Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie unsere Seiten nutzen, erklären Sie sich hiermit einverstanden. Weitere Informationen

Die individuelle Lebensgestaltung heutiger Generationen fordert auch im Berufsleben Flexibilität sowohl bei den Arbeitgebern als auch bei den Arbeitnehmern. Ein Langzeitkonto – in manchen Unternehmen ist auch von Zeitwertkonten oder Lebensarbeitszeitkonten die Rede – ermöglicht es den Mitarbeitern, unbezahlte Phasen einer Pflege- oder Elternzeit finanziell zu überbrücken, früher in den Ruhestand zu gehen oder eine Auszeit („Sabbatical“) zu nehmen. Dafür können die Arbeitnehmer sozusagen Arbeitszeit ansparen. Dazu haben die Tarifpartner am 7. August 2019 den neu gefassten Langzeitkonten-Tarifvertrag (LZK-TV) für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die DZ Bank vereinbart. Er ist zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Viele Volksbanken und Raiffeisenbanken nutzen Langzeitkonten, um ihren Mitarbeitern eine attraktive Leistung anbieten zu können und diese so an sich zu binden. Auch bei Bewerbern kann ein Langzeitkonto der ausschlaggebende Grund dafür sein, sich für die Stelle bei der Bank zu entscheiden.

Was ist ein Langzeitkonto?

Wenn der Arbeitgeber und sein Mitarbeiter ein Langzeitkonto vereinbaren, wird nicht das gesamte Entgelt laufend ausgezahlt. Stattdessen werden die umgewandelten Lohnbestandteile beziehungsweise der monetäre Gegenwert von Freizeit auf dem Langzeitkonto verbucht. Das dort angesparte Wertguthaben kann später für eine Freistellung oder eine Reduzierung der Arbeitszeit genutzt werden. Insbesondere bei rentennahen Freistellungen bietet sich das Modell als Alternative zur Altersteilzeit an.

Der gesetzliche Rahmen

Der offizielle rechtliche Begriff für ein Langzeitkonto ist eine „Wertguthabenvereinbarung“. In § 7b Sozialgesetzbuch IV werden die Mindestvoraussetzungen festgelegt. Die Vereinbarung erfolgt schriftlich und darf nicht zum Ziel haben, die tägliche beziehungsweise wöchentliche Arbeitszeit flexibel zu gestalten oder betriebliche Produktions- und Arbeitszyklen auszugleichen. Das aus dem Wertguthaben ausgezahlte Arbeitsentgelt wird durch die Arbeitsleistung des Mitarbeiters erzielt. Das fällige Arbeitsentgelt muss grundsätzlich 450 Euro monatlich übersteigen.

Die Dauer der Freistellung hängt von der Höhe des angesparten Guthabens ab. Das Ansparen ist für die Beschäftigten steuer- und sozialversicherungsfrei. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren auf das Guthaben entfallenden Anteil an Sozialversicherungsbeiträgen sofort in das Wertguthaben einzustellen. Erst beim sogenannten „Entsparen“ des Langzeitkontos werden für das dann ausgezahlte Arbeitsentgelt Sozialversicherungsbeiträge und Steuern bei den Beschäftigten fällig. Der Vorteil eines solchen Modells für die Mitarbeiter: Sie bleiben in der Zeit des Entsparens sozialversichert, obwohl sie gegebenenfalls für eine längere Zeit freigestellt werden.

Es ist dem Arbeitgeber überlassen, wie das Wertguthaben der Beschäftigten verwaltet wird. Das Gesetz schreibt den sicheren Erhalt vor, damit das angesparte Geld vor allem bei langfristigen Anlagen nicht verloren geht. Das Wertguthaben ist so anzulegen und zu verwalten, dass ein Verlust ausgeschlossen erscheint, ein angemessener Ertrag erzielt wird und eine ausreichende Liquidität gewährleistet ist. Grundsätzlich dürfen die Arbeitgeber maximal 20 Prozent der Anteile in Aktien oder Aktienfonds anlegen.

Langzeitkonten: Sonderkonditionen für GVB-Mitglieder

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) hat zum Vorteil aller Mitgliedsgenossenschaften mit dem Verbundpartner R+V Versicherung sowie den bayerischen Versicherungspartnern Allianz und Versicherungskammer Bayern (VKB) Sonderkonditionen zur Führung von Langzeitkonten bei den jeweiligen Versicherungen vereinbart. Für konkrete Detailfragen und individuelle Beratungen stehen die jeweiligen Ansprechpartner den GVB-Mitgliedsgenossenschaften gerne zur Verfügung.
 

R+V Versicherung / Compertis:
Stefan Fuchs
0151 26412242
stefan.fuchs[at]compertis.de
 

Allianz:
Peter Kempe
089 / 3800-5870 oder 0152 54517659
peter.kempe[at]allianz.de
 

Versicherungskammer Bayern (VKB):
Stefan Braun
0171 3376705
stefan.braun[at]vkb.de

Die Eckpunkte des neuen Tarifvertrags

Mit dem neu gefassten Langzeitkonten-Tarifvertrag wurde das bestehende einschlägige Tarifwerk wesentlich überarbeitet. Die bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Regeln hatten viele Details offen gelassen und entsprachen eher einer Rahmenvereinbarung. Im neuen Tarifvertrag werden für die einschlägigen Themenfelder konkrete Regelungen getroffen. Die wichtigsten Eckpunkte:

Ein Rechtsanspruch auf die Einführung eines Langzeitkontos besteht ab dem 1. September 2020 für Mitarbeiter in Banken mit in der Regel mehr als 200 vollen Mitarbeiterkapazitäten (MAK), § 2 LZK-TV. Bei der Ermittlung der vollen MAK zählen alle aktiven Mitarbeiter im Bankgeschäft mit Ausnahme der Vorstände, Auszubildenden, Reinigungskräfte und Aushilfen. Stichtag zur Ermittlung ist der 1. Januar eines jeden Kalenderjahres. Wird die Grenze von 200 MAK infolge einer Fusion überschritten, entsteht der Anspruch mit Ablauf von zwölf Monaten nach der technischen Fusion. In kleineren Häusern können Langzeitkonten auf Basis einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder in betriebsratslosen Banken durch individuelle Vereinbarung eingeführt werden.

