Kopfsache: Welche Rolle spielt die richtige Einstellung für den persönlichen und beruflichen Erfolg? Und wie kann man daran arbeiten?
Wie können Unternehmen eine Arbeitsatmosphäre schaffen, die Mitarbeitende motiviert und Leistung fördert? Johannes Basch fallen dazu drei Begriffe ein: „Es geht um Partizipation, Wertschätzung und Gleichbehandlung“, sagt der Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Neu-Ulm. Wer seine Leute mit ins Boot hole und nach ihrer Meinung frage, vermittele ihren ein Kompetenzgefühl und kann so zur Arbeitszufriedenheit beitragen. Chefs könnten zum Beispiel ihren Mitarbeitenden Projekte geben, die sie eigenverantwortlich betreuen. „Erlebte Verantwortung und Bedeutsamkeit steigern die Arbeitsmotivation erheblich“, weiß der Wirtschaftspsychologe.
Doch wie immer sei alles, was in der Theorie gut klinge, in der Praxis gar nicht so einfach umzusetzen. Denn wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung komme es häufig auf Nuancen an. Vertrauen und Motivation haben laut dem Professor viel mit Wahrhaftigkeit zu tun. Da könnten Führungskräfte viel falsch machen. „Wenn ich als Chef Verantwortung nur Placebo-mäßig abgebe oder die Arbeit am Ende als meine eigene verkaufe, dann kann jede Motivation sofort wieder zerstört sein“, sagt Basch.
Motivation ist ein Führungsthema
Wer aber trägt Verantwortung dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert sind und gerne die erforderliche Arbeit leisten, um ihr Unternehmen voranzubringen? Für Basch ist das in erster Linie ein Führungsthema. Führungskräfte hätten eine Menge Möglichkeiten und Instrumente, um das Arbeitsklima positiv zu beeinflussen. Wertschätzung sei an dieser Stelle ein wichtiges Schlagwort, vor allem in Verbindung mit Feedback. „Eine wertschätzende Feedbackkultur ist eines der wichtigsten Führungsinstrumente, das Vorgesetzten zur Verfügung steht“, sagt Basch.
Zielvereinbarungsgespräche sollten zum Beispiel in Unternehmen einen viel höheren Stellenwert haben, findet der Wirtschaftspsychologe. Weil sie bei den Mitarbeitern häufig negativ besetzt sind, werden sie von den Unternehmen viel zu stiefmütterlich behandelt. Dabei komme es auf die Umsetzung an. „Einmal im Jahr mit dem Mitarbeiter Ziele zu vereinbaren, ist aus meiner Sicht zu wenig. Chefs sollten die Arbeit ihres Teams begleiten und immer wieder Feedback geben“, sagt Basch. In den regelmäßigen Gesprächen könnten dann smarte Ziele besprochen werden, die zwar durchaus herausfordernd sein dürfen, aber trotzdem realistisch bleiben müssen.
Fähigkeiten der Mitarbeiter individuell fördern
Basch verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „Empowerment“. Es gehe bei Zielvereinbarungsgesprächen auch darum, die Fähigkeiten der Mitarbeiter individuell zu berücksichtigen und sie zu fördern. Das stärke die Motivation. „Dabei geht es auch um Kompetenzentwicklung. Kann eine Mitarbeiterin zum Beispiel gut reden, kann die Führungskraft sie fragen, ob sie als Referentin Themen präsentieren will. Bei introvertierten Personen kann eher eine Fachkarriere in Frage kommen.“ Genauso wichtig sei es, klare Ziele zu setzen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür aber auch mit den notwendigen Ressourcen auszustatten. Sowohl Ziele als auch Ressourcen müssten in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls an die Situation angepasst werden. „Dafür ist das Jahresgespräch zu wenig“, betont Basch. Außerdem müssten Führungskräfte den Mitarbeitern die Freiheit lassen, selbst Entscheidungen zu treffen. „Jobs können stressig sein und die Anforderungen hoch, aber wenn ich über meine Arbeit selbst bestimmen kann, ist die Wahrscheinlichkeit, motiviert zu bleiben, höher“, sagt der Wirtschaftspsychologe.
