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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) will der Gesetzgeber insbesondere von der Covid-19-Pandemie betroffenen Unternehmen die Chance geben, sich auch ohne Insolvenzverfahren zu stabilisieren.
  • Das Gesetz ist zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten.
  • Kernelement des neuen Verfahrens ist der sogenannte Restrukturierungsplan: Er beschreibt den Sanierungsweg und welche Zugeständnisse die Gläubiger machen müssen.
  • Der Restrukturierungsplan kann nur umgesetzt werden, wenn die Gläubiger zustimmen.
  • Der Schuldner kann das Restrukturierungsverfahren entweder selbst organisieren oder zur Unterstützung ein Gericht einschalten.
  • Bei Fragen zu dem neuen Sanierungsverfahren hilft der GVB seinen Mitgliedern gerne weiter.

An wen richtet sich das neue Sanierungsrecht und wann tritt es in Kraft?

Zusammen mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) hat der Gesetzgeber auch das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) beschlossen. Mit dem StaRUG soll sichergestellt werden, dass sich insbesondere von der Covid-19-Pandemie betroffene Unternehmen auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens stabilisieren und neu strukturieren können. Grundsätzlich können alle Schuldner (auch Verbraucher) das neue Verfahren nutzen. Da allerdings erheblicher, kostenintensiver Beratungs- und Organisationsaufwand erforderlich ist, dürften vor allem größere Unternehmen die  Zielgruppe des StaRUG sein. Das Gesetz ist – mit wenigen Ausnahmen zu öffentlichen Restrukturierungssachen – bereits zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten.

Was regelt das neue Sanierungsrecht?

Drohende Zahlungsunfähigkeit

Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 18 Abs. 2 Insolvenzordnung vor, wenn der Schuldner „voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen“.

Das StaRUG schafft einen gesetzlichen Rahmen zur Sanierung von Schuldnern (insbesondere Unternehmen) ab Eintritt der sogenannten drohenden Zahlungsunfähigkeit (siehe Kasten) – aber noch vor Eintritt der eigentlichen Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Überschuldung. Das Restrukturierungsverfahren ist dem Insolvenzverfahren vorgelagert und von diesem unabhängig. Kernelement des neuen Gesetzes ist der sogenannte „Restrukturierungsplan“ (§§ 7 ff. StaRUG). Dieser besteht aus einem „darstellenden Teil“ und einem „gestaltenden Teil“. Der darstellende Teil beschreibt unter anderem die Krisenursachen im Unternehmen und Maßnahmen zur Krisenbeseitigung. Der gestaltende Teil bestimmt vor allem, um welchen Bruchteil bestehende Forderungen gekürzt oder gestundet werden und welchen sonstigen Regeln sich die Gläubiger mit ihren Rechten unterwerfen müssen. Außerdem legt der gestaltende Teil die zukünftige Rechtsstellung der Beteiligten fest.

Welches Mitspracherecht haben Gläubiger?

Der Restrukturierungsplan kann nur umgesetzt werden, wenn ihm die beteiligten Gläubiger (die sogenannten „Planbetroffenen“) zustimmen. Für die Abstimmung werden die Planbetroffenen in Gruppen eingeteilt. Unterschieden wird nach Inhabern von Absonderungsanwartschaften, Restrukturierungsforderungen, nachrangigen Forderungen sowie Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. Die Unterteilung in weitere Gruppen ist möglich. Um den Restrukturierungsplan anzunehmen, müssen in jeder Gruppe 75 Prozent der Mitglieder zustimmen. Dabei kann die Zustimmung einzelner Gruppen unter bestimmten Voraussetzungen (§ 26 StaRUG) auch dann als erteilt gelten, wenn die erforderliche Stimmenmehrheit dort nicht zustande kommt.

Um den beteiligten Gläubigern die Mitwirkung am Restrukturierungsverfahren zu erleichtern, werden künftig mögliche insolvenzrechtliche Anfechtungsrisiken für Rechtshandlungen während des Verfahrens deutlich eingeschränkt. Gleiches gilt für den möglichen Vorwurf der sittenwidrigen/eigennützigen Kreditvergabe.

Muss ein Gericht in das Verfahren einbezogen werden?

Der Schuldner kann die Abstimmung entweder selbst organisieren und den Restrukturierungsplan ohne jede Beteiligung eines Gerichts erwirken, oder – wahlweise – gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Zur Bearbeitung von Restrukturierungsverfahren werden eigens neue Restrukturierungsgerichte errichtet. Um die Erfahrungen und Kompetenzen zu bündeln, wird in jedem Oberlandesgerichtsbezirk je ein Amtsgericht diese Aufgabe übernehmen. Entscheidet sich der Schuldner dafür, das Restrukturierungsgericht einzuschalten, steht ihm ein „Baukasten“ an kombinierbaren gerichtlichen Hilfen (sogenannte „Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente“) zur Verfügung. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Instrumente:

  • Vorprüfung: Das Gericht kann über alle streitigen Rechtsfragen, die für die Bestätigung des Plans erheblich sind, zum Beispiel über die Auswahl und Einteilung der Betroffenen in Gruppen sowie über Stimmrechte, vorab entscheiden.
  • Planabstimmung: Der Schuldner kann das Gericht mit der Organisation eines gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermins beauftragen.
  • Stabilisierung: Das Gericht kann zeitlich begrenzt Vollstreckungsmaßnahmen untersagen beziehungsweise einstellen und Verwertungssperren für bewegliche Gegenstände, an denen Aus- oder Absonderungsrechte bestehen, anordnen.
  • Planbestätigung: Der Restrukturierungsplan kann durch Beschluss gerichtlich bestätigt werden.

Kommt der Restrukturierungsplan zustande, so beginnen die im gestaltenden Teil festgelegten Entscheidungen zu wirken.

Braucht es für das Restrukturierungsverfahren einen Insolvenzverwalter?

Auch wenn das Restrukturierungsverfahren keine zwingende Begleitung des Schuldners durch einen Insolvenzverwalter vorsieht, so besteht doch die Möglichkeit, im Restrukturierungsplan die Bestellung einer geeigneten Person als sogenannten „Restrukturierungsbeauftragten“ zu beschließen. Dieser überwacht unter anderem die Erfüllung der Ansprüche der Gläubiger und steht unter der Aufsicht des Restrukturierungsgerichts. Zudem kann auf Antrag des Schuldners das Gericht eine geeignete Person zum „Sanierungsmoderator“ bestellen. Dessen Aufgabe ist es, zwischen Schuldner und Gläubigern zu vermitteln und dem Gericht über den Fortgang der Sanierung Bericht zu erstatten.


Stefan Kochanski ist Rechtsanwalt beim Genossenschaftsverband Bayern.

Kontakt zur GVB-Rechtsberatung

Die Rechtsberatung des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) unterstützt die Verbandsmitglieder gerne bei Fragen zum neuen Sanierungsrecht sowie zum Insolvenzrecht. Kontakt: recht(at)gv-bayern.de oder 089 / 2868-3730. Alle Informationen und Dienstleistungen der GVB-Rechtsberatung finden Verbandsmitglieder auf der GVB-Webseite.

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