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Die genossenschaftlichen Unternehmen der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Bayern sind in ihrer Region verwurzelt, aber vielfach auch auf internationalem Handelsparkett aktiv. Doch insbesondere auf den weltweiten Märkten besteht unter anderem wegen des Brexit derzeit viel Unsicherheit über die möglichen Konsequenzen. Was bedeutet das für die ländlichen Genossenschaften in Bayern?

Um diese Frage drehten sich die „Agrarimpulse 2018“ Ende Februar in Straubing. Der Agrartag der bayerischen Genossenschaftsorganisation wird gemeinsam vom Genossenschaftsverband Bayern (GVB) mit der BayWa organisiert. Die Veranstaltung stand unter dem Titel „Freier Welthandel in Gefahr – Trump, Brexit & Co. und die Folgen“.

Export und regionale Vermarktung bieten Chancen

„Der Export von land- und ernährungswirtschaftlichen Gütern ist und bleibt für Bayern von herausragender Bedeutung“, sagte GVB-Vorstandsmitglied Alexander Büchel in seiner Eröffnungsrede. Er betonte aber auch, dass die regionale Vermarktung rasch an Bedeutung gewinnt. Für die ländlichen Genossenschaften in Bayern ergäben sich daraus zahlreiche Chancen, da sie in der Region verwurzelt sind und so einen direkten Bezug zu den Verbrauchern haben.

Im internationalen Warenhandel bestimme die Globalisierung das Marktgeschehen und nicht etwa regulatorische Vorgaben der Bundesregierung oder der Europäischen Union. Das betonte Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV). Die Globalisierung sei der große Veränderungstreiber. Darauf müssten die Unternehmen ihre Strategien ausrichten. Deshalb sei es wichtig, die Einbindung der deutschen Agrarwirtschaft in internationale Warenströme voranzutreiben. Insbesondere nicht-tarifäre Handelshemmnisse müssten zeitnah und dauerhaft abgebaut werden, forderte Holzenkamp. „Wir begrüßen und unterstützen die Aktivitäten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, den Export weiter auszubauen. Allerdings erwarten wir auch Zugänge zu neuen Märkten, die für die genossenschaftliche Agrar- und Ernährungswirtschaft in Deutschland bisher nicht erschlossen sind“, so der DRV-Präsident.

Impressionen von den Agrarimpulsen 2018

Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV)
Agrarimpulse 2018: DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp forderte, Handelshemmnisse dauerhaft abzubauen.
Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG
Marktchancen: BayWa-Vorstandsvorsitzender Klaus Josef Lutz sieht den Trend zur Regionalisierung in der Agrarwirtschaft positiv.
Alexander Büchel, Mitglied des Vorstands des Genossenschaftsverbands Bayern
Export: GVB-Vorstandsmitglied Alexander Büchel betonte, dass die Ausfuhr von land- und ernährungswirtschaftlichen Gütern für Bayern herausragende Bedeutung hat.
Gosia Binczyk, Beraterin für Handelsfragen der Europäischen Kommission in Deutschland
Globalisierung: Gosia Binczyk, Beraterin für Handelsfragen der Europäischen Kommission in Deutschland, erläuterte die Handelspolitik der EU.
Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter Landwirtschaft bei Westfleisch SCE mbH
Spannungsfeld: Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter Landwirtschaft der genossenschaftlichen Unternehmensgruppe Westfleisch, sprach die unterschiedlichen Entwicklungen in der Fleischbranche an.
Diskussionsrunde (v. li.): BayWa-Chef Klaus Josef Lutz, Heribert Qualbrink von Westfleisch sowie Gosia Binczyk von der Europäischen Kommission mit Moderator Simon Michel-Berger
Diskussionsrunde (v. li.): BayWa-Chef Klaus Josef Lutz, Heribert Qualbrink von Westfleisch sowie Gosia Binczyk von der Europäischen Kommission mit Moderator Simon Michel-Berger.
Die Agrarimpulse in der Joseph-von-Fraunhofer-Halle in Straubing
Impression: Die Agrarimpulse in der Joseph-von-Fraunhofer-Halle in Straubing.
Moderator Simon Michel-Berger, stellvertretender Chefredakteur vom Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt
Moderator: Simon Michel-Berger, stellvertretender Chefredakteur vom Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt, führte durch die Veranstaltung.
Heribert Qualbrink, Simon Michel-Berger, Gosia Binczyk, Franz-Josef Holzenkamp, Alexander Büchel, Jakob Lipp, Gedankenkünstler und Landwirt aus Rechtmehring, sowie Johann Auer, stellvertretender GVB-Bezirkspräsident und Vorstandsvorsitzender der Erzeugergemeinschaft Südostbayern, und Klaus Josef Lutz
Freuten sich über 950 Besucher: (von links) Heribert Qualbrink, Simon Michel-Berger, Gosia Binczyk, Franz-Josef Holzenkamp, Alexander Büchel, Jakob Lipp, Gedankenkünstler und Landwirt aus Rechtmehring, sowie Johann Auer, stellvertretender GVB-Bezirkspräsident und Vorstandsvorsitzender der Erzeugergemeinschaft Südostbayern, und Klaus Josef Lutz.

