Geldanlage: Auch im Niedrigzinsumfeld möchten Stiftungen satzungskonform ihr Kapital mehren. Dabei kann ein neuer Fonds von Union Investment helfen.
Herr Kerler, herzlichen Glückwunsch, Bayerns ehemalige Sozialministerin Emilia Müller hat ProNah e.V. mit dem „Bayerischen Innovationspreis Ehrenamt“ geehrt. Wie engagiert sich der Verein für Ihre Heimat Unterallgäu?
Hermann Kerler: Unser Ziel ist es, die Lebensqualität im Unterallgäu zu stärken. Dazu wollen wir ein Bewusstsein für das umfangreiche regionale Produkt- und Dienstleistungsangebot schaffen. Ein weiterer Ansatz ist es, die Bedeutung des Mittelstands für das Unterallgäu herauszustellen. Vielen Menschen vor Ort ist gar nicht bewusst, wie viel kleinere und mittlere Betriebe zum Wohlstand der Region beitragen. Deshalb wollen wir die Wertschöpfung in der Region halten und stärken. Um das zu erreichen, bilden wir Kooperationen und Netzwerke. Somit können wir Projekte gemeinsam zum Nutzen aller umsetzen. Wir entwickeln unsere Ideen im Verein alle selbst, jeder kann sich individuell einbringen. Das steigert die Motivation und das Gemeinschaftsgefühl.
Den Preis haben Sie für Ihr Projekt „Selbst ist die Region – Ehrenamt macht sich für die Heimat stark“ erhalten. Was steckt dahinter?
Kerler: In unserer Bewerbung haben wir das hohe ehrenamtliche Engagement, die Form der Bürgerbeteiligung und eine Vielzahl der umgesetzten Projekte aufgezeigt. Die Kombination aus Inhalten und Leidenschaft haben die Jury wohl überzeugt. Beispielsweise haben allein die zwölf Vorstands- und Vereinsausschussmitglieder seit 2004 rund 14.000 freiwillige Stunden geleistet.
Wie stärken die Projekte des Vereins das Unterallgäu?
Kerler: Lassen Sie mich das anhand des von ProNah konzipierten Landkreispuzzles erläutern. Das Puzzle misst 3,20 mal 3,20 Meter und besteht aus 52 Einzelteilen; jedes Teil bildet eine Kommune sowie die regionalen Besonderheiten ab. Auf dem Puzzlestück von Ottobeuren ist beispielsweise die weithin bekannte Benediktinerabtei zu sehen. Die meisten Kommunen haben ihre jeweiligen Teile erworben. Alljährlich laden wir die Besitzer zur Veranstaltung „52ProUnterallgäu“ ein, wo sie sich sinnbildlich vernetzen, indem sie die Teile des Puzzles wieder zusammenbringen. Dazu geben Referenten Impulse und Anregungen für die Kommunen. 2016 hat beispielsweise Professorin Theresia Theurl aus Münster, eine Expertin für das Genossenschaftswesen, über die Erfolgsfaktoren bei der Regionalentwicklung gesprochen. Das soll die Entscheidungsträger motivieren, Ideen und Konzepte aufzugreifen und vor Ort umzusetzen.
Ausgewählte Projekte des Vereins ProNah
Landkreis-Puzzle
Auf 52 Einzelteilen des Landkreis-Puzzles mit einer Gesamtgröße von 3,20 mal 3,20 Metern sind alle Kommunen sowie zahlreiche Sehenswürdigkeiten des Unterallgäus abgebildet. Die Stücke wurden in einer Auktion versteigert, die meisten Kommunen habe ihre jeweiligen Teile erworben. Jedes Jahr treffen sich die Besitzer, um die Teile zusammenzubringen und sich auszutauschen.
„Was braucht ma auf´m Dorf?“
Der Verein hat ein Gesellschaftsspiel entwickelt, bei dem die Teilnehmer in die Rolle eines Bürgermeisters schlüpfen. Ziel bei „Was braucht ma auf´m Dorf?“ ist es, die Gemeinde bestmöglich zu entwickeln. Bis zu sechs Personen können teilnehmen.
