Im Fokus: Bankenunion und EU-Einlagensicherung, Meldepflichten für Immobilienkredite, Nachhaltigkeit im Finanzwesen.
Gros warnt vor „Öko-Planwirtschaft“
Im Gespräch mit der „Frankenpost“, der „Neuen Presse“ und dem „Nordbayerischen Kurier“ hat GVB-Präsident Jürgen Gros vor einer „Öko-Planwirtschaft“ gewarnt. Der Verband befürchtet, dass Politik und Finanzaufsicht Banken beim ökologischen Umbau der Wirtschaft vor den Karren spannen wollen. Gros sprach sich dagegen aus, Kreditinstitute zu „Öko-Sherriffs“ zu machen oder Eigenkapitalerleichterungen für grüne Kredite zu gewähren.
Der GVB-Präsident kritisierte außerdem die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB): Die Notenbank setze Anreize, die Staatsverschuldung nicht abzubauen und drücke die Zinsen nach unten. Trotz des schwierigen Umfelds hätte die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken ein „ordentliches Geschäftsjahr“ 2019 hinter sich.
Gefährliche Nachhaltigkeitspläne
GVB-Präsident Jürgen Gros befürchtet, dass sich die EU-Pläne für mehr Nachhaltigkeit im Finanzwesen negativ auf die Finanzstabilität auswirken. Das sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. „Es macht mir große Sorge, wenn Finanzströme durch Banken ohne tiefere Reflexion in grüne Bereiche geleitet werden sollen“, wird Gros in einem Artikel zitiert. Wenn grüne Finanzprodukte regulatorisch bevorzugt würden, könnte daraus eine Innovationsblase entstehen, warnte er.
Es sei wenig sachgerecht, wenn die Institute das Gewähren von Krediten an die Frage knüpfen müssen, ob sich Unternehmen umweltverträglich oder –schädlich verhalten. Stattdessen sprach sich Gros dafür aus, den CO2-Ausstoß stärker zu begrenzen. „Nur weil der Politik dafür vielleicht der Mut fehlt, darf sie sich mit den Banken nicht einen Hilfssheriff suchen“, wird er wiedergegeben.
Ausweitung von Nachhaltigkeitsreportings droht
Deutlich mehr Banken könnten dazu verpflichtet werden, über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsaktivitäten zu berichten. Die EU-Kommission plant, nicht-finanzielle Berichtspflichten auf kleinere Unternehmen auszuweiten. Bisher galten die Vorgaben nur für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Die Kommission erwägt, diese Schwelle auf 250 Mitarbeiter abzusenken. Damit dürfte sich die Zahl der betroffenen Volksbanken und Raiffeisenbanken in Bayern um ein Vielfaches erhöhen. Mit niedrigeren Reporting-Grenze würde ein erheblicher Mehraufwand im Controlling und bei Berichterstattungspflichten auf kleinere Geldinstitute zukommen.
Betroffene Volksbanken und Raiffeisenbanken dürfte es vor große Probleme stellen, die Vorgaben umzusetzen. Der GVB beurteilt die Überlegungen äußerst kritisch, insbesondere vor dem Hintergrund der Praktikabilität der Umsetzung. Diskutiert wird die Ausweitung, weil die EU die Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen („non-finanical reporting directive“, kurz NFRD) überarbeitet. Dazu hat die Kommission eine öffentliche Konsultation gestartet, an der sich der GVB beteiligen wird.
EZB-Politik gefährdet Regionalbanken
Die Politik der EZB gefährdet das Geschäftsmodell von Genossenschaftsbanken. Das hat GVB-Präsident Jürgen Gros in einem Gastbeitrag für das Finanzmagazin „Börse Online“ deutlich gemacht. „Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die deren früherer Präsident Mario Draghi eingeführt hat und die seine Nachfolgerin Christine Lagarde derzeit so weiterführt, engt das Geschäftsmodell von Regionalbanken ein“, schreibt Gros. Die Leistung, Geld von Kunden als Kredite an Unternehmen in der Region zu vergeben, habe an Wert verloren.
