Koalitionsvertrag: SPD, Grüne und FDP haben sich auf gemeinsame Ziele geeinigt. Viele Themen bewertet GVB-Präsident Jürgen Gros positiv, einige gilt es, besonders gut zu beobachten.
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- Interview mit GVB-Präsident Gros im „Münchner Merkur“: Kommt die Inflation auf Touren?
- Koalitionsvertrag: GVB fasst für seine Mitglieder relevante Punkte zusammen
- EU-Gesetzespaket zur Finalisierung von Basel III: GVB bemängelt fehlende Proportionalität
- AGB-Urteil: Positives Medienecho auf Initiative von GVB und Sparda-Verband
- Gastbeitrag von GVB-Präsident Gros: Heimatbanken als Anker der Stabilität
- Heimatbanken im besten Sinne: Medienkampagne der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
- 75 Jahre Bayerische Verfassung: Ohne Genossenschaften wäre Bayern ärmer
Interview mit GVB-Präsident Gros im „Münchner Merkur“: Kommt die Inflation auf Touren?
In einem ausführlichen Interview sprach der „Münchner Merkur“ (Ausgabe vom 14. Dezember 2021) mit GVB-Präsident Jürgen Gros über die Geldpolitik der EZB, die Lage der bayerischen Kreditgenossenschaften und seine Erwartungen an die Ampelkoalition. Das Jahr 2021 werde für die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken voraussichtlich ein solides Ergebnis bringen, berichtete Gros im Merkur-Interview. Den Genossenschaftsbanken gelinge es, durch ein solides Wachstum im Kreditbereich die schwierige Zinssituation in Teilen zu kompensieren. Zu den Herausforderungen der Banken zähle, adäquates Personal zu finden. Denn der Arbeitsplatzabbau bei Großbanken löse Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der Jobs in der ganzen Branche aus. „Volksbanken und Raiffeisenbanken bauen nicht ab, sondern auf, sie bieten jungen Menschen eine gute Jobperspektive“, betonte Gros.
Befragt nach seinen Erwartungen an die neue Regierung sagte Gros, dass der Koalitionsvertrag aus Sicht der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken durchaus gelungen sei. „Erstens, weil etwas nicht drinsteht, was wir befürchtet hatten. Ein Wechsel von der provisionsbasierten Beratung zur Honorarberatung. Zweitens, weil man aus der Pandemie Lehren ziehen will und Regulierung auf ihre Tauglichkeit überprüfen möchte. Und drittens, weil wir Rückenwind bekommen für die Basel-III-Finalisierungsverhandlungen, wo es insbesondere für kleinere und mittlere Banken zu Erleichterungen bei der Regulierung kommen soll. Da findet sich vieles wieder, was wir in den letzten Jahren gepredigt haben“, sagte Gros.
Zur Inflation sagte Gros, dass diese seiner persönlichen Auffassung nach kein vorübergehender Effekt sein werde. „Mittelständler erzählen von Faktoren, die preistreibend sein können, von gestörten Lieferketten, Ressourcen-Knappheit, hohen Transportkosten. Container aus China sind auf lange Zeit ausgebucht“, begründete er seine Meinung. Die expansive Geldpolitik der EZB diene der Rettung des Euro und der Stützung südeuropäischer Länder, so Gros. Sie rühre noch aus Zeiten, in denen eher mit Deflation zu rechnen war. „Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen deutlich geändert. Insofern sollte die EZB intensiv über ihren Kurs nachdenken“, sagte der GVB-Präsident. Ein erstes Zinssignal hätte einen disziplinierenden Effekt auf die Staaten, sich nicht weiter zu verschulden. Auch auf dem Kurznachrichtendienst Twitter äußerte sich Gros wiederholt zur Geldpolitik der EZB. Diese sollte sich dringend auf ihre eigentliche Rolle besinnen: die Sicherung der Preisstabilität. Es sei an der Zeit, dass die EZB eine Perspektive für einen Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik aufzeigt, forderte Gros in einem Tweet.
Koalitionsvertrag: GVB fasst für seine Mitglieder relevante Punkte zusammen
Die neue Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hat ihre Arbeit aufgenommen. Grundlage der politischen Arbeit ist der Koalitionsvertrag, den die drei Regierungsparteien am 24. November 2021 unterzeichnet haben. Kleine und mittlere Banken werden in dem Papier mehrfach ausdrücklich erwähnt und gewürdigt. Daneben enthält der Koalitionsvertrag unter anderem umfangreiche Pläne zum Umbau der Landwirtschaft und zum politisch angestrebten künftigen Energiemix. Wo sind die bayerischen Genossenschaften noch betroffen? Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) hat sich den Koalitionsvertrag genau angeschaut und für seine Mitglieder alle relevanten Punkte zusammengefasst. Die Analyse kann im GVB-Mitgliederbereich als PDF-Dokument heruntergeladen werden.
