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Am 19. Juni 2024 erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Jahr 2025 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften und betonte damit die entscheidende Rolle, die Genossenschaften für eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung spielen. Auch in Deutschland leisten die heute über 7.000 Genossenschaften einen bedeutenden Beitrag für Wirtschaft und Gesellschaft. Mehr als 900.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in genossenschaftlichen Unternehmen angestellt. 23,4 Millionen Genossenschaftsmitglieder gibt es in unserem Land – damit ist rein statistisch jede vierte Person Mitglied in einer Genossenschaft. Auch Bayern ist Genossenschaftsland: Zu den 1.200 Mitgliedern des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) zählen 184 Volksbanken und Raiffeisenbanken (davon 29 Banken mit Warengeschäft) sowie 1.016 Unternehmen aus Branchen wie Landwirtschaft, Energie, Handel, Handwerk und Dienstleistungen. Sie bilden mit rund 50.000 Beschäftigten und 2,8 Millionen Anteilseignern eine der größten mittelständischen Wirtschaftsorganisationen im Freistaat.

Auf der ganzen Welt gibt es nach Zahlen der International Cooperative Alliance (ICA) zirka drei Millionen Genossenschaften. Unter dem Dach des internationalen Genossenschaftsbunds ICA versammeln sich mehr als eine Milliarde Genossenschaftsmitglieder. Etwa zwölf Prozent der Weltbevölkerung sind laut ICA Mitglieder einer Genossenschaft – diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung von Genossenschaften rund um den Globus. Nachdem die Vereinten Nationen bereits das Jahr 2012 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen hatten, wird 2025 nun erneut ihr Jahr. Die ICA startete Ende November 2024 mit einer globalen Konferenz im indischen Neu-Delhi in die Festlichkeiten.

Das Motto des Internationalen Jahres der Genossenschaften 2025 lautet: „Cooperatives Build a Better World“ (Genossenschaften schaffen eine bessere Welt). Deutlich im Mittelpunkt soll stehen, wie das Genossenschaftsmodell eine wesentliche Lösung zur Bewältigung vieler globaler Herausforderungen darstellen kann – in der Vergangenheit und vor allem auch in Zukunft. Ariel Guarco, der Präsident der International Cooperative Alliance, kommentiert das so: „Dies ist das zweite Mal in der Geschichte, dass die Vereinten Nationen den Genossenschaften ein Internationales Jahr gewidmet haben, und das ist kein Zufall. Angetrieben von der Sorge um alle Gemeinschaften haben sich Genossenschaften erfolgreich an die Herausforderungen unserer Zeit angepasst und im Laufe der Geschichte wiederholt gezeigt, dass wir gemeinsam tatsächlich eine bessere Welt schaffen.“

„Angetrieben von der Sorge um alle Gemeinschaften haben Genossenschaften im Laufe der Geschichte wiederholt gezeigt, dass wir gemeinsam tatsächlich eine bessere Welt schaffen.“

Ariel Guarco, Präsident der International Cooperative Alliance

Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) übersetzt das Motto des Internationalen Jahrs in den Slogan „Genossenschaften machen’s besser. Für dich, für uns, für morgen“. Damit die GVB-Mitglieder die Botschaften des Internationalen Jahrs der Genossenschaften weitertragen können, plant der Verband eine Reihe von Unterstützungsleistungen (siehe Kasten).

Unterstützungsleistungen des GVB

Das Internationale Jahr der Genossenschaften bietet eine Chance, die Leistungen der Genossenschaften öffentlich darzustellen. Um die Mitglieder dabei zu unterstützen, stellt der GVB neben einem eigenen Logo zum Genossenschaftsjahr auch Mustertexte (zum Beispiel für General-/Vertreterversammlung), Werbemittel für das Marketing und Social-Media-Kanäle sowie einen kurzen Filmeinspieler zur Verfügung, den die Mitglieder für eigene Veranstaltungen verwenden können. Alle Materialien und auch die Dokumente sowie Fakten, die von den Bundesverbänden zu dem Thema angeboten werden, sammelt der Verband auf einer eigenen Themenseite im Mitgliederportal.