Gleichzeitig stoßen die Institute bei der Anlage von Wertpapieren an ihre Grenzen: Es gebe kaum noch rentierliche Angebote zu akzeptablen Risiken, schreibt der GVB-Präsident. Hinzu kämen strenge regulatorische Vorgaben – Entwicklungen, denen „Bankvorstände nicht tatenlos zusehen“ könnten. „Zur Wahrheit gehört auch: Verwahrentgelte und Negativzinsen alleine werden das Problem nicht lösen, das die EZB Banken wie Anlegern eingebrockt hat“, heißt es in dem Gastbeitrag.
Keine Negativzinsen für Durchschnittssparer
GVB-Präsident Jürgen Gros geht davon aus, dass Durchschnittssparer eher nicht mit Negativzinsen rechnen müssen. Das sagte er im Interview mit dem „Straubinger Tagblatt“. „Für Privatkunden erhebt im Moment ein Drittel der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken Negativzinsen, wobei weniger als ein Prozent der Kunden davon betroffen sind“, wird Gros in der niederbayerischen Tageszeitung zitiert. Das Bankguthaben des durchschnittlichen Kunden einer bayerischen Kreditgenossenschaft in Höhe von 20.000 Euro liege deutlich unter den üblichen Bemessungsgrundlagen für Negativzinsen.
Gros wirbt um Verständnis für Negativzinsen
Im Gespräch mit dem bayerischen Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber (FW) erläuterte GVB-Präsident Jürgen Gros, weshalb und in welchen Fällen Volksbanken und Raiffeisenbanken Negativzinsen auf Guthaben erheben. Die bayerischen Kreditgenossenschaften haben in den vergangenen Jahren einen starken Geldzufluss verzeichnet. Dieser übersteigt die Kreditvergabe deutlich. Für den Überschuss an Kundengeldern gebe es gegenwärtig kaum sinnvolle Anlagemöglichkeiten an den Finanzmärkten, machte Gros deutlich.
Weil immer mehr Kreditinstitute ihren Kunden negative Zinsen abverlangen, könnten Banken ohne Negativzinsen zudem mit weiteren Einlagen überflutet werden. Dem sollen negative Zinsen und Verwahrentgelte entgegenwirken. Außerdem betonte Gros, dass nur sehr wenige Privatkunden von Negativzinsen betroffen seien: Das Ausmaß sei laut GVB-Erhebungen weitaus geringer, als es die Medienberichterstattung suggeriere. An dem Treffen mit Glauber nahmen auch Vertreter der bayerischen Sparkassen und der privaten Geschäftsbanken teil.
Finanzexperten der Union greifen GVB-Position auf
Die Finanzpolitiker der Unionsfraktion im Bundestag warnen die Europäische Zentralbank (EZB) davor, ihre zentralen Grundsätze der Marktneutralität und der politischen Unabhängigkeit aufzuweichen. In einem Positionspapier fordern die Mitglieder der Arbeitsgruppe Finanzen, dass Wertpapierkäufe der Notenbank nicht an Klimazielen ausgerichtet sein sollten. Zentrales Ziel müsse weiterhin die Preisniveaustabilität sein. Industrie- und Strukturpolitik sei hingegen nicht Aufgabe der EZB.
Ähnlich sieht das auch der GVB: Eine Geldpolitik mit umweltpolitischen Zielen läuft Gefahr, sich zu übernehmen und ihre eigentlichen Ziele aus den Augen zu verlieren. Darauf wies GVB-Präsident Gros im Austausch mit Vertretern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hin. Auch in anderen Aspekten folgten die Abgeordneten der Argumentation, dass die Regulierung sich an den Ausfallrisiken, nicht jedoch an Klimazielen orientieren sollte.
Realwirtschaft bei Nachhaltigkeitsplänen einbinden
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern fordert eine stärkere Einbindung der Realwirtschaft in die Sustainable-Finance-Agenda der EU. Darauf pocht die Kammer in einem Impulspapier. Nach Einschätzung der IHK sind die Belange der Realwirtschaft in den bisher vorgeschlagenen Maßnahmen nicht angemessen berücksichtigt. Es bestehe die Gefahr, dass neue Offenlegungs- und Dokumentationspflichten zur Nachhaltigkeit kleine und mittlere Unternehmen überfordern.