Dass die neue Bundesregierung den Interessen kleiner und mittlerer Banken Rechnung tragen will, hatte der GVB anlässlich der Vorstellung des Koalitionsvertrags in einer Pressemitteilung begrüßt. Die „Bayerische Gemeindezeitung" greift die Mitteilung in ihrer Ausgabe vom 16. Dezember 2021 auf. „Regionale Kreditinstitute werden gebraucht. Das haben die neuen Regierungspartner anerkannt“, zitiert die Zeitung GVB-Präsident Jürgen Gros. Jetzt komme es darauf an, den Worten Taten folgen zu lassen und entschlossene Schritte zur regulatorischen Entlastung kleinerer Banken einzuleiten, wird Gros wiedergegeben. Kritisch sehe der GVB-Präsident jedoch die Pläne einer europäischen Rückversicherung für nationale Einlagensicherungssysteme. „Wichtig ist, dass die Belange von Volksbanken und Raiffeisenbanken gewahrt bleiben. Regionale Bankengruppen mit einem eigenen Institutssicherungssystem, das strenge Kriterien erfüllt, müssen die Möglichkeit haben, von einer europäischen Lösung ausgenommen zu bleiben“, zitiert das Blatt den GVB-Präsidenten.
EU-Gesetzespaket zur Finalisierung von Basel III: GVB bemängelt fehlende Proportionalität
Die EU-Kommission hat ein umfangreiches Gesetzespaket vorgelegt, um das finalisierte regulatorische Rahmenwerk Basel III für Banken in europäisches Recht zu übertragen. Bankenverbände und andere Betroffene waren daraufhin aufgerufen, zu den Vorschlägen Stellung zu nehmen. Dem ist der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) gemeinsam mit den anderen Regionalverbänden und dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) gefolgt. Das Gesetzespaket zur Finalisierung von Basel III bedürfe einer Nachjustierung, um dem Ziel der Proportionalität Rechnung zu tragen, kritisiert der GVB. Dies betreffe insbesondere Melde- und Offenlegungspflichten, die an das Geschäftsmodell und Risikoprofil der betroffenen Banken angepasst werden müssen. In Summe enthalte das Paket keine Entlastungen für kleine und mittlere Banken. Investitionen mit niedrigen Risikoprofilen dürften sich nicht übermäßig verteuern, fordert der GVB. Ein Beispiel dafür seien insbesondere gewerbliche Immobilienfinanzierungen. Die Stellungnahmen werden von der Deutschen Kreditwirtschaft, dem Dachverband der in Deutschland ansässigen Banken, gebündelt an die EU-Kommission übermittelt.
AGB-Urteil: Positives Medienecho auf Initiative von GVB und Sparda-Verband
Der Vorstoß des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) und des Verbands der Sparda-Banken, die sogenannte Zustimmungsfunktion bei AGB-Änderungen durch einen zusätzlichen Absatz in Paragraph 675g des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wieder zu ermöglichen, stößt auf ein reges Presseecho (mehr dazu in „Profil“ 12/2021 sowie auf der GVB-Webseite). Das Branchenblatt „Bank intern“ (Ausgabe vom 29. November 2021) lobte die Initiative von GVB-Präsident Jürgen Gros und dem Vorstandsvorsitzenden des Verbands der Sparda-Banken, Florian Rentsch, in einem Kommentar als „bemerkenswert“.
Das Fachmagazin „bank und markt“ überschreibt den Vorschlag der Verbände in seiner Ausgabe vom 15. Dezember 2021 (Bezahlschranke) mit „Auftrag an den Gesetzgeber“. Nur eine gesetzliche Klarstellung, dass Änderungen von AGB und Preisen im Rahmen der Widerspruchslösung zulässig sind, erlaube eine Rückkehr zur bisherigen Praxis. Dem Verbraucherschutz würde mit der vorgeschlagenen Änderung kein Bärendienst erwiesen, schreibt das Magazin. Denn der Jubel von Verbraucherschützern beruhe allein auf der Tatsache, dass das AGB-Urteil des Bundesgerichtshofs vielen Bankkunden die Möglichkeit eröffne, Entgelte zurückzufordern. Dies allerdings sei ein Einmaleffekt, der ohnehin nur potenzielle Bankwechsler betreffe.
Aus der Fachwelt gibt es mittlerweile gleichlautende Vorstöße, um die Rückkehr zur Zustimmungsfiktion zu ermöglichen. So wies der Münsteraner Rechtsprofessor Matthias Casper in einem Vortrag vor Fachleuten des Bundesfinanzministeriums darauf hin, dass Vertragsanpassungen bei Bankverträgen dringend neu geregelt werden sollten. Der Vortrag wurde in der „Zeitschrift für Wirtschaftsrecht" (ZIP 2021, Heft 46, S. 2361-2373) veröffentlicht. Casper schlägt ebenfalls vor, §675g BGB zu ändern, um die Praxis zur Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wieder herzustellen, wie sie vor dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom April 2021 gängig war. Damit steht der Rechtswissenschaftler im Einklang mit dem Vorschlag des GVB und des Verbands der Sparda-Banken. Die beiden Verbände haben ihren Vorschlag auch an Akteure der neuen Regierungskoalition herangetragen.