„Besser essen“
Beim Wettbewerb „Besser essen" für Kinder und Jugendliche wurden die besten Idden prämiert. Bei der Auftaktveransaltung treten Leiter von Organisationen wie Ämter, Schulen oder Banken in Teams an, um ein möglichst gesundes und schmackhaftes Menü zuzubereiten. Die beste Zusammenstellung wird prämiert.
Sie waren lange Jahre Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Pfaffenhausen. Wie sehr haben Sie Raiffeisens Ideale beim Aufbau von
ProNah geleitet?
Kerler: Die Ideale von Friedrich Wilhelm Raiffeisen waren eine wichtige Triebfeder. Schließlich habe ich während meiner beruflichen Zeit immer wieder erfahren, wie wertvoll die genossenschaftlichen Werte Hilfe zur Selbsthilfe, Eigenverantwortung und Solidarität sind. Dazu kam mein Engagement im Regionalentwicklungsprozess des Landkreises Unterallgäu sowie im GVB-Fachausschuss für die Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften. Ich habe es gewissermaßen als meine Pflicht angesehen, mich intensiver um die Interessen der Landwirte und der Menschen im ländlichen Raum zu kümmern. Wenn man sich in einem Verein zusammenschließt, dann kann man zusammen vieles bewegen – ganz nach den Idealen Raiffeisens.
Wie stark ist die Verbindung von ProNah zu den Genossenschaften im Unterallgäu?
Kerler: Wenn man über 35 Jahre Vorstand einer Raiffeisenbank war und sich als Aufsichtsratsvorsitzender eines Raiffeisen-Warenbetriebs engagiert hat, dann kennt man natürlich viele Entscheidungsträger im Landkreis. Dadurch sind Verbindungen zwischen Verein und den Genossenschaften im Unterallgäu entstanden. Abgesehen davon sind die Kernziele des Vereins – die Stärkung der Region – identisch mit den Zielen unserer Genossenschaften. Und die Zusammenarbeit trägt Früchte: ProNah hat einen Sponsorenvertrag mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie den Warenbetrieben im Unterallgäu auf den Weg gebracht, um kleine und mittlere Unternehmen vor Ort zu unterstützen und die regionale Entwicklung im Unterallgäu zu fördern. Meiner Meinung nach bieten Kooperationen zwischen Genossenschaften und Kommunen große Chancen für die Zukunft.
Die Genossenschaftsorganisation feiert dieses Jahr den 200. Geburtstag von Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Wie aktuell sind seine Ideen?
Kerler: Die Ideen von Raiffeisen sind aktueller denn je! Immer da, wo sich Bürger aktiv und materiell an der Gesellschaft beteiligen möchten, da ist die Genossenschaft die ideale Rechtsform. Etwa bei Energie- oder Infrastrukturprojekten, die von Kommunen alleine nicht gestemmt werden können. Auch in den sozialen Bereichen gibt es zahlreiche Chancen für die Rechtsform.
Was plant der Verein als nächstes?
Kerler: Einen großen Teil der Arbeit nimmt die Aufgabe ein, die jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen wie „52ProUnterallgäu“ zu organisieren. Aber wir haben auch neue Projekte geplant: Etwa eine Landkreiskarte mit den wichtigsten Freizeitmöglichkeiten für Familien. Persönlich unterstütze ich Partner, die innovative Konzepte für Genossenschaftsbanken entwickeln. Dahinter steckt die Idee, dass einige Institute ungenutzte Räumlichkeiten in ihren Geschäftsstellen haben. Diese wollen wir kreativ zu einem Kommunikationsraum aufwerten, um Kundenähe zu praktizieren und neue Geschäftsmöglichkeiten auszuloten.
Herr Kerler, vielen Dank für das Gespräch!