Umgekehrt könnten Führungskräfte im Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel falsch machen. Basch nennt als Beispiele Mikromanagement, fehlendes Vertrauen, mangelnde Wertschätzung, Monotonie in der Arbeit sowie schlechte beziehungsweise gar keine Führung. Wenn etwa ein Mitarbeiter seinem Chef Arbeit abnimmt, um ihn zu entlasten, dieser dann aber alles nochmal sehen will, zeuge das von mangelndem Vertrauen. Das könne extrem demotivieren. „Natürlich muss das Vertrauen in den Mitarbeiter und seine Fähigkeiten auf der anderen Seite auch berechtigt sein“, sagt Basch. Der Professor rät dazu, bei Unsicherheiten einen Kompromiss einzugehen. „Das erste Mal muss der Mitarbeiter dem Chef seine Arbeit vorlegen, und wenn sie gut ist, erledigt er den Rest eigenverantwortlich.“ Schlecht für die Motivation sei auch, wenn Chefs ihren Mitarbeitern gar keine Rückmeldung auf ihre Arbeit geben. „Wie soll ich mich motivieren, wenn ich nicht weiß, wie gut meine Ergebnisse sind?“, fragt der Wirtschaftspsychologe.
Arbeitszufriedenheit ist auch eine Frage der Unternehmensstruktur
Aber auch strukturell können Unternehmen einiges tun, damit die Mitarbeiter gerne in die Arbeit gehen und motiviert sind. „Die richtige Einstellung zur Arbeit ist nicht nur ein Führungsthema, sondern auch ein organisatorisches Thema“, sagt Basch. Die Arbeits- und Organisationspsychologie unterscheide zwischen Hygienefaktoren und motivierenden Faktoren. Hygienefaktoren würden die Mitarbeiter nicht zufriedener machen. Wenn sie aber nicht vorhanden sind, seien sie ein starker Auslöser für Unzufriedenheit. Eine sichere Arbeit, feste Arbeitszeiten, eine angemessene Bezahlung sowie eine faire Behandlung im Job seien solche Faktoren. Ein massiver Auslöser für Unzufriedenheit sei ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit. Unternehmen seien zum Beispiel gut beraten, das „Gender Pay Gap“ zu schließen und Frauen und Männer bei gleichen Aufgaben gleich zu bezahlen. „Das ist nicht nur eine Frage der Gleichberechtigung, sondern vermeidet auch Unzufriedenheit im Unternehmen“, sagt Basch.
Motivierende Faktoren ließen sich dagegen mit Schlagworten beschreiben, die zum Teil bereits gefallen sind: Anerkennung, Eigenverantwortung, Entwicklungsmöglichkeiten, sinnvolle Arbeitsinhalte, Gleichbehandlung. Am Ende kommt es aber auch einfach auf die Kolleginnen und Kollegen an. Oft reichen schon kleine Gesten, wenn zum Beispiel ein Mitglied des Teams einfach mal einen Kuchen für alle mitbringt. „Im Grunde sind das die ganz normalen menschlichen Tugenden, die uns allen das Zusammenleben erleichtern. Ein positives Arbeitsumfeld trägt mit Sicherheit zum Unternehmenserfolg bei“, ist Basch überzeugt.
Chefs sollten keine Lieblinge haben
Manchmal lässt es sich jedoch nicht vermeiden, dass sich zwei Personen im Büro nicht grün sind. Wenn es dann Streit gibt, ist schnell die Motivation aller Kolleginnen und Kollegen dahin. „Dann hilft nur, als Führungskraft das Gespräch mit den Beteiligten zu suchen und ihnen aktiv zuzuhören“, sagt Basch. Dafür gebe es spezielle Gesprächs- und Fragetechniken, die man lernen könne. Wichtig sei, auch bei Konflikten allen Personen wertschätzend zu begegnen. „Ich sollte als Chef keine Lieblinge haben. Weder im Alltag und erst recht nicht bei Streit im Team. Das verstärkt die Konflikte nur“, warnt Basch. Stattdessen gelte es, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Der Führungskraft falle dabei eine moderierende Rolle zu. Die Lösungsvorschläge könnten von den Konfliktparteien selbst kommen. „Es liegt dann auch in der Selbstverantwortung der involvierten Personen, die gefundenen Lösungen umzusetzen“, betont Basch.
