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Nach Schätzungen des bayerischen Wirtschaftsministeriums stehen im Freistaat bis zum Jahr 2021 rund 30.000 Unternehmen mit mehr als 500.000 Arbeitsplätzen vor einem Generationenwechsel. Allerdings gibt es nicht immer Söhne und Töchter, die  in die Fußstapfen der Eltern treten. Viele Inhaber tun sich schwer damit, einen passenden Nachfolger zu finden. Der Fortbestand vieler – auch sehr erfolgreicher – Betriebe ist deshalb akut gefährdet.

Doch es gibt Alternativen zur Übernahme durch die Kinder oder einen externen Investor. Eine durchaus interessante, bislang aber wenig bekannte Option ist die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (eG). Sie bietet sich vor allem dann an, wenn das Unternehmen als Arbeitgeber in der Region bleiben soll, der Gründer sein Lebenswerk erhalten möchte oder die Einflussnahme eines externen Investors verhindert werden soll. Im Freistaat hat der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) in den vergangenen Jahren mehrere Unternehmen bei der Umwandlung begleitet.

Genossenschaftliche Unternehmen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Mitglieder gleichzeitig Inhaber sind und dadurch von den Leistungen des Unternehmens profitieren. Sie sind in wichtige Unternehmensentscheidungen wie Satzungsänderungen, Wahlen oder die Abberufung von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern aktiv eingebunden. Dadurch bestimmen sie die Entwicklung ihres Unternehmens entscheidend mit.

Bei einer Genossenschaft kann der Übergang in der Unternehmensführung vom bisherigen Inhaber gleitend auf die neue Führungsmannschaft erfolgen. Ein besonderer Vorteil ist, dass die Mitarbeiter als Mitglieder und Teilhaber in die Genossenschaft eingebunden werden können. Das sichert das bisher erworbene Know-how und die Kompetenzen der Beschäftigten für die Zukunft. Ebenso können die neuen Gestaltungsbereiche und die höhere Verantwortung zu einer zusätzlichen Motivation der Mitarbeiter führen. Der Alt-Inhaber kann weiterhin ebenfalls Mitglied der Genossenschaft bleiben und deren weitere Fortentwicklung begleiten. Mit der Überführung in eine Genossenschaft können strategische und vertrauliche Unternehmenswerte vor fremden Einfluss geschützt und die bewährte Unternehmenskultur erhalten werden.

Vorteile der Genossenschaft als Nachfolgemodell

  • Gleitender Übergang vom Inhaber auf die neue Führungsmannschaft
  • Erhalt des Know-hows der Mitarbeiter
  • Schutz der strategischen und vertraulichen Unternehmenswerte
  • Keine Suche nach externem Käufer erforderlich
  • Fortführung bewährter Strukturen und Geschäftsbeziehungen, etwa mit Lieferanten und Banken
  • Fortsetzung einer teamorientierten Unternehmensführung und Motivation der Mitarbeiter
  • Einbindung von Beteiligungskapital möglich
  • Kunden und Geschäftspartner können Mitglied werden
  • Sicherung der Arbeitsplätze

Für den Wechsel in die Genossenschaft sind je nach bestehender Rechtsform verschiedene Notwendigkeiten zu beachten. Soll eine Kapitalgesellschaft (GmbH) oder ein eigetragener Verein in eine Genossenschaft überführt werden, kann der Prozess nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes ablaufen. Auch der Verkauf der Vermögensteile (Asset Deal) an eine neu zu gründende Genossenschaft ist möglich. Dieser Weg bietet sich insbesondere an, wenn das Geschäft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auf eine Genossenschaft übertragen werden soll. Sind alle Assets der Altgesellschaft verkauft, kann diese aufgelöst werden. In jedem Fall sind bereits im Vorfeld – wie bei jeder Unternehmensübergabe – der Unternehmenswert zu bestimmen, die Finanzierung und die steuerlichen Auswirkungen zu klären sowie bestehende Verträge zu prüfen. Die rechtliche und steuerliche Gestaltung ist auf den individuellen Einzelfall auszurichten. Dabei empfiehlt es sich, die Experten möglichst frühzeitig in den Prozess mit einzubinden.

Förderauftrag definieren

Besondere Herausforderungen in der Gestaltung einer Genossenschaft als Nachfolgeunternehmen liegen in der Definition eines genossenschaftlichen Förderauftrags, der den Anforderungen des Genossenschaftsgesetzes entspricht. Die Bildung einer „Mitarbeiter“-Genossenschaft, in der die Schaffung und der Erhalt der Arbeitsplätze im Vordergrund stehen, kann dabei eine naheliegende und pragmatische Lösung sein. Die Gestaltung des Stimmrechts, das unabhängig von der Kapitalbeteiligung ist, unterstützt kooperative und teamorientierte Ansätze. Die Einbindung von Mitarbeitern in die Geschäftsführung kann durch ein entsprechendes Qualifizierungs- und Fortbildungsprogramm unterstützt werden. Dazu und zu allen weiteren Fragestellungen beraten die Fachleute des Genossenschaftsverbands Bayern interessierte Unternehmer (siehe Kasten unten).

Die Übertragung in eine Genossenschaft bietet die Chance, das in der Region verwurzelte Unternehmen und die damit verbundenen spezifischen regionalen Angebote und Traditionen weiterzuführen. Genossenschaftliche Unternehmen tragen gerade in den ländlichen Räumen zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftskraft, zum Erhalt von Arbeitsplätzen und zur Identifikation der Menschen mit ihrer Region bei.

Unterstützung des GVB

Sie beschäftigen sich mit der Idee, eine Genossenschaft zu gründen? Oder Sie wollen, dass Ihr Lebenswerk in Form einer Mitarbeiter-Genossenschaft weitergeführt wird? Die Experten des Genossenschaftsverbands Bayern bieten fachkundige Unterstützung, auch in rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen. E-Mail: gruendungsberatung@gv-bayern.de, Telefon: 089 2868-3562.

Wolfdieter von Trotha ist Gründungsberater beim Genossenschaftsverband Bayern.

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