Genossenschaften gestalten Heimat

Doch was machen Genossenschaften besser – für dich, für uns, für morgen? „Genossenschaften leben die Werte der Sozialen Marktwirtschaft. Sie sind solidarisch, leisten einen Beitrag zur Gesellschaft, setzen dabei auf Eigenverantwortung und Unternehmertum. Das, eingebunden in ein starkes Netzwerk, macht für mich die Besonderheit aus“, beschreibt GVB-Präsident Stefan Müller die Faszination von Genossenschaften. Genossenschaften gestalten Heimat und machen sie für die Menschen lebenswert, wie „Profil“ in Ausgabe 07 2024 ausführlich dargestellt hat (Links zu den einzelnen Artikeln im Kasten). „Gerade das Miteinander ist ein zentrales Element, das Genossenschaften stark macht und auch ihre Fähigkeit zur Gestaltung von Gemeinschaften und Regionen maßgeblich beeinflusst“, sagt Stefan Jörg, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Landsberg-Ammersee. Genossenschaften zeichneten sich durch ihre gemeinschaftliche Struktur aus, bei der die Mitglieder im Mittelpunkt stehen. Sie treffen gemeinsam Entscheidungen und übernehmen Verantwortung.

Weil bei Genossenschaften der Mitgliedernutzen und nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, würden die Bürger vor Ort dauerhaft profitieren, sagt auch Pascal Lang, Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaft Inn-Salzach eG (EGIS eG). „Wir bieten mehr als Dividende, nämlich Wärme, Strom und Mobilität, regional erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen. Außerdem bieten wir im Fall des Wärmenetzes stabile Wärmepreise, auf die sich die Nutzer verlassen können“, betont Lang – und meint damit nicht nur die EGIS eG, sondern alle bayerischen Energiegenossenschaften. Zudem seien Genossenschaften bereit, auch neue Themen anzudenken, von denen andere Investoren vielleicht die Finger lassen würden. „Genossenschaften haben Pioniergeist. Indem sie innovative Projekte vorantreiben, gestalten sie die Energiewende vor Ort. Das nützt am Ende allen“, sagt Lang.

Fokus auf die Bedürfnisse der Mitglieder

Thomas Kuhlmann ist Geschäftsleiter der BÄKO Franken Oberbayern-Nord eG. Die Genossenschaft beliefert Bäcker und Konditoren in ihrem Geschäftsgebiet seit über 120 Jahren mit allem, was diese zur Produktion ihrer hochwertigen Back- und Konditorwaren benötigen. Inwiefern können Genossenschaften die Welt besser machen? „Genossenschaften bieten eine Form der Organisation, die den Fokus auf die Bedürfnisse der Mitglieder legt“, sagt Kuhlmann. Was er im Einzelnen meint, hat er in fünf Punkten zusammengefasst (siehe Kasten).

Nachhaltig in jeder Hinsicht

Inwiefern können Genossenschaften die Welt besser machen? Dazu Thomas Kuhlmann, Geschäftsleiter der BÄKO Franken Oberbayern-Nord eG:

Soziale Gerechtigkeit und Inklusion

  • In Genossenschaften haben alle Mitglieder eine Stimme. Diese Gleichberechtigung fördert die Demokratie.
  • Genossenschaften bieten benachteiligten Gruppen die Möglichkeit, in die wirtschaftliche Aktivität eingebunden zu werden.
  • Durch den Fokus auf Zusammenarbeit und Solidarität unterstützen Genossenschaften das Miteinander und nicht den Wettbewerb.

Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung

  • Genossenschaften investieren oft in lokale Gemeinschaften und unterstützen kleine Unternehmen, was die lokale Wirtschaft stärkt.
  • Da Genossenschaften den Nutzen ihrer Mitglieder in den Vordergrund stellen, und nicht primär gewinnorientiert sind, sind sie widerstandsfähiger gegenüber Schwankungen.

Umweltschutz und Nachhaltigkeit

  • Auch Genossenschaften treiben nachhaltige Maßnahmen wie zum Beispiel Photovoltaikanlagen oder Windkraftanlagen voran, und leisten somit einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

Stärkung der sozialen Verantwortung

  • Genossenschaften investieren oft in soziale Projekte, zum Beispiel durch Bildungsinitiativen, Gesundheitsprogramme oder durch Unterstützung von Bedürftigen.

Erhöhung der wirtschaftlichen Resilienz

  • Genossenschaften sind in der Lage, wirtschaftliche Herausforderungen durch kollektive Anstrengungen besser zu bewältigen.
  • Da der Gewinn im Kreis der Mitglieder bleibt, verhindert das genossenschaftliche Modell eine Ausbeutung von Arbeitskräften und Ressourcen.
  • Wohnungsbaugenossenschaften ermöglichen es ihren Mitgliedern, sicheren und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten.

