird das letzte Kernkraftwerk im Freistaat vom Netz gehen. In den nächsten Jahren entfällt damit über ein Drittel der bayerischen Stromerzeugung. Gleichzeitig gewinnen die erneuerbaren Energien weiter an Bedeutung: Bayern ist heute der größte Ökostromproduzent in Deutschland. Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, muss die Politik die Rahmenbedingungen adäquat gestalten: Energie muss bezahlbar bleiben. Regenerative Energien müssen deshalb Schritt für Schritt an den Markt herangeführt werden. Gleichzeitig sollte die regionale Versorgung mit und die Produktion von regenerativen Energien stärker genutzt werden.
Was uns wichtig ist:
Erneuerbare Energien müssen in den freien Markt integriert werden.
Die Ausrichtung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes (EEG) an marktwirtschaftlichen Prinzipien muss fortgeführt werden. So ist es möglich, dass der Kostenanstieg bei den regenerativen Energien gebremst wird und die privaten und gewerblichen Stromkunden in Bayern spürbar entlastet werden. Bayern sollte sich deshalb dafür einsetzen, dass die Produzenten regenerativer Energien sukzessive in den Markt eingegliedert werden. Dazu gehören insbesondere der verstärkte Einsatz von Direktvermarktungsinstrumenten sowie die intelligente Integration in die Stromnetze. Für Mitglieder von Energiegenossenschaften sollte zudem die Eigenstromnutzung möglich sein.
Der Bestandsschutz ist für eine marktwirtschaftlich ausgerichtete und dezentrale Energiewende unerlässlich.
Der Bestandsschutz für Altanlagen bei der EEG-Förderung ist die Voraussetzung für Planungs- und Investitionssicherheit. Er garantiert das Vertrauen von Bürgern, Unternehmen und Investoren in die Energiewende. Politische Zusagen, auf deren Basis Investitionsentscheidungen vorgenommen wurden, müssen Bestand haben. Bayern sollte sicherstellen, dass die gesetzlich garantierten Vergütungszusagen bis zu ihrem Auslaufen eingehalten werden.
Die politischen Rahmenbedingungen müssen die Vorteile einer dezentralen Energiewende berücksichtigen.
Eine dezentrale Energiewende birgt viele Vorteile für Bayern. Sie reduziert die Abhängigkeit von Stromimporten und stärkt die Wertschöpfung in den ländlichen Regionen. Mithilfe des genossenschaftlichen Modells bleibt die regionale Versorgung zudem in den Händen von Kommunen und von Bürgerinnen und Bürgern. Die Energiegenossenschaften ermöglichen es der regionalen Bevölkerung, an der Wertschöpfung zu partizipieren, und erhöhen so die Akzeptanz der Energiewende. Eine dezentrale Versorgung und Erzeugung regenerativer Energien muss daher ambitioniert ausgebaut werden. Dazu müssen die Landesentwicklung und Raumplanungsverfahren regionale Erzeugungsstrukturen gezielt berücksichtigen. Die Netzinfrastruktur muss so konzipiert und erweitert werden, dass ein zügiger Ausbau regenerativer Energiequellen möglich und gleichzeitig die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Genehmigungsverfahren für regionale Erzeuger und Netzbetreiber müssen vereinfacht werden.
Erneuerbare Energien brauchen tragfähige Lösungen.
Die heimischen und erneuerbaren Energiequellen ermöglichen eine effiziente Versorgung und tragen zu einem ausgewogenen Energiemix bei. Dieser beinhaltet neben der Photovoltaik, Biomasse und Geothermie auch die Windkraft und die Wasserkraft. Die Wasserkraft ist seit jeher die zentrale erneuerbare heimische Energie in Bayern. Im Sinne der Wasserkraft sollten in der laufenden Bearbeitung des Mindestwasserleitfadens ausgewogene Entscheidungen hinsichtlich der Ökonomie und Ökologie entwickelt werden. In Genehmigungsverfahren sind auch die energiewirtschaftlichen Belange der Wasserkraft angemessen zu berücksichtigen.
