Stabilitätsanker: Die Volksbanken und Raiffeisenbanken sind starke und solide Banken. Sie sind jedoch mit Unwägbarkeiten konfrontiert, stellt GVB-Präsident Jürgen Gros fest.
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Der Koalitionsvertrag zum Drei-Säulen-Modell der deutschen Bankenlandschaft:
„Wir streben an, die Bankenunion zu vollenden, um die europäische Volkswirtschaft und die globale Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Institute zu stärken. Das Drei-Säulen-Modell und die deutsche Bankenlandschaft mit ihren vielen kleinen und mittleren lokal verankerten Instituten, aber auch größeren international aufgestellten Banken wollen wir erhalten.“
Koalitionsvertrag, Seite 168
Dazu meine ich: „Deutschland lebt von einem starken, in vielen Bereichen kleinteilig geprägten Mittelstand. Dessen Hauptfinanzierer ist und bleibt die Hausbank. In ländlichen Regionen ist dies oftmals die Regionalbank vor Ort. Ein Bekenntnis zum Drei-Säulen-Modell mit dem Nebeneinander von Geschäftsbanken, Sparkassen und genossenschaftlichen Banken ist damit ein Bekenntnis zur bewährten Finanzierungsstruktur des Mittelstands. Zugleich steht das dahinterliegende Hausbankkonzept vor wachsenden Herausforderungen. Insbesondere die anhaltende Niedrigzinsphase belastet die Bilanz vieler Volksbanken und Raiffeisenbanken schwer. Zunehmend an Bedeutung gewinnt das Provisionsergebnis. Umso wichtiger ist daher ein Aspekt, der nicht im Koalitionsvertrag steht: Eine Abkehr von der provisionsbasierten Anlageberatung. Diese hatten Grüne und SPD in ihren Programmen zur Bundestagswahl gefordert. Kurz vor dem Abschluss des Koalitionsvertrags ist es gelungen, das etablierte System provisionsbasierter Finanzberatung neben dem Honorarmodell zu erhalten. Der marktwirtschaftliche Wettbewerb beider Modelle ermöglicht Kunden über alle Einkommensklassen hinweg eine qualitative und umfangreiche Anlageberatung. Das ist gerade für Kunden mit niedrigen Anlagebeträgen wichtig, die sich Honorarberatung nicht leisten können oder wollen.“
Der Koalitionsvertrag zum Erhalt der Institutssicherungssysteme:
„Im Rahmen eines umfassenden Gesamtpakets zum Finanzbinnenmarkt sind wir (…) bereit, eine europäische Rückversicherung für nationale Einlagensicherungssysteme zu schaffen, die bei den Beiträgen strikt nach Risiko differenziert. Voraussetzung dafür ist eine weitere Reduzierung von Risiken in den Bankbilanzen, die weitere Stärkung des Abwicklungsregimes und der Erhalt der Institutssicherung der Sparkassen und Volksbanken – mit dem klaren Ziel wirtschaftliche Zusatzbelastungen der ihnen angehörenden kleinen und mittleren Banken zu vermeiden.“
Koalitionsvertrag, Seite 168
Dazu meine ich: „Die Koalitionäre bekennen sich klar zu den bewährten und präventiv ausgerichteten Institutssicherungssystemen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Diese Systeme haben in der Vergangenheit ihre Leistungsfähigkeit bewiesen und ihr oberstes Ziel, den Schutz der Sparer, sichergestellt. Daher soll an den Institutssicherungen festgehalten werden und diese nicht für die Pläne einer paneuropäischen Einlagensicherung (EDIS) aufgegeben werden – ein überaus wichtiges Signal aus Berlin. Zwar zeigen die Koalitionäre in ihrem Vertrag Bereitschaft, eine europäische Lösung in Form eines Rückversicherungssystems voranzubringen. Allerdings verdeutlichen sie, wirtschaftliche Zusatzbelastungen von kleineren und mittleren Banken vermeiden zu wollen. Die neue Ampelkoalition unterscheidet ausdrücklich zwischen Einlagensicherungssystemen und dem Konzept der Institutssicherung. Während Einlagensicherungssysteme, wie die angedachte europäische Lösung, ausschließlich die Absicherung des Entschädigungsfalls im Fokus haben, setzen Institutssicherungssysteme wesentlich früher an: Regelmäßige Stresstests sowie ein präventives Risikomanagement sind nur zwei von zahlreichen Gründen, wieso Institutssicherungssysteme ein Garant für den Schutz der Sparer sind. Sie setzen starke Anreize, solide und risikoarm zu wirtschaften. Dieses Erfolgsmodell der Institutssicherung gilt es zu schützen – wozu sich die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag klar bekennt.“
Der Koalitionsvertrag zu Basel III und zur Proportionalität in der Bankenregulierung:
„Wir werden Basel III/IV mit allen seinen zentralen Elementen umsetzen. Dafür ist der Ansatz der EU-Kommission eine gute Grundlage. Bei der Umsetzung achten wir auf investitionsfreundliche Rahmenbedingungen (Zugang zu Ratings und Erhalt des KMU-Faktors). Die im Zuge der COVID 19- Pandemie eingeführten Erleichterungen bei Eigenkapitalregelungen sollten systematisch evaluiert werden, um beurteilen zu können, ob und inwiefern die Erleichterungen beibehalten werden können. Bankenaufsicht und -regulierung müssen dem Grundsatz der Proportionalität entsprechen. Wettbewerbsnachteile für kleinere Banken wollen wir abbauen. Dafür setzen wir auf eine passgenaue Regulierung und substantielle Erleichterungen (SREP-Prozess, Meldewesen) für sehr gut kapitalisierte kleine und mittlere Banken mit risikoarmen Geschäftsmodellen.“
Koalitionsvertrag, Seite 168
Dazu meine ich: „Mit der Finalisierung von Basel III wurde ein Rahmenwerk geschaffen, das den globalen Bankensektor im Blick hat. Es ist wichtig, dass dabei die Besonderheiten der deutschen Banken- und Wirtschaftsstruktur nicht aus den Augen verloren werden. Das würdigt der Koalitionsvertrag mit dem Festhalten am KMU-Faktor, der eine effiziente Finanzierung des Mittelstands sicherstellt. Begrüßenswert ist das Vorhaben der Regierung, Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen und regulatorisch dort nachzujustieren, wo sich Erleichterungen bewährt haben. Die Koalitionäre stellen explizit heraus: Kleine und mittlere Banken mit risikoarmen Geschäftsmodellen und einer starken Kapitaldeckung müssen deutliche regulatorische Erleichterungen erfahren. Genannt werden zuvorderst Erleichterungen im Meldewesen sowie im sogenannten SREP-Prozess der Aufsicht. Der dezidierten Würdigung des Regionalbankkonzepts im Koalitionsvertrag müssen jetzt konsequente Umsetzungspläne und Zeithorizonte zur Erleichterung folgen. Eine passgenaue Abstufung von Aufsicht und Regulierung ist ein sinnvoller erster Schritt, diesem Bestreben Rechnung zu tragen.“
Dr. Jürgen Gros war Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) bis zum 31. Dezember 2021.