Gastbeitrag von GVB-Präsident Gros: Heimatbanken als Anker der Stabilität
In einem Gastbeitrag für die „Bayerische Staatszeitung" vom 17. Dezember 2021 äußert sich GVB-Präsident Jürgen Gros zu den Herausforderungen von regionalen Heimatbanken wie den bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Von ihnen werde erwartet, in der Fläche präsent zu bleiben, Mittelstand und Privatkunden verlässlich mit Krediten und anderen Finanzdienstleistungen zu versorgen, ihre Ertragslage weiter zu stärken sowie zentrale Transformationsbeiträge zur Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft zu erbringen, so Gros. Dabei seien sie mit zwei Unwägbarkeiten konfrontiert: Zum einen werde das durch die Europäische Zentralbank vorgegebene Negativzinsumfeld noch auf längere Zeit erhalten bleiben. „Unabdingbar ist, dass die Notenbank ihren Auftrag der Finanzstabilität eng auslegt und sich nicht zum Spielball politischer Interessen machen lässt“, schreibt Gros in dem Gastbeitrag. Zum anderen komme es auf die politischen Vorgaben aus Berlin an. Entscheidend werde sein, wie die drei neuen Regierungspartner ihren Koalitionsvertrag in der Praxis auslegen und umsetzen. „Politik muss die Grenzen der eigenen Handlungsmöglichkeiten erkennen und sich auf jene Felder und Maßnahmen konzentrieren, die auch politisch zu gestalten sind. Dirigismus und Verbote sind nicht die Instrumente, mit denen sich Zukunft gestalten lässt“, warnt Gros. Lesen Sie hier den Gastbeitrag in voller Länge.
Heimatbanken im besten Sinne: Medienkampagne der bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken
Die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken sind Heimatbanken im besten Sinne. Das unterstrichen der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) und der Zentrale Werbefonds Bayerischer Genossenschaftsbanken (ZWF) mit einer groß angelegten Medienkampagne, die am ersten Dezember-Wochenende bayernweit in fast allen Regionalzeitungen sowie auf ausgewählten Online-Portalen lief. Das Kampagnenmotto „Wir sind genau da, wo du bist“ sollte verdeutlichen, dass die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken genau wie ihre Kundinnen und Kunden tief in der Region verwurzelt sind. Als Lebensbegleiter in Finanzfragen beraten sie immer bodenständig, partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Hintergründe zur Kampagne erläutert Timo Braun, Leiter des GVB-Bereichs Beratung Banken, im neuen GVB-Videoformat „Themenspiegel“. Mitglieder können den Beitrag in der GVB-Videothek abrufen.
75 Jahre Bayerische Verfassung: Ohne Genossenschaften wäre Bayern ärmer
Die Bayerische Verfassung feiert am 1. Dezember ihr 75. Jubiläum. Auch für die Genossenschaften im Freistaat ist das ein Grund, zu feiern. „Von Anfang an hat das Genossenschaftswesen seinen festen Platz im Nachkriegsbayern gefunden“, betonte GVB-Präsident Jürgen Gros in einer Pressemitteilung, die auch von der „Bayerischen Staatszeitung" in ihrer Ausgabe vom 3. Dezember 2021 aufgegriffen wurde.
Am 1. Dezember 1946 erhielt die Verfassung in einer Volksabstimmung eine Zustimmung von 70,6 Prozent – eine Woche später, am 8. Dezember 1946 trat sie in Kraft. „Die Autoren der Verfassung bewiesen Weitsicht, indem sie Genossenschaften und dem genossenschaftlichen Prinzip der Hilfe zu Selbsthilfe in den Artikeln 153 und 164 Verfassungsrang gaben“, sagte Gros. „Damit war die Bayerische Verfassung vor 75 Jahren ebenso modern wie zukunftweisend.“ Schließlich hätten Genossenschaften ihren Teil zum Erfolg Bayerns beigetragen. „Ohne Genossenschaften und deren Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft wäre Bayern ärmer“, betonte Gros. 2,9 Millionen Menschen in Bayern sind Mitglied einer Genossenschaft. Sie bieten 50.000 Beschäftigten einen Arbeitspatz.
Mitte des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die sich verschärfende soziale Frage geschaffen, ermöglichen Genossenschaften auch heute noch Bürgerengagement. Sie sind auf Selbsthilfe angelegt, leben Selbstverantwortung, übernehmen regionale Verantwortung und engagieren sich für die Heimat. Den Beitrag von Genossenschaften für die Gesellschaft hat auch die UNESCO bestätigt. Im Jahr 2016 nahm sie die Genossenschaftsidee in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf.
Felix Ehrenfried ist Referent Verbandspolitik beim Genossenschaftsverband Bayern.
Julia Kaindl ist Referentin Verbandspolitik beim Genossenschaftsverband Bayern.
Florian Christner ist Leitender Redakteur von „Profil – das bayerische Genossenschaftsblatt“.