7. Zukunftsfähige Landwirtschaft in Bayern
Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Bayern. Doch der Agrarsektor wandelt sich. Landwirte konkurrieren heute auf globalen Märkten. Die Erwartungen der Verbraucher und der Gesellschaft haben sich grundlegend verändert. Sie fordern eine nachhaltige und ökologischere Nahrungsmittelversorgung. Das stellt die Landwirte vor neue Herausforderungen, bietet aber auch Chancen. Es ist die Aufgabe der Politik, diese Veränderung zu begleiten.
Was uns wichtig ist:
Moderne Landwirtschaft braucht angemessene Rahmenbedingungen.
Die moderne Landwirtschaft hat sich im Umfeld volatiler Märkte sowohl regionalen Bedürfnissen als auch den Herausforderungen des wachsenden globalen Handels zu stellen. Einerseits gilt es, den vermehrten Wünschen des Verbrauchers nach regionalen Qualitätsprodukten gerecht zu werden. Gleichzeitig kommen die Landwirte nicht umhin, sich auch an international wettbewerbsfähigen Preisen zu orientieren. Damit die bayerische Landwirtschaft in diesem Spannungsfeld bestehen kann, ist es die Aufgabe der Politik, angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen. Die genossenschaftlichen Molkereien sehen es als dringend erforderlich an, die Umstellung der ganzjährigen Anbindehaltung hin zu einer Laufstall- beziehungsweise Kombinationshaltung bis zum Ende der nächsten Dekade mit allen Kräften zu unterstützen. Dazu soll das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten verbesserte Fördermaßnahmen zur Verfügung stellen.
Der Bedeutung der Genossenschaften für die Landwirtschaft Rechnung tragen.
Genossenschaften sind integraler Bestandteil der bayerischen Landwirtschaft. Sie erleichtern den Landwirten die Vermarktung ihrer Produkte. Rund 60 Prozent der in Bayern erzeugten Milch wird über Genossenschaften vermarktet. Rund ein Viertel der vermarkteten Getreideernte wird im Raiffeisen-Warengeschäft gehandelt. Die Genossenschaften leisten somit einen wertvollen Beitrag zur Wertschöpfung im ländlichen Raum und zum Erhalt der Kulturlandschaft. Sie gewährleisten eine verlässliche Nahrungsmittelversorgung der Verbraucher in Bayern mit regionalen Produkten. Zudem bieten Genossenschaften den bayerischen Landwirten Selbstbestimmung und Planungssicherheit. Das hilft den Landwirten, sich auf veränderte Kundenbedürfnisse und volatile Märkte einzustellen. Die Besonderheiten der genossenschaftlichen Organisationsstrukturen müssen von der Politik auch in Zukunft berücksichtigt werden. Die genossenschaftliche Selbstbestimmung ist unter allen Umständen aufrechtzuerhalten.
8. Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung
Bayerns Unternehmen leiden unter einem hohen bürokratischen Aufwand. Zu viel Bürokratie bremst das Wachstum und hat negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort. Es ist Zeit, dass die bayerische Wirtschaft umfassend entlastet wird.
Was uns wichtig ist:
Die Bürokratiekosten müssen transparenter werden.
Das Statistische Bundesamt gibt regelmäßig Auskunft über die Bürokratiekosten der Unternehmen in Deutschland. Die Belastung bayerischer Betriebe durch Bürokratie wird bisher allerdings nicht erhoben. Der Freistaat sollte – idealerweise in Abstimmung mit anderen Bundesländern – ein systematisches und regelmäßiges Bürokratiekosten-Monitoring durchführen und veröffentlichen. Das würde die Transparenz der Bürokratielasten erhöhen und kann eine Grundlage zur Überwachung bürokratischer Hürden darstellen.