Außerdem seien Einschränkungen bei der Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft zu befürchten, falls Nachhaltigkeitsvorgaben bei der Kreditvergabe für Banken verpflichtend werden. Diese Sorgen teilt der GVB. Mit der IHK tauschte sich der Verband in den vergangenen Monaten intensiv über die EU-Pläne aus. Gemeinsam mit Kammervertretern führte der GVB zudem Gespräche mit führenden Europapolitikern und der EU-Kommission, bei denen die Auswirkungen eines nachhaltigen Finanzwesens auf die Finanzierung der Realwirtschaft im Mittelpunkt standen.
Faire Partnerschaft zwischen Handel und Landwirten
Der GVB fordert, dass der Schutz vor unlauteren Handelspraktiken für alle Akteure der Lebensmittelversorgungskette gilt, unabhängig von der Größe. Das hat GVB-Vorstand Alexander Büchel auf dem von GVB und BayWa organisierten Branchentreff „Agrarimpulse“ gefordert. Die Fachmedien „Agrarheute“ und „Agrarzeitung“ haben über die Veranstaltung mit rund 700 Gästen berichtet.
In der Beziehung zwischen Erzeugern und Handel stimme etwas nicht, machte Büchel deutlich. In diesem Zusammenhang kritisierte Büchel auch die große Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels. „Landwirte und Genossenschaften müssen aber wirtschaftlich erfolgreich sein und langfristig nachhaltig produzieren können“, erklärte er. Voraussetzung dafür sei eine faire Partnerschaft zwischen Handel, Erzeugern und Verarbeitern.
Austausch mit führendem CSU-Abgeordneten
Was ist nötig, um Banken von unnötiger Bürokratie zu befreien? Darüber tauschte sich GVB-Präsident Jürgen Gros mit dem parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, aus. Die Landesgruppe hatte in einem Positionspapier zur Winterklausur im Kloster Seeon dafür plädiert, die Kreditinstitute zu entlasten.
Die ebenfalls zur Klausurtagung artikulierte CSU-Forderung nach einem kostenlosen Basiskonto für alle Sparer lehnt der GVB dagegen ab. Gros stellte klar, dass marktwirtschaftliche Prinzipien trotz der von der EZB-Niedrigzinspolitik heraufbeschworenen Situation gültig bleiben müssen.
Außerdem sprach er mit Müller über die bevorstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020. In den Verhandlungen über ein nachhaltiges Finanzwesen, eine EU-Einlagensicherung und die Umsetzung der finalen Basel III-Regeln müsse die Bundesregierung den Belangen der hiesigen Sparer, Unternehmen und Banken Rechnung tragen.
Bankenregulierung: Regionalbanken weiter entlasten
Die anstehende Überarbeitung der europäischen Bankenregulierung soll dafür genutzt werden, kleine Regionalbanken weiter zu entlasten. Das fordert der GVB in einer Stellungnahme an einen führenden Bundestagsabgeordneten, der im Finanzausschuss mit der Weiterentwicklung der EU-Finanzmarkt- und Bankenregulierung befasst ist.
Mit dem 2019 beschlossenen sogenannten Bankenpaket definierte die EU zum ersten Mal, welche Banken als „klein und nicht-komplex“ gelten. Dieses Jahr steht nun eine erneute Überarbeitung an, um die internationalen Basel III-Standards in europäisches Recht zu übertragen. Das bietet die Chance, die Regulierung kleiner Banken weiter zu vereinfachen.
Konkret schlägt der GVB vor, die Definition kleiner und nicht-komplexer Banken anzupassen: Der Bilanzsummen-Schwellenwert von 5 Milliarden Euro, nach dem sich die Einstufung der Bank bemisst, soll künftig an das Wirtschaftswachstum gekoppelt werden. Somit könnten Regionalbanken mit der Wirtschaft mitwachsen, ohne dadurch in eine andere Regulierungsklasse zu rutschen. Außerdem spricht sich der Verband für eine zeitnahe Entlastung der Banken im Meldewesen aus.