Die Guthaben der Langzeitkonten werden in Geld (Euro) geführt. Die Mitarbeiter können in ein Wertguthaben tarifliche und übertarifliche Leistungen einstellen. Mit Zustimmung des Arbeitgebers kann auch der monetäre Gegenwert von Freizeitansprüchen, Mehrarbeit, Zuschlägen und Urlaub im Umfang von sechs Tagen pro Jahr eingestellt werden. Bei der Auszahlung kann vom zuletzt bezogenen Bruttomonatsentgelt nach unten abgewichen werden, um die Freistellung zu verlängern oder nach oben, um das Gehalt aufzustocken. Die sozialversicherungsrechtlich zulässigen Abweichungen bewegen sich jedoch in einer Bandbreite von 70 bis 130 Prozent des durchschnittlich gezahlten Arbeitsentgelts der letzten zwölf Monate vor der Freistellung.

Es gilt der Grundsatz der Kostenneutralität der Langzeitkontennutzung, § 11 LZK-TV. Zwar trägt die Bank die allgemeinen Verwaltungskosten für das Langzeitkonto, zum Beispiel für die Verwaltungsplattform eines externen Dienstleisters, und die Kosten der gesetzlich vorgeschriebenen Insolvenzsicherung des Wertguthabens. Vom Arbeitgeber zu tragende Kostensteigerungen können auch bei den Sozialversicherungsbeiträgen entstehen. Darüber hinaus schließt der Tarifvertrag aber einen finanziellen Mehraufwand für die Bank durch die Führung von Langzeitkonten aus. Während der Freistellung hat der Mitarbeiter keinen Urlaubsanspruch, die vermögenswirksamen Leistungen und das 13. tarifliche Gehalt werden nicht beziehungsweise für das laufende Kalenderjahr anteilig gewährt.

Infolge der Umwandlung sozialversicherungspflichtiger Entgeltbestandteile für das Langzeitkonto können sich Sozialleistungen reduzieren, etwa beim Kranken- und Arbeitslosengeld oder bei der Rente. Auch dies führt nicht zu höheren Folgekosten für die Bank, zum Beispiel beim Krankengeldzuschuss nach § 12 Manteltarifvertrag. Würde die Nutzung des Langzeitkontos zu Mehraufwand bei vertraglich oder betrieblich zugesagten Arbeitgeberleistungen führen (zum Beispiel bei der betrieblichen Altersvorsorge), steht der Rechtsanspruch unter dem Vorbehalt einer kostenneutralen Anpassung dieser Leistungen.

Mitarbeiter mit Langzeitkonto haben einen Anspruch auf Nutzung des Wertguthabens in folgenden Fällen:

  • während einer Elternzeit,
  • während einer Pflegezeit und einer Familienpflegezeit (§ 3 PflegeZG; § 2 FamPflZG),
  • während einer auf Dauer vereinbarten Verringerung der Arbeitszeit (§ 8 TzBfG),
  • während einer Brückenteilzeit nach § 9a TzBfG, wenn die wöchentliche Arbeitszeit während der Brückenteilzeit mindestens 50 Prozent der vollen Arbeitszeit beträgt,
  • während des Zeitraums, der nötig ist, um den Eintritt in die gesetzliche Rente vollständig zu überbrücken.

In all diesen Fällen besteht der Anspruch nur, wenn die Freistellung mindestens einen Monat umfasst.

Vorbehaltlich anderweitiger betrieblicher oder gesetzlicher Regelungen beträgt die Ankündigungsfrist für eine Freistellung das Doppelte des geplanten Freistellungszeitraums, mindestens drei, maximal aber zwölf Monate. Bei einer Freistellung vor der Rente beträgt die Ankündigungsfrist generell zwölf Monate. Bei einer solchen Freistellung besteht noch die Besonderheit, dass die Bank den Mitarbeiter so rechtzeitig auf die Ankündigungsfrist hinweisen muss, dass dieser eine Freistellung unter Auflösung des Wertguthabens noch realisieren kann.

Der Tarifvertrag enthält noch eine Öffnungsklausel für Abweichungen auf betrieblicher Ebene, § 12 LZK-TV. Arbeitgeber und Betriebsrat können über die freiwillige Mitbestimmung abweichende beziehungsweise ergänzende Regelungen treffen, insbesondere zu weiteren zulässigen Zwecken der Freizeitentnahme, zu Ankündigungsfristen oder zur Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse. In § 14 LZK-TV werden detaillierte Sonder- und Übergangsregelungen für bestehende Betriebsvereinbarungen beziehungsweise bestehende Individualvereinbarungen getroffen.


Theodora Angelova ist Rechtsanwältin beim Genossenschaftsverband Bayern. Sie ist unter 089/2868-3743 zu erreichen.

Artikel lesen
Rat