Die bayerische Wirtschaft muss umfassend von Bürokratie entlastet werden.
In Bayern und Deutschland gilt für Gesetze und Rechtsverordnungen das „One in One Out“- Prinzip. Das konnte zwar den Zuwachs an neuen bürokratischen Anforderungen eindämmen, die Bürokratiekosten für Unternehmen jedoch nicht dauerhaft senken. Es braucht endlich eine spürbare Entlastung der Unternehmen. Der Freistaat ist auf einem guten Weg. Bereits heute ist Bayern das Bundesland mit den wenigsten Gesetzen. Doch der Bürokratieabbau muss fortgesetzt werden. Dazu könnte die Staatsregierung einen Expertenrat einrichten, der unter Einbeziehung von Vertretern aus Wirtschaft sowie Gesellschaft überflüssige Regularien identifiziert und Vorschläge zum Bürokratieabbau unterbreitet. Die Neun-Punkte-Agenda zum Bürokratieabbau im Handwerk könnte dafür als Vorbild dienen. Aufgabe des Rats sollte es zudem sein, neue Gesetze und Verordnungen vor deren Verabschiedung auf bürokratische Belastungen zu prüfen. Im Interesse des Mittelstands sollte die Politik zusätzlich die Auswirkungen neuer Vorhaben auf kleine und mittlere Unternehmen untersuchen. Ein solcher „KMU-Check“ ist in Europa bereits Standard und sollte auch auf Landesebene eingeführt werden.
Eine Übererfüllung von EU-Vorgaben schadet der bayerischen Wirtschaft.
Unnötige Bürokratie und Europa-Frust entstehen oftmals durch die nationale Verschärfung von EU-Regelungen („Goldplating“). Bei der Umsetzung von EU-Anforderungen in deutsches Recht brauchen die Unternehmen mehr Verlässlichkeit. Bayern sollte sich im Bundesrat dafür einsetzen, EU-Vorgaben maximal eins zu eins umzusetzen und nur in begründeten Ausnahmen davon abzuweichen. Zur EU-Bürokratie darf nicht noch deutsche Bürokratie hinzukommen.
9. Ein stabiles Europa für eine erfolgreiche bayerische Wirtschaft
Die bayerische Wirtschaft profitiert von Europa. Der Binnenmarkt und die gemeinsame Währung schaffen hierzulande Wohlstand und Arbeitsplätze. Europa eröffnet insbesondere den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Freistaat neue Marktchancen. Das trifft auch für Genossenschaften zu: So erwirtschaften beispielsweise die bayerischen Milchgenossenschaften beinahe jeden dritten Euro im europäischen Ausland. Um den Erfolg der bayerischen Wirtschaft auch in Zukunft zu gewährleisten, brauchen wir ein stabiles Europa.
Was uns wichtig ist:
Ein stabiles Europa basiert auf Subsidiarität und Vielfalt.
Europa ist nur dann erfolgreich, wenn es nationale und regionale Besonderheiten respektiert. Einheit bedeutet nicht Vereinheitlichung. Die Vielfalt ist eine wesentliche Stärke Europas. Die Union muss sich deshalb auf das Subsidiaritätsprinzip zurückbesinnen, welches im Grundgesetz sowie in den Europäischen Verträgen verankert ist. Der Freistaat muss sicherstellen, dass die EU nur tätig wird, wenn die Aufgabenerfüllung auf nationaler oder regionaler Ebene nicht gewährleistet werden kann.
Durch den Lissabonner Vertrag wurden die Rechte der nationalen Parlamente gestärkt; Bayern kann seitdem im Bundesrat auf eine Subsidiaritätsrüge hinwirken. Trotz zahlreicher Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips hat die Länderkammer jedoch nur selten eine Rüge ausgesprochen. Die Bayerische Staatsregierung muss sich dafür starkmachen, dass dieses Instrument noch konsequenter angewandt wird.