Meldewesen: Ausschuss greift GVB-Forderung auf
Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments hat die EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA aufgefordert, ihre Vorschläge zur Entlastung kleiner und nicht-komplexer Banken im Meldewesen fristgerecht vorzulegen. Der EU-Gesetzgeber hatte die EBA damit beauftragt, die Reportingkosten der Institute zu ermitteln und Vorschläge zu unterbreiten, wie die Belastung kleiner und nicht-komplexer Institute gesenkt werden kann. Zuletzt deutete sich allerdings an, dass die EBA ihren Auftrag auf die lange Bank schieben will.
Zusammen mit der IHK für München und Oberbayern hat sich der GVB deshalb an führende Abgeordnete im Ausschuss gewandt und eine fristgerechte Umsetzung der Vorschläge angemahnt. Dieser Forderung schlossen sich die Parlamentarier an. In einer Stellungnahme des Ausschusses zur jährlichen Entlastung der Behördenhaushalte forderten sie die EBA auf, den gesetzlich vorgeschriebenen Zeitplan einzuhalten.
Wirtschaftsministerium greift GVB-Positionen auf
Das bayerische Wirtschaftsministerium kritisiert die geplanten Meldepflichten für Eigenheimkredite. Das federführende Bundesfinanzministerium müsse berücksichtigen, dass neue Meldeanforderungen vor allem für kleine Banken zu bürokratischem Mehraufwand führen. Auch die hohe Stabilitätskultur der hiesigen Immobilienmärkte sei zu beachten. Aus bayerischer Sicht soll der Meldeumfang verringert werden. Der Meldeturnus sei mit vierteljährlichen oder sogar monatlichen Meldungen ebenfalls zu hoch angesetzt.
Zudem regt das Wirtschaftsministerium an, die Umsetzungsfrist für die Kreditinstitute zu verlängern und Daten zum Bestandsgeschäft – die teils unter großem Aufwand nacherfasst werden müssten – von der Meldung auszunehmen. Der GVB begrüßt diese Positionierung. Zuvor hatte sich der Verband mit einer eigenen Stellungnahme an das Ministerium in München gewandt.
Zum Hintergrund: Das Bundesfinanzministerium will der Bundesbank mittels einer Verordnung gestatten, teilaggregierte Daten zur Wohnungsbaufinanzierung von den Instituten zu erheben. Diese sollen es den Aufsehern ermöglichen, sich ein genaueres Bild von der Stabilität der Immobilienmärkte zu verschaffen.
GVB und FPMI gegen Aktiensteuer
Der GVB und die weiteren in der Finanzplatz München Initiative (FPMI) zusammengeschlossenen Akteure des bayerischen Finanzwesens sprechen sich deutlich gegen eine Aktiensteuer aus. Bundesfinanzminister Olaf Scholz und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire hatten vorgeschlagen, die lang geplante EU-Finanztransaktionssteuer in Form einer Besteuerung von Aktienkäufen einzuführen. Die österreichische Regierung hat bereits erhebliche Bedenken angemeldet.
Für Kleinanleger würden Vermögensbildung am Kapitalmarkt und Altersvorsorge erschwert. Das ursprüngliche Ziel – die Eindämmung spekulativer Geschäfte – verfehlt die Aktiensteuer. Darauf macht die FPMI in einem Positionspapier aufmerksam. Die Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer war 2011 gescheitert. Seither verhandelt ein kleiner Kreis, dem neben Deutschland, Frankreich und Österreich inzwischen nur noch sechs weitere Länder angehören, über die Steuer. Sollten die Verhandlungen scheitern, hat Scholz angekündigt, die Aktiensteuer in einem nationalen Alleingang einzuführen.
Christoph Spöckner ist stellvertretender Pressesprecher des Genossenschaftsverbands Bayern. Felix Ehrenfried ist Referent Verbandspolitik beim Genossenschaftsverband Bayern.