Potenzial in vielen Bereichen noch nicht ausgeschöpft

Dass Genossenschaften vielfältigen Mitgliedernutzen schaffen, beweisen sie seit mehr als 170 Jahren. Doch wo haben sie ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft, sowohl im ländlichen als auch im urbanen Raum Bayerns? Auch dazu hat sich BÄKO-Geschäftsleiter Thomas Kuhlmann Gedanken gemacht. Für den ländlichen Raum nennt er folgende Punkte:

Landwirtschaftliche Genossenschaften

„Durch die Bündelung von Ressourcen und Wissen spielen Genossenschaften eine wichtige Rolle. Somit können landwirtschaftliche Mitgliedsbetriebe in Technologien investieren, die die Umwelt schonen, wie zum Beispiel biologische Vielfalt, Klimaschutz oder Wasserwirtschaft“, sagt Kuhlmann.

Energiegenossenschaften

Der Zuwachs an Energiegenossenschaften vor allem im ländlichen Raum zeige das große Potenzial, das in der Energiewende steckt, insbesondere in den Bereichen Wind, Sonne und Wärme. „Energiegenossenschaften können außerdem die lokale Energieversorgung stärken und damit einhergehend die Versorgungssicherheit und die Unabhängigkeit von fossilen Energien vorantreiben“, meint Kuhlmann.

Wohnen im ländlichen Raum

Wohnungsbaugenossenschaften könnten in ländlichen Regionen für bezahlbaren Wohnraum sorgen und damit die Gemeinschaft stärken. Zudem können Genossenschaften sich der sozialen Infrastruktur annehmen, zum Beispiel zur Kinderbetreuung oder für gemeinschaftliche Veranstaltungen.

Externer Inhalt

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Was macht eigentlich die BÄKO Franken Oberbayern-Nord eG? Das Video gibt Einblicke in einen Arbeitstag der Genossenschaft.

Auch im urbanen Raum sieht Kuhlmann vielfältige Möglichkeiten, wie Genossenschaften wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Nutzen schaffen können:

Wohnungsbaugenossenschaften

Auch im städtischen Gebiet ist bezahlbarer Wohnraum ein großes Problem. „Hier leisten Wohnbaugenossenschaften verstärkt ihren Beitrag, indem sie durch den Bau und die Verwaltung von Mietwohnungen eine Lösung bieten“, sagt Kuhlmann. Genossenschaften könnten für günstigere Mieten sorgen, weil bei ihnen nicht die Gewinnmaximierung im Fokus stehe. Das Konzept de „Co-Livings“ könne ebenfalls durch Genossenschaften weiterentwickelt werden. „Hier entsteht nicht nur Wohnraum, sondern fördert auch die soziale Komponente“, sagt Kuhlmann.

Soziale Genossenschaften

In Städten gibt es einen wachsenden Bedarf an sozialen Dienstleistungen wie Pflege, Kinderbetreuung oder Seniorenhilfe. „Genossenschaften könnten in diesem Bereich noch mehr aktiv werden und durch gemeinschaftliche Verantwortung eine hohe Qualität und Zugang für alle Bevölkerungsschichten gewährleisten. Soziale Genossenschaften könnten auch dazu beitragen, den demografischen Wandel zu gestalten und eine inklusive Gesellschaft zu fördern“, sagt Kuhlmann.

Doch um dieses Potenzial auszuschöpfen, müssen sich auch Genossenschaften verändern.

Traditionelle Stärke und innovativen Anpassungen

„Genossenschaften müssen flexibel und anpassungsfähig bleiben, neue Technologien und Geschäftsmodelle integrieren, um relevant zu bleiben“, sagt Kuhlmann. Die Weiterentwicklung des Genossenschaftswesens im 21. Jahrhundert erfordere eine Kombination aus traditioneller Stärke und innovativen Anpassungen. „Gleichzeitig müssen sie ihre grundlegenden Werte von Demokratie, Solidarität und sozialer Verantwortung weiter leben, um den Mitgliedern einen echten Nutzen zu verschaffen.“

Genossenschaften sind immaterielles Kulturerbe

Die weltweit verbreitete Genossenschaftsidee ist maßgeblich von den beiden deutschen Genossenschaftsgründern Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch geprägt worden. Die beiden Genossenschaftspioniere haben vor 170 Jahren die ersten Rohstoffassoziationen und Darlehenskassen für Not leidende Bäuerinnen und Bauern und Handwerker gegründet. Zeitgleich entstanden auch in anderen Ländern erste genossenschaftliche Strukturen.

Im Jahr 2016 ist die Genossenschaftsidee von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt worden. Eine unabhängige Kommission begründete die Empfehlung damit, dass sich Genossenschaften auch an sozialen Werten orientieren und auf ideellen Grundsätzen wie Solidarität, Ehrlichkeit, Verantwortung und Demokratie aufbauen. Das seien Prinzipien des kulturellen Selbstverständnisses menschlicher Gemeinschaften. Quelle: DGRV

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