Im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems hat der Bayerische Landtag außerdem die Möglichkeit, bei der Verletzung des Subsidiaritätsprinzips frühzeitig einzuschreiten. Diese Beteiligungsmöglichkeit sollte der Landtag intensiver und effektiver nutzen. Dazu kann beispielsweise die Koordination mit anderen Regionalparlamenten und den Kammern in anderen Mitgliedsstaaten verstärkt werden. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Subsidiaritätsrüge Erfolg hat und die EU-Kommission eine „gelbe Karte“ erhält.
Europa ist dann stabil, wenn es seinen Mitgliedern gut geht.
Der Freistaat hat in den vergangenen Jahrzehnten bewiesen, dass ein ausgeglichener Haushalt, gezielte Investitionen und Reformen vereinbar sind. Diese solide Haushaltspolitik ist die Grundlage für das bayerische Wachstum. Die EU-Mitgliedsstaaten sollten diesem Modell folgen und die Politik der Haushaltskonsolidierung und der strukturellen Reformen fortsetzen. Eine Vergemeinschaftung von Schulden – etwa in Form von Eurobonds – ist der falsche Weg, denn sie löst die grundlegenden Probleme der hohen Staatsverschuldung nicht. Bayern sollte weiterhin das Prinzip hochhalten, dass jeder Mitgliedsstaat für seine Verbindlichkeiten selbst haftet.
Ein gemeinsamer Eurozonen-Haushalt und ein EU-Wirtschafts- und Finanzminister laufen bayerischen Interessen zuwider. Sie schaffen Fehlanreize und etablieren eine Transferunion. Es darf keinen zweiten Länderfinanzausgleich auf EU-Ebene geben, bei dem wenige Geberländer für die Versäumnisse vieler Nehmerländer aufkommen. Stattdessen müssen sich alle Mitgliedsländer konsequent an die haushaltspolitischen Regeln in der EU halten. Das ist Voraussetzung für europäische Solidarität.
10. Effektive Interessenvertretung des Wirtschaftsstandorts Bayern in Europa
Die Attraktivität des bayerischen Wirtschaftsstandorts wird maßgeblich von der EU beeinflusst. Die Union erlässt eine Vielzahl von Verordnungen, Richtlinien und nachgelagerten Rechtsakten, welche die Wirtschaft in Bayern direkt betreffen. Wenn der Freistaat eigene politische Akzente setzen will, muss er auf europäischer Ebene seinen Einfluss geltend machen.
Was uns wichtig ist:
Bayern sollte weiterhin aktiv an der Gestaltung europäischer Politik mitwirken.
Der Freistaat muss seine bestehenden Mitsprachemöglichkeiten auf EU-Ebene kontinuierlich weiterentwickeln. Das gilt insbesondere für den Bayerischen Landtag: Das Parlament kann zu Gesetzesvorhaben der EU-Kommission Stellung beziehen. Die Parlamentarier nutzen diese Möglichkeit intensiv. Kaum ein anderes Regionalparlament äußert sich so häufig zu Gesetzesinitiativen aus Brüssel wie der Bayerische Landtag. Das zugrunde liegende Verfahren könnte aber effektiver und transparenter gestaltet werden. Durch Anhörungen und öffentliche Konsultationen sollte der Landtag die interessierte Öffentlichkeit einbeziehen. Das stärkt die Mitsprachemöglichkeiten der bayerischen Wirtschaft bei wichtigen EU-Vorhaben und erhöht die Transparenz. Um die Relevanz europäischer Rechtssetzung für die bayerische Wirtschaft frühzeitig einzuschätzen, könnte die Staatsregierung zudem eine vorläufige Übersicht und Priorisierung neuer EU-Vorhaben veröffentlichen. Dabei sollten Verbände und Vereinigungen der betroffenen Branchen konsultiert werden. Das hilft den bayerischen Vertretern auf Landes-, Bundes- und Europaebene, die Interessen des Freistaats effektiv zu vertreten.