Manchmal hänge es jedoch auch an der Persönlichkeit von Menschen, dass sie sich nicht in ein Team einfügen können oder wollen. Um solche Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen, rät Basch dazu, einen Schritt zurückzugehen und bereits bei der Personalauswahl sehr stark darauf zu achten, ob jemand ins Team passt. „Wir wissen inzwischen relativ viel über gute Eignungsdiagnostik, mit der man herausfinden kann, ob ein Kandidat der Richtige für den Job ist. So kann ich von vorneherein verhindern, dass Personen, die nicht die richtige Mentalität für die geforderte Arbeit mitbringen, mein Team eventuell kaputtmachen“, sagt Basch. Eine falsche Personalauswahl könne Unternehmen viel Geld kosten. „Solche Personen leisten schlechtere Arbeit, weil sie nicht motiviert sind, und sie fehlen häufiger. Im schlimmsten Fall muss ich den Recruiting-Prozess neu starten, weil die Person gekündigt hat. Das wird dann richtig teuer“, sagt der Professor. Das genau vorherzusagen, gelinge aber natürlich nie.
Auch Selbstmotivation kann helfen
Und was können die Mitarbeiter selbst für ihre Motivation am Arbeitsplatz tun, wenn es mal nicht so gut läuft? „Letztlich sind das ähnliche Instrumente wie bei Führungskräften, schließlich führe ich mich ja selbst“, meint Basch. Die Mitarbeiter könnten sich zum Beispiel selbst Ziele setzen, um ihre Fähigkeiten in einem bestimmten Bereich zu stärken. „Ich kann mir vornehmen, der Experte im Unternehmen für eine ganz bestimmte Software zu werden, oder erster Ansprechpartner zu einem Spezialthema. Sofern das möglich ist, kann ich mir auch eine Arbeit suchen, die meinen Neigungen entspricht. Damit stärke ich die Wahrnehmung meiner eigenen Kompetenz“, meint Basch. Motivierend sei auch, Struktur in die Arbeit zu bringen und große Aufgaben auf kleine, greifbare Ziele herunterzubrechen. Dabei helfe eine To-Do-Liste, die man abarbeiten kann. „Wenn ich am Abend die Excel-Tabelle fertig habe, ist das ein kleiner Erfolg, und ich kann auf meiner Liste einen Haken setzen“, sagt Basch.
Jeder Mensch braucht mal Urlaub
Hilfreich sei auch, sich im Kopf den eigenen Anteil am Unternehmenserfolg zu verdeutlichen. „Wenn ich mir vor Augen führe, dass der Geschäftsabschluss zu einem großen Teil mir zu verdanken ist, dann gehe ich abends vielleicht mit einem besseren Gefühl nach Hause, auch wenn ich Ärger mit meinem Chef habe“, gibt der Wirtschaftspsychologe ein Beispiel. Und ansonsten: Auch das private Umfeld spielt für die Arbeitsmotivation eine Rolle. „Sport, Familie, Hobbys, ausreichend Schlaf, Urlaub – es ist wichtig, einen Ausgleich zum Job zu schaffen“, sagt Basch. „Der Erholungseffekt von Urlaub ist zwar nicht von Dauer, aber wissenschaftlich erwiesen. Deshalb sollte man sich ab und zu eine Auszeit gönnen, um anschließend mental gestärkt wieder in die Arbeit zu starten.“ Gerade in Zeiten von Home Office und dem Verschwimmen der Grenzen zwischen Arbeit und Privatem kann das jedoch oft schwierig sein. Hier gibt es aber kein Geheimrezept, da jeder anders tickt und ein mehr oder weniger starkes Bedürfnis nach klarer Abgrenzung hat.