Bewährungsprobe: Ein Interview mit Andreas Kraus, Vorsitzender des GVB-Fachausschusses Milch, über Corona, aktuelle Prüfsteine und Perspektiven für die Zukunft.
Die bayerischen Molkereigenossenschaften sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Freistaat: Sie verarbeiten rund die Hälfte der bayerischen Milch. Um diese starke Stellung zu behaupten, investieren die Unternehmen regelmäßig in ihre Produktionsstandorte. Jüngstes Beispiel: Die genossenschaftlich organisierten Goldsteig Käsereien Bayerwald investierten in Stephansposching Im Landkreis Deggendorf rund 19 Millionen Euro in eine neue Butterei samt Lager.
Produktion von Tittling nach Stephansposching verlagert
In Stephansposching betreibt Goldsteig seit 2018 ein Werk. Dort wird Magermilchkonzentrat für die Lebensmittelindustrie hergestellt. Die für eine Erweiterung um eine Butterei notwendigen Flächen hatte die Molkerei bei der Planung freigehalten. 2021 entschloss sie sich dazu, den Bau der neuen Anlage anzugehen. Im August 2022 nahm die Butterei ihre Produktion auf. Sie ersetzt den vorherigen Standort im rund 50 Kilometer entfernten Tittling. „Das alte Werk war mehrere Jahrzehnte alt und am Ende seines Lebenszyklus angekommen. Zudem waren die räumlichen Gegebenheiten nicht ideal. Insofern war es nur die logische Entscheidung, die Produktion nach Stephansposching zu verlagern“, betont Andreas Kraus, Geschäftsführer der Goldsteig Käsereien Bayerwald.
Butter nimmt im Sortiment von Goldsteig einen wichtigen Platz ein
Das neue Werk produziert jährlich rund 10.000 Tonnen Butter. In Bezug auf die Gesamtmenge aller Molkereiprodukte von Goldsteig – der Jahresabsatz insgesamt liegt bei rund 110.000 Tonnen – ist das nicht viel. Die Molkerei setzt vor allem auf Käsespezialitäten wie Mozzarella, Emmentaler oder Mascarpone. Dennoch nimmt Butter einen wichtigen Platz im Sortiment von Goldsteig ein, betont Kraus. Denn einerseits sei diese eine wichtige Ergänzung zu den anderen Produkten. Andererseits werde Butter auf Basis von Rahm produziert. Und bei der Herstellung von Käse und vor allem Magermilchkonzentrat falle viel Rahm an. „Wir könnten den Rahm natürlich verkaufen, aber daraus Butter herzustellen ist deutlich sinnvoller, da wir auf diese Weise höhere Einnahmen generieren“, sagt Kraus. Dazu kommen nun die kurzen Produktionswege, da die Butterei direkt neben dem Werk für die Herstellung des Magermilchkonzentrats liegt. Früher musste der Rahm erst von Stephansposching nach Tittling gefahren werden. Käse produziert Goldsteig in Cham. Der Rahm, der dort anfällt, wird mit Lkw nach Stephansposching gebracht.
Hauptprodukt Mozzarella
Die Goldsteig Käsereien Bayerwald GmbH wird von vier Genossenschaften getragen: Goldsteig Käserei Plattling eG, Erzeugergemeinschaft Molkereigenossenschaft Cham eG, Milchwerke Straubing eG und Ostbayrische Milchwerke Passau eG. Das Unternehmen verarbeitet rund eine Milliarde Kilogramm Milch pro Jahr. Angeliefert wird sie von rund 2.300 Milchlieferanten. Hauptprodukt ist Mozzarella, zudem stellt das Unternehmen Emmentaler, Schnittkäse, Frischkäse, Molkeneiweißkäse, Butter, Laktose, Molke, Molkekonzentrat und Magermilchkonzentrat her. Goldsteig beschäftigt rund 770 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Jahresumsatz liegt bei knapp 560 Millionen Euro. Hauptsitz ist Cham, weitere Produktionsstandorte sind Stephansposching sowie Tittling.
Butterproduktion ist vollautomatisiert
Und so funktioniert die Butter-Produktion: Der Rahm wird pasteurisiert, abgekühlt und anschließend mehrere Stunden in einem der sechs sogenannten Rahmreifer gelagert. Anschließend wird der Rahm in der Butterungsmaschine geschlagen. Die Butter wird so abgetrennt und geknetet. Die Maschine bei Goldsteig schafft drei Tonnen pro Stunde. Anschließend wird die Butter geformt – entweder in Einheiten zu 250 Gramm oder 25 Kilo. Im nächsten Schritt wird sie verpackt, ein Karton fasst sechzehn oder vierzig Packungen à 250 Gramm. Diese Aufgabe übernimmt eine Maschine. Anschließend werden die Kartons mit einem Roboter gestapelt und ins Lager gefahren. Von dort werden sie per Lkw zu den Kunden geliefert. „Am Herstellungsprozess der Butter hat sich nichts Wesentliches verändert. Aber natürlich sind die Maschinen deutlich leistungsfähiger und arbeiten somit schneller und effizienter“, betont Kraus.
Eine technische Neuheit im Vergleich zum alten Werk in Tittling sind die fahrerlosen Transportfahrzeuge. Diese bringen die Paletten mit Butter von der Abpackung ins Lager. „Dadurch haben wir Fehleranfälligkeiten verringert und unsere Produktivität gesteigert“, betont Kraus. Auch wenn der Produktionsprozess vollautomatisiert läuft, braucht es weiterhin Menschen, die beispielsweise die Anlage steuern und überwachen. Insgesamt sind in Stephansposching 31 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.
Butterpreis gesunken
Der Butterpreis ist aufgrund eines Überangebots zuletzt gesunken. Kraus bereitet diese Entwicklung Sorgen: Aufgrund der gestiegenen Kosten, vor allem für Strom, müssten Molkereiprodukte eigentlich teurer werden. Eine weitere zentrale Herausforderung sieht der Geschäftsführer im Bereich Recruiting. „Zuletzt konnten wir wieder genug Arbeitskräfte gewinnen, aber das Thema wird uns weiter begleiten. Wir müssen uns anstrengen, um den Menschen einen attraktiven und modernen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen“, betont Kraus.