Auch BayWa-Vorstandsvorsitzender Klaus Josef Lutz ging auf die Internationalisierung der Agrarmärkte ein. Alle Marktteilnehmer seien Teil einer globalen Wertschöpfungskette. Die Preise  für Agrarprodukte bestimme der Weltmarkt. Lutz betonte den hohen Konkurrenzdruck auf den Agrarmärkten. Bei digitalen Dienstleistungen hätten zudem neue Wettbewerber wie Apple, Google oder Amazon die Landwirtschaft für sich entdeckt. Gleichwohl sei auch anderswo auf der Welt der Trend zur Regionalisierung spürbar. „Die lokale Produktion und lokale Vermarktung werden gepusht und international an Bedeutung gewinnen – gerade in Asien oder der arabischen Welt“, so Lutz. Genossenschaften biete das die Möglichkeit, über Partnerschaften und Kooperationen Marktchancen zu generieren.

Gosia Binczyk von der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland erläuterte in ihrem Vortrag die heutige EU-Handelspolitik. Die EU sehe ihre Rolle insbesondere darin, Globalisierung zu gestalten. Dazu zählten unter anderem die Entwicklung von weltweiten Standards und der Abschluss von bilateralen Abkommen mit den wichtigsten wirtschaftlichen Partnern der Europäischen Union - darunter die Vereinigten Staaten, Kanada, Mexiko, Asien und die Pazifikanrainer.

Auseinanderstrebende Entwicklungen

In der Fleischbranche spielt die Globalisierung ebenfalls eine große Rolle – aber nicht nur. Das machte Heribert Qualbrink, Einkaufsleiter der genossenschaftlichen Unternehmensgruppe Westfleisch aus Münster deutlich. Die Betriebe müssten sich in einem Spannungsfeld unterschiedlicher und teils auseinanderstrebender Entwicklungen zurechtfinden: Als Beispiele nannte er die gleichzeitige Internationalisierung und Regionalisierung der Märkte, den rückläufigen Inlandskonsum, Export-Barrieren, einen hohen Preis- und Differenzierungsdruck, Marktschwankungen und den Widerspruch zwischen dem tatsächlichen Einkaufsverhalten der Verbraucher und dem hohen gesellschaftlichen Anspruch an die Herstellung von Lebensmitteln.

Um in diesem Spannungsfeld erfolgreich zu wirtschaften, müssten sich Hersteller und verarbeitende Betriebe vertrauen. Dafür sei eine regionale Bindung sehr wichtig. „Unser Ziel ist es, gemeinsam mit unseren Landwirten die Zukunft zu sichern und eine dauerhafte Wertschöpfung zu erzielen“, so Qualbrink.

Moderator Simon Michel-Berger, stellvertretender Chefredakteur des "Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts", betonte in seinem Fazit der Veranstaltung die Bedeutung des genossenschaftlichen Zusammenhalts für den unternehmerischen Erfolg. „Wichtig ist für alle Beteiligten, vom Erzeuger über den Verarbeiter bis zum Verkäufer: Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie gut können – und reden Sie miteinander, um am selben Strang zu ziehen“, sagte Michel-Berger. Diese Aussage hob in seinem Schlusswort auch Johann Auer, stellvertretender GVB-Bezirkspräsident von Niederbayern, hervor.

Erika Henger ist Referentin im Bereich Beratung Ware und Dienstleistung des Genossenschaftsverbands Bayern.

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